Das ging ja fix. Im letzten Oktober gestartet, wird die Literatur-Sendung »Wickerts Bücher« nach der nächsten Ausgabe im Mai schon wieder eingestellt. Ulrich Wickert selbst habe die ARD darum gebeten. Die Vorbereitung auf die Sendung habe zu viel Zeit in Anspruch genommen, so der Moderator in einem Interview mit der FAZ. Wickert will diese Zeit besser für das Schreiben eigener Bücher nutzen. Ganz nachvollziehbar ist diese Ausrede nicht, denn »Wickerts Bücher« wird als Radiosendung überleben. Dann jedoch nur mit einem Studiogast.
Wir erinnern uns an die furiose Auftaktsendung, die wirkte, als käme sie direkt von der Sonnenterrasse eines Seniorenstifts. Immerhin garantierte Wickert selbst den von hartnäckigen Einschlafstörungen Geplagten ein Wegdösen binnen Sekunden. Sie werden Wickert vermissen – oder künftig Radio hören müssen. Eine überflüssige und schnarchlangweilige Literatursendung für Oberstudienräte wird beendet.
Schade nur, dass es damit generell eine Literatursendung im Fernsehen weniger gibt. Denn einen Ersatz wird es nicht geben, da die Kulturchefs der ARD ohnehin im Mai entscheiden wollten, ob »Druckfrisch« mit Denis Scheck oder »Wickerts Bücher« aufgrund der geringen Zuschauerzahlen abgesetzt wird. Wickerts Entscheidung hat die der ARD obsolet gemacht. Zum Glück! Denn ginge es nach Zuschauerzahlen, so stünden im Schnitt 420.000 (Scheck) gegen 520.000 (Wickert). Schecks Art der Literaturkritik ist umstritten, doch kommt seine Sendung im Vergleich zu Wickert wie ein bunter Kindergeburtstag daher. Scheck regt (gelegentlich) mit seinen harten und deutlichen Urteilen auf – und seine Sendung macht Spaß. Wir sollten Wickert danken!
Es braucht keine Bilder für die inneren Bilder zur Literatur. Das Radio ist ein guter Ort, um Bücher lebendig werden zu lassen, Stimmen vernehmbar zu machen. Literatur und Hören gehören zusammen.
Was Denis Scheck macht, hat Ausnahmecharakter, darf als gelungenes Experiment verstanden werden. Ob er zu Frank Schätzing ins Boot steigt, mit Martin Walser vor den Zeppelinen sitzt, oder Menschen zwischen Rolltreppe und nächstem Termin ein Buch ans Herz legt, Scheck stellt den Mensch in seiner Zeit in den Mittelpunkt und den Platz, den Bücher darin einnehmen, verdeutlicht er durch gelungene Bilder. Keiner könnte dieses Konzept auch nur annähernd so gelungen umsetzen.
Wir haben ja noch Thea Dorn! Wickert…ist mir ehrlich gesagt, zu tranig gewesen. Dann doch lieber Elke Heidenreich…oder vielleicht doch lieber Wickert?
Radiohighlight der letzten Woche war für mich unter anderem am Samstag abend die Sendung aus dem Literarischen Colloquium Berlin mit Andreas Eschbach, Scheck und zwei Literaturexperten über “Ausgebrannt”. Das war spannend und sehr informativ.
Ich fand, die Beteiligten verstanden es wirklich gut, den Radiohörer dezent in die Zusammenkunft einzubeziehen, kleine Reportageelemente ins höchst unterhaltsame Kritikergespräch einfließen zu lassen. Auch Eschbachs autobiografische Erzählungen ließen mich ein ums andere Mal schmunzeln. Ob eine Fernsehaufzeichnung einen ähnlich langlebigen Eindruck hinterlassen hätte? Radio in Höchstform. Das hat zwar nur indirekt mit Wickert zu tun, aber eigentlich beglückwünsche ich ihn zu der Entscheidung. Er macht sicher was Gutes draus.
Vielen Dank für Ihren Stempel für Oberstudienräte! A. Schneider