StartseiteBuchkritiken und TippsES-Neuverfilmung auf DVD: Pennywise der Schachtelteufel - Hoppala, da ist er wieder!

ES-Neuverfilmung auf DVD: Pennywise der Schachtelteufel – Hoppala, da ist er wieder!

Bill Skarsgård als Horror-Clown Pennywise (Foto: New Line Cinema)
Bill Skarsgård als Horror-Clown Pennywise (Foto: New Line Cinema)

Es gibt diese billigen Horrorfilme, in denen Menschen grundsätzlich nicht das Licht anmachen, wenn sie in den Keller gehen. Oder in denen die einzigen Schockeffekt aus plötzlichen Schnitten auf gruselige Bilder bestehen, die immer von einem lauten Geräusch begleitet werden, damit selbst schwerhörige Zuschauer zusammenzucken.

Auf solche billige Schockeffekte setzt leider die Neuverfilmung von Stephen Kings »ES«, die nun auf Blu-ray und DVD erschienen ist. Lassen Sie ES besser im Laden stehen.

Dabei hatte ich mich auf diesen Film gefreut. Als er im Kino anlief, konnte ich ihn nicht sehen, da ich nicht in Deutschland war. Jetzt also endlich habe ich mir die Blu-ray für einen Heimkinoabend auf Großleinwand erworben. Die Vorfreude ist groß. Schließlich hat der Film überaus gute Kritiken bekommen und war auch kommerziell ein voller Erfolg. Chips und Cola stehen bereit. Endlich die Neuverfilmung von »ES« ansehen, nachdem ich erst neulich den Roman nochmals gehört und die erste Verfilmung aus den 1990er-Jahren gesehen habe.

Nach 20 Minuten war ich vor Langeweile eingeschlafen.

Ein zweiter Versuch, einige Tage später. Nochmal von vorn. Schon bei der berühmten Gulli-Szene ärgere ich mich, dass das Papierboot so offensichtlich digital in den Film montiert wurde. Kann man das nicht liebevoller machen? Nein, geärgert habe ich mich schon vorher: Warum muss der kleine Georgie im Dunkeln in den Keller steigen? Und natürlich weiß ich, dass die beiden Augen im Dunkeln, die der Junge dort unten erblickt, natürlich noch nicht die Augen von Pennywise sein werden, denn der Film läuft ja noch keine 5 Minuten. Kann ein Horrorfilm berechenbarer sein? Erster Schreckmoment davor, als im Keller das Funkgerät knackt. Wie billig!

Bei der Gulli-Szene, in der Pennywise das erste Mal aus dem Ablauf blickt, wechsle ich den Tonkanal, weil mir seine Stimme in der deutschen Synchronfassung so lieblos gesprochen scheint. Doch muss ich feststellen, dass die Stimme in der Originalfassung genauso klingt.

Es gibt im Bonusmaterial der Blu-ray eine schöne alternative Gulli-Szene, die das Filmteam offenbar aus Jux aufgenommen hat. Darin fragt der Clown Pennywise den kleinen Georgie ebenfalls, ob er den nicht sein Papierboot zurückhaben möchte. Der nimmt es einfach, sagt »Danke, bis später!« und geht wieder heim, und Pennywise steht bedröppelt im Gulli und sagt »Scheiße«. So hätte der Film als Parodie seiner selbst enden können.

Stattdessen dauert die Neuverfilmung zweieinviertel Stunden. Und das ist erst der erste Teil. Ein zweiter, der mit Sicherheit nochmals so lange dauern wird, soll 2019 in die Kinos kommen.

Der großartige erzählerische Wurf des Buches besteht darin, dass Stephen King zwei Zeitebenen ineinander verwebt: die der Erwachsenen, die 27 Jahre später in den Ort ihrer Kindheit zurückkehren, und eben jene frühere der Kindertage, in der die sechs Jungs und ein Mädchen geglaubt hatten, das Böse in Form von Pennywise bereits besiegt zu haben.

