Traditionell beginnen wir das neue Jahr mit einem Blick auf das vergangene. Lesen Sie unseren ganz persönlichen literarischen Rückblick auf das Jahr 2024. Welche Themen haben uns bewegt?
Januar 2024
Mit dem Ende des »Buchreport« geht eine Ära zu Ende. Der Buchhandel hat kein unabhängiges Branchenmagazin mehr. Von einem Tag auf den anderen wird das Magazin nach über Jahren eingestellt.
Im Januar schrieben wir, dass es neben dem »Börsenblatt« nur noch den »Buchmarkt« gibt. Doch selbst der »Buchmarkt« existiert am Ende des Jahres 2024 nicht mehr in der einstigen Form. Im Dezember wird das gedruckte Buchmarkt-Magazin ebenfalls eingestellt und online sind mehr oder weniger nur Pressemitteilungen zu finden. Man konzentriert sich auf Titelschutzanzeigen und die redaktionelle Bearbeitung der Bestsellerlisten. Der Wunsch des Gründers und langjährigen Chefredakteurs Christian von Zittwitz, dass sein Magazin gedruckt und online eine Zukunft hat, hat sich leider nicht erfüllt.
2024 ist das Jahr, in dem TikTok für den Buchhandel eine große Rolle spielt. Man könnte auch sagen, das Jahr, in dem der deutsche Buchhandel von dieser einstigen chinesischen Videoplattform abhängig geworden ist. Das Umsatzplus im Buchhandel ist allein TikTok zu verdanken, da die Plattform das Segment New Adult vorantreibt, das wiederum im Herbst auf der Frankfurter Buchmesse eine eigene Halle bekommt. Wie lange wird das noch gut gehen?
Man sieht Möglichkeiten und Risiken jedoch nur, wenn man es selbst ausprobiert. Ein Video von Wolfgang Tischer über den Bestseller »Fourth Wing« von Rebecca Yarros erzielt bis zum Jahresende unglaubliche 208.000 Abrufe.
Live wird auf TikTok ein Booknook gebaut und über die Erfahrungen berichtet.
Februar 2024
Die Sendung »Lesenswert« im SWR wird zum Jahresende eingestellt. Das Literarische Quartett im ZDF wird auch in diesem Jahr kritisch begleitet. Dort gibt es seltsame Veränderungen, die offenbar dem Sparzwang geschuldet sind. Die vier Diskutierenden sitzen wie die Podcaster am Küchentisch.
Im Buchhandel sollen sogenannte »Lesemotive« den Verkauf ankurbeln.
März 2024
Die Leipziger Buchmesse findet nach den Corona-Turbulenzen und der Verlegung in den April wieder im ursprünglichen Monat März statt und muss sich – so ist zu hören – ebenfalls Sparmaßnahmen unterziehen. Der langjährige Messedirektor ist gegangen und mit ihm nach und nach sein Team. Noch ist alles nahezu unverändert, erste 2025 wird es mit neuer Leitung und neuem Team die ersten Änderungen geben. Man darf gespannt sein.
Der Schreibzeug Podcast wird live auf der Messe aufgenommen und im Podcast gibt es die Bühnengespräche mit Klaus-Peter Wolf, Martin Sonneborn, J. S. Wonda, Elias Hirschl und Markus Heitz zu hören.
In Stuttgart besucht Juliane Hartmann einen Abend mit Martin Suter und Barbare Fellgiebl ist auf der lit.COLOGNE unterwegs.
April 2024
Künstliche Intelligenz ist auch im Buchhandel ein beherrschendes Thema geworden und das literaturcafe.de zeigt, wie man ChatGPT und andere sogenannte große Sprachmodelle fürs eigene Schreiben nutzen kann.
In Sachen KI wird es in diesem Jahr einige Aufschreie geben. Illustratoren sind entsetzt, dass ein Jugendbuchverlag und selbst die Stiftung lesen mit der KI die Cover gestalten lassen und Übersetzer werden angefragt, um eine automatische Übersetzung nur noch redaktionell durchzusehen. Das Netzwerk Autorenrechte kämpft gegen die unerlaubte Verwendung von Büchern fürs Training der Sprachmodelle. Viele Gegner sehen schon jetzt wie Windmühlen aus. Noch werden ernst zu nehmende Bücher von Menschen geschrieben. Noch? Noch.
Wir lesen also von Menschen geschriebene Romane der unterschiedlichsten Genres: »Coldhart« von Lena Kiefer, »Yellowface« von Rebecca F. Kuang oder »Demon Copperhead« von Barbara Kingsolver.
Im literaturcafe.de startet ein neuer Service: Wir listen ab sofort in einer neuen Rubrik aktuelle Schreibwettbewerbe auf, die auch im Newsletter zu finden sind. Ein Online-Videokurs zeigt, wie man die Chancen auf einen Gewinn bei Schreibwettbewerben steigern kann.
Am 30. April 2024 stirbt der US-amerikanische Schriftsteller Paul Auster im Alter von 77 Jahren. Wir empfehlen drei seiner Werke.
