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Textkritik: Der Sieger oder die hohe Kunst des Stolperns – Prosa

Eine Textkritik von Malte Bremer

Der Sieger oder die hohe Kunst des Stolperns

von Willi Herdrich
Textart: Prosa
Bewertung: 2 von 5 Brillen

***

Montag morgen, sieben Uhr. Frisch wie immer, dynamisch, frohgelaunt, voller Tatendrang geht er in den Tag. Bei seinem »guten Morgen beisammen« trifft er unvermittelt auf seinen Chef. Dieser nimmt ihn aus den Augenwinkeln kurz wahr, fixiert ihn, dreht sich wieder um und geht in Richtung Büro.
»Ach Stepper, kommen Sie doch bitte gleich mal mit.«
Stepper gefiel der Tonfall nicht, das Timbre, der Rhythmus, die deutlich wahrnehmbare Aggression in den Worten. Jedes einzelne gestochen scharf gesprochen, kein Zusammenschleifen, keine Satzmelodie. Jedes Wort wie ein Hammer, der auf den Amboß fällt, das heiße Eisen beizeiten zu formen. Stepper schwitzt.
Alles nur Einbildung, reiß dich zusammen. Du hast dich doch erst vor zwei Wochen beim Betriebsausflug in Basel – oder war es Zürich? Jedenfalls haben wir uns ganz prächtig unterhalten. Und die Depotspritze wirkt gegen diese lächerliche Angst doch ausgezeichnet, versucht Stepper sich zu beruhigen.
»Stepper, altes Haus, setzen Sie sich, Kaffee?«
»Ja, bitte.«
Altes Haus, das bedeutet nichts Gutes. Letzte Woche nannte er Heidi »unsere Seele«, und eine Stunde später taucht sie heulend auf, entlassen. Nun ja, sie geht auf die fünfzig zu und hat erhebliche Probleme mit der neuen Software und den flachen Hierarchien, die seit geraumer Zeit für höhere Rendite sorgen sollen. Heidi und die Standortprobleme!
»Stepper, wie lange arbeiten wir schon zusammen? Das müssen ja Lichtjahre sein!«
Jetzt spürt er es wieder, trotz Depotspritze, dieses Gefühl, das sich wie Mehltau ausbreitet, das den Hals austrocknen läßt, wo man immerzu schlucken muß, weil die Zunge im oberen Mundraum festklebt.
»Ich, ähh, ich war doch von Anfang an, also ich meine…«, stammelt er.
Bilder der letzten Jahre schießen ihm durch den Kopf. Er, Stepper, immer aktiv vorne mit dabei neben dem Chef, meist gut gelaunt. Ohne ihn fing keine Sitzung an. Er ist jemand, auf ihn wird gehört. Um ihn muß man sich bemühen, er gehört zum inneren Zirkel der Firma. Das heißt bis auf neulich, als es um diese Verschlankungs-Diskussion ging. Er wurde nicht mit einbezogen, fällt ihm jetzt auf.
»Genau, Stepper, sie waren von Anfang an dabei, und das ist ja nun schon eine Weile her. Sie gehören sozusagen zum Inventar, mein Lieber, aber Spaß beiseite.«
Der Chef nahm einen Schluck Kaffee, den mittlerweile die Sekretärin gebracht hatte.
»Sie kennen die Regel. Wir haben sie ja sozusagen gemeinsam aufgestellt. Ich kann nun wirklich kein Auge mehr zudrücken, Stepper. Es fehlen ihnen 10 Punkte, glatte 10 Punkte zuwenig, Stepper.«
Stepper stammelt etwas. Er sei wieder auf dem Weg nach oben. Vielleicht hätte er doch den ein oder anderen Abschluß am Wochenende tätigen sollen, statt in diesem blöden Boot zu sitzen und auf Wind zu warten.
Stepper schwitzt. Sinnlos erscheint jeder Widerspruch. 10 Punkte zuwenig. Die Regeln sind bekannt. Dieses Gefühl, das ihm den Hals zumacht und den Rachen austrocknen läßt, sagt ihm: wer die Regeln nicht kennt, muß gehen. Wer die Regeln kennt und sie nicht einhält muß auch gehen.
Jetzt war also er an der Reihe. Er, der erfahrene Außendienstler, ein alter Hase, gewieft, mit einem festen Kundenstamm. Er, Stepper, hat die Norm verfehlt, um gerade mal 10 Einheiten. Der Chef hält sich an die Regel. Warum sollte er sich gerade bei ihm nicht daran halten. Warum sollte die Physik für ihn nicht gelten, wo sie überall und jederzeit für alle gilt, ein göttliches Axiom! Stepper schämt sich ob seiner Torheit. Fakten zählen. Letzten Monat hat es den Glesing erwischt. Das war abzusehen. Glesing war ein Schönwetter-Verkäufer.
Beinahe hätte es ja letztes Jahr geklappt mit dem Aufhören, als dann diese Sache mit dem Herz passieren mußte. Ausgerechnet an der letzten Raststätte vor der Ausfahrt. Und dann haben sie ihn alle besucht in der Klinik, und sie haben ihm gut zugesprochen. Das würde er schon schaffen und die Firma braucht ihn doch und all diese Dinge eben. Die Ärzte waren ganz begeistert, wie schnell er wieder regenerierte. Er werde wieder voll einsatzfähig sein. Das hat ihn schon gefreut, hat er doch seine Arbeit vermißt, seine Kunden, die ihm baldige Genesung wünschten, die nach ihm, nach Herrn Stepper fragten.
»Stepper, sind Sie noch da oder träumen Sie schon von der großen Frührentnerfreiheit, na ist schon gut, Sie kennen mich ja. Über die Abfindung werden wir uns einigen. Nehmen Sie Urlaub oder gehen Sie zu Ihrem Arzt, der soll Ihnen eine Kur verpassen, das machen wir dann schon passend, Stepper!«
Stepper hörte die Worte wie durch eine Wand, nicht für ihn bestimmt, von ganz weit herkommend, wie damals die Worte des Pfarrers im Beichtstuhl. Unwirklich, aus einer anderen Welt kommend. Sie waren an ihn gerichtet und doch erreichten sie ihn nicht, nicht wirklich. Damals nicht und auch jetzt nicht.
»Stepper, nun machen Sie nicht so ein trostloses Gesicht. Sie wissen ganz genau, daß ich nicht anders kann, Mensch! Betrachten Sie die Angelegenheit einmal nüchtern. Die paar Jahre bis zur Rente kriegen Sie doch locker rum, Sie sind clever, und die Geschichte mit Ihrem Herz, Mensch Stepper, da müssen Sie ehrlich dankbar sein!«
Gleich werden die Knie anfangen zu zittern. Die Beine werden ihren Dienst verweigern, werden taub und wie abgestorben sein. Ich werde hier sitzen bleiben müssen, für immer, dachte Stepper.
Ihm drängen sich Szenen von grotesker Komik auf. Er sitzt wie eine Puppe im Sessel. Der Chef starrt ihn an, versucht ihn anzusprechen, schreit auf ihn ein, läuft aufgeregt im Büro umher. Schließlich greift er zum Hörer, wählt und schreit einige Sätze hinein. Kurz darauf kommen die zwei in Weiß gekleideten durchtrainierten jungen Männer mit einer Trage zur Tür herein. Vorsichtig fassen sie ihn an, setzen ihn auf die Trage, um ihn dann, einem Sitzbild gleich, aus dem Büro zu tragen! Dieses Bild ist so komisch, so skurril, daß Stepper lächeln muß.
»Stepper, es freut mich, daß Sie die Sache so gelassen sehen. Das spricht für Sie und Ihre souveräne Einstellung dem Leben gegenüber. Sie haben mich nicht enttäuscht, Stepper«, meinte der Chef jovial, und er lächelte ihm dabei aufmunternd zu.
