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Trotz Buchmesse-Absage: Leipzig liest, zeigt und prämiert Bücher

Logo des buchmesse_popup 2022 der unabhängigen Verlage
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Über 50 Verlage, darunter Suhrkamp, C. H. Beck und Aufbau, kommen trotz Absage der Buchmesse nach Leipzig und präsentieren in einer spontanen Popup-Buchmesse ihre Bücher und Autoren. Auch die Gastländer Portugal und Österreich zeigen sich, und die Initiative »weiter:lesen« bietet ebenfalls eine Bühne. Die Nominierten für den Preis der Leipziger Buchmesse stehen ebenso fest.

Die Absurdität der Absage

Es klingt wie Hohn: Kurz nachdem die Leipziger Buchmesse in diesem Jahr zum dritten Mal abgesagt wurde, verkünden Bund und Länder weitere Öffnungsschritte für den März. Hätte das nicht früher passieren können?

In seiner diplomatisch-väterlichen Rolle wird Messe Direktor Oliver Zille nicht müde zu betonen, dass nicht nur die großen Verlagskonzerne, sondern auch kleine Verlage ihre Zusage zur Messe zurückgezogen hatten, was schließlich zur Absage der Leipziger Buchmesse führte.

Dennoch dürfte allen klar sein, dass es wohl nicht zu einer Absage gekommen wäre, wenn die Verlagskonzerne Penguin Random House, Bonnier und Holtzbrinck weiterhin zur Messe gestanden hätten.

Es klingt wie die hohlen Phrasen der Politiker, wenn die Konzerne nach ihrer Absage betonen, dass sie dennoch weiterhin zur Leipziger Buchmesse stehen und im nächsten Jahr dann sicher wieder mit dabei sind. Bereits vor der Absage war die Argumentation der Konzerne absurd, wenn sie zwar ihre Autorinnen und Autoren nach Leipzig schicken wollten, aber nicht ihre Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter.

Zwischenzeitlich haben Kulturstaatsministerin Claudia Roth (Grüne) und Sachsens Ministerpräsident Michael Kretschmer (CDU) die Beteiligten zu einem »Zukunftsgespräch« eingeladen. Es gilt herauszufinden, warum Leipzig abgesagt wurde, wo doch nahezu zeitlich in Köln das Lesefestival Lit.Cologne und Buchmesse in Bologna und London stattfinden.

Popup-Buchmesse der unabhängigen Verlage

Die kleineren und konzernunabhängigen Verlage belassen es aber nicht beim Reden und Analysieren und werden selbst aktiv: Über 50 Verlage kommen dennoch vom 18. bis 20. März 2022 nach Leipzig. In einem »buchmesse_popup« im Werk 2 in Leipzig präsentieren die Verlage ihre Bücher und Autorinnen und Autoren. Unter anderem mit dabei sind die Aufbau Verlage, C. H. Beck, Hanser, Jung und Jung, Kampa, Kanon, Katapult, Klett-Cotta, Kunstmann, Mare, Matthes & Seitz, Schöffling, Suhrkamp/Insel, Verbrecher, Voland & Quist und Wagenbach.

»Es ist wichtig, ein Signal zu setzen – auch für die Buchmessestadt Leipzig«, sagt Constanze Neumann von den Aufbau Verlagen. Man gibt sich jedoch auch hier ausgewogen diplomatisch, und Tom Kraushaar von Klett-Cotta ergänzt: »Unsere Initiative ist als einmaliges Ereignis gedacht. Sie richtet sich nicht gegen die etablierte Messe. Und sie richtet sich auch ausdrücklich nicht gegen die Verlage, die aus nachvollziehbaren Gründen ihre Teilnahme an der Leipziger Buchmesse abgesagt haben.«

Obwohl mit der Absage der Leipziger Buchmesse auch das zeitgleich stattfindende Lesefestival »Leipzig liest« nicht stattfinden wird, wird in Leipzig dennoch viel gelesen werden. Viele geplante Lesungen finden dennoch in Eigenregie statt.

Weiter lesen mit »weiter:lesen«

Die Autoren Ulf Torreck, Martin Jehnichen und Matthias Jobke vom Live Stream Anbieter streamio haben sich mit der Leipziger Zeitung zusammengetan und man bietet unter dem Motto »weiter:lesen« Autorinnen und Autoren ebenfalls Lesemöglichkeiten. Auf der Website der Veranstalter kann man sich noch anmelden.

Portugal und Österreich sind auch in Leipzig

Portugal wäre das Gastland der Leipziger Buchmesse gewesen und auch die Südeuropäer lassen sich von der Absage der Messe nicht davon abhalten, ihre Bücher und Autoren unter dem Motto »Unerwartete Begegnungen« in Leipzig zu präsentieren.

Selbst Österreich, das kommende Gastland der Leipziger Buchmesse 2023, lädt unter dem Titel »Wildes Österreich« zu einem literarisch-musikalischen Abend in die Schaubühne Lindenfels ein. Mit dabei sind u. a. Xaver Bayer, Verena Gotthardt, Jörg Piringer, Teresa Präauer, Stefanie Sargnagel, und Daniela Strigl. Musik macht das Erste Wiener Heimorgelorchester.

Nominierungen für den Preis der Leipziger Buchmesse

Offiziell verblieben ist auch die Verleihung des Preises der Leipziger Buchmesse. In der Kategorie »Belletristik« sind gestern die folgenden Bücher für den Preis nominiert worden:

  • Dietmar Dath: »Gentzen oder: Betrunken aufräumen. Kalkülroman« (Matthes & Seitz Berlin, August 2021)
  • Tomer Gardi: »Eine runde Sache«, zur Hälfte übersetzt aus dem Hebräischen von Anne Birkenhauer (Literaturverlag Droschl, Juni 2021)
  • Heike Geißler: »Die Woche« (Suhrkamp Verlag, März 2022)
  • Emine Sevgi Özdamar: »Ein von Schatten begrenzter Raum« (Suhrkamp Verlag, Oktober 2021)
  • Katerina Poladjan: »Zukunftsmusik« (S. Fischer Verlag, Februar 2022)

Die Gewinnverkündung und Preisverleihung – auch in den Kategorien Sachbuch und Übersetzung – wird am 17. März 2022 stattfinden.

Zudem gibt es am und um das geplante Messewochenende vom 18. bis 20. März in und um Leipzig noch weitere Aktivitäten, Veranstaltungen und Preisverleihungen. Dies dürfte glücklicherweise für einiges Medienecho und Berichterstattungen sorgen.

Eines wird jedoch von Tag zu Tag deutlicher: Dass es zur Absage der Leipziger Buchmesse kommen musste, waren ein fataler Fehler und ein verheerendes Signal für die Buchbranche, für Autorinnen und Autoren und Leserinnen und Leser.

Das Engagement der unabhängigen Verlage, von Veranstaltern und von Autorinnen und Autoren zeigt jedoch, dass der engagierte Geist der Branche lebt und dort die Liebe zur Literatur über den Konzernbilanzen steht.

Wolfgang Tischer

Link ins Web zu Veranstaltungen in Leipzig (Auswahl)

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