Anzeige
0
StartseitePreise und WettbewerbeBayerischer Buchpreis 2018»Wie ich fälschte, log und Gutes tat« von Thomas Klupp

»Wie ich fälschte, log und Gutes tat« von Thomas Klupp

Der Roman »Wie ich fälschte, log und Gutes tat« von Thomas Klupp

Der Roman »Wie ich fälschte, log und Gutes tat« von Thomas Klupp zählt ebenfalls zu den drei Nominierungen für den Bayerischen Buchpreis, der am 6. November 2018 vergeben wird. Ist Klupps zweiter Roman preiswert?

Thomas Klupp lehrt »Literarisches Schreiben« an der Uni Hildesheim. Doch während sein Chef Hanns-Josef Ortheil eher ein Vielschreiber ist, hat Klupp selbst bislang nur einen Roman veröffentlicht: »Paradiso«. Die Geschichte eines Studenten, der eher ungeplant in seine oberpfälzische Heimat zurückkehrt. »Paradiso« ist ein unterhaltsamer Erstling, der sowohl bei Lesern als auch bei Kritikern gut ankam. Das war vor 9 Jahren.

Und jetzt folgt »Wie ich fälschte, log und Gutes tat«; ein Roman, der sich wie die Vorgeschichte zu »Paradiso« liest. Wieder sind wir in der Oberpfalz, der wir uns im ersten Kapitel quasi von oben aus der Luft nähern, denn dort findet eine Ballonfahrt statt. Auch das Cover zeigt das Luftbild einer Landschaft, die die Oberpfalz sein könnte. Wie ein Vorhang wird diese beiseitegeschoben. Was liegt dahinter? Das erzählt uns Klupp.

Nebenbei: Obwohl das Cover auffällig gestaltet ist, ist es dennoch schade, dass es eher lieblos zusammengebaut wirkt. Die Vorhangstruktur wurde plump über die Landschaft gelegt und mit einem Schlagschatten versehen. Weder die Landschaft selbst noch der ebenfalls auf dem zurückgezogenen Vorhang liegende Autorenname spiegeln den gerafften Stoff wieder. Mit wie viel Liebe man so etwas gestalten kann, zeigt der Umschlag von Heinrich Steinfests »Die Büglerin«. Beide Umschläge wurden von zero-media.net in München gestaltet.

Cover des Romans »Wie ich fälschte, log und Gutes tat« von Thomas Klupp
Cover des Romans »Wie ich fälschte, log und Gutes tat« von Thomas Klupp

Aber um den Umschlag geht es nicht beim Bayerischen Buchpreis. Was bietet uns Klupp inhaltlich an?

Zunächst einmal kann man sagen: Ganz etwas anderes als Inger-Maria Mahlke, sodass es spannend werden wird, wenn die dreiköpfige Jury die Bücher gegeneinanderstellen wird. Ins Rennen gebracht wurde der Roman von Juror Knut Cordsen. Klupp bietet eingängige und leichte Unterhaltung. Klupp bietet Satire und Humor. Klupp haut auf die Pauke und tischt uns bisweilen arge Räuberpistolen auf. So gesehen hat dieses Buch all das, was »Archipel« nicht hat. Aber ist das besser?

Thomas Klupp, Jahrgang 1977 und knapp über 40, schreibt hier Rollenprosa und beschreibt drei Monate aus dem Leben und Schulalltag des fast 16-jährigen Benedict Jäger. Wie bei Mahlke tragen die Kapitel Zeitangaben, hier jedoch Tagesdaten und alles wird fein chronologisch vom 13. September bis zum 23. Dezember erzählt. Wir sind im Hier und Jetzt. Flüchtlinge tauchen auf und insbesondere moderne Kommunikationsmittel und -kanäle sind in die Handlung eingewebt. Das ist bei vielen zeitgenössischen Romanen merkwürdigerweise nicht immer der Fall, obwohl uns Smartphones mittlerweile alle umgeben.