Steppers Knie fangen nicht an zu zittern. Er wundert sich darüber und schaut kurz, nur ganz kurz an sich hinunter, so als wolle er es auch sehen, mit seinen eigenen Augen sehen, daß seine Knie wirklich nicht zitterten. Jetzt schießen ihm wieder Bilder durch den Kopf, Bilder seines Lebens, Situationen, die er bestanden hatte. Sein ganzes Leben hindurch mußte er immer wieder etwas bestehen, und dabei hatte er nie sein Gesicht verloren. Dies prägte seine Einstellung, seine Lebenshaltung: Verliere nie dein Gesicht!
Es war nach seinem dreißigsten Abschluß, er eilte in die Klinik, um Rita aufzusuchen. Es ist sicher alles gut gegangen, sie wird noch etwas schwach sein, vielleicht erkennt sie mich auch noch nicht aber sicher ist alles gut gegangen.
Der Stationsarzt teilte ihm mit, daß er zwei Stunden zu spät gekommen sei.
Jetzt nicht stolpern, nicht straucheln, das muß jetzt erst alles organisiert werden und dann sieht man weiter, sagte er sich. Nachdem er die Beerdigung gemeistert hatte, erlaubte er sich eine Träne.
»Ich habe da schon mal was vorbereitet, lesen Sie es sich durch. Ich bin überzeugt, auch in Ihrem Sinn formuliert zu haben. Sie können selbstverständlich auch mit einem Anwalt sprechen, Sie wissen, es ist reine Formsache.«
Der will mich stolpern sehen, denkt Stepper, jetzt gleich will er mich stolpern sehen!
Als Ministrant wurde er bevorzugt zum Hochamt eingeteilt, und besonders an hohen Festtagen war die Kirche voller Gläubiger, die nur gekommen waren, um ihn stolpern zu sehen. Davon war er jedenfalls fest überzeugt. Die ganze Gemeinde wartete jahrelang vergeblich auf diesen Tag. Er war der perfekte Ministrant gewesen.
Man muß sich auf das Wesentliche konzentrieren, sich nicht ablenken lassen und diese Sache dann konsequent durchziehen, dann kann einem das Leben nicht mehr krumm kommen, sagte er sich immer wieder. Davon war er überzeugt. Es war dies seine Lebenshaltung, den Menschen und den Dingen gegenüber.
Er war gerne Ministrant, denn jedes mal nach der Heiligen Messe überkam ihn dieses Glücksgefühl einer wohligen Zufriedenheit, so wie man sich nach einer körperlichen Anstrengung ermattet auf sein Bett sinken läßt und den Augenblick genießt. Nicht daß Stepper ein gläubiger Christ gewesen wäre, nein, er konnte es sich nicht näher erklären, es interessierte ihn auch nicht weiter. Es war das Gefühl, wieder gewonnen zu haben, und dafür empfand er tiefen Dank. Er hatte lange darüber nachgedacht, schließlich war er überzeugt davon, bevorzugt, ja auserwählt zu sein, ein Liebling der Götter. Wie in der griechischen Mythologie, seiner Lieblingslektüre.
»Stepper, man muß Sie wirklich beneiden. Sie haben es geschafft. Sind wir mal ehrlich. Die ganze Schinderei, all die Jahre, alles für’n Arsch, Mensch! Stepper, wissen Sie was, Sie sind nun ein freier Mann!«
Die Leute waren gegangen, der Pfarrer und der Organist hatten ebenfalls die Kirche verlassen. Jetzt war Stepper mit ihm allein. Er unterhielt sich ganz zwanglos mit ihm. Stepper hatte es wieder einmal allen gezeigt, auch ihm, der ebenfalls darauf wartete, ihn endlich stolpern zu sehen, wegen der Demutshaltung, die ihm fehlte, die er innerlich nicht hatte aufbringen können, vermutete Stepper. Er, Stepper, war hier der Sieger und sonst keiner. Er lief in der Kirche umher, als sei er zu Hause, und nachdem er diese Zufriedenheit ausgiebig genossen hatte, stellte er sich vor den Altar, atmete tief durch und verließ die Kirche, ohne wie es üblich war auf die Knie zu sinken und sich dabei zu bekreuzigen.
Als erfolgreicher Verkäufer, unmittelbar nach dem Vertragsabschluß, erlebte er immer wieder diese Wohlgefühl, das ihm alles bedeutete, und nur so erreichte er es. Dies war sein Geheimnis, sein Antrieb. Er brauchte diese Belohnung immer wieder. In ihr lag etwas Zwanghaftes, dem sich Stepper nicht entziehen konnte. Sein Erfolg mußte immer wieder bestätigt werden, immer wieder aufs Neue.
»Ja, also dann Stepper, machen Sie es gut, wir sehen uns dann nächste Woche. Bis dahin haben wir den Formalkram erledigt.«
Stepper ist glücklich, er weiß es mit jeder Faser seines Körpers, sie werden ihn tragen. Er wird sein Gesicht nicht verlieren, er wird nicht stolpern. Er wird wieder siegen, so wie damals in der Kirche und beim Tod seiner Frau. Er steht auf, geht mit festem Schritt hoch konzentriert auf seinen Chef zu, reicht ihm die Hand, atmet tief durch, dreht sich souverän um und geht in Richtung Türe, hält inne, dreht sich noch einmal zu seinem Chef und fragt lächelnd: »Tschuldigung Chef, kann ich eben mal schnell Ihre Toilette benutzen?«

© 2000 by Willi Herdrich. Unerlaubte Vervielfältigung oder Weitergabe - gleich welcher Art - verboten.

Zusammenfassende Bewertung

Das Problem beginnt in der Überschrift: Eine Erzählung wird versprochen »über die hohe Kunst des Stolperns«. Davon ist jedoch nie die Rede, denn Stepper stolpert nicht. Sollte die Überschrift gar ironisch gemeint sein, müsste der Text zumindest einen entsprechenden Unterton haben, der fehlt aber völlig. Der Untertitel könnte vielleicht lauten »über die hohe Kunst des Nicht-Stolperns«, bringt nichts als ebenfalls die aufdringliche Alliteration von Stolpern, Stepper und dem Englischen step. Wozu ein solcher Untertitel?
Das Problem setzt sich fort mit Stepper: Sein Charakter ist völlig unausgegoren; was treibt Stepper eigentlich an, was ist sein Problem, warum versagt er, inwiefern versagt er? Dazu braucht es eine klare Vorstellung von dieser Person und kein Sammelsurium von Zutaten! Es gibt eine einsame, in Ansätzen verständliche Erinnerung: die an seine Ministrantenzeit; der Tod von Steppers Frau ist lächerlich banal so, wie er beschrieben wird: Da gibt es nichts zu bewältigen; diese beiden einzigen Beispiele stehen völlig auf verlorenem Posten gegenüber dem gewaltigen Anspruch von »Sein ganzes Leben hindurch musste er immer wieder etwas bestehen«.
Ich danke dem Autor für die vielen Möglichkeiten, einfache Verbesserungen zeigen zu können!

Die Erzählung will ein ernstes Thema gestalten: die plötzliche Arbeitslosigkeit eines geübten Verdrängers. Es bleibt bei einem Versuch. Dennoch ist die Darstellung dieses Arsches von Chef einfach grandios, wie er sich einzig und allein in und durch seine Äußerungen entlarven darf! Das sollte doch auch bei Stepper gelingen, wenn es beim Chef möglich war?! Eine Überarbeitung würde sich lohnen!

