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Textkritik: Sucht – Lyrik

Eine Textkritik von Malte Bremer

Sucht

von Christine Utermöhlen
Textart: Lyrik
Bewertung: von 5 Brillen

Wie schwer ist das reale Leben für dich zu ertragen –
und wie leicht ist es doch, diesem Leben zu entflieh’n!
Allen Realitäten einfach zu entsagen,
und zu Mitteln zu greifen, wo Gedanken nur noch Kreise zieh’n!

Wie schön muss es sein, Gedanken zu haben, ohne Kanten und Ecken
kein Elend, keine Krankheit, kein Kummer, keine Not,
nur das unbeschreibliche Gefühl, hinter Sucht sich zu verstecken,
und kein erbitterter Kampf mehr um das tägliche Brot!

Mit Alkohol, mit Tabletten, mit Drogen kannst du alles erreichen,
brauchst nicht jeden Tag das Letzte deiner Kraft zu nutzen,
kannst spielend leicht ins Reich der Träume entweichen,
und musst nicht jeden Tag irgend einen Fehler ausputzen!

Sehnst du dich nicht auch nach Mittel, die berauschen?
die dir gestatten, ins Land der Fantasie zu reisen,
die dir helfen, nur auf die Stimmen des Paradieses zu lauschen,
und nicht dazu beitragen, dich ständig nur zurechtzuweisen!

Wie teuer ist die Reise in den Garten Eden?
Welchen Preis musst du dafür wohl bezahlen?
Erschwinglich ist er zuerst für jeden,
und kostet doch Tausende von Höllenqualen!

Gibt es doch Menschen, die dich nicht nur hassen,
die immer an deiner Seite geblieben,
die dir stets helfen, schwierige Entscheidungen zu fassen,
und die dich von ganzem Herzen lieben.

Willst du wirklich diese Realität nicht spüren,
bist du wirklich so auf den  Rausch versessen?
Soll niemals mehr das Gefühl der Liebe dich rühren,
und möchtest du tief im Innern die Wunder der Erde vergessen?

So lange du noch denken kannst, bedenke vor allem dies!
Alkohol, Tabletten und Drogen sind eine Sucht,
werden deine ständigen Begleiter auf einer endlosen Flucht,
und entpuppen sich als Teufel im Paradies!

© 2000 by Christine Utermöhlen. Unerlaubte Vervielfältigung oder Weitergabe - gleich welcher Art - verboten.

Zusammenfassende Bewertung

Gut gemeinter moralischer Zeigefinger ist alles an Positivem, was ich mir dazu abringen kann.
Ansonsten ist Sucht ein grauenhaft schlecht gemachtes Gedicht, voll von gravierenden inhaltlichen und sprachlichen Fehlern; formal haben immerhin sieben Strophen einen Kreuzreim, während die letzte Strophe als »Moral von der Geschicht« einen umfassenden Reim bietet. Metrum kommt nicht vor, war wohl auch nicht beabsichtigt. Dieser Text wird keinem einzigen Nicht-Süchtler Stoff zum ernsthaften Nachdenken geben, ebenso wenig einem Süchtler, denn keiner von beiden erfährt auch nur den Hauch von etwas Neuem, dafür muss er viel Unfug ertragen. Sucht ist schlichtweg überflüssig.

Mir wird von alledem so dumm,
als ging’ mir ein Mühlrad im Kopf herum.

