Kaum ist Lisa Eckhart Gast im Literarischen Quartett, schreiben Süddeutsche, Spiegel und Welt über die Sendung. Doch alles hinter der Paywall. Offenbar rechnen diese Medien damit, dass sie von Eckharts Aufregungspotenzial profitieren. Dabei hatte die schlechte Sendung kein Potenzial und nur einen diskutantischen Lichtblick: Ulrich Matthes.
Vorweg – eine Einleitung, die gerne in Amazon-Besprechungen verwendet wird –: Der Rezensent der Sendung hat keines der diesmal diskutierten vier Bücher gelesen. Was im Grunde genommen keine Bedeutung hat, denn es geht ja auch darum, ob es dem Quartett gelingt, Neugier für die Bücher zu erzeugen und wie über sie diskutiert wird.
Die beiden letzten Ausgaben vom August und Oktober 2020 schienen die literarische Quartett-Diskussion in gutes Fahrwasser gebracht zu haben. Sie waren inspirierend und vermutlich bestand die Gefahr, dass die Sendung am Freitag kurz vor Mitternacht in Vergessenheit gerät. Vergessen, weil gut.
Keine Aufreger, keine literarische Diskussion
Also musste wohl ein Aufreger her, so könnte man es interpretieren, denn da sich Jan Böhmermann mit seinem ZDF Magazin Royal nun hinter die Heute-Show und vor das Literarische Quartett gedrängt hat, kommt die Sendung noch eine halbe Stunde später. Und die medienwirksame Aufregung von Ex-Quartettler Maxim Biller, der Eckhart hinter der Paywall der Süddeutschen Zeitung als volksverhetzende Antisemitin betrachtet und der sich fragt, was diese Frau im Quartett zu suchen habe und dass sie damit das Lebenswerk des Juden und Quartett-Erfinders Marcel Reich-Ranicki vernichte.
Das führte anscheinend dazu, dass das ZDF die Sendung diesmal nicht vorab in Gänze in die Mediathek stellte, in der Hoffnung, die Aufregung könnte ein paar Zuschauer wachhalten.
Was man dann jedoch zu sehen bekam, hatte keinerlei Aufregungspotenzial. Frau Eckhart sagte nichts wirklich Schlimmes, aber vielleicht hätte das auch Alice Weidel getan, wenn man sie in die Sendung eingeladen hätte. Frau Eckhart kann immerhin einen Master in Germanistik vorweisen.
Doch beim ZDF scheint man bereits »vom Fach« und in der Lage zu sein, über Bücher zu urteilen, wenn man selbst eines geschrieben hat. Viel ärgerlicher in dieser Runde war die Ex-Profitennisspielerin Andrea Petkovic. Mit ihren bescheidenen, naiven und unwissenden Äußerungen über die Bücher wirkte sie wie die jüngere Instagram-Version von Christine Westermann.
Ansonsten fiel die ganze Diskussion wieder in Weidermannsche Zeiten zurück, in denen es nicht um Literatur ging, sondern primär darum, ob Handlungen oder handelnde Figuren glaubhaft beschrieben sind.
Ob’s 2021 nochmal besser wird?
Nur der Schauspieler Ulrich Matthes, der schon in vergangenen Sendungen positiv aufgefallen war, versuchte, literarische Kategorien ins Spiel zu bringen, versuchte, die Diskussion unter anderem auf Stil und Sprache zu bringen.
Ein Tiefpunkt der Diskussion war mit dem Titel »Es wird wieder Tag« erreicht, dem Matthes einen »betüdelt und betulichen« Stil attestierte. Dass jedes Substantiv mit zwei oder drei Adjektiven versehen sei, mache aus dem Buch etwas Schmökerhaftes, was dem Thema des Werkes nicht angemessen sei. Ein literarisches Armutszeugnis, dass die vorstellende Thea Dorn auf diesen Einwand in keiner Weise einging und stattdessen das unliterarische Glaubwürdigkeitsmantra sang und das Buch als »extrem lesbar und wahrhaftig« bezeichnete. Westermanniger geht es kaum.
Mit dieser Gästeauswahl und der fehlenden literarischen Diskussion passte das Quartett zum bescheidenen Jahr 2020. Ob’s 2021 nochmal besser wird?
