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Vito von Eichborn ist tot – Ein Nachruf

Vito von Eichborn (Foto:privat)
Vito von Eichborn (Foto:privat)

Vito von Eichborn ist tot. Der Verleger, Journalist und Lektor starb am 6. März 2023 im Alter von 79 Jahren, wie der NDR berichtet. Eichborn war Mitgründer des gleichnamigen Verlags. Nach seinem dortigen Ausstieg war er u. a. als Kolumnist fürs literaturcafe.de tätig. Ein Nachruf auf einen Mann der klaren Worte.

Gründer des »Verlags mit der Fliege«

Die Partys des Eichborn Verlags während der Frankfurter Buchmesse waren legendär. Um das Jahr 2000 sah ich Vito von Eichborn dort das erste Mal. Da trug der Verlag zwar weiterhin seinen Namen, er selbst war als Verleger jedoch längst ausgestiegen. In den 1980er-Jahren und bis zur Jahrtausendwende gehört der Verlag zu den ganz großen mit einem sehr breiten und unkonventionellen Programm von Hochkultur bis Sponti-Sprüche. Der Eichborn Verlag trug den selbstironischen Claim »Der Verlag mit der Fliege«. Vito von Eichborn entdeckte u. a. Walter Moers, dessen Agent er auch nach dem Ausstieg blieb. Vor seiner Zeit als Verleger war Vito von Eichborn in den 1970er-Jahren als Lektor bei S. Fischer tätig gewesen.

Ausstieg nach Geldsorgen

Anfang der 1990er häufte Vito von Eichborn privat zu viele Schulden auf. Aus »eigener Blödheit« und weil er von seinem Steuerberater jahrelang betrogen worden sei, schreibt Eichborn selbst. Er verkaufte 1994 seine Anteile am Verlag, doch die Geldsorgen sollten ihn bis ans Lebensende begleiten. Zuletzt bot er seine Dienste als freier Lektor an.

Nicht nur was den Buchmarkt betraf, war Vito von Eichborn ein Mann der deutlichen Worte gewesen. Immer wieder mischte er sich in Diskussionen im literaturcafe.de ein. »Herrje, warum glauben Möchtegernautoren immer den gleichen Käse?«, stöhnte er auf, wenn er wieder einmal auf naive Meinungen und Vorurteile stieß.

Kolumnist im literaturcafe.de

2018 räumte er im literaturcafe.de in seiner wöchentlichen Kolumne »Büchermachen« mit vielen Vorurteilen über Verlage und das Schreiben auf.

2006 lernte ich Vito von Eichborn näher kennen. Da produzierte ich für BoD einen Podcast (Ja, da gab es schon Podcasts!) und Eichborn wurde vom Norderstedter Print-on-Demand-Dienstleister engagiert, um in einer »Edition BoD« die Perlen aus den selbstverlegten Manuskripten zu fischen. Auch das, lange bevor Self-Publishing einen Boom erlebte. Damals nahm ich eine Podcast-Folge mit Eichborn auf, und wir blieben uns locker verbunden, trafen uns meist auf Buchmessen. Mit Vitolibri gründete Eichborn einen neuen Verlag, der jedoch nicht im entferntesten an die Eichborn-Erfolge anknüpfen konnte.

Eichborn wird zum Imprint des Lübbe Verlags

Eichborn indes konnte mit ansehen, wie der von ihm gegründete Verlag im Jahre 2000 an die Börse ging. Obwohl nicht am damals boomenden Neuen Markt gelistet, ging der Verlag dennoch den gleichen Weg wie viele gehypte Start-Ups: den in die Insolvenz. Bevor der Eichborn Verlag jedoch 2012 endgültig die Tore schließen sollte, übernahm der Kölner Verlag Bastei Lübbe Ende 2011 die Marke »Eichborn Verlag« und einige Buchrechte und Mitarbeiter. Seitdem ist Eichborn ein Imprint des Lübbe Verlags.

Der Ausstieg aus dem Eichborn Verlag sei der Fehler seines Lebens gewesen, schrieb Eichborn später.

Nach ein paar Jahren in Mallorca lebte Vito von Eichborn seit 2007 in Malente am Dieksee in Schleswig Holstein. Dort starb er am 6. März 2023 im Alter von 79 Jahren, wie der NDR unter Verweis auf Familienkreise berichtet.

Wolfgang Tischer

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