Goethe, Faust, V.1946f

Die Kritik im Einzelnen

Wie viele Realitäten gibt es? Reicht eine nicht? Und wohin gehört diese Aussage grammatisch? Ich nehme an, hier sollte und wie leicht ist es doch, diesem Leben zu entflieh’n fortgesetzt werden, was aber durch das Ausrufezeichen unterbunden wird. Alle Realitäten würde – wenn meine Annahme stimmt – zu einer Erläuterung von Leben, was inhaltlich dürftig ist, oder zu einem Synonym, was einfach albern ist. Rätselhaft bleibt auch, warum es entflieh’n heißt und nicht einfach entfliehen, schließlich hat dieses Gedicht keinerlei erkennbares Versmaß (sodass das zugeordnete Reimwort genau so einfach wie schön ziehen heißen dürfte). Oder bekommen apostrophierte Reime etwas Dichterisches allein kraft des Apostrophs? Was es nicht alles gibt! zurück
Entsagen bedeutet entschiedenen Verzicht auf etwas, das man bisher sehr geliebt hat. Dem war aber nicht so: das angesprochene Menschenkind du hat das Leben nicht ertragen! Entsagen passt also keinesfalls (reimt sich aber schön auf ertragen).zurück
Dieses du wird keinesfalls dem Leben entfliehen und zu Mitteln greifen, sondern es wird diesem Leben entfliehen, indem es zu Mitteln greift; hier werden inhaltliche Zusammenhänge verschleiert, werden Ursache und Folge voneinander getrennt und als gleichwertige Bestandteile addiert – das ist  grobe Schludrigkeit. zurück
Die Ortsangabe wo wird sich doch nicht etwa auf Mittel beziehen??? Es gibt aber keinen anderen möglichen Bezug!!! Mittel, in denen Gedanken nur noch Kreise ziehen – au weia… zurück
Aber nicht genug damit: nehmen wir einmal entgegen der Satzbaulogik an, es seien nicht die Mittel, die denken, sondern dass Gedanken sich im Kreise drehen, wäre die Folge von Einnahme dieser Mittel: ist die Aussage dann besser?
Iwo! Weil Gedanken sich im Kreise drehen, die Verzweifelten also keinen Ausweg mehr sehen, greifen sie zu Drogen: dann hört dieses Kreisen nämlich auf, zumindest vorübergehend. Der Satz bleibt unsinnig, wie man ihn auch dreht. zurück
Wenn Gedanken sich im Kreise drehen, haben sie notwendig weder Kanten noch Ecken, aber warum das schön sein muss bzw. wie schön das sein muss, weiß niemand, es ist ja aus genannten Gründen gerade nicht schön! Der Unsinn wird hier einfach nur fortgesetzt. Was aber folgt wohl nach dem Gedankenstrich? In der ersten Strophe war es ein Sichtwechsel von schwer zu leicht. Man darf gespannt darauf sein, was jetzt gewechselt wird! zurück
Gewechselt wird nichts, dafür unser Blickfeld geweitet: wir erfahren endlich, was reales Leben ist oder die Realitäten: Elend, Krankheit, Kummer, Not – und dieses ungleiche Quartett ist gleichbedeutend mit »Gedanken mit Ecken und Kanten«: Wer an Elend und Konsorten denkt, denkt mit Ecken und Kanten, wer ohne Not denkt, soll es lieber gleich unterlassen, denkt er doch im Kreise »Elend, Krankheit, Kummer, Not, Elend, Krankheit, Kummer, Not, Elend, Krankheit, Kummer, Not, dumda dumda dumda dumm (da capo al fine)«
Würde dieses Gedicht aus dem Sudan stammen, könnte ich ihm an dieser Stelle irgendwie noch einen gewissen Realitätsbezug abgewinnen; da es aber aus Deutschland stammt, ist es geradezu blanker Hohn! Damit mir niemand etwas unterstellt: selbstverständlich gibt es bei uns Elend, Krankheit, Kummer, Not (wobei Krankheit überhaupt nicht zu den anderen Begriffen passen will), aber es ist nicht die Realität unseres Lebens, genauso wenig wie der folgende erbitterte Kampf (.) um das tägliche Brot!
