Seit einem Monat ist »Chucks« im Buchhandel erhältlich, der Debütroman von Cornelia Travnicek. Und seit einem Monat bedeutet es für die Autorin: Interviews, Lesungen, Literaturfestivals, Rezensionen und eine Buchmesse.
Mit diesem dritten Teil unter dem Motto »Termine, Termine!« geht die Reloaded-Miniserie von Cornelia Travnicek »Bis Klagenfurt anruft« auch schon wieder zu Ende. Diesmal: Allgemeine Eindrücke, Vergleiche und Der Innere Kreis.
Buchmesse Leipzig – Ja, das bin ich
Cornelia Travnicek
berichtet im literaturcafe.de seit 2006 von ihrer bisherigen Autorenlaufbahn und davon, wohin es führen kann, wenn man eines Tages beschließt zu schreiben. Interessant für alle, die Ähnliches selbst erlebt haben, noch erleben wollen oder sich vielleicht nach der Lektüre entschließen, es doch besser zu lassen. Seinerzeit schrieb Cornelia unter dem Motto »Bis Klagenfurt anruft« sieben Berichte und einige Bonusfolgen u.a. über Veröffentlichungen, Preise, Lesungen, Literaturforen und die eigene Website.
Im Frühjahr 2012 erscheint Cornelia Travniceks erster Roman »Chucks« in der Deutschen Verlags-Anstalt (DVA). Wie ergeht es einem als österreichische Autorin, wenn man zu einem großen deutschen Verlag wechselt? Erfüllt sich ein Autorinnentraum? Ist es der Karrieredurchbruch?
Unter dem Titel »Bis Klagenfurt anruft. Reloaded« setzt Cornelia Travnicek 2012 ihre Berichte im literaturcafe.de fort.
Im Juli 2012 las sie dann tatsächlich in Klagenfurt und gewann den mit 7.000 Euro dotierten Publikumspreis. 2012 ist sie Stadtschreiberin in Kärnten.
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Cornelia Travnicek: Chucks: Roman. Taschenbuch. 2014. btb Verlag. ISBN/EAN: 9783442747023. EUR 8,99 » Bestellen bei amazon.de Anzeige)
Was ist eigentlich die Aufgabe einer Autorin auf der Buchmesse? Das war eine Frage, die mir ein Interviewer aus St. Pölten per Mail stellte, während ich schon auf dem Weg nach Leipzig war. Ja, was macht man eigentlich den ganzen Tag in den Messehallen? Das Autorinnen-Tagesprogramm wird maßgeblich vom Medieninteresse bestimmt. Wer für die Medien interessant ist, bekommt viele Termine, wie z.B. Olga Grjasnowa, auch wenn mit ihrem Namen, bzw. dessen Aussprache, auch so manche ein Problem haben. Wer etwas gewinnen kann oder gewonnen hat, bekommt noch ein bisschen mehr. In meinem Fall waren es fünf Interviewtermine in etwas über 24 Stunden, das ist noch nicht nervenaufreibend. Dazwischen lässt man sich vom Messepublikum durch die Hallen schieben, immer auf der Suche nach befreundeten AutorInnen und VerlegerInnen, die Uhr im Blick, um den nächsten Termin nicht zu verpassen, vielleicht eines der eigenen Bücher in der Tasche, um es eventuell bei anderen Verlagen gegen eine interessante Publikation einzutauschen. Oder man versucht, einen offenen WLAN-Zugangspunkt zu ergattern oder etwas Essbares aufzutreiben, das nicht Eis oder Crêpe ist. (Bei Random House werden die Autoren und Autorinnen netterweise aus geheimen Vorräten von belegten Brötchen, Früchten und Kuchen gefüttert, um den Blutzuckerspiegel und die Laune hoch zu halten.) Wenn man gerade nichts zu tun hat, kann man am Verlagsstand erwartungsvoll unter dem eigenen Autorinnenfoto sitzen, in der Nähe des eigenen Buches, und lächelnd darauf hoffen, dass jemand den Zusammenhang erkennt. Passiert aber selten. (Was auch daran liegen kann, dass viele einfach nicht so aussehen wie auf ihren Fotos. Die Differenz zwischen Gesicht und Foto schwankt, meiner Schätzung nach, interessanterweise um ca. plus/minus 15 Jahre.)