Mai 2024
Immer wieder rezensieren wir Computerspiele, die Geschichten erzählen.
Die ChatGPT-Macher kündigen für 2025 ein Tool für Urheber an, mit denen sie ihre Rechte filigraner einräumen können sollen. Da mag es schon zu spät sein.
Rebecca F. Kuang, deren Buch wir im April gelesen haben, hat im Mai in Stuttgart aus »Yellowface« gelesen.
Ein weiterer Aufreger entstand und ein Shitstorm entbrannte um den Internationalen Literaturpreis des Hauses der Kulturen in Berlin. Zwei ehemalige Jury-Mitglieder warfen den Veranstaltern und Mitjuroren vor, nicht primär nach literarischen Kriterien zu urteilen. Kritik gab es auch an der Kritik zur Kritik.
Nach fast fünf Monaten gab es dann endlich die finale Kritik zu »Fourth Wing« von Rebecca Yarros – natürlich auf TikTok.
Juni 2024
Und 2024 ist natürlich Kafka-Jahr. Vor 100 Jahren, am 3. Juni 1924 starb Franz Kafka im Alter von nur 40 Jahren an Tuberkulose. Wolfgang Tischer liest seine bekannteste Erzählung »Die Verwandlung« live.
In Sachen KI empfehlen wir einen Vortrag von Rechtsanwalt Joerg Heidrich, im literaturcafe.de gibt es ein weiteres Webinar zum Thema und auch der Schreibzeug-Podcast widmet sich der Künstlichen Intelligenz.
Und der Juni ist natürlich Bachmannpreis-Zeit. In Klagenfurt finden die 48. Tage der Deutschsprachigen Literatur statt. Das literaturcafe.de produziert den langjährigen Podcast zum Literaturwettbewerb erstmals live vor Publikum. Und auch mit dem diesjährigen Gewinner Tijan Sila haben wir gesprochen.
Juli 2024
60.230 ist die Zahl des Jahres, die sich jedoch auf 2023 bezieht. So viele Bücher wurden nämlich 2023 produziert. In 10 Jahren hat der Buchhandel 11 Millionen Buchkäufer verloren, doch weniger Käufer kaufen mehr Bücher, was insgesamt gerade noch zu einem Umsatzplus führt. Junge Buchkäufer, New Adult und TikTok spielen – wie bereits im Januar erwähnt – dabei eine große Rolle.
Der Rat für deutsche Rechtschreibung hat das Gendern nicht im »Amtliche Regelwerk der deutschen Rechtschreibung« aufgenommen.
Das Literaricum in Lech stellt in diesem Jahr den Klassiker »Lolita« in den Mittelpunkt. Im Podcast des literaturcafe.de finden sich viele Gespräche u. a. mit Nora Bossong, Therézia Mora und Philipp Hübl.
August 2024
Nicht der Hochkultur, sondern einem ganz anderen Genre widmet sich das LYX-Festival in Köln: New Adult. Juliane Hartmann war fürs literaturcafe.de vor Ort.
Weltbild ist (wieder mal Pleite). Diesmal unwiederbringlich. Weltbild war Mitglied der Tolino-Allianz. Doch wer seine bei Weltbild gekauften E-Books nicht rechtzeitig sichert, dem droht der Verlust der digitalen Bibliothek. Die ständige Verfügbarkeit der Digitalbücher in der Cloud ist dahin, wenn die Cloud einfach abgeschaltet wird.
Der Ullstein Verlag nimmt das Buch eines Autors aus dem Programm. Ein scheinbar normaler Vorgang, denn jeder Verlag kann selbst entscheiden, wen und was er verlegt. Doch diesmal wird die Entscheidung des Verlags zum Aufreger, weil der Autor JD Vance heißt. Im kommenden Jahr wird er Vizepräsident der USA sein.
Bachmannpreis, Literaricum und das Louisiana Literaturfestival sind die Orte der zeitgenössischen Literatur. Barbara Fellgiebel hat Letzteres erneut besucht.
September 2024
Benedict Wells schreibt über das Schreiben und wir schreiben über sein Buch »Die Geschichten in uns«.
Mit der Autorin J. S. Wonda hat sich Wolfgang Tischer bereits im März auf der Bühne in Leipzig unterhalten. Wie es diese Autorin in relativ kurzer Zeit schaffte, von der Self-Publisherin zur Bestsellerautorin zu werden, das wird in einer weiteren Podcast-Folge zusammen mit der Autorin analysiert. »Ihr« Genre »Dark Romance« ist nicht ganz unumstritten, doch das literaturcafe.de wäre nicht das literaturcafe.de, wenn es sich nicht auch in diese Bereiche vorwagen würde.
Kafkas 100. Todestag stand im Mittelpunkt des Jahres. Aber kennen Sie den Dichter Hanns Meinke, dessen Tod sich in diesem Jahr zum 50. Mal jährt?
Ihren 100. Geburtstag würde indes Rosamunde Pilcher feiern. Eine Lesung in Recklinghausen ist ihr gewidmet.