Die Kritik im Einzelnen

Hier haben wir eine vorzügliche Übersetzung von »dynamisch«; letzteres ließe sich also entfernen: Frisch wie immer, voller Tatendrang und frohgelaunt geht er in den Tag. Frohgelaunt habe ich ans Ende gestellt, weil es dann näher bei der fröhlichen Begrüßung steht. zurück
Ich gerate in Schwierigkeiten, die Stimme seines Herrn mir vorzustellen: wodurch unterscheiden sich Tonfall und Timbre? Wie werden die durch den Rhythmus beeinflusst bzw. der Rhythmus durch diese? Nimmt Stepper diese Feinheiten wirklich wahr? Ich würde nur das letzte in dieser Aufzählung registrieren, denn nur das hätte für mich Bedeutung: die deutliche Aggression in den Worten!
Aber weiter: wenn jedes Wort gestochen scharf gesprochen ist, ist ein Zusammenschleifen von vornherein unmöglich, muss also nicht ausdrücklich erwähnt werden.
Und noch weiter: ein scharf gesprochenes Wort passt nicht in das Bild eines Hammers ­- hier muss eine Entscheidung gefällt werden, welches Bild wichtiger ist! Ich ziehe Hammer vor, denn scharfe Worte machen einen fertig, weisen einen zurecht, von einem Hammer wird man unversehens getroffen (von einem Schlag getroffen, aus heiterem Himmel usw.) – was genau hier der Fall ist. Beim Schmied fällt der Hammer nur auf den Amboss, wenn ihn (den Schmied) unversehens ein Schwächeanfall ereilt; ist er (der Schmied) gesund, schlägt er mit dem Hammer auf das zu bearbeitende Werkstück (und nicht auf den Amboss), und so weit ich im Bilde bin, braucht der Schmied nicht für jeden Schlag (für manche schon) einen eigenen Hammer: meist reichen einige Schläge mit dem gleichen Hammer, um die Grobform herzustellen. In diesem Bild ist Stepper das heiße Eisen, das vom Chef bearbeitet wird. Ich würde diesen Absatz folgendermaßen verändern:
Stepper gefiel nicht die deutlich wahrnehmbare Aggression in den Worten. Jedes einzelne Wort ein Hammerschlag, das heiße Eisen beizeiten zu formen. zurück
Dieser Satz suggeriert, dass sich Stepper ganz bewusst eine Depotspritze setzt, obwohl er andrerseits lediglich versucht, sich zu beruhigen; trotzdem verspürt er Angst, sonst würde er sie nicht lächerlich nennen müssen. Das passt auf keine Weise zusammen!
Was ist jetzt die Depotspritze? Und was bewirkt sie? Für mich ist das Setzen der Depotspritze genau dieser vergebliche Versuch, sich zu beruhigen – und ist ein Kommentar des Erzählers, aber nicht die Denkweise Steppers! Es ist ein Ritual Steppers, ein untaugliches, wie sich im Laufe der Erzählung herausstellt (dazu später mehr und Genaueres). Zur Beseitigung dieser Unreinheiten empfehle ich (oder fragen Sie Ihren Arzt oder Apotheker):
Jedenfalls haben wir uns ganz prächtig unterhalten, setzte sich Stepper die Depotspritze gegen aufkeimende Angst.
Das Komma ist notwendig, um einen engen inneren Zusammenhang herstellen zu können zwischen dem inneren Monolog und dem Bild »Depotspritze«. Dass die Depotspritze tatsächlich nicht wunschgemäß wirkt, wird später eh gesagt: warum hier schon alles verraten? Lassen wir Stepper doch in seiner – jetzt leicht irritierten, aber dennoch – frohgelaunt-tatendurstig-frischen Stimmung!    zurück
Mit flachen Hierarchien hätte ich auch Probleme, denn ich habe keinen Schimmer, was das ist (ich könnte mir zwar was vorstellen, aber das gehört nicht hierher); ich muss es aber auch nicht unbedingt wissen, denn es hängt irgendwie mit Rendite zusammen, und von der weiß ich wiederum nur, dass sie Lebens- und Leidenselixier ist für alle, die sowie schon mehr als genug von allem und jedem haben, also interessiert es mich nicht: ich gehe einfach davon aus, dass Stepper hier in (s)einem Fachjargon redet, und schließe daraus, dass er seinen Beruf beherrscht (was immer er treibt: hier ahnt es der Leser allenfalls).
Die Standortprobleme hingegen verursachen mir echte: Heidi war alt (schon gut, schon gut: ich ändere das sofort, schließlich wäre ich dann ja auch alt! Und wie ändert man alt, um jemanden jünger zu machen? Man steigert es.). Heidi war schon älter und kam mit der neuen Software überhaupt nicht zurecht. Was aber hat das mit »Standortproblemen« zu tun? Muss die Firma umziehen? Muss sie Leute rausschmeißen (was kein Standortproblem wäre, sondern Ergebnis verfehlter oder rücksichtsloser Firmenpolitik)? Ich kann mir diesen Absatz prima ohne Heidi und die Standortprobleme vorstellen, nichts an Zusammenhang ginge verschütt. zurück
Du meine Güte! Ist der Chef einfach nur dumm? Oder gibt er hier einen der gefürchteten Vertreterwitze zum Besten, Marke »Wie vergraule ich potentielle Vertragspartner«? Ganz deutlich wird das nicht, denn zu oft wird das Entfernungsmaß »Lichtjahre« tatsächlich mit einem Zeitmaß verwechselt. Je nach Chef (Blödmann oder Humorbolzen) sollte/könnte eine Ergänzung folgen: so was wie ein ohrenpeinigendes Meckerlachen vom Meister persönlich oder eine stille Reaktion Steppers. Muss zwar nicht sein, verdeutlicht aber den Charakter des Vorgesetzten! zurück
Mehltau ist einigermaßen abwegig! Erstens weiß wohl kaum jemand, wie sich Mehltau ausbreitet (ausgenommen natürlich all jene, die es wissen). Zweitens gibt sicher welche, die wissen, dass Mehltau weißlichgrau ist und befallene Blätter sich einrollen: aber was hat das mit einem Hals zu tun, der nicht einmal weißlichgrau belegt ist, sondern schlicht trocken? Oder rollt sich das Gaumensegel ein? Von Mehltau im Mund kann ich nur dringend abraten: viel zu aufdringlich!
Vorhin hatte das Gefühl den Namen Angst. Jetzt werden Auswirkungen von Angst beschrieben, aber nicht entschieden genug: wieso soll die Angst nicht eigenhändig (»Kann man das bei Angst sagen?« – »Klar kann man’s, hab’s doch gerade getan!« – »Ich meine: Wie soll Angst eigenhändig, wo sie doch keine Hände.« – »Du machst mich noch irre mit deiner verdammten Pingeligkeit! Jetzt ist gleich Mitternacht, schau, dass du zu Potte kommst, sonst sitzen wir übermorgen noch.« – »Ja, is ja schon gut! Krieg dich wieder ein. Alter Labersack!« – »Korinthenkacker!« – »!%#?!§$!!!« – [Labersack verlässt wütend die Tür zuknallend den Raum, worauf er hastenichtgesehn von einer erbosten, da aus einem süßen Traum gerissenen Nachbarin mit einem Maurerinnenhammer entleibt wird. Das hat er jetzt davon!]) So, jetzt kann ich den Satz in Ruhe korrigieren: Die Angst ist viel entschiedener, wenn sie aktiv eingreift, d.h. sie lässt den Hals nicht austrocknen, sondern sie trocknet ihn aus; die Depotspritze samt – dem Leser hoffentlich präsenten – Zusammenhang muss in Erinnerung gerufen werden, gehört also an den Anfang des Satzes; dem obere Mundraum gebührt sein höchsteigener schöner Name; das Festkleben der Zunge ist Folge der Austrocknung und Ursache des Schluckens, also machen wir diese Zusammenhänge auf einfachste Art und Weise deutlich; da man erst schlucken muss, wenn die Zunge bereits klebt, also nicht während des Festklebeprozesses, muss fest weg. Von mir in tiefster Nacht verbessert würde der Absatz dann so lauten (aber dann gehe ich wirklich in die Heia: heute ist schließlich auch noch ein Tag!):
Trotz Depotspritze kam wieder dieses Gefühl, das den Hals austrocknet, so dass man immerzu schlucken muss, weil die Zunge am Gaumen klebt.
