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Stella: Deutschland im Würger-Griff und die megageilen Hunde vom Hanser Verlag

Schaut gut aus: Das Buch »Stella« von Takis Würger
Schaut gut aus: Das Buch »Stella« von Takis Würger

Ganz Deutschland diskutiert über das Skandalbuch »Stella« von Takis Würger. Zum ersten Mal seit Jahren war Literatur Gesprächsthema der TV-Sendung »Hart aber fair«. Unter anderem diskutierten Hanser-Verleger Jo Lendle, Literaturkritiker Denis Scheck und Charlotte Knobloch von der Israelitischen Kultusgemeinde München, ob ein Buch das Terrorregime der Nazis so beschreiben dürfe. Wirklich?

Nein! Leider spricht nicht ganz Deutschland über dieses Buch. Es gab die literarische Talkrunde nicht. Literatur führt nicht mehr zu gesellschaftlichen Debatten, nur noch in literarisch interessierten Kreisen. Und bewegt man sich in diesen Kreisen, so kann es schon zur Ablehnung eines Buches kommen, gerade weil in den Feuilletons so viel darüber gesprochen wird.

Nachdem es zu »Stella« in großen Zeitungen ausschließlich Verrisse gegeben hatte, stellten die Artikel der nächsten Berichtswelle die mangelnde Textqualität gar nicht mehr infrage, sondern widmeten sich dem Aspekt: Wie konnte solch ein Buch im Hanser Verlag erscheinen? Wie konnte so ein Buch der Spitzentitel in diesem Haus der hohen Buchkultur werden? Dem Verlag, so steht es der ZEIT, werden »schwere Versäumnisse vorgeworfen«. Das klingt, als wären Menschen zu Schaden gekommen.

Wie kam es zu diesem Buch=, will die ZEIT wissen.
Wie kam es zu diesem Buch=, will die ZEIT wissen.

Sollten Sie tatsächlich nicht zu den literaturinteressierten Kreisen zählen und in den vergangenen zwei Wochen weder einen Kulturteil noch einschlägige Diskussionen in den Literaturblasen der sozialen Medien verfolgt haben, hier zunächst eine kurze Zusammenfassung von Inhalt und Diskussion.

Stella Goldschlag: Die historischen Tatsachen

Die historischen Tatsachen: Die Jüdin Stella Goldschlag (1922 – 1994) kollaborierte während des Zweiten Weltkriegs mit der Gestapo. Sie verriet untergetauchte oder verdeckt lebende Juden an die Nazis, um ihrerseits die eigenen Eltern vor der Deportation zu retten. Doch selbst nachdem die Eltern ins Konzentrationslager gebracht worden waren, arbeitete Goldschlag weiterhin als »Greiferin« für die Nazis. Sie soll zwischen 600 und 3.000 jüdische Mitbürger verraten haben. Die Sowjets verurteilten sie nach dem Krieg zu 10 Jahren Gefängnis. Stella Goldschlag wurde 72 Jahr alt und starb 1994 in Freiburg im Breisgau. Sie beging Selbstmord. Fotos aus ihrer Jugend zeigen eine blonde, lächelnde Frau. »Ihre Haltung, ihre Schönheit waren perfekt«, schrieb ihr Mitschüler Peter Wyden, der in den 1990er-Jahren mit Goldschlag Interviews führte und ein Buch über sie schrieb.

Das Foto der lächelnden echten Stella Goldschlag ist auf dem Umschlag des Romans »Stella« zu sehen. Es ist ein wunderschön gestaltetes Buch. Das Bild wirkt zunächst schwarzweiß, betrachtet man es aber näher, schimmert es silbern, und spiegelt sich Licht, so wird das Antlitz von Stella golden. Der Titel »STELLA« in Großbuchstaben ist geprägt. 22 Euro kostet die edel wirkende gedruckte Ausgabe, das sind umgerechnet 10 Cent pro Romanseite. Der Autorenname Takis Würger ist offenbar kein Pseudonym, aber ein Name, bei dem man aufmerkt. Würger ist 33 Jahre alt und arbeitet beim Nachrichtenmagazin DER SPIEGEL als Reporter. »Stella« ist sein zweiter Roman, sein von der Kritik gelobter Erstling »Der Club« erschien beim Züricher Verlag Kein & Aber, mit »Stella« wechselte Würger zum Hanser Verlag, der das Buch in diesem Frühjahr zum Top-Titel machte. Kolportiert wird ein Autorenvorschuss von 150.000 Euro.

