StartseiteLiterarisches LebenDas Literarische Quartett vom März 2024: Feinjustierung

Das Literarische Quartett vom März 2024: Feinjustierung

Die Quartett-Besetzung vom 15. März 2024 (von links): Iris Radisch, Jan Fleischhauer, Thea Dorn und Cornelius Pollmer (Foto: ZDF/Claudius Pflug)
Die Quartett-Besetzung vom 15. März 2024 (von links): Iris Radisch, Jan Fleischhauer, Thea Dorn und Cornelius Pollmer (Foto: ZDF/Claudius Pflug)

Ist das Literarische Quartett noch zu retten, seitdem es unter einer Lampe läuft? An Kleinigkeiten wird geschraubt, um Hektik rauszunehmen. Oder liegt alles nur an der Besetzung?

Die erste Ausgabe des literarischen Quartetts ohne Zuschauer vor Ort war ein Schock und schien das Ende des Formats einzuläuten. Kein Publikum mehr, die vier Teilnehmenden sitzen stattdessen Aug’ in Aug’ am runden Tisch unter einer Lampe und fallen sich ins Wort.

Die zweite Ausgabe dieser Art wirkte besonnener, die Diskutierenden kannten sich aber zu gut. Vieles in der Diskussion war vorhersehbar.

In der dritten Ausgabe ohne Publikum saßen Iris Radisch, Cornelius Pollmer und Jan Fleischhauer mit Thea Dorn am Tisch.

Natürlich spielt es in der Gesamtwirkung eine Rolle, wer in der Runde sitzt und wie die Urteile ausfallen. Die Buchauswahl mag da eher zweitrangig sein.

Man merkt die Feinjustierung am Format. Intro und Vor-Vorstellung der Bücher führen direkter zur Runde und die gedoppelte Begrüßung entfällt. Wie die Verkehrsdurchsagen im Radio ist die Einführung nun mit leichter Musik unterlegt. Die Gäste werden nur kurz vorgestellt (Literaturkritikerin, Journalist, Publizist) und es ist Thea Dorn einen Hinweis wert, dass der »literarisch-gesellschaftliche Verstand« ihrer Gäste vier Bücher mit männlichen Protagonisten zusammengeführt habe. Gut, dass das noch möglich ist.

Das erste davon ist von einer Frau geschrieben und der aktuell auch in den Buchhandlungen sehr präsente Titel »Demon Copperhead« von Barbara Kingsolver. Die Übersetzung besorgte Dirk van Gunsteren, was diesmal sogar erwähnt wurde.

Im Gegensatz zum Murakami in der letzten Ausgabe, gestaltete sich hier die Diskussion informativ und durchaus interessant. Man erwähnte einen merklichen Reißbrettentwurf der Handlung, sprach darüber, wie literarisch der Text ist und ob der Sound und die Gefühlswelten stimmen. Alles angenehm und nicht von oben herab und ohne große Teile der Handlung nachzuerzählen. Und dennoch bekam man beim Zuhören mit, um was es im Roman geht.

Die Interaktion der vier war besser und kein Aufsagen oder Abfragen von Meinungen. Bei Letzterem hielt sich Thea Dorn diesmal besser zurück, oder es war einfach nicht erforderlich. Schade, dass der Übersetzer Wolfgang Matz beim Roman von Julien Green nicht genannt wurde.

Vergnüglich durchaus, wie Jan Fleischhauer beim letzten Buch das Autorenfoto mit Nadelstreifen, aufgestelltem Kragen und offenem Hemd in der Erzählhaltung wiederfand. Ansonsten wurde aus der Diskussion nicht ganz klar, um was für ein Buch es sich bei »Geheimnis der Rückkehr« von Stephan Wackwitz handelt und warum es in die Runde kam.

Das Quartett selbst wird – so der Eindruck beim Vergleich mit der vorletzten Folge – ruhiger abgefilmt. Gelegentlich kreist der Kamerakran, doch es dominieren statische »Over-the-shoulder« Perspektiven mit weitaus weniger Gegenschnitten. Auch das mag die Runde ruhiger machen und eine aufgesetzte Aufgeregtheit im Schnitt zum Wohle der Diskussion zurückfahren. Die Frage, warum man das Bild überhaupt noch braucht, bleibt.

Wolfgang Tischer

Link ins Web:

Die in der Sendung vom 15.03.2024 besprochenen und erwähnten Bücher:

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2 Kommentare

  1. Vielleicht hat die Kritik doch Wirkung gezeigt. Ich habe die Diskussion diesmal auch wieder als erkenntnisreich, auch in der Kommunikation, erlebt. Unterschiedliche Ansichten wurden ruhig und mit Respekt vor der anderen Lesart ausgetragen, was ja auch der Sinn einer solchen Veranstaltung ist. Und Iris Radischs Leseempfehlung von Julian Greens “Treibsand” hat mich zur erneuten Lektüre dieses bemerkenswerten Schriftstellers aufgerufen.

  2. Auch mich hat die Sendung angeregt, den Roman von Julien Green zu lesen. Es wäre allerdings hilfreich gewesen, den Originaltitel zu nennen (Épaves). Übrigens wird der kurz erwähnte französische Autor Houllebecq ganz anders ausgesprochen. Das müsste man als Französisch-Spezialistin schon wissen.

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