Das soll genügen auch als Beispiel für die Hauptregel beim Schreiben, die da ganz einfach lautet: Streichen, streichen und nochmals streichen! Ich kann nicht jeden Satz in jedem Text so ausführlich beackern; hier aber bot es sich an, weil sich vieles demonstrieren ließ, zu Nutz und Frommen von Autor und vielen Generationen Lernwilliger.
(Jetzt werde ich ernsthaft größenwahnsinnig, und alter ego liegt erschlagen ach! in meinem Blut! Ab ins Bett und Gute Nacht!) zurück
Guten Abend! Melde mich frisch & müde zurück (und alter ego ist auferstanden von den Toten: »Hallo, altes Haus!« – «Lass mich in Ruhe!« – Ist wohl nicht soo gut drauf! Lassen wir ihn in seinem Schmollwinkel); los geht’s: da das Stammeln vom Autor gerade anschaulich demonstriert wurde, tritt automatisch die Hauptregel in Kraft, die da lautet? Na??? Richtig: Streichen, streichen und nochmals streichen! Den anschließenden Absatz, der (zu Unrecht, wie wir gleich sehen werden) mit Bilder anhebt, könnte direkt angeschlossen werden, um diese Nichtbilder an die Auslassungspunkte zu rücken, wohin sie zeitlich/inhaltlich gehören. zurück
Jetzt geht’s den Bildern an den Kragen! Wie sehen Bilder der letzten Jahre aus, z.B. das Bild von 1999? 1991 gar? Müsste wohl eher Bilder aus den letzten Jahren heißen; stimmt aber immer noch nicht, denn es sind keine Bilder, die da durch seinen Kopf jagen, sie hätten sonst zumindest kurz beschrieben werden müssen: alle warten auf Stepper, damit er die Sitzung eröffnet; der Chef, wie er Stepper vergeblich eine Gehaltserhöhung anbietet; die Kollegenschlange vor Steppers Büro, die auf seinen Rat hofft: das wären Bilder, Schnappschüsse! Stepper hingegen erinnert sich an große Zeiten, nicht mehr und nicht weniger. Dieses Problem muss der Autor selbst lösen. zurück
Die Verschlankungsdiskussion (VSD) liegt unwiederbringlich in der Vergangenheit, folglich wäre abgeschlossenen Vergangenheit (Plusquamperfekt, wer es genau wissen will) die korrekte Zeitstufe: »Er war nicht einbezogen worden« (dieses schmarotzerische mit ist still, heimlich und leise der Hauptregel geopfert worden). zurück
Dass die VSD in der Vergangenheit liegt, rechtfertigt nicht, den Chef ebenfalls dort anzusiedeln, zumal er gerade noch bei uns war: »Der Chef nimmt einen Schluck Kaffe« – es besteht kein Anlass für einen Zeitenwechsel (der gehört wohl eher in die Rubrik »Flüchtigkeitsfehler«). zurück
Dieses Stammeln kann aus zwei Gründen bleiben: zum einen wurde das obige Stammeln eliminiert, andernfalls wäre hier eine lästige Wiederholung zu bereinigen: Schwein gehabt; zum anderen folgt eine indirekte Rede, die das Stammeln selbst nicht illustriert.
Verschwinden aber muss etwas, denn Stepper stammelt nicht etwas, sondern das, was die indirekte Rede wiedergibt: »Stepper stammelt, er sei wieder auf dem Weg nach oben.« Tatatataaa: erneut ein überflüssiges Wort fachmännisch erlegt!
Zu diesem Absatz ist fünferlei anzumerken: zum einen schwitzt Stepper immer noch (siehe oben) und jetzt schon wieder. Wenn seine Hände feucht würden oder die Achselhöhlen, ließe sich das als Steigerung verstehen, und die Wiederholung wäre vermieden; zum zweiten erscheint der Widerspruch sinnlos, damit ist er es jedoch keinesfalls: also weg mit erscheint; zum dritten sagt ihm die Angst gar nichts, denn er kennt die Regeln und weiß, was passiert. Dazu benötigt er keine  enthüllende Angst; zum vierten brauchte den Satz »wer die Regeln nicht kennt, muss gehen« nicht einmal ein Mensch zu äußern, denn Stepper kennt ja die Regeln: der Gebrauchswert dieses Satzes für ihn entspräche »Wenn das Messer nicht scharf ist, fällt ein Sack Reis um«: ganz schnell vergessen; zum fünften ist die Aussage » (.) muss auch gehen« vollends unverständlich: so definiert sich schließlich eine Regel, dass bei Nichteinhaltung Konsequenzen zu erwarten sind, sogar unabhängig vom Wissen um sie. Was bleibt?
Sinnlos jeder Widerspruch. 10 Punkte zuwenig. Die Regeln sind bekannt. Wer die Regeln kennt und sie nicht einhält, muß gehen. zurück
Da der letzte Absatz erheblich verkürzt ist, würde ich diesen direkt anschließen, aber folgendermaßen verändert:
(.) muß gehen. Jetzt war also er, Stepper, an der Reihe. Er, der erfahrene Außendienstler, er, ein alter Hase mit einem festen Kundenstamm. Er hat die Norm verfehlt, um gerade mal 10 Einheiten. Der Chef hält sich an die Regel. Warum sollte er sich gerade bei ihm nicht daran halten.
Die Betonung von Steppers eingebildetem Sonderstatus erscheint hier früher, damit anschließend die Zuordnung der jeweiligen Charakterisierungen klar ist: er, Stepper und er, der… usw. usw. Ein alter Hase wäre keine alter Hase, wenn er nicht gewieft wäre (dann wäre besagter nämlich ein alter Trottel). Die Hauptregel wurde wieder im Anspruch genommen. zurück
Das Gehen-Müssen hat, da vereinbarter Rauswurf, keinerlei Bezug zur Physik, und die hat ihrerseits nur insoweit mit Axiomen zu tun (die nebenbei alles andere als göttlich, nämlich pure menschliche Erfahrung sind), als ihre Berechnungen auf mathematischen Gesetzen beruhen. Die Mathematik allerdings ist sehr wohl auf Axiomen aufgebaut, aber das hat nichts mit dem Zahlensystem zu tun, in dem wir Europäer zur Zeit rechnen. Ersatzlos streichen, Schwamm drüber! Und da wir gerade beim Streichen sind, schicken wir auch den nächsten Satz gleich mit zum Teufel: Weswegen um alles in der Welt schämt sich Stepper denn? Worin/woran zeigt oder zeigte sich seine unverschuldete Dummheit (= Torheit)? Wenn nix wiss, Rauschmiss! Wieder zwei falsche satzähnliche Getüme weniger: der Text kriegt zunehmend Form, Gehalt und Zug! zurück
In einem Beichtstuhl gibt es keine Wand, also kann er die Wörter nicht durch eine solche hören, muss er auch nicht, denn es ist ja beschrieben, wie er sie wahrnimmt; wozu also die Wand? Es wird gesagt, dass er die Worte hört, als seien sie nicht für ihn bestimmt, was dann später anlässlich der Beichtstuhl-Erinnerung wiederholt wird: wozu? Um zu betonen, dass es im Beichtstuhl seinen Ohren so erging wie jetzt beim Chef (dessen Worte hören sich sogar an »wie aus einer anderen Welt kommend«, was wiederum »unwirklich« klingt) – das ist erneut zu-viel-auf-einmal-gewollt:
Stepper hörte die Worte von ganz weit herkommen, wie damals die Worte des Pfarrers im Beichtstuhl. Sie waren an ihn gerichtet und doch erreichten sie ihn nicht, nicht wirklich. Damals nicht – und auch jetzt nicht.
