| Hier lesen Sie die besten Beiträge der achten Runde (September '02 - Oktober '02), die unseren Autorinnen und Autoren zu einem Satz von Milan Kundera eingefallen sind. Der Satz stammt aus dem Roman »Die unerträgliche Leichtigkeit des Seins«. Fischer Taschenbuch 5992. ISBN 3-596-25992-4. 9,90 EUR: |  | Wollen Sie sich nicht etwas stärken vor dieser schweren Arbeit? Arbeitslust von Dörte Hartmann, 44789 Bochum (Deutschland) Wer arbeitet braucht nicht zu essen, vorausgesetzt er ist besessen. Denn alle Stärke und Kraft, mit der er voll Freude schafft, zieht das besessene Arbeitstier aus seinem Verlangen und der Gier die tief in ihm brennt, wie Glut- wer stört, den trifft seine Wut. "Keine Aufgabe ist mir zu schwer für das Ziel, das ich so tief begehr." Ihn motiviert kein "du musst" sondern alleine die Lust. Dann kann er Stärkung oder Essen bis zu getanem Werk vergessen...
So widmet er sich seinem Weib: Was für ein harter Zeitvertreib! Zurück zur Übersichtsseite des Satzfischers Der Engel auf dem Feld von Werner Hardam, 38667 Bad Harzburg (Deutschland) Der dicke Aufseher hielt sein Gewehr auf mich gerichtet. Er grinste breit: "Du gräbst hier alles um. Klar? - So lange, bist du's gefunden hast!" "Was?", fragte ich. "Wirst schon sehen!" Er lachte dreckig. Unschlüssig nahm ich den Spaten auf, den man mir gegeben hatte. Wo sollte ich anfangen? Was wollte der Kerl von mir? Bin ich sein Umgraber? Ein heftiger Schlag auf den Rücken ließ mich fast stürzen. Es war der andere Posten. Er war, ohne dass ich es bemerkt hatte, von hinten an mich herangetreten. "Du hast gehört, was dir gesagt wurde!", bellte er böse. "Du Schweinehund sollst graben. Und zwar sofort! Alles! Sonst..." Er vollendete den Rest des Satzes nicht. Ich verstand auch so. Wütend stieß ich das Blatt des Spatens in den Boden. Das war nicht einfach, der Boden war hart und steinig. Aus den Augenwinkeln sah ich, dass die beiden mich beobachteten. Na wartet, dachte ich. Bei der nächsten Gelegenheit, die sich mir bietet, haue ich euch den Spaten um die Ohren! Das Grinsen wird euch noch vergehen! Plötzlich kam Bewegung in die Aufseher. Eine ältere Frau war am Feldrand erschienen, dort wo die Straße entlang lief. Die Posten wendeten sich ihr zu, sprachen mit ihr. War das eine Chance abzuhauen? Ich maß die Breite des Feldes ab. Viel Schutz bot das Gelände nicht. Ein gezielter Schuss des Dicken: ich wäre erledigt! Sollte ich es trotzdem wagen? Ich warf den Spaten hin. Da merkte ich, dass mich jemand am Ärmel zupfte. Es war die Frau, die eben noch am Feldrand gestanden hatte. Sie sah mich an, lächelte. In der Hand hielt sie ein Brot und einen Becher mit einem Getränk. "Wollen Sie sich nicht etwas stärken vor dieser schweren Arbeit?" Ich war so überrascht, dass mir nichts zu antworten einfiel. Ich nickte. Dankbar nahm ich Brot und Becher entgegen. Es schmeckte wunderbar. Die Frau sah mir beim Essen zu, lächelte immer noch. Schließlich drehte sie sich um, ging zum Feldrand zurück. Ich sah ihr nach, verstand nicht. Wer war sie? Ein Engel? Wieso hatte sie mir etwas zu essen gebracht? Und warum hatten die Aufseher, die sonst keine Schikane aussparten, dieses gestattet? Ich wusste es nicht, wusste überhaupt nichts mehr. Fluchtgedanken und Rachepläne waren wie weggeblasen. Die Welt konnte so schön sein! Als ich alles verzehrt hatte, nahm ich den Spaten wieder auf und fing an die Erde umzugraben. Zurück zur Übersichtsseite des Satzfischers Späte Erkenntnis von Franz Eiermann, 55262 Heidesheim (Deutschland) Es war die übliche Sportfest-Atmosphäre, Athleten liefen sich warm, am Rande der Laufbahn saßen die Begleitmannschaften im Gras, Trainer machten ihrer Schützlinge fit. Mein Start war in zehn Minuten, fünftausend Meter wollte ich laufen. Für diese Strecke war ich haushoher Favorit und in bester Verfassung. Mein Coach hatte die anderen Teilnehmer schon ausgiebig beobachtet, ihren Stil analysiert und gab mir die letzte Tips. Wir waren sicher, dass ich den Sieg so gut wie in der Tasche hatte. Er hieß mich noch leichte Dehnübungen machen, damit ich warm bliebe, aber jetzt meine Kraft zu schonen. Dann ging er voraus an den Start. Möchten Sie sich nicht noch etwas stärken, vor diesem schwerem Lauf ?, hörte ich eine Stimme hinter mir und drehte mich um, unsicher, ob die Frage