StartseiteBuchmesse Leipzig 2013Vom richtigen Umgang mit Journalisten und der Presse

Vom richtigen Umgang mit Journalisten und der Presse

Wolfgang Tischer beim VortragWie sollte man als Autorin oder Autor mit Medien und Journalisten umgehen? Was kann man vom Besuch eines Pressevertreters erwarten? Wie sollte man sich auf ein Interview vorbereiten? Und was ist, wenn der geplante Bericht nie erscheint?

Hören Sie einen weiteren Mitschnitt aus dem Forum autoren@leipzig der Leipziger Buchmesse 2013.

Wolfgang Tischer vom literaturcafe.de, der selbst unzählige Autoreninterviews geführt hat, gibt Tipps für Autorinnen und Autoren für den richtigen Umgang mit Journalisten und der Presse.

Gehen Sie immer besser davon aus, dass der Interviewer Ihr Buch nicht gelesen hat

Bevor man sich darüber Gedanken machen sollte, wie man sich auf einen Pressetermin vorbereitet, besteht die erste Herausforderung zunächst einmal darin, überhaupt einen zu bekommen. Das gilt nicht nur für Interviews, sondern auch für Rezensionen.

Viele Schreibanfänger sind offenbar der Meinung, keine Geringere als Elke Heidenreich sollte sich mal das Erstlingswerk ansehen. Woher wir das wissen? Nun, da literaturcafe.de-Herausgeber Wolfgang Tischer auch Elke Heidenreich mehrfach interviewte, taucht der Name literaturcafe.de im Internet hin und wieder in Verbindung mit der Literaturkritikerin auf. Daher erhalten wir immer wieder Anfragen, wir mögen doch bitte mal die Kontaktdaten von Frau Heidenreich herausrücken, man wolle ihr ein Buch schicken. Dass alle bekannten Literaturkritiker – von Marcel Reich-Ranicki über Elke Heidenreich bis hin zu Denis Scheck – regelmäßig verkünden, man möge ihnen bloß nicht unverlangt irgendwelche Bücher und Manuskripte zusenden, da diese ungelesen in den Papiermüll wandern, scheinen diese Autoren nicht zu wissen – oder es scheint sie nicht zu interessieren.

Ein gesundes Selbstbewusstsein kann als Autor zwar nicht schaden, doch oft ist eine gesunde Selbsteinschätzung hilfreicher.

Versuchen Sie es also statt bei Elke Heidenreich oder bei ZEIT und ZDF aspekte doch erst einmal bei der Redaktion der örtlichen Regionalzeitung. Oder denken Sie an das kostenlose Wochenblatt. Hier könnte vielleicht eine kleine Homestory über einen Schriftsteller aus der Region interessant sein.

Und egal, ob Website oder Verlagssuche: Auch bei der Kontaktaufnahme mit der Presse gilt, dass Sie in der Lage sein sollten, Ihre Autorenpersönlichkeit und das, was Sie schreiben, in ein oder zwei Sätzen zusammenzufassen. Die Medien lieben es knapp und auf den Punkt.

Welches ist das richtige Medium für Ihr Thema?

Denken Sie in Themen und suchen Sie sich Fachzeitschriften oder Blogs, die sich diesen Themen widmen. Das gilt nicht nur für Sachbuch-, sondern auch für Romanautoren. Ist Ihre Hauptperson ein Jäger, dann versuchen Sie es doch mal bei »Wild und Hund«. Viele Fachzeitschriften haben oftmals eine Rubrik mit Buchtipps zum Thema. Ebenso können Blogger interessant sein, wenn Ihr Buch zu deren Themen passt. Fragen Sie auch hier zuvor an. Eine Besprechung in einem Blog bringt Ihnen zudem auch wieder einen Link, der wiederum ein Baustein in der Verbesserung Ihrer Google-Platzierung sein kann.

Konzentrieren Sie sich sowohl in der Anfrage, in Pressemitteilungen und später auch im Gespräch immer auf ein Thema. Wenn Sie ein Buch über Hundeerziehung geschrieben haben, sollten Sie nicht gleichzeitig erwähnen, dass Sie auch noch ein lyrisches Bändchen über Ihre drolligen Katzenbabys verfasst haben. Themenvielfalt überfordert viele Leser, so die Meinung der Journalisten, die lieber besser nur eine Geschichte erzählen wollen.

Über Bücher sprechen, die man nicht gelesen hat

Wenn es darum geht, mit anderen über Bücher und speziell über das eigene Buch zu sprechen, dann sollten Sie auf jeden Fall ein Buch gelesen haben: Pierre Bayard: »Wie man über Bücher spricht, die man nicht gelesen hat«. Leider ist dieses Werk nur noch antiquarisch erhältlich. Jeder Autor sollte es gelesen haben.

Obwohl der Titel immer wieder für Erheiterung sorgt, weil viel glauben, es handle sich um ein »Aufschneiderbuch«, das die Handlung der Buddenbrooks und die wichtigsten Personen auf einer Seite erklärt, damit man beim Smalltalk auf der nächsten Party mitreden kann, ist das Buch des französischen Literaturwissenschaftlers und Psychoanalytikers sehr ernst zu nehmen. Denn wenn zwei Menschen ein Buch gelesen haben, werden sie sich immer unterschiedlich darüber unterhalten. Das gilt speziell dann, wenn ein Autor über sein Buch reden muss, das er vor einem Jahr geschrieben hat, aber erst jetzt erschienen ist, während es der Interviewer vielleicht nur quergelesen hat. Akzeptieren Sie daher auch die Meinung des Journalisten, und hüten Sie sich vor der Interpretation des eigenen Buches, denn selbst wenn Sie der Autor sind, ist Ihre Sicht auf das Werk nur eine von vielen.