So reicht der Bogen vom Chef zum Pfarrer und wieder zurück, was durch den Gedankenstrich betont wird: auch Stepper muss aus der Erinnerung wieder in die »Wirklichkeit« zurück. Wiederholungen werden vermieden.
Überhaupt: ich muss mal ein Plädoyer halten für die Aschenputtel unter den vielen Satzzeichen. Oder lieber doch nicht, sonst werde ich nie fertig! Aber eine Bitte darf ich äußern (die Erfüllung genehmige ich mir selbstverständlich ohne Ansehen meiner Person): verwendet sie alle alle alle, sie haben ein Existenzrecht, weil sie einen Sinn haben! Nicht allein Punkt und Komma und ab und zu ein Fragezeichen – das ist, als würde man in der Musik nur zwei Töne verwenden! zurück
Umständlich und inhaltlich problematisch: Stepper stellt sich vor, das etwas geschehen wird (Kniezittern) – da es geschehen wird, schließt die Zukunft auch den Anfang dieser Aktion ein: also muss der Beginn nicht nochmals betont werden (es sei denn ganz außergewöhnlich besonders extrem wichtig: Gleich werden die Knie sehr bald sich aufs Beginnen einstimmen, das Anpacken des Anfangens vom beidbeinigen Kniezittern anzubahnen in Angriff zu nehmen); im nächsten Satz wird erneut etwas geschehen (Dienstverweigerung der Beine); dem ging voraus, dass die Beine taub und wie abgestorben sind – was aber nur nach dem noch in der Zukunft liegenden Kniezittern passiert sein wird! Ich bin für die stinknormale Reihenfolge, und halte außerdem dafür, dass Stepper das nicht denkt (Gegenwart!), sondern sich vorstellt: das böte dann auch einen direkten Anschluss an den folgenden Absatz (an dem ich einiges auszusetzen gehabt haben werde!). Stinknormale Reihenfolge:
Gleich werden die Knie zittern, dann die Beine taub werden, absterben und schließlich ihren Dienst verweigern; für immer werde ich hier sitzen bleiben müssen, stellt Stepper sich vor. zurück
Solche Ankündigungen leisten das gleiche wie eine Warntafel: Obacht! Groteske Komik kreuzt! Und es wirkt gleichermaßen penetrant wie die bedauerlicherweise üblich gewordenen künstlichen Lacher in vielen, auch überhaupt nicht komischen Fernsehsendungen. Wann endlich werden diese Lachmaschinen eingesetzt bei Nachrichtensendungen oder Neujahrsansprachen: »Liebe Bürgerinnen und Bürger! (Gelächter) Wir blicken auf eine erfolgreiches Jahr (brüllendes Gelächter) zurück, in dem es uns (leises Kichern) gelungen ist (höhnische Laute und Zwischenrufe), die Weichen für das nächste Jahrtausend zu stellen (ausgelassene Heiterkeit)«?! Ich schwoff (schwiff? bin geschwoffen/geschwiffen? schweifte? bin geschweift! – immer wenn ich es mit Politik zu tun kriege, versagt mir die Dings, die ähm, na., Siewissenschon) – ich bin sogar beim Abschweifen  abgeschweift. Schon gemerkt?
Ich könnte in Zukunft vor jedem Satz ankündigen (siehe oben), was den Leser erwartet: etwa Achtung Abschweif! Warnung: Toller Ratschlag, das vorhergehende betreffend: Streichen. Vorsicht: jetzt werde ich sagen, dass ich bereits gesagt habe, dass der Übergang vom letzten Absatz zu diesem schon durch meine Verbesserung geleistet ist: Stepper muss sich nichts vorstellen, denn das ist in meiner Verbesserung des vorhergehenden Absatzes bereits geschehen. (Doch lieber keine Ankündigung: Das strengt ja fürchterlich an!)
Gleich werden die Knie zittern, dann die Beine taub werden, absterben und schließlich ihren Dienst verweigern; für immer werde ich hier sitzen bleiben müssen, stellt Stepper sich vor. Und er sieht sich im Sessel sitzen wie eine Puppe. zurück
Die Hektik des Chefs sollte nicht durch einen Punkt unterbrochen werden; der Chef sollt nicht zweimal schreien; der Chef würde Stepper auch schütteln (sozusagen als Sofortmaßnahme am Unfallort); der Chef ist sowieso im Büro, also läuft er auch genau da umher und nicht in Han Lis Garküche!
Der Chef starrt ihn an, versucht ihn anzusprechen, springt auf, schreit ihn an, schüttelt ihn, läuft aufgeregt umher, greift schließlich zum Telefonhörer und bellt einige Befehle hinein: Kurz darauf.
Auf diese Weise habe ich gleichzeitig ein unterschätztes Satzzeichen eingeschmuggelt.zurück
Warum die zwei? Bisher sind sie noch nicht erwähnt worden! Oder sind es die üblichen zwei Funktionsträger? Dann würde ich zähneknirschend dafür plädieren, üblichen hinzuzufügen, wenn es partout die sein müssen! Viel lieber wäre mir, die einfach zu entfernen.
Handelt es sich um hauseigene Sanitäter? Befindet sich das Büro in einem stillgelegten Trakt eines Krankenhaus? Dann wäre »in Weiß gekleidet« angemessen; kommen sie jedoch von einem Rettungsdienst, tragen sie mindestens alarmierend leuchtend-rotorange Westen, wenn nicht gar Jacken. Da merkt man das Weiß der Hosen kaum noch. Manche mögen zusätzlich »durchtrainiert« sein: In der Regel sind das Fachkräfte, die auch als Untrainierte durchaus wissen, mit welchen Techniken selbst Fleisch- und Phettberge auf die Trage zu manövrieren sind. Oder es sind tatsächlich die allgemein bekannten und beliebten die zwei Durchtrainierten. Hier heißt es für den Autor, eine Entscheidung treffen und dementsprechend klar formulieren. zurück
Was fummeln die am Chef rum? »ihn« bezieht sich auf diesen, da der Chef den vorletzten längeren Satz als Subjekt dominiert hat! Er ist der Täter, nicht das Opfer. Die sollen sich gefälligst um Stepper kümmern! zurück
Was ist wichtig: dass sie ihn anfassen? Oder dass sie ihn fassen? Fassen sie ihn sofort an? Versuchen sie nicht erst rauszukriegen, was mit Stepper los ist: ansprechen, anstupsen, kneifen, Puls fühlen usw.? Das ließe sich analog zu den Aktionen des Chefs schildern, im gleichen Satzrhythmus! Und was treibt der Chef derweil? Was ist mit den vollmundig angekündigten Szenen von grotesker Komik? Nichts ist damit! Stattdessen tragen sie (das sollte hier Träger heißen, dann hätten wir dreimal die Stammsilbe kurz nacheinander, und das wäre dann sogar zweimal mehr als gut tut!) auf einer Trage einem Sitzbild gleich Stepper! Ich habe meiner Lebtage noch kein Sitzbild gesehen! Oder soll Sitzbild ein Witz sein, eine heitere Erweiterung des Vokabulars, das nur schnöde Standbilder kennt (deren Figuren oder Figurengruppen stehen und sitzen und hocken und liegen dürfen, selbst Fliegendes wird in Standbildern festgehalten.)? Sitzbild? Liegebild, Hockbild, Sitzbild: – meinswegen: Das wäre dann immerhin ein dürftiger Witz – aber Lichtjahre entfernt von grotesker Komik! zurück
