Weihnachten mit Marley
von Claudia Steffens
Marley war tot; damit wollen wir anfangen. Seit 50 Jahren schwamm er im Teich hinter der Kirche herum. Und wenn Sie denken: Unsinn! Karpfen werden nicht so alt! – dann empfehle ich Ihnen das Buch meines Urgroßvaters »Die Nutzfischzucht. Anleitung zur Haltung von Karpfen, Moderlieschen und anderem Fischgetier«.
Seinen Namen hatte Marley im Sommer 1980 bekommen, als sich die Dorfjugend nach dem Konfirmandenunterricht am Teich traf, heimlich Apfelschnaps trank und aus dem Kassettenrekorder »Could you be loved« hörte. Ich schlug vor, den Karpfen, der immer neugierig auftauchte, wenn wir kamen, ›Bob‹ zu nennen. Mein Kumpel aber meinte, ›Marley‹ wäre cooler.
Marley war der Dorfliebling und von Jahr zu Jahr wurde er dicker. Der Pastor fütterte ihn mit Plätzchen aus Mehl, Maden, Leinöl und Vanillezucker; und sagte »Marley ist mein treuestes Schäfchen«. Denn mit Kirchgängen hatten es die Dorfbewohner nicht so.
An Heiligabend vor zwanzig Jahren geschah es dann. Der Pastor war dabei, die Kerzen auf dem Altar anzuzünden, da stürmte der kleine Fredi in die Kirche. »Marley… er ist tot!«, japste er.
Marley lag neben dem Teich im Gras. Er musste aus dem Wasser gesprungen sein. »Hol den Tierarzt!«, rief der Pastor und Fredi rannte los. Schnell sprach sich herum, was geschehen war, und alle eilten zum Dorfteich.
Der Doktor konnte nichts mehr tun. Die Erschütterung war groß. Selbst der Bürgermeister schnaubte verstohlen in sein kariertes Taschentuch. Noch am selben Abend trugen wir Marley zu Grabe und nie war unsere Kirche so voll gewesen.
Seitdem trifft sich das ganze Dorf alle Jahre wieder am Kirchteich. Es gibt Apfelpunsch mit Schuss und wir singen »Stille Nacht«. Dann dröhnt aus meiner Lautsprecherbox »Could you be loved«. Marleys Karpfenkinder paddeln im Teich und schlagen mit den Flossen den Takt.
© Claudia Steffens
Hinweis: Diese Geschichte können Sie auch gelesen in Folge 37 des Schreibzeug-Podcasts hören.
Toller Podcast, klasse Tipps und Infos. War bislang nicht so begeistert davon, eine Stunde lang einem Podcast zu lauschen, aber diese Weihnachtsgeschichten-Ausgabe hatte mich neugierig gemacht. Nun freue ich mich auf die nächsten, um hoffentlich noch viel zu lernen. Wie kann man nur glauben, es sei eine einzigartige Idee, Marley einen Hund sein zu lassen und das erst zum Schluss aufzuklären 🙂
Frohe Weihnachten!
Karen, du hast die Geschichte nicht verstanden!
Frohe Weihnachten!
Welche? Meine eigene, die ich für so einzigartig hielt? 🙂
Die Reihenfolge ist zufällig gewählt und stellt keine Platzierung da.
Ich konnte mich kaum auf dem Stuhl halten, das Lachen hätte mich fast umgeworfen. Wenn Autoren eines Literaturcafes grottenschlecht in der Rechtschreibung sind, ist man zunächst versucht, den Newsletter abzubestellen.
Aber ich sehe diese „Dastellung“ nun mit Humor.
Sehr geehrter Herr Kayling,
vielen Dank für diesen Hinweis. Wir sind hierfür immer sehr dankbar und haben das r gleich nachgetragen. Wir selbst ärgern uns über solche Fehler am meisten. Doch wir sind nur Menschen.
Es macht uns jedoch etwas Angst um Sie und uns, dass Sie sich bereits aufgrund eines Fehlenden r „kaum auf dem Stuhl halten“ können und das Lachen Sie fast umgeworfen hätte. Das halten wird für sehr bedenklich, denn ich möchte mir nicht vorstellen, was passiert, wenn uns ein weiterer Tipp- oder Rechtschreibfehler unterläuft – was ich nicht ausschließen, ja eigentlich bereits vorhersehen kann.
Vielleicht ist es daher doch besser, Sie meiden Ihrer Gesundheit zuliebe das literaturcafe.de und bestellen den Newsletter ab. Sehr gerne würde ich Sie stattdessen an das rechtschreibcafe.de verweisen, aber diese Adresse gibt es leider (noch) nicht.
Herzliche Grüße
Wolfgang Tischer, literaturcafe.de
Sorry, aber der Satz „Wo um alles in der Welt bekommen wir jetzt einen Esel her?“ ist meiner Meinung nach am Ende der Geschichte perfekt platziert. Ein ganz wunderbarer letzter Satz!
Ihn an den Anfang der Geschichte zu setzen, ist in meinen Augen eine völlig falsche Empfehlung.
Liebe Renate Blaes,
ich habe auch gar nicht gesagt, dass der Satz falsch platziert gewesen ist, sondern, dass es (für mich) origineller gewesen wäre, eine Geschichte mit diesem Satz anzufangen. Dabei hätte es sich selbstverständlich um eine ganz neue Geschichte gehandelt. Da Sie – im Gegensatz zu mir – nicht den gesamten Text kennen, verstehen Sie meine Anmerkung vermutlich nicht. Aber der Autor der Geschichte hat sich bereits gemeldet und konnte damit durchaus etwas anfangen.
Beste Grüße
Diana Hillebrand