»25 letzte Sommer« springt durch seine schöne Gestaltung ins Auge und verlangt in der Buchhandlung förmlich danach, mitgenommen zu werden. Die Erwartungen werden durch Zitate von »Die Zeit« und dem »NDR Kulturjournal« noch verstärkt. Ein Buch, das durch sein Cover zum Kauf verführt – um dann zu enttäuschen.
Eine Werbekampagne von Ullstein, macht das Buch sichtbar, nicht nur in den Social Media Kanälen, sondern auch auf einem Werbeplakat im U-Bahn-Tunnel. Das Buch ist im 2023 gegründeten Imprint »park x ullstein« erschienen. Auf der Website des Verlags heißt es: »Auf ganz unterschiedliche Weise setzen sie [die park-Autorinnen und Autoren] sich mit dem Jetzt auseinander, stellen große Fragen an das Leben […] – und sie schaffen mit ihrer emotionalen Kraft Verbindungen.«
Große Worte und große Versprechungen. Die titelgebenden »25 letzten Sommer«, die dem Erzähler im Idealfall im Leben noch bleiben, weisen im Debütroman von Stephan Schäfer auf die Endlichkeit des Lebens hin.
Geschäftstüchtiger Tourist trifft Fischer. Sicherlich kennen Sie diese Geschichte von Heinrich Böll. Wenn nicht, googeln Sie die Parabel, schauen Sie bei Wikipedia nach. Oder fragen Sie Chat-GTP.
Gestresster Manager trifft Café-Besitzer. Klingelt da was? Nein? Haben Sie das Café am Rande der Welt gelesen?
Gestresster Manager trifft Kartoffelbauer. Der Landwirt animiert den Ich-Erzähler, über sein Leben nachzudenken. Die beiden widmen sich im Gespräch den großen Fragen des Lebens. Der Inhalt von »25 letzte Sommer« lässt sich schnell zusammenfassen.
Ja, die großen Fragen des Lebens. In John Streleckys »Café am Rande der Welt« kamen sie auf einer Speisekarte daher. Was beim US-amerikanischen Autor im Jahr 2007, als das Büchlein erschien, noch kreativ war und den Nerv der Zeit getroffen hat, wirkt bei Stephan Schäfer einfach nur plump. Die Figuren flach (und die des Kartoffelbauern unrealistisch), die Handlung lahm. Das alles nervt, statt zu inspirieren.
Genauso wenig kann der Roman sprachlich punkten. Hat der Autor jemals von der Schreibregel »Show, don’t tell« gehört? Man wundert sich. Stephan Schäfer ist ausgebildeter Journalist, war Chefredakteur der Frauenzeitschrift »Brigitte« und bis 2022 Chef des Fernsehsenders »RTL«. Jetzt hat auch der Medienmanager – wie so viele – lieber einen Roman geschrieben.
Schade, dass das Marketingbudget eines großen Verlages in solch einen lapidaren Roman gesteckt wurde. Titel, die mit Zahlen beginnen, liegen im Trend (siehe die Bestseller »22 Bahnen« oder »Windstärke 17« von Caroline Wahl). Das Buchcover ist ansprechend. Das ist aber auch schon alles, was man an »25 letzte Sommer« loben könnte. Ich fühle mich nach der Lektüre und den Lobgesängen aus renommierten Mündern veräppelt. Und ich nehme mir wieder einmal vor, ein Buch nur zu kaufen, nachdem ich die ersten vier Seiten begeistert gelesen habe und nicht von banalen Adjektiven abgeschreckt wurde.
Juliane Hartmann
Stephan Schäfer: 25 letzte Sommer. Gebundene Ausgabe. 2024. park. ISBN/EAN: 9783988160096. 22,00 € » Bestellen bei amazon.de Anzeige oder im Buchhandel
Stephan Schäfer: 25 letzte Sommer. Kindle Ausgabe. 2024. Ullstein eBooks. 19,99 € » Herunterladen bei amazon.de Anzeige