LitPop, lit.COLOGNE und Wortspiele – Literaturpartys, -feste, und -festivals.
Die LitPop ist eine eintägige Literaturparty, die außerhalb der Buchmesse, nämlich am Samstagabend, im »Neuen Rathaus« von Leipzig stattfindet. Falls man als Autorin nur klassische Wasserglaslesungen gewohnt ist, kann das durchaus eine irritierende Situation sein: Da drängen sich sehr viele, im Schnitt ziemlich junge Leute in einen sehr schönen Raum, um dort am Boden zu sitzen. Ein großer Teil saß einfach vorher schon da und möchte den Platz nicht mehr hergeben, ein weiterer großer Teil strömt herein, um einen Platz für die folgende Lesung (oder das folgende Konzert) zu ergattern. Man hat also eine ganze Menge Zufallspublikum. Wenn die Leute an den Wänden stehen, kann es passieren, dass sich jemand an einen der sechs Lichtschalter anlehnt, die alle irgendwie gekoppelt sind – was ein fröhliches Schalter-Raten und eine an Disko erinnernde Beleuchtung nach sich zieht. Seit diesem Abend bin ich auch endgültig allergisch gegen Sarah Kuttner (nicht persönlich gemeint). Im Vorfeld wurde ich in Interviews gefragt, ob es stimme, dass ich bald mit Sarah Kuttner lesen würde. Dann wurde ich in Interviews gefragt, ob ich denn Bücher von Sarah Kuttner gelesen hätte. Und kurz vor meiner Lesung deutete eine Moderatorin neben mir auf das Programm und flüsterte mir zu, dass sie von allen diesen Büchern nur eines gelesen hätte. Worauf zeigte sie dann mit dem Finger? Und jetzt im Chor: Sarah Kuttner.
Die lit.COLOGNE ist ein zehntägiges Literaturfest, das in Köln ungefähr zur gleichen Zeit beginnt wie die Leipziger Buchmesse und die ganze Stadt Köln bespielt. Während mich in Leipzig kein messeeigenes Shuttleauto mitnehmen wollte – die kommen nämlich nur für bestimmte Leute, wurde ich in Köln ganz selbstverständlich überall in einem dieser hübschen »lit.COLOGNE«-Audis hingefahren, die übrigens eine Massagefunktion in allen Sitzen haben. In Wien herrscht bei den meisten Literaturveranstaltungen eine gewisse Gratismentalität (außer im Rabenhof und im WUK, wo man für eine Lesung mit, jaja: Sarah Kuttner, schon mal 16 Euro bezahlt); in Köln wird Eintritt verlangt, und dafür aber großartige Qualität geboten. Ich hatte auf jeden Fall einen wunderbaren Abend in der Comedia, flankiert von Ijoma Mangold und Thomas Glavinic (und das gab es, im Vorverkauf, für nur 13,50 Euro). Wenn man nicht aufpasst, beginnt man sich in Köln gleich wie ein Star zu fühlen. (Das hält aber nur solange an, bis man wieder im Zug sitzt und von der älteren Dame mit der Reservierung vom Platz verjagt wird).
Die Wortspiele Wien, ein zweitägiges Literaturfestival, das nicht nur in München, sondern seit acht Jahren eben auch in Wien stattfindet, haben keine Shuttles. Dafür kostet es in Wien pro Abend auch nur 7 Euro Eintritt. (Also 1 Euro pro AutorIn und 1 Euro für die nette Moderation.) Das Wetter war schon den ganzen Tag schlecht, der Wind teilweise ein Sturm und der Regen mehr als unangenehm. Ich hatte darum dann den ganzen Abend lang nasse Füße (weil eben kein Shuttle-Service und regennasse Schuhe) und bin jetzt verkühlt. Die Zuschauerreihen waren, dem Wetter entsprechend, spärlich besetzt, was für jemanden, der gerade frisch von der LitPop und der lit.COLOGNE kommt, ungewohnt aussieht. Die Atmosphäre war dafür entspannt und freundlich, fast familiär, es wurden interessante Neuerscheinungen vorgestellt, auch aus vielen österreichischen Verlagen, und die KollegInnen zeigten durchwegs ernstgemeintes literarisches Interesse aneinander.
