| Hier lesen Sie die besten Beiträge der achten Runde (September '02 - Oktober '02), die unseren Autorinnen und Autoren zu einem Satz von Milan Kundera eingefallen sind. Der Satz stammt aus dem Roman »Die unerträgliche Leichtigkeit des Seins«. Fischer Taschenbuch 5992. ISBN 3-596-25992-4. 9,90 EUR: |  | Wollen Sie sich nicht etwas stärken vor dieser schweren Arbeit? Der Garten von Birgit Kröger, 21376 Salzhausen (Deutschland) Schon lange hatte mir meine Frau mit der Aufforderung in den Ohren gelegen, ich möge doch nun endlich das Gartenstück, in dem sie ihre Kohl- und Kürbispflanzen setzen wollte, umgraben. Es handelte sich um den hinteren Teil unseres Gartens, der von der Straße nicht einsehbar und daher dem Wildwuchs überlassen worden war. Dementsprechend hatten Gestrüpp und Unkraut ihre Wurzeln tief in das Erdreich getrieben. Das Gartenstück, das der Straße zugewandt war, konnte einen wunderbaren Blumenbewuchs vorweisen, welcher der ganze Stolz meiner Frau war. Den hinteren Teil nun, den urbar zu machen mir bestimmt war, wollte sie in ein Gemüsebeet umwandeln.
Ich hatte immer wieder erfolgreich eine Ausrede gefunden. Meistens war es das schlechte Wetter. Doch dann folgten die ersten wirklich warmen Frühlingstage und ich musste mich ans Werk machen. An dem Tag, den ich dafür vorgesehen hatte, war meine Frau bei einer Freundin zum Kaffee eingeladen. Ich hatte somit freie Bahn.
Während ich also ,auf einen Spaten gestützt, mir erst einmal einen Überblick verschaffen wollte, um meine Arbeitskraft möglichst rationell einzubringen, öffnete sich die Gartenpforte und unser Nachbar betrat die Bildfläche. In der Hand hielt er eine Flasche Bier und winkte mich zu sich herüber. Er hätte mich beobachtet und meinte nun, eine Stärkung vor der Arbeit könne nicht schaden. Er wolle sich gerade ebenfalls eine solche gönnen und hätte zu diesem Zweck bereits eine Kiste Bier sowie weitere Spirituosen verschiedener Art in seiner Küche stehen. Wie hätte ich also sein freundliches Angebot ausschlagen können ?
Hinterher fühlte ich mich ungemein beflügelt und die Arbeit ging mir wunderbar leicht von der Hand. Ja, ich grub nicht nur den vorgesehenen Teil des Gartens um, sondern, wo ich schon einmal dabei war, auch den gesamten Rest, einschließlich Rasenfläche und Blumenbeet. Hinterher fühlte ich mich unglaublich erschöpft, aber glücklich. Oh, wie würde sich meine Frau freuen, hatte sie ihren Mann doch noch nie so tatenfreudig in Aktion treten sehen.
Mit dem Gedanken, eine gute Arbeit geleistet zu haben und im Vorgefühl auf die glücklichen Ausrufe meiner Frau, schlief ich selig ein und nahm mir vor, künftig vor jeder anstrengenden körperlichen Tätigkeit eine energie- und trostspendende Stärkung zu mir zu nehmen. Zurück zur Übersichtsseite des Satzfischers Der Gast von Andrea Geilen, 10999 Berlin (Deutschland) Alwine lief unruhig in ihrer Stube auf und ab. Sie war ein bisschen aufgeregt. Sie überprüfte den gedeckten Tisch. Der Kaffeefleck auf der Damasttischdecke, den der letzte Gast hinterlassen hatte, war unter einem Teller verschwunden. Der Tisch war für 2 Personen mit ihrem guten Meißener Porzellanservice gedeckt. In der Mitte stand der Marmorkuchen, den sie schon gestern gebacken hatte und von dem Oskar, ihr verstorbener Mann, immer behauptet hatte, dass niemand ihn so gut hinkriegen würde wie sie. In einer kleinen Vase hatte sie Astern arrangiert, die sie eben aus dem Garten geholt hatte. Die Fotoalben lagen griffbereit auf dem Teewagen, auf den sie auch die Kaffeekanne gestellt hatte, die unter einem Kaffeewärmer verschwunden war.
Sie schaute auf ihre Standuhr. Halbvier vorbei. Er verspätete sich, dachte sie mit einem Anflug von Ärger. Sie ging ins Bad, um einen Blick in den Spiegel zu werfen. Sie hatte sich gut gehalten für ihre 81 Jahre, fand sie.
Es klingelte an der Haustür. Alwine zupfte noch schnell ihre Bluse zurecht, ging zur Tür und öffnete sie. Draußen stand ein muskulöser junger Mann in Arbeitskleidung. Er trug einen Tragegurt über der Schulter.