Worauf sich nur das unbeschreibliche Gefühl bezieht ist – wieder einmal – völlig unklar: ist es als Gegensatz zu dem Leidensquartett gemeint? Dann wäre das schlichtweg dumm: Drogensüchtige sind selten stolz auf ihre Sucht, sie leiden extrem darunter, nicht von der Sucht loszukommen (auch wenn sie es nicht zugeben), und der erbitterte Kampf um die tägliche Droge ist in Deutschland um einiges härter als jeder Kampf ums tägliche Brot: Brot kann man klauen, Drogen muss man kaufen, und für die Finanzierung muss man wesentlich mehr klauen als einen Laib Brot gegen den Hunger!
Sicherheitshalber und folgerichtig wird dieses Gefühl der Drogensüchtigen unbeschreiblich betitelt: was man nicht weiß, kann man nicht beschreiben – es ist eine sehr einfältige Sicht der Dinge, wenn man vor ihnen die Augen verschließt! zurück
Kein Mensch kann mit Drogen alles erreichen, niemand will mit Drogen alles erreichen: gewünscht wird Glücksgefühl, Überlegenheitsgefühl, Schmerzfreiheit, Lockerheit und was der verständlichen Wünsche mehr sind; aus diesen Zeilen schwingt spürbar empörte Eifersucht mit: ich armes Schwein muss jeden Tag um das tägliche Brot kämpfen und das Letzte meiner Kraft nutzen, muss jeden Tag einen Fehler machen und diesen wieder ausputzen, und du, du asoziale Sau, nimmst einfach Drogen!
Es wundert nicht, dass unterschieden wird zwischen Äpfeln und Obst, zwischen Alkohol, Tabletten und Drogen: im Bewusstsein vom Deutschen Michel sind nämlich Alkohol und Tabletten keine Drogen, sondern Alkohol und Tabletten, und – ach ja: Zigaretten, aber die sind ja nun eigentlich überhaupt nicht schlimm! Doch wenn eine Tablette XTC heißt oder LSD, dann ist das keine Tablette mehr, sondern eine Droge, im Gegensatz zu Valium oder Captagon, was keine Drogen sind, sondern Tabletten. Ob ein Gedicht, das auf dieser Schiene fährt, irgendetwas bewirkt außer Gelächter, ist zumindest fraglich (unter der Voraussetzung, dass jemand wirklich aufmerksam liest bzw. zuhört). zurück
Irgendwie irritiert mich das du zu Beginn dieser Strophe: ist hier ein Leser gemeint? Nicht mehr der Drogensüchtige wie zuvor? Oder ist zuvor gar nicht der Drogensüchtige gemeint gewesen, sondern ebenfalls der Leser? Ich muss das Gedicht nochmals von vorne lesen! Ich bitte um drei Augenblicke Geduld! (pro Strophe eine Auszeit): (.)(.)(.)
Tatsache: Man könnte es auch anders lesen! Ich hätte die ersten drei Strophen auch lesen können, als wolle jemand mir als Nicht-Drogen-Nehmer (nur Weintrinker, aber genau!) Drogen schmackhaft machen – einmal abgesehen von der Zeile mit dem unbeschreiblichen Gefühl, hinter Sucht sich zu verstecken, denn verstecken ist ja nichts Schmackhaftes bzw. Wünschenswertes, und Sucht schon gleich gar nicht! Das ändert allerdings nichts an dem inhaltlichen Unsinn; ich habe die Zeilen anders gelesen, und sogar die mit dem unbeschreiblichen Gefühl usw. hat in meiner Lesart ihren Platz (im Gegensatz zur anderen Lesart). Es gibt folglich keinen Grund, irgendetwas zurückzunehmen: Ich habe es – fett gedruckt – relativiert. Weiter also in Text und Strophe:
Mit Land der Fantasie ist der zuvor genannte Ort gemeint, der so angepriesen wurde: wo Gedanken nur noch Kreise zieh’n. Das ist ein eigenartiger Begriff von Fantasie oder auch »Deine Fantasie schlägt Blasen, Onkel Donald«, wie einstmals Tick, Trick und Track ihres Onkels Fantasie in die Schranken wiesen.
Den Drogen-Mitteln wird eine – wohl anderen Mitteln inneliegende – Fähigkeit abgesprochen: Drogen können nicht dazu beitragen, sich ständig nur zurechtzuweisen. Meines Wissens beherrschen Drogen nicht nur das nicht, sondern sie können zudem nicht dazu beitragen, rechts und links zu unterscheiden oder sich an den eigenen Haaren aus dem Sprachmüll zu befreien oder einen Knopf anzunähen oder oder oder: die Bandbreite dessen, wozu Drogen nicht beitragen können, geht gegen unendlich; warum also wird dieses Unvermögen der Drogen so herausgehoben? Und was soll das inhaltlich bedeuten? Ich weiß es nicht. Es ist mir letztlich auch egal: man muss ja nicht mit Gewalt alles verstehen wollen, was so geschrieben wird. zurück
