In seiner Verbrauchersendung »Marktcheck« berichtete der SWR am 20.11.2014 ĂĽber Zuschussverlage. Gezeigt wird eine Hobby-Autorin, die sich reichlich naiv von einem solchen Pseudoverlag hat blenden lassen. Ihr Erspartes – ĂĽber 8.000 Euro – zahlte sie als »Zuschuss« an das Unternehmen.
Trotz Aufklärungsarbeit und Self-Publishing-Alternativen, fallen immer wieder naive Autoren auf die Blendgranaten der Zuschussverlage herein.
Die Geschichte ist nicht neu. Bereits vor über 15 Jahren berichteten wir im literaturcafe.de von ähnlichen Fällen. Doch obwohl einige Leser bereits die Augen verdrehen, zeigt sich, dass solche Berichte leider immer noch bitter nötig sind.
Die Kulisse der Lektorenkonferenz
Der SWR stellt in seinem Beitrag den nahezu klassischen Fall vor: Eine Mutter schreibt Geschichten für ihre Kinder auf und träumt davon, dass daraus zusammen mit den Zeichnungen ihres Sohnes ein Kinderbuch entsteht. Allerdings hat sie keinerlei Ahnung vom Buchmarkt, und von echten Verlagen erhält sie nur frustrierende Absagen.
Doch dann entdeckt sie einen »Verlag«, der Autoren sucht. Und der antwortet ihr mit der üblichen beeindruckenden Kulisse: Er zeigt sich vom Manuskript der Autorin begeistert und aufgrund eines »positiven internen Verlagsgutachtens« habe sich die »Lektoratskonferenz« für die Veröffentlichung entschieden.
Kenner der Zuschussverlage langen sich bei diesen Worten an den Kopf, doch naive Autoren sehen förmlich eine Gruppe weiser Lektoren um einen Eichentisch sitzen, die sich aus dem Manuskript gegenseitig begeistert vorlesen. Das Geschäft mit der Hoffnung ist manchmal so plump und einfach – aber es funktioniert. »Ich habe vor Freude geweint, gejubelt und gelacht«, erzählt die Autorin im Film
8.437,10 Euro hat die Autorin als »Zuschuss« für das Buchprojekt bezahlt.
Der SWR-Bericht geht weiter wie üblich: Der Vertreter eines Autorenverbandes weist darauf hin, dass Autoren niemals an einen Verlag zahlen, sondern dass sie im Gegenteil ein Honorar erhalten sollten. Der Verlag allein müsse das wirtschaftliche Risiko tragen, denn nur so sei sichergestellt, dass verlegt wird, was sich auch tatsächlich verkauft.
In einer renommierten Buchhandlung findet das Filmteam keine Bücher des Verlages und der Buchhändler sagt, dass da auch keine Nachfrage bestehe.
Honorar erst nach 1.000 verkauften Exemplaren
Von der mittlerweile legendären Ricco-Beutlich-Aktion der 42er-Autorengruppe wird erzählt, bei der auch der im Bericht erwähnte Verlag ohne Zögern einen Nonsenstext drucken wollte, der zum Teil aus anderen Texten zusammenkopiert war. Schon damals verwendete der Verlag den Textbaustein vom »positiven internen Lektoratsgutachten«. Und der Verlag wollte auch damals Geld: Je nach Variante 15.910 bis 30.260 Euro.
Zudem kritisiert der Schriftstellerverband im SWR-Bericht auch Vertragsdetails: So erhalte die Autorin erst ab dem 1001. verkauften Buch ein Honorar. Neben dem Zuschuss von über 8.000 Euro erhält also allein der Verlag die Einnahmen der ersten 1.000 verkauften Exemplare. Theoretisch. Denn es dürfte schwer werden, von einem solchen Buch auch nur eine dreistellige Zahl an Exemplaren abzusetzen.
Da – so berichtet der SWR weiter – die Autorin zudem noch viele Rechtschreibfehler im vom Verlag lektorierten Text gefunden habe, war dies alles fĂĽr sie ein Anlass, den Vertrag zu kĂĽndigen. Doch ihr Geld habe sie leider nicht wiedergesehen.
Angst vor tendenziöser Berichterstattung
Und auch der letzte Teil des Berichts ist fast schon abzusehen: Kein Verlagssprecher will sich vor der Kamera zu den Vorwürfen äußern.
Der SWR zitiert aus einer schriftlichen Stellungsnahme des Unternehmens, in der man von vorn herein erwarte, dass »tendenziös berichtet« werde, um einen bestimmten Eindruck zu erwecken.
Der Filmbeitrag endet mit einer sehr frustrierten Autorin, die viel Geld losgeworden ist und bei solchen »Verlagen« garantiert kein Buch mehr veröffentlichen will.
