Startseite»Bis Klagenfurt anruft«Bis Klagenfurt anruft. Ein Praxisbericht. Teil 4.

Bis Klagenfurt anruft. Ein Praxisbericht. Teil 4.

Zutaten für einen PustekuchenDiesmal: Veröffentlichungen. Zuschussverlage.

Das letzte Mal habe ich über Anthologien und das manchmal etwas dubiose Vorgehen der Herausgeber geschrieben. Wenn man jetzt noch einmal zurückdenkt zu den Autoren, die für die Veröffentlichung in der Anthologie auch noch pro Seite einen gar nicht so niedrigen Preis bezahlen sollen, drängt sich einem die Assoziation zum Schreckgespenst der heutigen Jungautoren-Generation auf: Der ZUSCHUSSVERLAG. Heutzutage kann sich Hinz und Kunz (nicht die aus Volker Brauns Erzählung) ein eigenes Buch drucken lassen, vorausgesetzt man hat genug Geld. Eine Art Zweiklassenliteraturgesellschaft. Manche bezahlen eben für die Bücher, die andere geschrieben haben, und andere zahlen eben für die eigenen Bücher, um diese zu Weihnachten, zum Geburtstag, zu Ostern, zum Nikolaus, zum Valentinstag, zum Welttag des Buches, zum Murmeltiertag, , zum St. Nimmerleinstag ihren Verwandten und bedürftigen Kindern zu schenken. Was dann übrig bleibt stapeln sie nach nochmaligem Bezahlen an den Verlag (sonst werden die schönen Bücher ja vernichtet!) in ihrem eigenen Keller. Klar, es ist nicht unseriös und unmoralisch, den Autoren von vornherein zu sagen, dass sie ihr Buch quasi selbst finanzieren müssen. Wer will, der kann. Wenn ich wollte, hätte ich wahrscheinlich schon das fünfte Buch und würde mich für die ersten drei mittlerweile schämen. Und meine Eltern würden mir raten, einen extra Lagerraum zu mieten.

Cornelia Travnicek

berichtet im literaturcafe.de seit 2006 von ihrer bisherigen Autorenlaufbahn und davon, wohin es führen kann, wenn man eines Tages beschließt zu schreiben. Interessant für alle, die Ähnliches selbst erlebt haben, noch erleben wollen oder sich vielleicht nach der Lektüre entschließen, es doch besser zu lassen. Seinerzeit schrieb Cornelia unter dem Motto »Bis Klagenfurt anruft« sieben Berichte und einige Bonusfolgen u.a. über Veröffentlichungen, Preise, Lesungen, Literaturforen und die eigene Website.

Cornelia Travnicek: Chucks (Buchcover)Im Frühjahr 2012 erscheint Cornelia Travniceks erster Roman »Chucks« in der Deutschen Verlags-Anstalt (DVA). Wie ergeht es einem als österreichische Autorin, wenn man zu einem großen deutschen Verlag wechselt? Erfüllt sich ein Autorinnentraum? Ist es der Karrieredurchbruch?

Unter dem Titel »Bis Klagenfurt anruft. Reloaded« setzt Cornelia Travnicek 2012 ihre Berichte im literaturcafe.de fort.

Im Juli 2012 las sie dann tatsächlich in Klagenfurt und gewann den mit 7.000 Euro dotierten Publikumspreis. 2012 ist sie Stadtschreiberin in Kärnten.

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www.corneliatravnicek.com

Cornelia Travnicek: Chucks: Roman. Taschenbuch. 2014. btb Verlag. ISBN/EAN: 9783442747023. EUR 8,99 Â» Bestellen bei amazon.de Anzeige)

Aber stellen wir uns Folgendes vor: Eine ambitionierte Jungautorin verschickt ihr Lyrikmanuskript an diverse Verlage. Von manchen hört sie nie etwas. Manche sagen nett dankend nein. Andere wollen mehr lesen und sagen dann nein. Und ein einziger Verlag sagt, er könne sich was vorstellen, in einer kleinen Auflage von ca. 200 – 300 Stück.

Das Literatinnenherz schlägt natürlich höher. Man korrespondiert über ein halbes Jahr, dann steht das erste reale Treffen an. Kurz vor dem realen Treffen sagt der Verleger am Telefon diesen denkwürdigen Satz: „Aber Sie müssen mir das schriftlich geben, dass sie 100 Stück verpflichtend zum Ladenverkaufspreis abnehmen.“ Nach schnellem Kopfrechnen ist die Autorin bei einer Summe von 1.600 Euro und sagt erst einmal nichts mehr. Zuhause meint ihre Mutter nur: „Wenn du das Geld vom letzten Literaturpreis gespart hättest, könntest du das bezahlen.“ Das Geld steckt aber zum Großteil in einem neuen Snowboard, einem Ballkleid und was ein Teenager sonst noch so braucht, wenn er auf einmal zu viel Geld in der Hand hat. In einer eMail sagt sie dann dem Verlag ab, mit dem Hinweis, sie wolle das Risiko und die Kosten für ihr Buch nicht selbst tragen. Und alle anderen Schreibenden, die sie kennt, warnt sie vor diesem Verlag. Woraufhin dieser sie der Verleumdung bezichtigt, aber das ist ihr egal.

Versteckte Zuschussverlage sind meiner Meinung nach nicht der Sinn des Literaturbetriebes. Sie sind nur Geldmacherei und dienen nicht gerade dazu, das Selbstwertgefühl oder die Würde des Autors zu mehren. Wie schon gesagt, wer will, kann sich gerne ein paar Exemplare seines Buches selbst drucken lassen, weil eben Suhrkamp nicht will. Aber ich warte lieber, bis ein Verlag will. Dann kann ich die Bücher immer noch an meine Verwandten verschenken, zum Geburtstag, zu Weihnachten, zu Ostern

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