Arno Geiger meldet sich mit »Die Reise nach Laredo« zurück. Wir haben das Buch gelesen und eine Lesung besucht.
Oktober 2024
Der öffentlich-rechtliche Rundfunk muss sparen und seltsamerweise will man das immer dort, wo nicht so viele Menschen zuschauen. Dabei wäre u. a. doch gerade das die Aufgabe des ÖRR. Mainstream machen schließlich schon andere. Gegen die Pläne, den Sender 3sat irgendwie abzuschaffen oder mit Arte zu verrühren, gibt es Protest.
Lyrik ist auch eine Nische. Der Gerlinger Lyrikpreis 2024 wird an Manon Hopf überreicht.
Amazon stellt nach drei Jahren eine neue Version seines E-Readers »Kindle Paperwhite« vor. Wir testen das Gerät und sind erstaunt, wie oft der Beitrag abgerufen wird und wir groß das Interesse daran ist, wenn Amazon ein neues Gerät auf den Markt bringt.
Oktober? Ach ja: Frankfurter Buchmesse!
November 2024
In Stuttgart sind Buchwochen und vier Buchhändler sprechen über Bücher.
Zum Schreiben von Büchern verwenden immer mehr Autoren die Software Papyrus, die in einer neuen Version 12 erscheint.
Der Bachmannpreis macht einen Ausflug nach Wien und 25 lapidare Sommer sind vorbei bzw. gelesen. Und Amazon hat noch ein neues Gerät in petto und in Farbe.
Dezember 2024
Der Nobelpreis für Literatur ging in diesem Jahr an Han Kang.
Krimi-Autor Wolfgang Burger ist am 8. Dezember 2024 nach schwerer Krankheit im Alter von 72 Jahren gestorben. Von seinen literarischen Anfängen berichtete er damals im literaturcafe.de. Auch von anderen Autorinnen und Autoren mussten wir 2024 Abschied nehmen.
Das Team des literaturcafe.de wünscht Ihnen und der ganzen Welt ein wunderbares, friedvolles, gesundes Jahr 2025 mit vielen inspirierenden Begegnungen im echten und im digitalen Leben!
Hallo zusammen,
erstmal ein gutes neues Jahr und vielen Dank für die bereitgestellten Services, wie unter anderem die Liste der aktuellen Wettbewerbe. Wäre es möglicherweise eine Idee, wenn diese Liste in zwei Exemplare geteilt würde? Eine für Ü-Dreißig und eine andere für schreibende Menschen jenseits dessen? Das würde für die Letztgenannten eine erhebliche Zeit- und auch Frustersparnis bedeuten, weil die Ü-Dreißig/Zwanzig(?)-Wettbewerbe inzwischen offenbar schon mehr als 50 Prozent ausmachen.
Mit freundlichen Grüßen!
Liebe Birgit, in der Tat – so auch unsere Feststellung – richten sich viele Wettbewerbe an jüngere Menschen. Das ist schade, wenn man schon älter ist, aber es sollte uns dennoch freuen, dass auf diese Weise ein hoffentlich begeisterter Schreibnachwuchs herangezogen wird. Einschränkungen des Teilnahmealters sind von uns gleich in der Übersicht erfasst, um schnell zu sehen, ob die Teilnahme an einem Wettbewerb sinnvoll/möglich ist.
Das gleiche gilt für regionale Einschränkungen, die oft eine weitere Eingrenzung sind. Für alle weiteren Bedingungen verweisen wir dann auf die Website des Veranstalters.
Damit die Eingabe auch für uns möglichst rasch und unkompliziert erfolgen kann, haben wir uns auf diese wichtigen Basisdaten beschränkt. Alles andere würde es bisweilen komplizierter und zeitintensiver machen oder erfordert zusätzlichen Programmieraufwand. Schon jetzt ist es oft nicht einfach, diese Basisdaten immer rasch bei alle Wettbewerben herauszufinden. Hin und wieder müssen auch wir bei Veranstaltern nachfragen.
Wir denken, dass ein rascher Blick über die Liste schneller geht, als wenn man zunächst einmal nach Alter und/oder Region filtern müsste. Die Liste soll gut pflegbar bleiben, übersichtlich sein und technisch nicht überfrachten werden.
danke für die ausführliche antwort. ich verstehe ihr vorgehen, finde die maßgaben der veranstalter trotzdem überzogen und ein bisschen sehr durchsichtig, vor allem wohl business-bzw. profitorientiert. stellt sich, zumindest mir, wieder mal die frage: wo fängt (alters-)diskriminierung an?
viele grüße! b.
Schreibwettbewerbe, die deutlich erkennen lassen, dass hier primär ein business-bzw. profitorientierter Aspekt des Veranstalters im Vordergrund steht, werden von uns grundsätzlich nicht aufgenommen – egal, an welches Alter sie sich richten. Primäre Frage ist immer: Was bringt der Wettbewerb den Teilnehmenden? Damit ist natürlich nicht nur das Preisgeld gemeint, sondern auch z. B. die Reputation. Näheres dazu haben wir ja an anderer Stelle geschrieben.