Natürlich kann man der Autorin ihre Naivität vorwerfen. Etwas Googeln hätte ihr wahrscheinlich gleich gezeigt, dass man misstrauisch werden sollte, wenn ein Verlag dem Autor Honig ums Maul schmiert und dafür viel Geld sehen will.
Doch wenn man Menschen Hoffnung macht, dann setzt oftmals die Vorsicht aus.
Daher ist es weiterhin wichtig, dass solche Beiträge gesendet werden. Es ist der Autorin hoch anzurechnen, dass sie durch ihren Auftritt im Filmbeitrag hoffentlich andere Autoren davor bewahrt, für Buchversprechungen viel Geld zu versenken.
Link ins Web:
- Filmbeitrag des SWR: »Pseudoverlage: Geschäfte mit Hobbyautoren«
Man sollte wirklich meinen, daß so etwas nicht mehr nötig ist, ist die nächste Druckerei die billig ist und gut arbeitet, meist sehr nah und das Amazon-Selbpublishing etc gibt es ja auch
Ja, über die Naivität mancher Autoren kann man sich in der Tat wundern. Vor allem angesichts der Verträge, die solche Verlage anbieten. Windschnittige Formulierungen für Dienstleistungen, deren Durchführung der Autor kaum überprüfen kann, schlampig durchgeführtes (wenn überhaupt) Korrektorat/Lektorat und Honorare und Abrechnungsmodalitäten, bei denen einem die Haare zu Berge stehen.
Ich biete auch Verlagsdienstleistungen an – fĂĽr eben solche Autoren, die ihr Manuskript gern als Buch veröffentlichen möchten, bei herkömmlichen Verlagen aber nicht unterkommen. Was durchaus nicht bedeuten muss, dass sich ihr Buch nicht verkaufen lässt. Sie mĂĽssen sich um Marketing und PR halt selbst kĂĽmmern. Aber das mĂĽssen relativ unbekannte Autoren auch bei “normalen” Verlagen machen.
Meine Autoren bekommen eine seriöse, engagierte und professionelle Dienstleistung von mir, deren Schritte jederzeit nachvollziehbar sind. Es gibt bei mir auch kein Vorschusshonorar. Ich rechne erst nach getaner Arbeit ab. Ich biete ein kostenloses Probelektorat an, damit die Autoren sehen, wie ich lektoriere und dann entscheiden, ob sie damit einverstanden sind. Ich verdiene keinen Cent an Vermittlung von Druckaufträgen, und meine Autoren nehmen beim Verkauf ihrer BĂĽcher 100 % ein – das ist bei den “ĂĽblichen Verdächtigen” völlig anders (wie in obigem Artikel beschrieben).
Die Abrechnungsmodalitäten mancher Zuschussverlage sind wirklich abenteuerlich, und ich habe auf meinem Blog mehrere ausführliche Beiträge darüber geschrieben, mit anschaulichen Rechenbeispielen. http://www.editionblaes.de/informationen-ueber-zuschussverlage/
Nicht jeder kleine Verlag, der Honorar fĂĽr seine Leistungen nimmt, ist ein Abzocker! Die (Dienst)Leistungen mĂĽssen nur ĂĽberschaubar, nachvollziehbar und gerechtfertig sein.
Es tut sich viel in der Literatur- und Verlagsszene, vor allem im Selfpublisher-Bereich. Aber gerade hier wird von vielen Autoren auf Korrektorat und Lektorat verzichtet – was ein Fehler ist. Ein guter Plot macht noch lange kein gutes Buch – wenn es von Rechtschreib- und Grammatikfehlern und Ausdrucksschwächen nur so wimmelt.
Ich habe als Lektorin schon mehrere Kundinnen vor solchen Verlagen gewarnt. Und doch ist es jedesmal dasselbe: Sie ließen sich nicht davon abbringen, denn schließlich hatte die Lektorenkonferenz das Buch gut gefunden, und die können nicht irren. Da kann man soviel darüber berichten, wie man will, die Eitelkeit, seinen Namen gedruckt zu sehen ist höher als alle Vernunft.
Wie wahr das alles ist, musste ich leider auch selbst (fast) erleben.
FĂĽr mein Buch-Manuskript sollte ich zwar “nur” 4.200,- € als Vorauszahlung an einen groĂźen deutschen Verlag ĂĽberweisen, aber ich habe mich rechtzeitig dagegen entschieden.
Meine nachweislich fehlerfreie pdf-Datei wurde dann allerdings in der Druckerei mit Fehlern “ausgestattet”.
Trotzdem konnte ich auf unkonventionellen Wegen bis auf wenige Restexemplare die gedruckten 300 BĂĽcher verkaufen.
Eine zweite Auflage tue ich mir wegen dieser Erfahrungen nicht mehr an.
Veröffentlichen werde ich nur noch E-Books.
@Hubert S.: Mal neugierig gefragt: Wer war denn der “groĂźe deutsche Verlag”?