Im Inneren Kreis – Places to be
Was passiert nach den Veranstaltungen? Das ist für manche noch einmal genauso interessant wie die Veranstaltungen selbst. In Leipzig gibt es den »Buchmesse-Club«, zu dem man nur mit passender Einladung Zutritt erhält, oder eben als Begleitung von jemandem mit passender Einladung. Das Kölner Äquivalent dazu ist das Schokolademuseum, das abends als großes Auffangbecken für alle Mitwirkenden dient. Bei beiden Einrichtungen liegt der Schwerpunkt auf der Nahrungsaufnahme, mit der Möglichkeit, ganz nebenbei sehr interessante Leute kennenlernen zu können, die allerdings unter Umständen schon etwas müde sind. In Wien bei den Wortspielen geht man nachher gerne noch in das Kaffeehaus Alt Wien.
In Leipzig war ich unglaublich müde, denn ich hatte keinen Direktflug von Wien bekommen, darum einen Zwischenstop in München einlegen und meinen Weg in einer Maschine der Augsburg Airways fortsetzen müssen. Zusätzlich erkrankte das Kind der Random House-Kollegin, so wurde wenig aus der Party. Trotzdem konnten wir nicht umhin, noch schnell Essen und danach (ohne die Mutter des kranken Kindes) auf ein Glas Wein zu gehen. In Köln war die Besetzung unseres Tisches überhaupt die letzte, die kurz nach zwei Uhr aus dem Schokoladenmuseum herauskomplementiert wurde. Auch die Hotelbar musste noch kurz aufgesucht werden. Nach dieser Erfahrung möchte ich die Behauptung aufstellen, dass die Falten auf der Stirn und die Ringe unter den Augen bei einigen AutorInnen nicht unbedingt immer vom nächtelangen Nachdenken und Schreiben stammen.
Rezensionen – Call mit Captain
Ein kleiner Nachtrag zu meinen Mustersätzen zur Rezensionswut-Abhilfe (die mittlerweile auch bei mir schon Verwendung fanden, gebe ich zu): Erinnert sich noch jemand an diese Szene?
Norrington: »Sie sind, ohne Zweifel, der schlechteste Pirat, von dem ich je gehört habe.«
Sparrow: »Aber Ihr habt von mir gehört.«
Kein Kommentar.
So weit, so gut
Mein Fazit nach dem ersten Monat als »Debütautorin«:
Ich hatte wirklich oft Augenringe und ich war oft verkühlt. Dafür habe ich in Hotels geschlafen, die ich mir sonst nicht leisten könnte. Meine Nerven sind nicht mehr die besten. Dafür haben hoffentlich viele Leute mein Buch gekauft und darin etwas für sich gefunden. Ohne Verlag hätte ich das alles nicht machen wollen, so aber war ich wenigstens nie allein und hatte nie Hunger (Dazu vielleicht bald noch einmal mehr). Nachdem das gerade mal der erste Monat war, kann sich jedoch auch noch viel ändern.
Kurz gesagt: Es ist anstrengend, aber es ist schön. Und wenn man Glück hat, zahlt es sich aus. Ob ich das jedes Monat machen möchte? Wohl eher nicht, sonst käme ich gar nicht mehr zum Schreiben.
Cornelia Travnicek
twitter.com/frautravnicek
Cornelia Travnicek: Chucks: Roman. Broschiert. 2012. Deutsche Verlags-Anstalt. ISBN/EAN: 9783421045263. 4,99 € » Bestellen bei amazon.de Anzeige oder im Buchhandel