Ein schön gestaltetes Buch: »Stella« von Takis Würger
Ein schön gestaltetes Buch: »Stella« von Takis Würger

Takis Würger nimmt die Geschichte von Stella Goldschlag als Vorlage für seinen Roman. Er montiert in den Text echte Zeugenaussagen aus den Prozessakten, die kursiv gesetzt sind. Für seine Geschichte erfindet er einen 20-jährigen Schweizer, der trotz des Krieges nach Berlin reist. »Die Deutschen waren in meinen Kopf das, was ich sein wollte. (…) Ich wollte kein Soldat sein, aber vielleicht würde ein Teil der Stärke auf mich überspringen«, lässt Würger seinen Ich-Erzähler Friedrich sagen. Gleichzeitig hört Friedrich Gerüchte, dass in Berlin nachts ein Möbelwagen die Juden abhole.

Friedrich wohnt im besten Hotel der deutschen Hauptstadt und lernt bald eine lebenslustige junge Frau kennen, die sich an ihn heranwirft. Als diese eines Abends geprügelt und geschunden in seinem Hotelzimmer auftaucht, erfährt Friedrich, dass sie Jüdin ist und in Wahrheit Stella heißt. Die Nazis haben sie gefoltert. Um ihre Eltern zu retten, beginnt Stella, andere Juden zu verraten. Der verliebte Friedrich bekommt all dies mit, bleibt aber in der Rolle des passiven Beobachters, der nicht weiß, wie er sich zu all dem verhalten soll.

Takis Würger schreibt nahezu filmisch

Takis Würger beschreibt alles in kurzen adjektivarmen Sätzen. Absätze wiederum besehen oftmals nur aus ein, zwei oder drei dieser kurzen Sätze. Würger schreibt nahezu filmisch, Halbtotalen wechseln sich oftmals mit Nahaufnahmen ab. (»Sie senkte den Kopf und stand still. Die Zigarette ließ sie fallen.«) Immer wieder tauchen bedeutungsvoll klingende Sätze auf, denen die Substanz bei näherem Hinsehen fehlt (»Aus der Entfernung hatten die Deutschen groß gewirkt, aus der Nähe wirkten sie so klein wie ich.«).

Und dennoch zieht einen der Roman Würgers und seine Stella-Geschichte in den Bann. Und genau das werfen ihm die Kritiker vor: Zu gefällig sei das alles, zu sehr an den Erwartungen des Lesers und wohligem Nazi-Grusel ausgerichtet.

Tatsächlich sind besonders die Nazis im Roman die bekannten Klischeefiguren: der kumpelhafte SS-Mann, der im jovialen Ton die unerhörtesten Dinge sagt. Der freundlich-plaudernde Folterknecht, den sie »den Gärtner« nennen.

Der eine ein Betrüger, der andere ein Schriftsteller

Dummerweise fällt das Erscheinen des Romans mit dem Relotius-Skandal zusammen. Relotius ist (bzw. war) SPIEGEL-Reporter, Würger ist SPIEGEL-Reporter, beide sind Anfang Dreißig, der eine hat schöne dramatische Geschichten erfunden und als wahr verkauft, der andere nimmt die Wahrheit als Vorlage für einen fiktiven Roman.

Daher ist es ein Tritt unter die Gürtellinie, wenn Parallelen zwischen Relotius und Würger gezogen werden, wie es einige Kritiker getan haben. Beide – so wird konstatiert – würden mit einer wohlig zurechtgebogenen Realität effektvoll das schreiben, was der Leser gerne hören möchte. Das ist unfair gegen Takis Würger. Der eine hat mit dem anderen nichts zu tun. Der eine ist ein Betrüger, der andere ein Schriftsteller. Ein Roman darf die Wahrheit verbiegen, man darf dies dem Autor nicht zum Vorwurf machen, auch wenn es vor allem denjenigen schwerfällt, die Wydens Stella-Buch kennen. Daniel Kehlmann kannte nach eigener Aussage die Stella-Geschichte nicht und bescheinigt in einem Werbezitat auf dem Umschlag des Romans: »Man beginnt dieses Buch mit Skepsis, man liest es mit Spannung und Erschrecken, man beendet es mit Bewunderung.« Das mit der Bewunderung mag übertrieben sein, das mit der Spannung und dem Erschrecken trifft zu. Doch auch Kehlmann stand mit seinem Urteil in der Kritik.