Hieße der Satz: »Stepper muss unwillkürlich lächeln.« wäre alles in Ordnung. Niemand kann Stepper dessen Humor vorwerfen: er ist halt so! Aber zu behaupten, dieses Sitzbild sei so komisch, so skurril, dass Stepper lächeln muss, klingt wie ein Eingeständnis: »Eigentlich hätte da was grotesk Komisches, ja sogar Skurriles stehen sollen, hat aber irgendwie nicht geklappt oder so, na ja, aber immerhin könnt ihr euch doch einbilden, es wäre so komisch, so skurril gewesen, dass Stepper lächeln muss (klar: soo komisch, dass er echt hätte lachen müssen, wäre es eh nie geworden, also war es eigentlich auch gar nicht so komisch, sondern höchstens komisch). Jedenfalls habe ich sicherheitshalber am Ende noch mal gesagt, dass das Sitzbild jetzt eigentlich komisch gewesen ist.« zurück
Meinte & lächelte stehen in der falschen Zeitstufe: es muss meint & lächelt heißen! zurück
Entfernen! zurück
Weg damit! zurück
Falsche Zeitstufe: zittern! zurück
Bilder seines Lebens sind noch nie zuvor durch seinen Kopf geschossen: das waren Bilder aus den Jahren! Jetzt aber erinnert er sich an ganz bestimmte Situationen, die sein Lebenshaltung erklären sollen; tatsächlich folgen später genau zwei Situationen! Die brauchen also nicht durch den Kopf zu jagen, sondern da kann die Erinnerung gemächlich auftauchen! Zudem sind es nicht Bilder seines Lebens, sondern – wie vorhin schon angemerkt – Bilder aus seinem Leben, konkret eben Erinnerungen an Situationen; warum nicht gleich Bilder von Situationen? Wozu dieses allmählich-umständliche Herantasten an das, was gesagt werden will? Gekürzt und umgebaut lautet der Satz folgendermaßen: Bilder von Situationen, die er bestanden hatte, tauchen in seinem Kopf auf. zurück
Sein ganzes Leben hindurch musste er nix bestehen! Es waren einzelne Momente in seinem Leben, die in dem Augenblick ihr ruhmvolles Ende fanden, als sie bestanden waren! Zurück blickt Stepper also auf eine Reihe von erfolgreich bestandenen Prüfungen. Und es waren immer wieder andere Situationen. Wenn das so ist, dann sollte man es auch so schreiben: Immer wieder in seinem Leben hatte er etwas bestehen müssen und dabei nie sein Gesicht verloren! Wegen der korrekten Zeitstufe wäre hatte gedoppelt worden, deswegen habe ich den folgenden Hauptsatz in eine Aufzählung verwandelt. zurück
Was ist der Unterschied zwischen Einstellung und Lebenshaltung? Warum steht das in dieser Reihenfolge? Solche Fragen müsste ein Autor präzise beantworten können, sollte er gefragt werden. Ich will aber keine Antwort, denn ich halte beide Begriffe für untauglich! Wieso die Feststellung, dass er nie sein Gesicht verloren hat, seine Lebenshaltung, die doch den gleichen Inhalt hat, nur prägte, vermag ich auch nicht zu deuten: was macht Steppers Lebenshaltung denn sonst noch aus? Ich sehe vielmehr, dass Steppers Erfahrungen seine Lebensregel bestimmten: Verliere nie das Gesicht! Das ist nicht nur eine Haltung, die man einnehmen kann oder nicht, sondern eine selbstgegebene Regel (oder Maxime), an die man sich zu halten hat! Und so sollte zu lesen sein: Diese Erfahrungen bestimmten seine Maxime: Verliere nie dein Gesicht! zurück
Es war nach seinem dreißigsten Abschluss gewesen; dieser Zeitpunkt liegt erledigt & unwiederholbar in der Vergangenheit; die Erinnerung an die Ereignisse sind noch da, also können die in normalem Präteritum berichtet werden. zurück
Der Satz zuvor fing schon mit es an, und am Ende des Absatzes heißt’s: sicher ist alles gut gegangen. Lassen wir ihn doch seinen Selbstbetrug stereotyp wiederholen: Sicher ist alles gut gegangen, sie wird noch etwas schwach sein, erkennt mich vielleicht auch noch nicht (als Folge des Schwachseins, deswegen kein eigener Satz), aber sicher ist alles gut gegangen. zurück
Stepper hat bereits seine Lebensregel formuliert – hat er sie jetzt aufgegeben um einer anderen willen? Das kann nicht sein, denn die Ministranten-Episode liegt zeitlich vor Ritas Tod, also muss in diesem Abschnitt Steppers ursprüngliche Regel (man muss alles konsequent durchführen) formuliert worden sein, die er bei Ritas Tod ändert. Dass zuerst von Ritas Tod erzählt wird und dann von seinen Hochamtfreuden, verwirrt wegen der Auslassungen zu Steppers Lebenshaltung. Ich habe auf meinem Blatt diesen Absatz vollständig gestrichen und gestehe nur zu gerne ein, dass mir überhaupt nichts fehlt: so komme ich auch besser mit der Umkehrung der Chronologie zurecht: der Chef will Stepper stolpern sehen, die Gemeinde will Stepper stolpern sehen; Stepper aber wird nicht stolpern, wird sein Gesicht nicht verlieren: denn auch die Ministranten-Erfahrung trägt ja, wie oben in der Erzählung ausgeführt behauptet, zu seiner Lebensregel bei und produziert keine eigene. zurück
Hier überkommt’s mich auch: Glücksgefühl einer wohligen Zufriedenheit. Unglücksgefühl einer  wohligen Zufriedenheit; Glücksgefühl eines zufriedenen Unwohlseins; Kotzgefühl eines unzufriedenen Glücks; Zufriedenheitsgefühl eines glücklichen Wohlseins; Wohlgefühl eines zufriedenen Unglücks – dem Unsinn sind nicht Maß noch Ziel gesetzt, wenn man den Anfängen nicht wehrt!
Merke: Din Doppelburger mundet nicht widerlicher als ein einfacher, und niemand schaut in zwei Fernsehapparate gleichzeitig, um besser zu sehen. Im Glücksgefühl einer wohligen Zufriedenheit wird sogar verdreifacht, und anschließend wird ein Vergleich gezogen, damit jeder, der den Überblick verloren hat, in etwa ahnen kann, was gemeint ist! Welch Verschwendung von Zeit und Mühen!
Das ist nicht mehr nur Kitsch, das ist fetter Schwulst! Wäre es nicht möglich, auf die triefende Tripel-Benennung zu verzichten und sich auf den Vergleich zu beschränken? Mit weiteren notwendigen Änderungen – nach der Messe etwa bezeichnet den Beginn eines längeren Zeitraums, sinken lassen einen kürzeren abgeschlossenen Zeitraum, Augenblick genießen einen fast gar keinen Zeitraum, der sich ereignet nach Beendigung des Sich-sinken-Lassens, was wiederum enorme Sorgfalt bei der Zeitwahl bedeutet usw. usw.: Ach so vieles hakt in diesem so harmlos dahertapernden Sätzlein – könnte dieser Satz etwa folgendermaßen lauten:
Er war gerne Ministrant, denn das Ende der Heiligen Messe genoss er so wie ein anderer das Liegen genießt, wenn er sich nach körperlichen Anstrengung ermattet auf sein Bett hat sinken lassen.