Der Preis ist also erschwinglich? Nicht etwa die Ware, also die Reise? Schön, dann kaufen wir halt einen billigen Preis, wenn es denn unbedingt sein muss (es muss: Text will es so). Was nun bedeutet erschwinglich? Der Preis, der Tausende von Höllenqualen kostet, und zwar doch kostet, ist erschwinglich. Das verstehe, wer will!
Gemeint ist vermutlich, dass jemand teuer dafür bezahlen muss, wenn er für die erschwinglichen Preise blecht: entgegen der Aussage im Text muss er aber nicht mit Tausenden von Höllenqualen bezahlen, sondern jemand muss für die erschwinglichen Preise bezahlen, indem er anschließend (das soll doch hier bedeuten) Tausende von Höllenqualen erleidet. Warum unser Drogenkopf in spe lediglich lächerliche Tausende von Höllenqualen leiden soll und nicht Billiarden von diesen oder gar unendliche solche, bleibt im Drogennebel verborgen: Hauptsache, es ist mehr als 1 Höllenqual; ansonsten ist für eine Abschreckung jedes Maß richtig in der nach oben offenen Kitschskala. Nach meinem Dafürhalten genügte ein schlichtes Höllenqualen – da kann sich jeder so viele vorstellen, wie er möchte (z.B. fallen mir mehr als drei auf Anhieb nicht ein: Stefan Raab, Arabella und dieses Gedicht – wobei das Erste das weitaus Schlimmste wäre). zurück
Eiwei, hier kommt der überzeugend-geniale Trost: Es gibt Menschen, die das armselige drogenanfällige du nicht nur hassen! Will sagen: »Ey, schau mal die Menschen: Die hassen dich nicht nur, die quälen dich auch, lachen dich aus, verarschen dich sogar, mobben an dir rum, dass uns das Herz im Leibe lacht! Halte durch, halte durch, haben wir doch unsere Freude dran!« Woher kommt das? Wieso geschieht das? Da verrutscht beim Schreiben ein nicht nur, und schon steht das Gegenteil da von dem, was beabsichtigt war; ein absichtliches Verlagern des nicht nur wäre nachvollziehbar, sollte damit ein ansonsten holperndes Versmaß gewaltsam zurechtgerückt werden – aber diese Ausflucht gilt in diesem Gedicht nicht; wie auch immer: Diese nicht-nur -Verlagerung verdreht den Sinn völlig, ist in jedem Falle kontraproduktiv. Stellen wir nicht nur an den Platz, wo es hingehört: »Gibt es doch nicht nur Menschen, die dich hassen (.)« – schon wäre alles eindeutig. (Selbstverständlich müssten die folgenden drei Zeilen umformuliert werden, sonst verdreht sich deren Aussage!)
Drogenabhängige fühlen sich fürchterlich einsam, da nützen alle gegenteiligen Beteuerungen nichts: Denn in der Regel ist – für ihr eigenes Empfinden – genau dann niemand für sie da, wenn es ihnen besonders schlecht geht. Sie brauchen eine Betreuung rund um die Uhr, und die kann beinahe niemand leisten, der das nicht professionell macht. Soviel zu immer an deiner Seite geblieben: man macht sich da gern was vor! Und einer, der Drogen nimmt oder in einer entsprechenden Verfassung ist, merkt zwar die gute Absicht, erkennt sie aber gleichzeitig als Ausdruck der Hilflosigkeit von demjenigen, der Entsprechendes äußert (ich stelle das fest aus eigener Erfahrung im Umgang mit Drogenabhängigen; es ist kein Anlass für Resignation, sondern für mehr Ehrlichkeit: man muss Drogenabhängige nicht mit leeren Versprechungen beruhigen wollen).
Zurück zur Strophe: Entscheidungen werden nicht gefasst, auch nicht um des Reimes willen, das unterscheidet sie nämlich von Entschlüssen: Die werden gefasst. Entscheidungen aber werden getroffen oder vertagt oder hinausgeschoben oder abgewogen oder… aber niemals gefasst. zurück
Was ist aus den Realitäten geworden? Ist nur noch eine übrig geblieben? Daschauher! Ist aber doch wohl eher versehentlich geschehen, denn die erste Strophe mit den vielen Realitäten ist nicht überarbeitet worden.