Werbezitat (Blurb) von Daniel Kehlmann auf der Rückseite des Buches
Werbezitat (Blurb) von Daniel Kehlmann auf der Rückseite des Buches

Aktuell steht »Stella« auf Platz 4 der SPIEGEL-Bestsellerliste. Die Diskussion nützt den Verkaufszahlen. Bei Amazon zeigt sich bei den Leserbewertungen die typische Parabelverteilung umstrittener Bücher: viele Fünf- aber auch viele Ein-Sterne-Wertungen.

Wäre das Buch beispielsweise im Droemer Verlag erschienen, wäre es vermutlich reichlich unbeachtet geblieben. Doch der Roman erschien bei Hanser. Hanser-Verleger Jo Lendle musste daher den Roman und seine verlegerische Entscheidung oft verteidigen. Dabei gibt es doch nichts Besseres, als wenn ein Buch eine Literaturdebatte entfacht, auch wenn diese auf die einschlägigen Kreise beschränkt bleibt. Wenn Verlagsmitarbeiter das Buch in den sozialen Netzwerken verteidigen, so ist dies reichlich unsouverän und entwertet das Buch.

Geschmackloses Selbstabfeiern

Schaut man sich den Buchinhalt vor und nach dem eigentlichen Roman an und schaut man auf die Werbemethoden und ihren Klang, die Hanser für dieses Buch eingesetzt hat, so wird klar, dass der Grund für die fast einstimmige Feuilleton-Ablehnung vielleicht gar nicht so sehr am Roman selbst liegen könnte, sondern am äußerst peinlichen und bisweilen geschmacklosen Selbstabfeiern des Autors, seines Textes und seiner Arbeit, in das der Verlag quasi eingestimmt hat, indem er es nicht aus dem Buch gestrichen hat.

Gäbe es das Wort »Fremdschämen« nicht, so müsste man es für Takis Würger erfinden. So sehr man sich oftmals bei Büchern einen Abspann wünscht, so fassungslos liest man den selbstverliebten Dank des Autors. Es sei, schreibt Antonia Baum in der ZEIT sehr treffend, eine »Blockbuster-Danksagung«, die wirke, »als würde sich Würger schon im Vornhinein für seine Preise bedanken.«

Widmung im Roman »Stella«
Widmung im Roman »Stella«

Würger widmet den Roman seinem Großvater. Doch auch das muss mit dem Nebensatz versehen werden, dass Willi Waga 1941 vergast wurde, als wolle man dem Leser klarmachen, dass der Autor somit noch viel mehr das Recht habe, einen solchen Text zu schreiben.

Begonnen mit der edlen Aufmachung, über Widmung und Danksagung, von den eingeholten Werbezitaten bis hin zum Versand des Buches an Blogger und Instagramer, die es in gewohnt leseflauschiger Weise ins Bild setzten, schreit alles: »Was haben wir megageilen Hunde vom Hanser Verlag zusammen mit Takis Würger für einen göttlich-guten Roman auf den Markt gebracht! Wir sollten uns dafür derbe abfeiern! High Five!«

Hochloben vor dem Fall im Feuilleton

Soviel Hochloben kommt vor dem Fall im Feuilleton. Das ist der Moment, in dem man sich den A-B-Test in einer Parallelwelt wünscht: Was wäre, wenn Takis Würgers Text sich bereits im Buch nicht so abfeiern würde, das Cover weniger stylisch wirken und der Roman nicht der Spitzentitel bei Hanser gewesen wäre, wenn es keinen Fall Relotius gegeben hätte? Würde man Würger dann dafür loben, dass er trotz einiger Schwächen im Text uns die Geschichte der Stella Goldschlag vergegenwärtigt hat? Dass er sehr destilliert die Frage nach der Schuld stellt? Dass er dies schnörkellos und bisweilen zwar aufgesetzt tut, das Buch dennoch perfekt wie eine Netflix-Serie gearbeitet ist und gerade diese Art zu Erzählen in diese Zeit passt?

Da es auf der anderen Seite aber auch nicht die andere Parallelwelt gibt, in der Literatur zum gesamtgesellschaftlichen Aufreger und Talkshow-Thema wird, hat die Diskussion um das Buch zumindest den Verfasser dieses Textes, den Sie gerade lesen, dazu gebracht, wieder einmal einen Bestseller zu kaufen, zu lesen und sich selbst ein Urteil zu bilden. Es war ein spannender Nachmittag.

