Proust schrieb gerne im Liegen, Hemingway im Stehen. Der britische Journalist Alex Johnson beantwortet in seinem Buch »Schreibwelten« die Fragen, wie, wo und womit Jane Austen, Stephen King, Astrid Lindgren und andere literarische Berühmtheiten ihre Bestseller schrieben. Was lässt sich daraus lernen?
»Eine Frau muss Geld und einen Raum für sich haben, um Literatur zu verfassen«, stellte Virginia Woolf fest. Die britische Schriftstellerin schrieb im Gartenhaus. Auch Roald Dahl, Dylan Thomas und John Steinbeck schrieben gern in ihren Gartenhäusern, George Bernard Shaw als bekennender Nudist womöglich sogar nackt.
Die Frage, wo und wie Autoren schreiben und wie ihr Arbeitsplatz genau ausschaut, interessiert viele Leserinnen und Leser. James Joyce lag beim Schreiben gerne auf dem Bauch.
Agatha Christie sollen die Ideen zu ihren Krimis in der Badewanne eingefallen sein. Das behauptete sie zumindest. Doch spätestens seit Daniel Kehlmanns »Ruhm« wissen wir, dass auch das ausgedacht sein kann, um die immer wieder gestellte Publikumsfrage möglichst originell zu beantworten.
Bildergalerie: Schreibwelten
Der britische Journalist Alex Johnson hat 50 lebende und verstorbene Autorinnen und Autoren ausgewählt und beschreibt ihre Arbeitsplätze und ihr Schreibverhalten. Alle sind weltbekannt, die meisten stammen jedoch aus Großbritannien oder den USA. Nur Größen wie Isabel Allende, Anton Tschechow oder Astrid Lindgren haben es ebenfalls ins Buch geschafft. Deutschsprachige Autorinnen und Autoren wie Hermann Hesse, Ingeborg Bachmann oder Günter Grass sind dort nicht zu finden.
Die Einträge zu den Autorinnen und Autoren sind zwischen einer und vier Seiten lang und dicht und informativ geschrieben. Ins Deutsche übertragen hat sie Birgit Lamerz-Beckschäfer. Daneben listet ein Register einige hundert weitere Autorinnen und Autoren auf, die ebenfalls im Buch erwähnt sind und sei es nur in einem Nebensatz wie z. B., dass Dan Brown gern joggt, wenn er nicht schreibt. In diesem Register sind zumindest Goethe und Schiller erwähnt. Letzterer mit der Anekdote, er habe faulende Äpfel in seiner Schreibtischschublade aufbewahrt, weil ihn der Geruch inspirierte.
Ein Quellenverzeichnis gibt es nicht, doch »Besucherinformationen« am Ende des Buches legen nahe, dass Johnson für sein Buch Museen und Gedenkstätten aufgesucht hat, an denen die Arbeitsräume bis heute erhalten werden. Weitere Informationen wie beispielsweise über Stephen King oder Haruki Murakami entstammen den autobiografischen Notizen oder Büchern, die die Autoren selbst über ihr Schreiben verfasst haben.
Als eine Art Randnotizen sind in den »Schreibwelten« immer wieder Infos beispielsweise zu »Tierische Hausgenossen«, »Ablehnungsbescheiden« oder zu den täglichen Arbeitspensa zu finden (Graham Green nur 500 Wörter am Tag, Frederick Forsyth hingegen 3.000).
Das Buch enthält kleine Fotos der Porträtierten. Die Arbeitsräume jedoch, die Schreibmaschinen, Stifte und die erwähnten Gartenhäuser sind von James Oses als Aquarelle gezeichnet. Mit den farbenfrohen Zeichnungen wirkt das Buch ansprechender, lebendiger und künstlerischer. Ohne Frage ist »Schreibwelten« auch als Geschenkbuch für Autorinnen und Autoren konzipiert.
Was kann man von den Schreiborten und -gewohnheiten der Großen für die eigene Arbeit lernen? Sollte man zur Inspiration mehr baden als duschen? Führt der Weg zum Bestseller über den Erwerb eines Gartengrundstücks mit Gartenhaus?
Sicherlich nicht. Ob man seine Werke im Stehen oder im Bett verfasst, ob man noch von Hand oder mit dem Computer schreibt, ist eine individuelle Sache.
Doch selbst wenn manche Gewohnheit merkwürdig oder zwanghaft erscheint, zeigt »Schreibwelten« eines deutlich: Rituale sind beim Schreiben elementar.
Fazit
Kurzweilig, informativ und ohne Geschwafel gibt Alex Johnson Einblicke in die Schreibwelten berühmter Autorinnen und Autoren. Das ist interessant für Leserinnen und Leser und natürlich für Autorinnen und Autoren. Mit der schönen gestalterischen und typografischen Aufmachung ist es zudem ein ideales Geschenkbuch.
Wolfgang Tischer
Alex Johnson: Schreibwelten. Wie Jane Austen, Stephen King, Haruki Murakami, Virginia Woolf u.v.a. ihre Bestseller schufen. Die (kleinen) Geheimnisse und .. Virgina Woolf u.v.a. ihre Bestseller schufen. Gebundene Ausgabe. 2023. wbg Theiss in Wissenschaftliche Buchgesellschaft (wbg). ISBN/EAN: 9783806245646. 28,00 € » Bestellen bei amazon.de Anzeige oder im Buchhandel
Guten Tag, ich finde das Buch sehr gelungen und es hätte mir noch besser gefallen, wenn man darin sorgfältiger mit den Jahreszahlen umgegangen wäre. Im Kapitel über Samuel Johnson steht, dass Thomas Carlyle ihn 1832 besucht habe, da war aber Dr. Johnson schon tot. Bei George Bernhard Shaw ist das Sterbedatum mit 1920 angegeben, obwohl er 1925 einen Nobelpreis erhielt. LG Evelyn