Erste Seite des Romans »Wie ich fälschte, log und Gutes tat« von Thomas Klupp
Erste Seite des Romans »Wie ich fälschte, log und Gutes tat« von Thomas Klupp

Wenn ein deutscher Autor um die 40 Rollenprosa aus der Sicht eines 15-Jährigen schreibt, dann muss man natürlich an Tschick denken. Doch Tschick ist eine Roadnovel in der Provinz, die in den Schulferien spielt, während wir uns bei Klupp höchstens mal von Weiden nach Grafenwöhr begeben und die Geschichte am ersten Tag des Schuljahres beginnt. Ein Vergleich sollte also nicht gezogen werden. Sprachlich versucht Klupp wie Herrndorf, einen flotten Jugendslang zu imitieren, ohne sich anzubiedern. »Wie ich fälschte, log und Gutes tat« hat daher etwas Mündliches, liest sich auch gut vor, und der Erzähler Benedikt richtet sich ganz klar an ein zuhörendes Publikum. Die ersten Sätze eines Kapitels fassen die Grundstimmung am Ende des Tages zusammen, bevor der Erzähler ins Detail geht und oftmals mit einem »PS« das Erzählte nochmals ergänzt und einordnet. So gibt auch die Erzählstruktur der Geschichte zusätzlichen Schwung.

Die Charaktere der Geschichte stammen weitestgehend aus dem Klischeebaukasten: die reiche Mutter mit psychischem Defekt, die sich im örtlichen Lions-Club engagiert, der strenge, fast sadistische Lehrer, die lieblich flötende Schulleiterin, die alles tut, damit ihre Schule europäischen Excellenzstandards erfüllt, der örtliche Kleinkriminelle mit dem plakativen Spitznamen »Crystal-Mäx« … Es gibt die besten Freunde, den Streber und Verliebtsein – oder das, was man dafür hält.

Es gibt sehr schön erzählte Szenen auf dem Kartoffelacker und etwas zu überdrehte Passagen wie ein Tennismatch in Grafenwöhr. Und fast hat man beim Lesen nicht die eigenen Bilder im Kopf, sondern schon die einer späteren Verfilmung, die es ja noch gar nicht gibt. Alles scheint jedoch daraufhin angelegt.

Der Roman liest sich gut und flott und unterhaltsam und dann aber doch auch rückstandslos weg. Im Gegensatz zu Mahlkes »Archipel« erfährt man hier nichts Neues. Und plötzlich wirkt »Archipel« noch schwerer und gewichtiger und bedeutender gegen diesen überdreht abgedrehten oberpfälzischen Schulalltag, den sich Thomas Klupp ausgedacht hat.

Wolfgang Tischer

Thomas Klupp: Wie ich fälschte, log und Gutes tat: Roman. Gebundene Ausgabe. 2018. Berlin Verlag. ISBN/EAN: 9783827013668. 12,90 €  » Bestellen bei amazon.de Anzeige oder im Buchhandel
Thomas Klupp: Wie ich fälschte, log und Gutes tat: Roman. Kindle Ausgabe. 2018. eBook Berlin Verlag. 8,99 €  » Herunterladen bei amazon.de Anzeige

Link ins Netz

Weitere Beiträge zum Thema

2 Kommentare

  1. Ist Klupps zweiter Roman preiswert?
    Lese den Roman gerade und finde ihn sehr amüsant, stolpere deswegen über dieses „preiswert“. Denn ich kaufte es im lokalen Buchhandel. Beim Stichwort Buchpreisbindung wird man da schnell aufmerksam. Also: Was bitte schön ist damit gemeint? Über eine Erklärung zu dieser Formulierung würde ich mich sehr freuen.

Schreiben Sie einen Kommentar

Bitte geben Sie Ihren Kommentar ein.
Bitte geben Sie Ihren Namen ein