Wolfgang Tischer

Takis Würger: Stella: Roman. Gebundene Ausgabe. 2019. Carl Hanser Verlag GmbH & Co. KG. ISBN/EAN: 9783446259935. 22,00 €  » Bestellen bei amazon.de Anzeige oder im Buchhandel

Peter Wyden; Ilse Strasmann (Übersetzung): Stella Goldschlag: Eine wahre Geschichte. Gebundene Ausgabe. 2019. Steidl Verlag. ISBN/EAN: 9783958296084. 20,00 €  » Bestellen bei amazon.de Anzeige oder im Buchhandel

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11 Kommentare

  1. Ich habe das Buch gekauft und reingelesen. Der Schreibstil gefällt mir nicht. Wie ein anderer Leser bereits an anderer Stelle schrieb: “… erinnert an einen Schulaufsatz.”
    Zum Inhalt kann ich nichts weiter sagen, weil ich nach weniger als der Hälfte aufgehört habe. Eben weil mir die Sprache des Autors nicht zusagt. Und ich lese nur Bücher, die mich in erster Linie der Sprache wegen interessieren bzw. begeistern.

    PS: Eine Krimiautorin, die vor kurzem einen Preis bekommen hat, aber mit den Bewertungen des Feuilletons nicht zufrieden war, sagte neulich (sinngemäß) in einem Zeitinterview: ” … es muss wunderbar sein, einen Penis zu haben.”
    Ich sage zu dem Hype um das Würger-Buch: “Es muss wunderbar sein, Spiegel-Journalist zu sein. Als Buchautor ist das zur Verlagsfindung und für den Buchverkauf vermutlich schon die halbe Miete.”

  2. Ich habe “Stella” von Peter Wyden schon vor Jahren gelesen uns fand es sehr gut.
    Damals konnte ich nicht feststellen, dass es jemand wahr genommen hat!!
    Es sollte jedes Jahr Literatur veröffentlicht werden, wo das Thema Judentum behandelt wird. Ich würde mich gerne für das nicht vergessen einsetzen.
    Wir Deutschen drehen sich immer nur nach dem Wind.

  3. Ich verstehe diese ganzen kritischen Stimmen nicht so ganz. Seit Jahren werden von sehr vielen Autoren Geschichten über die Juden und den zweiten Weltkrieg erzählt. Egal ob als Roman oder Sachbuch. Wieso genau ist dieses Buch denn jetzt genau so “falsch”?
    Klar, der Fall Relotius und die Tatsache, dass er auch Spiegel Autor ist, sind blöde Zufälle. Aber deswegen muss doch das Buch nicht automatisch schlecht sein?

  4. Es gibt tatsächlich viele gute(!) und reflektierende (!) Bücher zu den Geschehnissen des Zweiten Weltkrieges und zum Judentum (zum damaligen und zum heutigen). Leider fällt “Stella” in keine dieser Kategorien. Wenn sich der Autor wenigstens “nur” an wahre Begebenheiten orientiert hätte, aber den Namen geändert hätte, wäre das auch noch verschmerzbar gewesen. Aber er hat den Stoff an sich gerissen, unreflektiert bearbeitet, plakativ “Zweiter Weltkrieg/Juden!!!!” drauf gestempelt und daraus quasi eine kitschige Schnulze fürs Vorabendprogramm gemacht. Auch das wäre gerade so verkraftbar, ist ja auch schon vorgekommen.
    Aber die Thematik so unsensibel anzupacken, Diskussionen und Literatur der letzten sechzig Jahre dazu zu ignorieren und das auch noch Literatur zu nennen (und das da stimme ich vollkommen zu, als solche abzufeiern!), das ist aus meiner Sicht der Aufreger.

    (UND so einen Vorschuss dafür zu erhalten, wie gerade gelesen, was Personen, die versuchen, ernsthaft und sensibel in dieser Thematik zu arbeiten, ob literarisch oder historisch, besonders schmerzt)

  5. Ich habe das Buch gleichen Titels von Peter Wyden vor ganz, ganz vielen Jahren gelesen. Es gehört zu den Büchern, die mir deutlich in Erinnerung geblieben sind. Und deshalb hatte Würgers Buch sofort meine volle Aufmerksamkeit.
    Ich habe in einer Buchhandlung in das Buch hineingelesen und festgestellt, dass das eine mit dem anderen nichts zu tun hat. Weydens Buch bleibt so dicht wie möglich an der Realität, Würger benutzt die Figur Stella als Zündfunke für eine, seine Buchidee.
    Ich habe das Buch erst mal nicht gekauft, da ich nicht sicher bin, ob ich es wirklich lesen will. Was mich jedoch anwidert, sind die vielen Verrisse, und Kommentare, bei denen ich ein Gefühl von gehässigem Neid wahrgenommen habe. Schade.