Wolfgang Tischer auf der Bühne autoren@leipzig 2013

Scheuen Sie sich nicht, den Journalisten vor dem Interview zu fragen, ob er das Buch gelesen hat. Machen Sie ihm keinen Vorwurf, wenn er ehrlich mit »Leider nein« antwortet. Es ist nun mal die Praxis in den Redaktionen, dass man die Mitarbeiter zu Terminen schickt und diese kaum Zeit zur Vorbereitung haben. Umso wichtiger ist es – und hier schließt sich der Kreis zu einem Vortrag vom Vorjahr -, dass sich auf Ihrer Website gute, aktuelle und kompakte Infos über Sie und Ihre Bücher finden.

Beantworten Sie auch vergessene Fragen

Autoren-Profis sind darin geübt, in ihren Antworten auch die Antwort auf nicht gestellte Fragen oder das Thema des Buches einzuflechten, bevor der Interviewer vergisst, danach zu fragen (»Eines der Themen des Buches ist ja xyz, daher habe ich …«).

Machen Sie sich auf einfallslose Standardfragen gefasst und reagieren Sie nicht genervt, wenn Sie zum hundertsten Male gefragt werden, ob Sie Ihrer Hauptfigur ähnlich sind. Überlegen Sie sich interessante und witzige Antworten auf solche Standardfragen. So wird der Autor in Daniel Kehlmanns Roman »Ruhm« ständig von jedem gefragt, wie er auf die Ideen seiner Bücher komme. Und er hat sich die Standardantwort ausgedacht, dass er immer dann die besten Ideen hat, wenn er in der Badewanne liegt. Solche Geschichten liebt die Presse, und damit füllen sich ganze Klatschspalten in Magazinen und in der Panorama-Rubrik des SPIEGEL online.

Machen Sie sich auf alle Fragen gefasst und seien Sie für alles offen. Manche Journalisten wollen tatsächlich über Ihr Buch reden, andere fragen Sie nach völlig anderen oder persönlichen Dingen.

Machen Sie sich bewusst, in welcher »Rolle« Sie interviewt werden. Geht es tatsächlich um Ihr Buch? Oder werden Sie als Sachbuchautorin ganz allgemein zum Thema gefragt? Flechten Sie dann nicht in jede zweite Antwort die Floskel ein »Wie ich in meinem Buch geschrieben habe …«. Das nervt und wird vielleicht ohnehin weggeschnitten.

Drei Sätze nach zwei Stunden Interview

Überhaupt sollten Sie sich immer bewusst machen, dass ein Fernsehteam Sie einen ganzen Nachmittag vor Ihrem Bücherregal filmt oder Ihre halbe Wohnung umräumt – und hinterher verwendet man im fertigen Beitrag ganze drei Sätze aus einem zweistündigen Interview.

Was auch passieren kann, ist, dass nichts passiert. Der Lokalreporter der örtlichen Zeitung war da, Sie haben ihm einen Kaffee gemacht und Kekse gereicht, das Gespräch war nett – aber Sie hören nie wieder was von ihm. Fragen Sie durchaus mal freundlich nach. Aber machen Sie sich darauf gefasst, dass leider ein anderer Bericht wichtiger war, dass die Redaktion das Gespräch abgelehnt hat oder andere Gründe genannt werden. Beziehen Sie es nicht auf sich und halten Sie sich nicht für einen langweiligen und uninteressanten Gesprächspartner. Oft sind die Redaktionswege der Medien unergründlich. Verbuchen Sie es als Gesprächs- und Interviewtraining, und nutzen Sie den Kontakt, um sich vielleicht später wieder mal ins Gespräch zu bringen, z. B. wenn Ihr nächstes Buch auf dem Markt ist oder wenn es in Ihrem Buch um ein Thema geht, das ohnehin gerade durch die Medien wandert. Gerade Regionalzeitungen lieben es, wenn Sie zu einem Thema einen regionalen Bezug herstellen können.

Und wenn dann doch ein Bericht erschienen oder gar ein Fernseh- oder Radiobeitrag gesendet wurde, denken Sie daran: Stellen Sie ihn nicht ohne Erlaubnis auf Ihre Website oder bei YouTube ein, denn damit begehen Sie eine Urheberrechtsverletzung, und das kann teuer werden.

Weitere Infos hören Sie im Mitschnitt des Vortrag von Wolfgang Tischer vom 14. März 2013 auf der Leipziger Buchmesse im Forum autoren@leipzig.

Tipp: Abonnieren Sie den kostenlosen Podcast des literaturcafe.de z.B. für iPhone und iPad via Apple iTunes, um keinen der Mitschnitte von der Leipziger Buchmesse zu verpassen.

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4 Kommentare

  1. “Oft sind die Redaktionswege der Medien unergründlich.” Ein wahrer Satz. Ansonsten: Schlner Text, der viel Wahrheit enthält und den sich ruhige alle Gesprächspartner von uns Journalisten zu Herzen nehmen sollten, nicht nur Buchautoren. Selbst den engagiertesten von uns rutschen häufig Standardfragen heraus, und nichts ist schlimmer als ein zickiger Gesprächspartner. Abner die gibt es ja eigentlich gar nicht, oder?

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