Lucy Fricke und Wolfram Eilenberger erhalten den mit je 10.000 Euro dotierten Bayerischen Buchpreis 2018. Lucy Fricke für ihren Roman »Töchter« und Wolfram Eilenberger für sein Sachbuch »Zeit der Zauberer« über die Philosophen am Anfang des 20. Jahrhunderts. Der Ehrenpreis für sein Lebenswerk geht an Christoph Ransmayr.
Die beiden Gewinnertitel in den Kategorien Belletristik und Sachbuch wurden von der dreiköpfigen Jury am Abend des 6. Novembers 2018 live und vor Publikum ausdiskutiert. Zur Jury gehörten Sandra Kegel von der FAZ, Knut Cordsen vom Bayerischen Rundfunk und die Jury-Vorsitzende Svenja Flaßpöhler, Chefredakteurin des Philosophie Magazins.
Die Jurymitglieder hatten je ein Buch für die beiden Kategorien nominiert. Unter Vorsitz von Svenja Flaßpöhler diskutierte die Jury dann vor Publikum in der Allerheiligen-Hofkirche der Münchner Residenz über die Titel. Hierzu haben die Drei jeweils nur eine halbe Stunde Zeit. Werden sich die Jury-Mitglieder in dieser Zeit nicht einig, so verfällt der jeweilige Preis. Zum Gewinn genügt es, wenn mindestens zwei Jury-Mitglieder für den gleichen Titel stimmen. Mindestens ein Jury-Mitglied muss also abschließend für einen anderen als den selbst vorgeschlagenen Titel stimmen.
Begonnen wurde in der Kategorie Sachbuch. Dem von Sandra Kegel vorgeschlagenen Buch »Die Vereindeutigung der Welt: Über den Verlust an Mehrdeutigkeit und Vielfalt« von Thomas Bauer attestierten Cordsen und Flaßpöhler insbesondere Mängel bei den gewählten Beispielen für mangelnde Ambiguitätstoleranz. »Zeit der Zauberer: Das große Jahrzehnt der Philosophie 1919 – 1929« von Wolfram Eilenberger, das Juror Knut Cordsen nominiert hatte, überzeugte dagegen alle drei Jury-Mitglieder. Bei der Abstimmung am Ende der ersten halben Stunde votierte nur Sandra Kegel weiterhin für Thomas Bauer, während Svenja Flaßpöhler, die das Buch »Opfer« von Svenja Goltermann nominiert hatte, für den Philosophie-Titel von Wolfram Eilenberger stimmte.
Somit stand der erste Gewinner des Abends fest, und der Bayerische Buchpreis 2018 in der Kategorie Sachbuch ging an Wolfram Eilenberger für »Zeit der Zauberer«. »Wolfram Eilenbergers Buch ist narrative Philosophie auf höchstem Niveau«, so die Jury.
Nach einer kurzen Dankesrede von Wolfram Eilenberger – alle nominierten Autorinnen und Autoren waren im Publikum anwesend – ging es in der nächsten halben Stunde nahtlos mit der Kategorie »Belletristik« weiter. Svenja Flaßpöhler preschte mit ihrem Titel vor, dem Roman »Töchter« von Lucy Fricke. Es sei für sie das beste Buch des Jahres. Kegel und Cordsen schlossen sich dem Lob an, obwohl Kegel ein paar allzu plakative Sätze im Buch störten. Der von Knut Cordsen vorgeschlagenen Titel »Wie ich fälschte, log und Gutes tat« von Thomas Klupp wurde hingegen von Flaßpöhler heftig abgewatscht. Das Werk sei keine Literatur, sondern nur auf Pointen hin geschrieben. Sie fand das Werk überhaupt nicht lustig, vermutete »Männerhumor«. Sandra Kegel hingegen fand das Buch lustig. Ebenfalls vor der Jury nicht bestehen konnte die Gewinnerin des Deutschen Buchpreises Inger-Maria Mahlke mit »Archipel«. Der ausufernden und ausgewogenen Erzählweise konnte Cordsen gar nichts abgewinnen, und auch Flaßpöhler sah darin einen Malus des Werkes.
In einer ersten Abstimmungsrunde blieben Jurorinnen und Juror bei ihren Titeln, bei einer zweiten Runde stimmt dann jedoch auch Sandra Kegel für »Töchter« von Lucy Fricke.
Der Bayerische Buchpreis 2018 in der Kategorie Belletristik ging somit an Lucy Fricke für »Töchter«, erschienen bei Rowohlt.
Gewinnerin Fricke zeigte sich in ihrer kurzen Dankesrede sehr erfreut. Es sei das erste Mal seit 13 Jahren, dass sie einen Preis gewinne. Das letzte Mal habe sie seinerzeit den »Open Mike« gewonnen, und das sei ein Preis für unveröffentlichte Texte gewesen.
Traditionell wird abschließend der Ehrenpreis des Bayerischen Ministerpräsidenten für das Lebenswerk eines Autors vergeben. In diesem Jahr war der Preisträger Christoph Ransmayr, der sich jedoch auf einer Exkursionsreise befand und nicht zugegen war. Ebenfalls nicht bei der Preisverleihung dabei war auch Ministerpräsident Markus Söder, der just am Tag der Preisverleihung als bayerisches Staatsoberhaupt wiedergewählt wurde und daher an diesem Abend medial andere Prioritäten setzte, als die Verleihung eines Buchpreises. Ein Vertreter des Fischer Verlags nahm den Preis von Medienminister Georg Eisenreich entgegen und verlas Ransmayrs Dankesrede. »Christoph Ransmayrs Literatur weckt die Sehnsucht nach dem Unentdeckten; sie bewegt und begeistert Leser und Kritiker zugleich“, stellte Eisenreich in seiner Würdigung des Ehrenpreisträgers fest.
Der Bayerische Buchpreis wurde zum fünften Mal vergeben. Er wird vom Börsenverein des Deutschen Buchhandels (Landesverband Bayern) veranstaltet und gefördert von der Bayerischen Staatskanzlei. Medienpartner sind der Bayerische Rundfunk und DIE ZEIT, Förderer sind das PS-Sparen der bayerischen Sparkassen, Media Control und der Verein zur Leseförderung.
Die Jury-Diskussion sowie die Preisverleihung wurde vom Bayerischen Rundfunk live in der Mediathek übertragen und kann dort auch noch im Nachhinein angesehen werden (br.de/mediathek).
Wolfgang Tischer