Klaus Schulze sagte er, ich soll hier ne Waschmaschine abholen Ja, wir hatten telefoniert sagte Alwine, kommen Sie rein! Die ist aber recht schwer, sind Sie sicher, dass sie das alleine schaffen? fragte Alwine. Wäre das erste mal, wenn ich es nicht schaffen würde lachte der Mann, Wo steht sie denn? Im Keller, antwortete Alwine zögernd aber wollen Sie sich nicht etwas stärken vor dieser schweren Arbeit? Klaus Schulze hob erstaunt die Augenbrauen sehe ich aus, als müsste ich das? grinste er. Nein sagte Alwine, aber ich würde mich freuen, wenn Sie ein Stück von meinem Marmorkuchen probieren würden.
Mit diesen Worten nötigte sie den jungen Mann in ihre Stube und bat ihn, am Tisch Platz zu nehmen. Sie verteilte Kaffee und Kuchen und begann aus ihrem Leben zu erzählen. Um vier Uhr griff Alwine zum ersten Fotoalbum. Gegen fünf Uhr wurde Klaus Schulze zusehends nervöser.
Entschuldigung platzt es aus Klaus Schulze heraus, Was ist jetzt mit der Waschmaschine? Ach, die Waschmaschine, sagte Alwine da fällt mir ein, die hat letzte Woche schon jemand abgeholt. Der Mann schaute sie ungläubig an Hören sie mal, ich lebe von Entrümpelungen sagte er entrüstet. Richtig sagte Alwine aber, da ich mich auf 2500 Zeichen beschränken muss, ist hier leider Schluss. Zurück zur Übersichtsseite des Satzfischers Auf Abwegen von S. Schmitz, 50769 Köln (Deutschland) Wollen Sie sich nicht etwas stärken vor dieser schweren Arbeit?
Voller Mitgefühl sah sie ihn an. "Nein danke", sagte er, "ich möchte diese Arbeit so schnell wie möglich erledigen. Der nächste Auftrag wartet schon auf mich". Er krempelte die Ärmel seines Hemdes herauf und hervor kamen zwei muskulöse, sonnengebräunte Arme. Sie schaute in die Glasscheibe des Autos und schob die vorwitzige Haarsträhne aus ihrem Gesicht. Für Ihr Alter hatte sie sich gut gehalten. Automatisch strich sie ihr Kleid glatt. Sie betrachtete ihn genauer, selbst in der gleißenden Mittagssonne war sein dunkelbrauner Teint makellos und sein Körper war von der körperlichen Arbeit durchtrainiert. Schweiß rann seinen Nacken hinab und sein Hemd wurde langsam feucht.
"Darf ich Ihnen ein Glas Wasser anbieten? Danke Misses, dass wäre sehr nett von Ihnen". Zögernd ging sie ins Haus, stellte sich hinter das Fenster und erfreute sich des Anblickes. "Ich sollte lieber das Wasser holen", ermahnte sie sich und ging in die Küche. Sie holte eine Flasche eiskaltes Wasser aus dem Kühlschrank und stellte sie zusammen mit einem Glas auf ein Tablett. Mit zitternden Händen trug sie das Tablett vorsichtig nach draußen vor Ihr Haus. "Oh, vielen Dank, dass ist jetzt genau richtig. Ich habe aber den Fehler an Ihrem Auto schon behoben. Jemand hat Ihnen ein Stück Stoff in den Auspuff gestopft. Das muss wohl ein dummer Jungenstreich sein." "Oh, darauf wäre ich nie gekommen, Ich kann mir gar nicht vorstellen, wer so etwas einer alten Frau antut. Aber vielen Dank für Ihre Hilfe". "Gern geschehen Misses und einen schönen Tag noch". "Danke Ihnen auch und schaun Sie doch mal vorbei, wenn Sie gerade in der Gegend sind". "Ja, vielen Dank, dass werde ich tun", er packte seine Sachen ins Auto, nickte ihr zu und fuhr davon. "Schade", dachte die alte Lady, dass ging aber diesmal schnell. Sie stellte das Tablett ab, ging zum Auto und stopfte das Tuch wieder in den Auspuff. Morgen war auch noch ein Tag... Zurück zur Übersichtsseite des Satzfischers Liebe von Dirgis Kemot, 41569 Rommerskirchen (Deutschland) "Wollen Sie sich nicht etwas stärken vor dieser schweren Arbeit?" frage die ältere Dame den jungen Mann. "Nein, später", antwortete dieser. "Dann stelle ich aber eine Apfelschorle auf den Terrassentisch, damit Sie trinken können, wenn Sie durstig sind". Das "ok" des jungen Mannes hörte sie nur noch schwach, denn schon war er in der Garage verschwunden. Kurze Zeit später betrat er mit Rasenmäher, Schubkarre