Zuschuss»…sehen wir gute Chancen für eine Veröffentlichung.«

Wie Zuschussverlage im Internet schnell neue Opfer finden

Dass das Internet auch für einige dubiose Zeitgenossen neue Möglichkeiten für ihre Machenschaften bietet, ist hinlänglich bekannt. Leider sind davon in letzter Zeit auch immer wieder Autoren betroffen, die ihre Werke im Internet veröffentlichen. Dass die Freude über ein vermeintliches Verlagsangebot sehr kurz sein kann, das zeigt der folgende Bericht.

»Tut mir Leid«, die Buchhändlerin schüttelte den Kopf, »Sie sind leider nicht der erste Autor, der uns sein Buch anbietet. Selbst wenn wir es nur in Kommission in unser Regal stellen, sehen wir keine Verkaufschancen. Ich spreche leider aus Erfahrung.«

Was tun bei Verlagsangeboten?

Die Antwort »Zusagen!« ist nicht immer angebracht. Hier unsere Tipps:

1. Lehnen Sie Verlagsangebote, die von Ihnen versteckt oder offen einen Zuschuss verlangen, grundsätzlich ab, auch wenn dies glaubhaft begründet wird.

2. Das Gleiche gilt für Angebote von Lektoraten oder Agenturen, die Ihnen die Vermittlung an einen Verlage in Aussicht stellen, wenn Sie z. B. Ihren Text kostenpflichtig überarbeiten lassen. Seriöse Agenturen arbeiten auf Erfolgsbasis.

3. Sollten Sie trotz der Warnungen dazu bereit sein, einen Zuschuss zu zahlen, so müssen Sie wissen, dass Sie ohne Werbung und Vertriebswege keine Aussicht auf den Verkauf des Titels haben. Die Zuteilung einer ISBN oder ein Eintrag im Verzeichnis der lieferbaren Bücher (VlB) hilft wenig.

4. Sollten Sie immer noch den Wunsch haben, Ihr eigenes Buch in der Hand zu halten, so sollten Sie sich alternativ an eine Druckerei wenden und die Veröffentlichung im Eigenverlag erwägen. Die Kosten hierfür sind oftmals nicht höher, und Sie haben mehr Einfluss auf die Gestaltung - wenngleich auch mehr Aufwand.

5. Seit 1999 gibt es eine sehr gute und vergleichsweise preiswerte Alternative zum Eigenverlag, nämlich Books on Demand (BoD). Hinter dieserm Angebot steckt der Buchgroßhändler libri, der damit auch gewährleistet, dass Ihr Buch innerhalb kürzester Zeit über fast alle Buchhandlungen bezogen werden kann. (WT)

     Uwe Bergon* packte sein Buch wieder ein. Es war nicht die erste Buchhandlung, in der er versuchte, sein Buch zu verkaufen. Niemand interessierte sich dafür. Dabei hatte alles so hoffnungsvoll angefangen.

Seit gut einem Jahr hatte er eine eigene Homepage im Internet, auf der auch einige seiner Gedichte zu finden waren. Vor einiger Zeit erhielt er dann die eMail eines Verlages, in der man ihm mitteilte, dass man sehr an den Werken auf seiner Homepage interessiert sei. Er möge doch einfach weitere Proben seines Könnens per eMail an den Verlag schicken, da man – die entsprechende Qualität vorausgesetzt – durchaus eine gute Chance für eine Buchveröffentlichung sehe.
     Das ließ sich Uwe Bergon nicht zweimal sagen. Hatte er doch bereits vor der Veröffentlichung im Internet seine Gedichte an zahlreiche Verlage geschickt, die ihm ohne Ausnahme nur Absagen schickten – wenn überhaupt.
     Die Antwort des Verlages kam prompt. Man freue sich, ihm mitteilen zu können, dass sich der Verlag für die Veröffentlichung seiner Gedichte entschieden habe. Und in der Tat, die Konditionen waren mehr als fair. Es würde sogar eine gebundene Ausgabe für 20,00 Euro sein, von der er pro verkauftem Exemplar 30% als Honorar bekäme. Eine erste Auflage würde man mit 1000 Exemplaren ansetzen. Die Chancen für einen Verkauf sehe man als sehr gut an. Um jedoch die Herstellungskosten von knapp 13.000 Euro zu decken, wäre ein Zuschuss von 3.500 Euro durch den Autor erforderlich.
     Das schien Uwe Bergon zunächst etwas hoch, doch nach dem Verkauf der ersten Auflage würden ihm dennoch 2.500 Euro Gewinn bleiben. Da der Verlag den Titel auch mit einer ISBN versieht und an das Verzeichnis der lieferbaren Bücher (VlB) übermittelt, stelle dies sicher, dass »jede Buchhandlung den Titel problemlos bestellen könne.« So dürften 1000 Stück schnell verkauft sein, und Uwe Bergon unterschrieb den beiliegenden Vertrag.