Wolfgang Tischer
Link ins Web:
- Audio: Das Literarische Quartett vom 04.12.2020 in der Deutschlandfunk Audiothek und als RSS-Feed
- Video: Das Literarische Quartett vom 04.12.2020 in der ZDF-Mediathek
Die in der Sendung vom 04.12.2020 besprochenen Bücher:
- Michel Houellebecq; Stephan Kleiner (Übersetzung): Ein bisschen schlechter: Neue Interventionen. Gebundene Ausgabe. 2020. DuMont Buchverlag GmbH & Co. KG. ISBN/EAN: 9783832181659. 23,00 € » Bestellen bei amazon.de Anzeige oder im Buchhandel
- Elif Shafak; Gerhard Meier (Übersetzung): Schau mich an: Roman. Gebundene Ausgabe. 2020. Kein & Aber. ISBN/EAN: 9783036958293. 9,39 € » Bestellen bei amazon.de Anzeige oder im Buchhandel
- Don DeLillo; Frank Heibert (Übersetzung): Die Stille: Roman. Gebundene Ausgabe. 2020. Kiepenheuer&Witsch. ISBN/EAN: 9783462001280. 20,00 € » Bestellen bei amazon.de Anzeige oder im Buchhandel
- Minka Pradelski: Es wird wieder Tag: Roman. Gebundene Ausgabe. 2020. Frankfurter Verlagsanstalt. ISBN/EAN: 9783627002770. 19,00 € » Bestellen bei amazon.de Anzeige oder im Buchhandel
Lieber Herr Tischer,
um es gleich vorweg zu schicken: Ich kenne keines der vorgestellten Bücher und die Diskussion hat mich gerade einmal auf ,,Schau mich an” von Elif Shafak neugierig gemacht…
Ich stimme Ihnen uneingeschränkt zu: Ulrich Matthes war ein kompetenter Diskutant, der bestens vorbereitet war und der sich mit allen Büchern offensichtlich intensiv beschäftigt hatte. Er wusste, worüber er sprach und was er sagte, hatte ,, Hand und Fuß ” . Kein Bla-Bla ( von dem es sonst reichlich gab), keine Selbstdarstellungssucht. Sehr erfreulich in diesem Rahmen.
Frau Petkovic plapperte fröhlich, eher unbedarft, daher. Nicht besonders erhellend, aber nun gut, man kann das Format des ,, Literarischen Quartetts” ja auch ‘mal nutzen, um Werbung für das eigene Buch zu machen.
Lisa Eckert vermisst vielleicht in diesen Corona-Zeiten die Bühne und nutzte gleichermaßen die des Quartetts für sich. Interessant oder aufschlussreich waren ihre Beiträge für mich nicht.
Wirklich aufgeregt habe ich mich allerdings tatsächlich über Thea Dorn. Unprofessioneller kann man ja wohl kaum auf Ulrich Matthes Bewertung von Don Delillos ,,Die Stille” reagieren, als diese mit ,,artig” zu beschreiben ( ohne das zu konkretisieren, wohlgemerkt) . Auf Herrn Matthes Einwand, das sei doch nicht artig gewesen, trotzig zu wiederholen: ,,Doch, das war artig.” demonstriert Frau Dorn sprachlos machende Respektlosigkeit. Das ist schulmeisterhafte Arroganz vom Feinsten. Da war einfach unverschämt.
Ebenso unprofessionell war Thea Dorns Reaktion auf Ulrich Matthes Kritik zu dem von ihr auserwählten Buches ,, Es wird wieder Tag” von Minka Pradelski. Man konnte sich des Eindrucks nicht erwehren, dass Thea Dorn die literarische Kritik ( auf die sie inhaltlich mit keiner Silbe einging) des, von ihr hoch emotional, verteidigten Werkes, regelrecht persönlich nahm. Unkontrollierte Mimik und Gestik zeigten deutlich : sie war extrem beleidigt. Das war keine überzeugende Vorstellung von Thea Dorn und wurde Herrn Matthes fachlich/ sachlicher Kritik nicht im Mindesten gerecht.
Könnte man hier Sterne vergeben – es gäbe zwei von mir – für Herrn Matthes. Da ist reichlich Luft nach oben, sonst ist selbige bald ‘raus, aus dem literarischen Quartett.
Ulla I.
Wo kann ich mir dies ansehen?
Einfach Beitrag aufmerksam lesen und dem angegebenen Link folgen.
Hat sich da Thea Dorn in die Redaktion eingeschlichen?