Das ist nur eine grobe Vorform, denn ich will der Vorlage nicht allzu viel Tort antun: Ich bin noch längst nicht zufrieden, habe jetzt aber eine gute Viertelstunde verschiedene Versuche allein für diesen lächerlichen Satz unternommen; mir reicht’s, es ist schließlich nicht meine Erzählung! zurück
Dass Stepper kein gläubiger Christ ist, erfahren wir demnächst sowieso; dass er es sich nicht näher erklären konnte bzw. dass es ihn nicht weiter interessierte, ist frech gelogen: später heißt es, er habe lange darüber nachgedacht. Ich glaube zu Steppers Gunsten das Letztere, und plädiere energisch dafür, diesen Satz mit Stumpf und Stiel zu entsorgen! zurück
Wo anfangen bei dem Kuddelmuddel dieser drei Sätze? Fangen wir beim Dank an, beim tiefen: wem gegenüber empfindet Jung-Stepper diesen? Offenbar doch gegenüber griechischen Göttern wie Hephaistos oder Eurynome; doch nicht die griechischen Götter pflegten sich gemeinhin 1 Liebling auszusuchen, sondern jeder Gott und jede Göttin bzw. wechselnde Koalitionen hatten ihren, den sie gegen den der anderen hetzten oder um den sie sich balgten (siehe die Lieblinge der Götter Achill oder Odysseus oder Iphigenie oder Ödipus oder oder oder). Auch war Steppers Lieblingslektüre hundertpro nicht die griechische Mythologie, denn die ist so wenig eine Lektüre wie Physik oder Himalaja, sondern er schätzte überaus die griechischen Göttersagen; dann wird er sich ausgekannt haben und wissen, wer ihn auserwählt hat: warum wird uns Lesern das vorenthalten? Es wäre doch wichtig, ja entscheidend für Steppers Charakter, schließlich war er zu diesem Zeitpunkt noch sehr jung! Wieso werden wir mit Versatzstücken abgespeist, statt mit Inhalten gefüttert?
Wenn ein Autor jedweden Geschlechts seine Protagonisten ernst nimmt, dann ist es erforderlich, sich deren Gedanken- und Gefühlswelt anzueignen; in diesem Fall bedeutet das konkret: sich Kenntnisse zu verschaffen über die griechische Mythologie, um zumindest auf Steppers Stand zu sein und Stepper gerecht zu werden. Ohne entsprechende Kenntnisse aber bedeuten diese Sätze nur warme Luft im hohlem Geschwätz, und dagegen hilft nur eines: Luft rauslassen und ab in den Restmüll! Entlüftet bleibt von diesem Absatz nur noch übrig
Er war gerne Ministrant, denn das Ende der Heiligen Messe genoss er so wie ein anderer das Liegen genießt, wenn er sich nach körperlichen Anstrengung ermattet auf sein Bett hat sinken lassen: es war das Gefühl, wieder gewonnen zu haben. zurück
Warum so schüchtern? Der Liebling griechischer Gottheiten kann sich doch problemlos mit Gott anlegen! Wenn dieser Bezug anders deutlich gemacht würde, entfiele auch das spätere Problem, als er und ihn unvermittelt und überraschend nicht mehr Stepper meinen, sondern Gott! Wie wäre es mit IHm – wie in älteren Bibeln zu lesen ist, analog zu HErr? zurück
Wenn Gott darauf wartet, dass Stepper stolpert (hier merkt man zu deutlich, woher der Name Stepper stammt; siehe dazu die Zusammenhängende Beurteilung) , ist er ein ziemlich hilfloses Wesen, jenseits von Allmacht und Allwissenheit, was herzlich wenig mit allen christlichen Sichtweisen zu tun hat; selbst griechische Götter wären ihm haushoch überlegen, Zeus hat immerhin noch seine Blitze; was aber hat jener? Was für ein Pfarrer, der Stepper dieses Gottesbild vermittelt hat. zurück
Da ist die angekündigte Umkehrung: Wäre das Gottes-Ihn gekennzeichnet wie angeraten, wäre klar, dass hier Stepper gemeint ist! Ohne Hervorhebung muss an dieser Stelle umformuliert werden, damit die Zusammenhänge sich nicht verknoten; obwohl andererseits die Vorstellung, Gott zeige nicht genügend Demut gegenüber Stepper, durchaus reizvoll wäre: Stepper fordert von Gott, innerlich angemessene Demutshaltung aufzubringen (doch, das hat durchaus was!). zurück
Ursache, Wirkung, Addition von Gleichwertigem? Die Demutshaltung fehlte ihm und er konnte sie nicht aufbringen? Wenn ich keinen Mut aufbringen kann, habe ich keinen: dann fehlt er mir. Also wohl Ursache und Wirkung, wobei die Wirkung als Auswirkung trivial ist und: gestrichen werden kann (was würde ich nur ohne die Hauptregel machen? Oh, ich wüßte schon, sag’s aber nicht! Komm ja auch nicht dazu, bin ja noch nicht fertig mit dem Streichen!). zurück
Was vermutet Stepper: dass Gott ihn stolpern sehen will? Oder weiß Stepper, dass Gott ihn stolpern sehen will, und vermutet, dass Gott das aus Rache tut, weil Stepper es an Demutshaltung fehlen lässt? Oder vermutet Stepper beides zugleich und weiß also letztlich nicht die Bohne, warum dieses Glücksgefühl wohliger Zufriedenheit über ihn herfällt? Ich will doch nur, dass ein Schreiber weiß, warum er was in die Tasten haut: das ist offenbar an einigen Stellen in diesem Text viel zu viel verlangt; denn »wer im Trüben fischt, braucht sich über die Klarheit des Wassers keine Gedanken zu machen« (Karlheinz Deschner sagte das, glaube ich). zurück
Jede Wette gehe ich ein, dass Stepper in der Kirche nicht so umher läuft wie zu Hause, denn zu Hause hat er niemals dieses Siegergefühl: zu Hause fehlen besiegte Gemeinde, besiegter Pfarrer, besiegter Organist und last not least besiegter GOtt. Dieser Vergleich haut voll daneben! Stepper hat es allen gezeigt, er ist stolz; Also stolziert er durch die Kirche, als gehöre sie ihm: er ist der Herr in diesem Haus, der HErr nicht! zurück
Es ist ganz und gar nicht üblich, auf die Knie zu sinken beim Verlassen einer katholischen Kirche, also sollte das auch nicht geschrieben werden! Man senkt ein Knie zu Boden und bekreuzigt sich in dieser Stellung. Solche überflüssigerweise falschen Sätze sind nur noch ärgerlich! zurück
Die trübe Brühe breitet sich aus, Zusammenhänge, Sinn und Steppers Psychologie gehen endgültig baden! Das stimmt mich traurig, denn diesen Absturz hatte ich nicht erwartet! Ich werde mich aber zusammen nehmen und den Nachweis liefern:
Stepper ist ein erfolgreicher Verkäufer geworden; auf dem Weg dorthin hat kein Wohlgefühl ihn ereilt (zuvor, ich erinnere mich nur allzu gut, hieß es noch geschwätzig Glücksgefühl einer wohligen Zufriedenheit – worum wohl auf diesen wohligen Wohlklang hier verzichtet worde? Vermutlich ist es lästig, so etwas Langes wie Glücksgefühl einer wohligen Zufriedenheit wieder und wieder zu schreiben (Tipp: dafür bieten Textverarbeitungen copy & paste, habe ich gerade eben erfolgreich angewendet); vielleicht wurde es einfach vergessen: wozu auch nachlesen, was man geschrieben hat, wenn völlig unerheblich ist, was man geschrieben hat.) Das (dieses Glücksgefühl einer wohligen Zufriedenheit – copy & paste) kam erst, als er ein erfolgreicher Verkäufer geworden war. Soweit alles klar? Na denn mal los:
Es war einmal ein Stepper ein erfolgreicher Verkäufer geworden, und seitdem ging es dem erfolgreichen Verkäufer Stepper ganz prima: jedes Mal wenn dieser erfolgreiche Verkäufer Stepper einen Vertrag erfolgreich abgeschlossen hatte, stürzte ein Wohlgefühl auf und in ihn und begrub, was es an Verstand noch antraf oder dafür hielt, unter sich und lullte es ein, während es heimlich daran nagte.