Zwei Monate später erhielt er die ebenfalls versprochenen 30 Freiexemplare. Endlich hatte Uwe Bergon sein Ziel erreicht: Das eigene Buch mit seinen Gedichten und seinem Namen auf dem Umschlag! Das Internet, so schien es, hatte ihm Glück gebracht und voller Stolz verschenkte er die Freiexemplare an Freunde und Bekannte, selbstverständlich mit seiner Widmung.
     Merkwürdigerweise hörte Uwe Bergon dann jedoch nichts mehr von seinem Verlag, bis dann nach vier weiteren Monaten ein Schreiben eintraf. Leider, so müsse man ihm mitteilen, würde der Verkauf, entgegen den Erwartungen, sehr schlecht laufen. Man bedaure dies und sollte sich in den nächsten Monaten keine Besserung ergeben, so sehe man sich leider gezwungen, die restlichen Bücher einzustampfen, da der Verlag die Kosten der Lagerhaltung nicht mehr länger finanzieren könne. Man sei jedoch bereit, die Restauflage zu den Selbstkosten an den Autor zu verkaufen. Diese belaufen sich auf nochmals 3.500 Euro.
     Bergon war empört, doch da sich in der Tat der Verkauf nicht besserte, entschloss er sich für den Kauf der Restauflage, denn sein schönes Buch dem Altpapier zu übergeben, das durfte wirklich nicht sein.
     Seit dieser Zeit lagern 950 Exemplare seines Buches im Keller von Uwe Bergon und sie werden dies wohl auch noch längere Zeit tun. Zunächst versuchte er noch, sein Buch bei einigen Buchhandlungen persönlich vorzustellen. »Wer soll denn das Buch kaufen, wenn es niemand kennt«, war die Antwort einer Buchhändlerin.
     Doch noch gab Bergon nicht auf und verschickte Rezensionsexemplare, zunächst an die überregionale, dann auch an die örtliche Presse. Eine Buchbesprechung würde sicherlich dazu beitragen, das Buch bekannt zu machen.
     Von den Zeitungen hat er bis heute noch nichts gehört.

Uwe Bergon ist nicht der einzige, der eine solche Erfahrungen machen musste. Das Internet hat es den Zuschussverlagen leicht gemacht, an neue »Opfer« zu kommen. Auch die Autoren des Literatur-Cafés erhielten entsprechende Angebote. Da die Herstellungskosten unter den Zuschüssen der Autoren liegen, machen die Verlage in jedem Fall Gewinn, auch wenn der Autor dabei verliert.

Gero von Büttner
03.04.1999

Anmerkung: Es gibt einige Zuschusskostenverlage, die bei kritischen Berichten über ihre Branche sofort mit Abmahnungen reagieren. Über dieses Verhalten mag sich jeder selbst sein Urteil bilden. Daher möchten wir an dieser Stelle betonen, dass es durchaus seriöse Zuschusskostenverlage gibt, die den Autor nicht nur im Kleingedruckten des Vertrags auf die Kosten hinweisen und den Autor auch auf die Risiken aufmerksam machen.

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