Wieso soll ihn das Gefühl der Liebe nicht mehr rühren: ihm wurde doch gerade erst versichert, dass da Menschen um ihn sind, die ihn von Herzen lieben? Wird hier eine Drohung ausgesprochen: wenn du Drogen nimmst, lieben wir dich nicht mehr (das wäre dann diese berüchtigte Liebe, die nach Belieben ein- und ausgeschaltet werden kann)? Was ein Schmarren!
Jetzt schlägt der Kitsch unvermittelt geharnischt zu: Willst du Drogen nehmen, das heißt tief im Innern die Wunder der Erde vergessen? Stellen wir uns die Auswirkungen dieser Frage einmal in literarischer Form vor (bedauerlicherweise aber nur in Prosa):
Kaum vernimmt er diese Frage, geht ein Aufschrei durch den angehenden Drogensüchtigen: »Nein!« – so schreien die Wunder der Erde tief im Innern – »Nein, vergiss uns nicht, sonst sind wir ganz allein, vergessen von aller Welt!« Eine Träne rinnt dem angehenden Drogensüchtigen aus dem Augenwinkel über die Backe, und ein heftiges Schluchzen lässt seinen zarten Körper erbeben: »Niemals!« entringt sich seinen zitternden Lippen: »Niemals nie werde ich euch vergessen, oh ihr wunderbaren Wunder in meinem tiefsten Innern!« Und durch diese unglaubliche seelische Erschütterung stürzt es ihm wie Schuppen von den Haaren, und er sieht sie wieder, die Welt mit allen ihren Realitäten, und glücklich stammelnd sinkt er anbetend auf die Knie:»Die Träne quillt, die Erde hat mich wieder!«
Und zack! schon ist ein angehender Drogensüchtiger weg vom Dealer, der das Nachsehen hat und aus lauter Frust einer ehrlichen Tätigkeit nachzugehen beginnt. Wie schön, dass wir in einer solch einfach gestrickten Welt leben dürfen. Ich würde diesen Satz als neue Therapie vermarkten, vielleicht als Realitäten-Therapie oder Tränen-Therapie (tolle Alliteration) – darf ich leider nicht: ‘s ist nicht meiner… zurück
Alkohol, Tabletten und Drogen (hatten wir schon, brauche nichts mehr hinzuzufügen) verursachen also nicht etwa Sucht: sie sind eine Sucht! Zu dieser Erleuchtung komme man – so das Gedicht -, wenn man noch denken kann! Na, da freu ich mich aber: sollte man nicht mehr denken können, kann das Ergebnis einer geistigen Anstrengung auch nicht danebener sein als die obige Erkenntnis; Folgerung: warum sollte jemand eigentlich noch denken, wenn so etwas als Ergebnis gewünscht wird?
Angenommen, die Flucht ist tatsächlich endlos: was scheren mich dann irgendwelche Teufel in irgendeinem Paradies? Ich komme doch eh nie zur Ruhe, bin dauernd unterwegs! Und wenn meine ständigen Begleiter sich als Teufel im Paradies entpuppen (mehrere Teufel? Also ein ganzes Rudel von Schlangen? – Hoppla: Sagt man eigentlich Rudel bei mehreren Schlangen? Oder ist das eher ein Pulk oder ein Bündel, gar eine Herde? Muss ich mal im Brehm nachschauen …), dann bin ich sie spätestens nach der Entpuppung los: Die ehemaligen Drogen vergnügen sich als Teufel im Paradies, und ich befinde mich weiterhin, jetzt aber drogenfrei, auf einer endlosen Flucht. Ist gut für die Kondition, macht fit, hält beweglich. Quintessenz: Nimm Drogen!
Danke mal, ich verzichte dennoch (bis auf den Wein, aber das ist ja eh keine Droge, das ist schlechterdings nicht einmal Alkohol, das ist bloß Wein)! Dass diese Quintessenz-Strophe ein eigenes Reimschema bekommen hat, ist angesichts des wahren Gehalts dieser Strophe nur zu unterstützen!
P.S.: Brehm’s Thierleben gibt leider keine Auskunft darüber, wie man eine Formation von mehreren Schlangen nennt: Er kennt nur Schlangen bzw. viele Schlangen, manchmal auch einige. Vielleicht kann mir ein Schlangenkenner helfen; bis dahin werde ich mich an den Brehm halten. zurück

© 2000 by Malte Bremer. Unerlaubte Vervielfältigung oder Weitergabe – gleich welcher Art – verboten.