  6. Ja, es ist dieses Proletenhafte, das Lendle mit seinem grotesken Marketingfeldzug noch befeuert hat. Die Spezial-Seite mit dem Video, das die beiden beim gegenseitigen Abfeiern zeigt, wurde kommentarlos von HANSER entfernt (wie feige, wie schlecht), ungefähr dann, als Alexander Cammann in der ZEIT die angeberische Selbstbespiegelung in diesen drei Minuten stark kritisierte. Ja, Würger ist ein Proll, hält sich mit 33 für einen ganz Großen, und sein neuer Verleger hat sich davon mitreißen lassen. Unterm Strich wird es sich trotzdem gut verkauft haben, wenn abgerechnet wird. Lendle muss aufpassen, dass er MichaelnKrüger’s Erbe nicht vollends in die Grütze reitet. Übrigens, Wolfgang, dein Artikel war die beste Zusammenfassung dieses ganzen fatalen Irrtums und dieses absurd schlechten Buches! Respekt.

  7. Es spricht nichts dagegen, mit guter und verantwortungsvoller Erinnerungsliteratur Geld zu verdienen. Es spricht aber alles dagegen, mit schlechter Erinnerungsliteratur viel Geld verdienen zu wollen. Der fiktive Romanteil “Stella” ist über die Kunstfreiheit des Art. 5 Abs. 3 GG geschützt – richtig und gut. Die 15 Auszüge aus Feststellungen des sowjetischen Militärtribunals stehen jedoch in keinem Kontext zum Romanstoff, fallen mithin nicht unter “Kunst”. Diese 15 Feststellungen lauten: Stella liefert Juden der Gestapo aus. Bereits bei einem einzigen Fall beginnt der Horror! Was soll mit der Aufnahme von 15 gleichgelagerten Fälle eigentlich erreicht werden? Erreicht wird Aufmerksamkeit! Wofür? Für die Handlung des Romans? Nein! Für die Verkaufszahlen, für den Profit?
    Der Inhaberin der postmortalen Persönlichkeitsrechte von Stella geht es nicht um Profit, ihr geht es um die Versöhnung von Stella mit deren vielen Opfern. Deshalb haben wir auch die Neuauflage von Wydens Buch begrüßt und unterstützt. Deshalb fordern wir die Schwärzung dieser 15 Versatztexte im Buch von Herrn Würger. Der Romanteil ist durch die Kunstfreiheit geschützt. Dass wir das Buch verbieten lassen wollen ist völliger Quatsch. Das Buch soll und muss weiter erscheinen. Jeder darf sich in einem freien Land zum “Kasperl” machen.
    Rechtsanwalt Karl Alich

  8. Wie kann Wolfgang Tischer nur von “Literaturblase der sozialen Medien” sprechen – diese Medien wie facebook oder Twitter sind nichts als asozial.
    Und: Nicht nur den Namen ‘Wyden’ sollte man richtig schreiben, auch andere Fehler sollte man, sollte Herr Tischer vermeiden – hier eine kleine Auswahl:
    “Friedrich wohnt im besten Hotel … an ihn heranwirft (ein Wort!).”
    “Takis Würger beschreibt … Absätze wiederum bestehen…”
    “Tatsächlich sind besonders die Nazis im Roman(s)” – ohne Genitiv-s
    “Daher ist es ein Tritt geht gar nichteffektvoll das schreiben (nicht: Schreiben)”
    Ich gebe Ihnen recht; Wenn Verlagsmitarbeiter das Buch in den (a)sozialen Netzwerken verteidigen, so ist dies reichlich unsouverän und entwertet das Buch.
    Und ein “Vornhinein” sollte es auch für Antonia Braun von der ZEIT nicht geben: Deutsch 5!
    Und nochmals gebe ich Ihnen recht: Ein Versand an Blogger und I(n)stagramer (schon wieder so ein blöder Tippfehler) geht gar nicht!!!
    Im FAZIT der beiden letzten Absätze liegt Wolfgang Tischer richtig.
    Mein Urteil: Mich erinnert “Stella” an “Adressat unbekannt” von Kressmann Taylor, erschienen 1938 im New Yorker ‘Story Magazine’. Würger ist ein fabelhaftes Buch, ein grandioser Roman gelungen – nur hätte es/er nicht bei Jo Lendle bei Hanser, sondern bei Kein & Aber in Zürich erscheinen sollen. Und: Mit Relotius verglichen zu werden fällt auf die Vergleicher in welchem Feuilleton auch immer zurück.

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