»Iiiiiiiiiiiiiih!!!«
Ruhe!!! Das war die Belohnung für Steppers geheimnisvollen Antrieb. Andere Verkäufer entdeckten Steppers Wohlgefühl, wurden neidisch und wollten auch so etwas haben. Sie begaben sich zu Stepper und fragten ihn: Stepper, sag uns doch, wie wird man ein erfolgreicher Verkäufer, was ist der Antrieb? Aber Stepper blieb die Antwort schuldig.
Also hetzten die Vertreter durch die Welt, sammelten Punkte, schlossen erfolgreich einen Vertrag nach dem anderen ab – aber nie schafften sie es, ein erfolgreicher Vertreter wie Stepper zu werden, nie hatten sie dieses Wohlgefühl, das nur erfolgreiche Vertreter bei erfolgreich erfolgtem Vertragsabschluss haben! Nie kamen sie unter Druck, erneut Verträge abschließen zu müssen, nein, sie taten das freiwillig: sie dachten, sie würden erfolgreiche Vertreter, wenn sie erfolgreich Verträge abschlössen! Und wenn sie nicht gestorben sind, so hetzen sie noch heute durch die Welt, schließen noch heute erfolgreich Verträge ab, und das Wohlgefühl verschont sie, weswegen sie bei Verstand bleiben.
»Und was ist aus Stepper geworden?«
Nun, liebe Kinder, die Wohlgefühldroge (böse Hexen nennen das auch Glücksgefühl oder Zufriedenheit) hat sein ganzes Gehirn aufgefressen; diese Sucht war so doll, dass er nicht einmal mehr etwas von der Sucht spürte! So vergaß er eines Tages erfolgreich den Schließ-erfolgreich-einen-Vertrag-ab-Zwang, setzte sich erfolgreich in ein Boot und wartete erfolglos auf einen Wind, statt erfolgreich einen Vertrag abzuschließen. So konnte er sich natürlich nicht wohlfühlen, und er verlor seinen Arbeitsplatz, durfte keine Verträge mehr abschließen, nicht einmal erfolgreich, und war hinfort kein erfolgreicher Vertreter mehr!
»Ist man denn nur ein erfolgreicher Vertreter, wenn man erfolgreich Verträge abschließt?«
Richtig!
»Aber warum sind dann die anderen Vertreter nicht auch erfolgreiche Vertreter gewesen?«
Das ist halt so im Märchen und außerdem ein Geheimnis! Und jetzt Schluss mit den dummen Fragen: Marsch ins Bett! zurück
Jede Faser seines Körpers weiß es: das sind mindestens zwei (sonst hieße es ja die Faser), also eine Mehrzahl! Und was wissen die Fasern? Sie wissen, dass sie Stepper tragen werden. Das stimmt jedoch nicht ganz, denn die Fasern wissen gar nichts. Da das Wohlgefühl Steppers Hirn gefressen hat (s.o.), muss er jetzt mit jeder Faser denken; deswegen weiß keine Faser was, wie ich Bösewicht unterschoben habe (wer hat’s gemerkt? Klasse!), sondern Stepper weiß mit jeder Faser was (was bleibt ihm auch übrig; merken wird es kaum einer, weswegen das Faserdenken auch nicht so betont werden müsste, denn es ist nicht schlechter als das mit seinem Kopf), selbstverständlich mit jeder Faser seines Körpers, nicht etwa seines Leibchens oder Krawattenknotens. Ob Stepper jetzt die Fasern trägt oder die Fasern Stepper – das ist eine interessante anthropologische Frage, die durchaus hart am Philosophischen vorbeischrammt, darf aber hier glücklicherweise vernachlässigt werden, denn sie meint natürlich (natürlich!) nicht die Fasern, sondern allenfalls zwei etwas dickere, die Beine nämlich! Könnte man auch direktemang schreiben, aber was könnte man nicht alles, wenn man könnte. zurück
Was soll das Stolpern in dieser Aufzählung an zweiter Stelle? Der Chef wollte ihn stolpern sehen, die Gemeinde wollte ihn stolpern sehen, GOtt wollte ihn stolpern sehen, aber nicht seine Frau und auch nicht der Stationsarzt; da »Stepper stolpern sehen wollen« das unergiebigste der Motive ist und ein äußerliches zumal, gehört es an die unwichtigste Stelle einer Aufzählung, an die erste; »sein Gesicht nicht zu verlieren« wurde mal zum Wichtigsten deklariert, jetzt aber läuft Siegenwollen ihm offenbar den Rang ab (so etwas geschieht nur, wenn man eine Erzählung nicht im Griff hat und sie sich heimlich auf und davon macht) – oder doch nicht? Ist Siegenwollen oder Seingesichtnichtverlieren die Hauptsache? Nur danach richtet sich die Reihenfolge; allerdings wird die im ganzen Text nicht klar; warum soll es dann auch am Schluss klappen! Zusätzlich wird Siegenwerden von den anderen beiden Motiven durch einen Punkt abgeklemmt, sozusagen als Quintessenz aus Gesichtnichtverlieren nach außen und Stepperstolpernsehenwollen von innen. Oder lediglich irgendwie zusammengemanscht: Denn gegen wen oder was oder wie überhaupt hat er beim Tod seiner Frau gesiegt? Weil er nicht gestolpert ist, obwohl das keiner sehen wollte? Nichts passt da zusammen. zurück
Um den Flachsinn dieser Kombination herauszufiltern, spiele ich zum Abschied gerne nochmals das Wörtlein-wechsel-dich-Spiel, denn das sagt mehr als viele Worte (garantiert gibt es Beispiele, wo dieses Spiel nicht angebracht ist: garantiert lassen sich dann wichtige & triftige Gründe dafür finden). Ausgangspunkt ist: mit festem Schritt und hoch konzentriert. Variante A: mit festem Schritt und unkonzentriert (Haut nicht hin, denn fester Schritt ist etwas Bewusstes, also Konzentriertes). Variante B: Stolpernd und hoch konzentriert (Wäre bei einem Besoffenen möglich, müsste aber korrekt heißen »stolpernd, doch hoch konzentriert«, weil es eben ein Gegensatz ist; Stepper hingegen ist nicht besoffen, nicht einmal vom Zufriedenheitsgefühl eines glückliche Wohlseins, denn besagtes ereignet sich laut Autor nur bei erfolgreichem Vertragssabschluss durch einen erfolgreichen Verkäufer). Variante C: stolpernd und unkonzentriert (hier wäre »unkonzentriert stolpernd« besser, weil unkonzentriert die Ursache des Stolperns offenbarte). Was folgt? Mit festem Schritt und hoch konzentriert taugt nichts, da ein Teil des Ganzen dem Ganzen zum Ganzen zugesetzt wird. zurück
Warum plötzlich ein und? Nehmen wir einfach jede Handlung als eine bewusste (und verpassen ihr ein entsprechend bewusstes Verb!!!), worauf nicht minder bewusst die nächste folgt; um diese Bewusstheit auch formal abzugrenzen von des Chefs Hektik (während Steppers Phantasien, er sei eine Puppe), können die einzelnen Handlungen durch Strichpunkt getrennt werden:
Stepper atmet tief durch; erhebt sich; geht festen Schrittes auf seinen Chef zu; reicht ihm die Hand; wendet sich freundlich nickend um; schreitet in Richtung Türe; hält inne; dreht sich noch einmal zu seinem Chef und fragt lächelnd: »Tschuldigung, Chef, kann ich eben mal schnell Ihre Toilette benutzen?« zurück

Hinweis: Wem der Text vielleicht bekannt vorkommt, irrt sich nicht. Er war bereits – in einer andern Version – im Bereich Prosa & Lyrik zu finden. zurück

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