mir galt. Es verschlug mir den Atem, eine umwerfende Schönheit lächelte mich an, schwarze Haare, kirschroter Mund, verführerrischer Duft. Einen Teller mit einem Stück Torte streckte sie mir entgegen. Jetzt darf ich nicht mehr, sagte ich, aber nach dem Lauf, gerne. Wirklich nicht?, lächelte sie mich an, Das Stückchen schadet doch nicht! Ich wurde schwach, diese Frau, so wie sie mich anschaute, fühlte ich mich im siebten Himmel. Mein Widerstand schmolz dahin, wider besseres Wissen, fasziniert von diesem Engelswesen, nahm ich an und aß das Stückchen Scharzwälder Kirsch. Das war mein Verderben. Der Gedanke an die Frau ließ mich zwölf Runden unkonzentriert laufen, bei den letzten zweihundert Metern bekam ich Magenschmerzen, ein Konkurrent überholte mich und siegte. Fassungslos betrachtete ich, was vor meinen Augen geschah: Die Schöne lief ihm entgegen, fiel ihm um den Hals und küsste ihn ab. Was stierst du die beiden so an, du Dussel,, brüllte mein Trainer mich an, warum soll seine Frau ihn nicht so herzen, wenn du ihm den Sieg überlässt? Zurück zur Übersichtsseite des Satzfischers Eine Frage des Standpunktes von Tanja Flügel, 31020 Salzhemmendorf (Deutschland) "Ohne Ansehen der Person", hatte es in der Stellenausschreibung geheissen. "Wichtig sind Referenzen und Qualifikation. Die vor Ihnen liegende Aufgabe erfordert ein Höchstmaß an Mut, Genauigkeit, Festigkeit in Willen und Waden. Nur das zählt. Nur damit besteht die Möglichkeit, das Abenteuer zu überleben." Jedes gelesene Wort ließ seine Brust anschwellen und in ihm die Vermutung wachsen, der Schreiber habe ihn bereits gekannt, als er die Zeilen formulierte. Nun stand er vor der riesigen weißen Wand. Eine zierliche Gestalt zeigte ihm das zur Verfügung stehende Werkzeug. Und es war klar: er würde die Herausforderung annehmen. Drohend musterte er die glitschigen Felsvorsprünge, die sich links und rechts von ihm in der Unendlichkeit verloren. Er sah zwei festere Schichten in einiger Höhe und mehrere tückische, schokoladenfarbene Geröllbruchstücke auf dem Weg dorthin. Er mutmaßte nicht, was sich hinter dem weit oben vage abzeichnenden Rand befinden mochte. Seine Konzentration galt den unmittelbar vor ihm liegenden Schritten. »Wollen Sie sich nicht etwas stärken vor dieser schweren Arbeit?" fragte ihn mit bewundernd glimmenden Augen die zarte Person an seiner Seite. Er aber schüttelte den Kopf und machte sich entschlossen daran, auch die letzte noch fehlende Mokkabohne auf den sahnigen Gipfel dieser Torte zu bringen. Zurück zur Übersichtsseite des Satzfischers Mr. Tomsen von Lena Detlef, 24109 Kiel (Deutschland) Mr. Tomson, sie haben ihren Kaffee noch nicht getrunken", ruft Mrs. Piet, die Haushälterin, Mr. Tomson noch hinterher, doch der ist schon in sein Auto gestiegen und schnell zur Arbeit gefahren. Für gewöhnlich trinkt er seinen Kaffee immer vor der ihm so wichtigen Arbeit. Aber heute ist einer der wichtigsten Tage in seinem doch noch so jungen Leben, denn heute wird er, wahrscheinlich, zum Chef der Firma seines Vaters ernannt. Guten Morgen, Fräulein Monyo", grüßt Mr. Tomson seine Sekretärin, wie geht es ihnen denn heute so, haben sie sich schon von ihrer Grippe erholt und hat Mrs. Harrison auch alles ordentlich geordnet?" Guten Morgen, Mr. Tomson. Natürlich! Mrs. Harrison ist doch eine der besten Angestellten des Hauses. Und mir geht es den Umständen entsprechend gut ", antwortet Mrs. Monyo, erstaunt über die ungewöhnliche Gelassenheit ihres Vorgesetzten. Wie jeden Morgen macht Mrs. Monyo den Kaffee. Auf einmal wieder angespannt und ernst, verlangt Mr. Tomson nach Mrs. Monyo. Ich muss ihnen doch noch einige Notizen diktieren, die ich auf jeden Fall in meiner Rede erwähnen muss!" Sie stellt den Kaffee und einen Teller mit bunten Kuchenstücken auf den Tisch und fragt lächelnd: Wollen sie sich nicht etwas stärken vor dieser schweren Arbeit?" Mr. Tomson schaut sie etwas verdutzt an, als hätte sie soetwas noch nie gemacht. Aber gerne doch!", lächelt er zurück. Mr. Tomson beginnt damit, seine Notizen zu diktieren. Kurz darauf fängt Mrs. Monyo an, seine Rede zu schreiben, und war pünktlich damit fertig. Am frühen Abend, natürlich gut gestärkt, wird Mr. Tomson wie erwartet zum neuen Chef der Firma ernannt! 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