und Arbeitsgeräten den Garten. Die ältere Dame schaute ihm liebevoll bei seiner Arbeit zu und ertappte sich dabei, dass es sie noch mal so richtig erwischt hatte und sie direkt vernarrt in den jungen Mann war. Sie betrachte ihn, wie er leichtfüßig den Rasen mähte und bewunderte seine schlanke Gestalt. Wenn er von seiner Arbeit auf- und zu ihr herübersah und sie anlächelte, befand sie sich in einer Woge des Glücks. Du lieber Gott, dachte sie, wie kann sich eine alte Schachtel wie noch mal so verknallen. Während sie ihren Gedanken nachhing, betrat der junge Mann die Terrasse und verkündete laut: "Oma, jetzt habe ich keine Lust mehr zu arbeiten, weil ich Hunger habe. Ich möchte jetzt ein Eis". "Selbstverständlich bekommst Du nach dieser schweren Arbeit ein Eis, aber bring bitte erst Deine Spielsachen in die Garage". Schnell brachte er seinen "Rasenmäher", die "Schubkarre" und die anderen "Gartengeräte" in die Garage und erschien in Windeseile wieder auf der Terrasse um seinen "Arbeitslohn", ein dickes Eis, zu verputzen. Für einen vierjährigen ist es absolut toll, Gärtner zu spielen und von seiner Oma, die auch er heiß und innig liebt, ein Eis für die "schwere Arbeit" serviert zu bekommen. Zurück zur Übersichtsseite des Satzfischers Die Mutprobe von Ines Braun, 51067 Köln (Deutschland) Sie trauten es mir nicht zu. Keiner von ihnen. Der kleine Bruder auf der großen Maschine. Ich würde es ihnen zeigen. Willst du dich vor der schweren Aufgabe noch ein wenig stärken? der Sarkasmus in Peggys Stimme war nicht zu überhören, sie grinste mich kaugummikauend an. Die Stärkung wirst du brauchen! Ich ließ den Motor durch eine kleine Drehung der rechten Hand aufheulen. Sie zuckte die Schultern, steckte das Kaugummi weg. Jetzt erst merkten die anderen, daß ich es ernst meinte. Sie drehten sich zu mir um und ich spürte die Geringschätzigkeit in ihren Blicken, ihre breitbeinige Überlegenheit. Ich hatte schon immer dazugehören wollen und endlich hatte ich die Chance mich zu beweisen. Trotzdem zögerte ich, sah die buckelige Piste vor mir, die Rampe und dann den Bach. An dieser Stelle habens noch nicht viele gemacht, Jeff mit den gelben Augen stellte sich mir in den Weg, legte seine Hand auf den Lenker. Noch einmal ließ ich den Motor aufheulen, spürte die Kraft der Maschine und fuhr an. Ohne ein weiters Wort machte Jeff den Weg frei. Die Bäume tanzten holprig vor mir auf und ab, die Stöße der Piste schlugen bis in meine Knochen und als ich das Ufer erreichte, brach die Sonne durch die Zweige und blendete mich für einen Augenblick. Dann der glatte Lauf auf der Rampe. Ich gab noch einmal Gas, verlangte noch mehr Kraft und zog das Motorrad dann nach vorne. Unter mir braunes Wasser, dann der Schlick des Ufers. Die Wiese. Bei der Landung brach mir das Hinterrad aus, aber ich konnte die Maschine noch abfangen. Kleiner Schönheitsfehler in vollkommenen Triumph. Der Abend gehörte mir.
Ich trug ihre Kleidung, mochte ihre Freunde, hörte ihre Musik. Ich wurde zum Bastler und konnte mit verbundenen Augen eine Maschine auseinandernehmen und wierder zusammensetzen. Später rauchte ich ihre Marke, saß nächtelang in ihrer Kneipe und begann eine Lehre als Kfz-Mechaniker. Dann heiratete ich eine Freundin von Peggy, gab mein Geld für immer stärkere Maschinen aus und nannte meinen Erstgeborenen Jeff.
Erst jetzt, wo ich 54 bin, habe ich den Mut mich zu fragen, was wohl jenseits dieser lackglänzenden Welt liegt. Seitdem blitzen ab und zu fremde Eindrücke in meinem Bewußtsein auf und manchmal habe ich den Wunsch mich nochmal an jenen Tag und an jenen Fluß zurückzuversetzen, um ein völlig anderes Leben zu beginnen. Zurück zur Übersichtsseite des Satzfischers Hinweis: Für die Rechtschreibung und Zeichensetzung sind die Autoren selbst verantwortlich. Die Urheberrechte liegen beim jeweiligen Autor. |