Während die große Preisverleihung seltsam anmutete, bewies die Leipziger Buchmesse mit der Autorenrunde 2021, wie man eine Autor:innenkonferenz souverän ins Digitale überträgt.
Immer am Leipziger Buchmesse-Samstag findet seit 2013 die Leipziger Autorenrunde statt. Im Congresszentrum auf dem Messegelände sind 18 runde Tische aufgestellt, an denen Expert:innen für Autor:innen relevante Themen erörtern. Vom Schreiben bis zur Selbstvermarktung. Ein kreativer Ameisenhaufen, dessen Tischbesetzungen im Dreiviertelstundentakt wechselt. Stimmen, Lernen, Lärm.
Nur 2020 blieb alles ruhig. Die kurzfristige Absage der Leipziger Buchmesse ließ auch der Autor:innenkonferenz keine Wahl.
2021 jedoch wurde die Runde ins Digitale verlegt. Es war die einzige große tagesfüllende Veranstaltung, die die Leipziger Buchmesse in diesem Jahr organisierte. Und die Anmeldungen lagen im dreistelligen Bereich.
Organisator Leander Wattig sprach mögliche Referent:innen an, und es war klar, dass die digitalen Tischrunden so nicht übertragbar waren.
Stattdessen gab es am 29. Mai 2021 den ganzen Tag über 15-minütige Vorträge im Livestream. Perfekt ausgeleuchtet wie ein YouTuber saß Wattig selbst vor Ort in Leipzig und moderierte die Vorträge an, während die Referent:innen digital zugeschaltet waren.
Technisch wurde vom Messe-Team einiges an Betreuung geleistet. Bei technischen Problemen stand den Teilnehmer:innen eine telefonische Hotline zur Verfügung. Die Referent:innen wurden, bevor sie die digitale Bühne betraten, auf Bild und Ton geprüft, bevor sie wie bei einer Fernsehsendung live gingen (»Noch 20 Sekunden!«).
Während bei Vor-Ort-Veranstaltungen meist schon der erste Vortragende mit PowerPoint und Beamer kämpft, lief hier den ganzen Tag über alles perfekt.
Auch im Timing. Wenn einige Referent:innen nach 12 Minuten im Nebensatz erwähnten, dass sie »darauf später im Vortrag noch eingehen«, war man in Sorge, doch Moderator Wattig achtete souverän auf den Zeitplan.
Nach der Begrüßung durch Messedirektor Zille sprach Zoë Beck den Einführungsvortrag, neudeutsch Keynote. Obwohl sie zunächst mit den üblichen Corona-Erfahrungen begann, drehte sie ihren Vortrag leicht ins Optimistische, was der Lage angemessen war und einen guten Einstieg ermöglichte. War das Motto der digitalen Autorenrunde doch »Das digitale Wir …«.
Der Livestream konnte den ganzen Tag über sowohl auf Desktop-Geräten als auch via Smartphone oder Tablet verfolgt werden.
Natürlich konnte nicht jeder der Vorträge glänzen. Natürlich gab es auch Werbevorträge. Doch diese hielten sich in Grenzen. Und dass ausgerechnet eine Referentin, die über das »radikal zärtliche Wir« sprechen wollte, dann immer nur »ich, ich, ich« sagte, gehört zu den schönen ironischen Wendungen, an denen Loriot seine Freude gehabt hätte. Dazu gehörte auch die Marketing-Referentin, die mehrfach betonte, dass ihre eigene Website leider noch nicht fertig sei.
Doch überwiegend gab es viel Inhalt und gute Informationen für Autor:innen: von der Arbeit der Literaturagentur, über Fanfiction bis hin zu konkreten Schreibtipps. Man erfuhr neue Trends im Self-Publishing und erhielt Einblicke in die Verlagsarbeit.
Ergänzt wurden die 15-minütigen Vorträge jeweils durch eine in etwa nochmal so lange »Networkingrunde«. In kleinen Webinargruppen von 25 Leuten konnte man den Vortragenden vertiefende Fragen stellen.
Nach einer abschließenden Diskussionsrunde mit Lena Falkenhagen vom Verband der Schriftsteller:innen und Jeanette Lagall vom Selfpublisher-Verband war pünktlich um 17 Uhr schon wieder alles vorbei.
Der technische Aufwand war nicht gering. Doch es hat sich gelohnt. Selten wurde eine Literaturveranstaltung so nahtlos, rund und kurzweilig ins Digitale gebracht, ins digitale Wir.
Wolfgang Tischer
Offenlegung: Das literaturcafe.de war Medienpartner der Leipziger Autorenrunde und Wolfgang Tischer sprach dort zum Thema »Die fünf Elemente einer erfolgreichen Online-Lesung«. Finanzielle Gegenleistungen erfolgten nicht.
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