Die Neuverfilmung geht auch hier den einfachen Weg und macht daraus einfach zwei Filme. Der erste behandelt die Kinder, der zweite dann die Erwachsenen.

So verfolgt also das Böse in Form des Clowns Pennywise die Kindergruppe. Und er macht das wahlweise wie eine Pappfigur in einer Geisterbahn oder ein Schachtelteufel. Huch, da springt er ja den Kindern schon wieder ins Gesicht. Huch, und da schon wieder. Und, hoppala, da ist er wieder!

Ein guter Horrorfilm hat so etwas nicht nötig. Also nicht nur. Es sei denn, es ist einer dieser Dead-Teenager-Filme, die bewusst mit diesen billigen Tricks spielen, weil man den Trash-Charakter von diesen Filmen erwartet.

Von »ES« erwartet man aber mehr. Und eigentlich hätten die Ausstattung und vor allen Dingen auch die Darsteller der Kinder dies hergegeben. Die Charaktere, die die typischen Außenseiter abbilden, sind durchaus liebevoll gezeichnet. Das lässt sich besonders am übergewichtigen Ben erkennen, der in diesem Film nicht der ständig fressende Dumme ist. Die Kamera, das Szenenbild, die Ausstattung, all das ist liebevoll gemacht. Aber was Horror und Grusel angeht, setzt der Film auf unpassende Billigschreckeffekte, statt die Angst im Kopf des Zuschauers entstehen zu lassen, und nicht dadurch, dass man fürchten muss, dass gleich wieder ein schneller Schnitt kommen und ein lautes Geräusch aus den hinteren Surroundlautsprechern ertönen wird, um das Publikum zusammenschrecken zu lassen.

So sehr die Figuren der Kinder vom Klischee abweichen, so sehr stecken die Erwachsenenfiguren darin fest. Die dicke, hässliche, umsorgende Mutter im knallengen rosa Trainingsanzug, der verhärmte Vater als Prototyp des Gewaltmenschen etc. etc. Die großen Menschen wirken in diesem Film nur wie Pappaufsteller. Im Grunde genommen, kommen sie gar nicht vor.

Die Erstverfilmung aus den Jahre 1990 war ein zweiteiliger Fernsehfilm. Heute wirkt er etwas angestaubt, und anders als heute merkte man den Serien damals das Billigbudget deutlich an – speziell beim unterirdischen letzten Kampf mit Pennywise. Und dennoch hat diese Verfilmung durchaus ihren Charme.

Ich habe mich gefragt und darauf gefreut, wie dieser Kampf mit den heutigen visuellen Möglichkeiten umgesetzt ist. Im Roman hat dieser Teil eine geradezu religiös-mythologische Komponente. Doch auch davon ist in der Neuverfilmung gar nichts geblieben oder nichts daraus geworden. (»Ich brauche mal einen Baseballschläger, um dem Clown final eins überzubraten. Oh, praktisch, zufälligerweise liegt hier einer neben mir.«)

Und auch die Barrens, jene ebenfalls mysteriöse Moor- und Flusslandschaft, die zum Treffpunkt und Zufluchtsort der Kinder wird, spielt in der Neuverfilmung keine große Rolle, was sehr bedauerlich ist. Auch das war in der ersten Filmversion noch anders. Stattdessen wird ein »Brunnenhaus« eingeführt, das so absehbar alt, verfallen und klischeeartig in der Gegend herumsteht wie das Geisterhaus im Disneyland. Der Film schafft es einfach nicht, die Emotionalität entstehen zu lassen, wie sie beispielsweise die Verfilmung von »The Green Mile« besitzt.

Neben der üblichen Werbedoku, in der Schauspieler und Filmteam erzählen, wie großartig und einmalig es war, an diesem Film zu arbeiten, gibt es im Bonusmaterial auch ein Interview mit Stephen King zu sehen. Erstaunlicherweise erzählt er darin nichts zum Film, sondern über das Buch und seine Entstehung, was zwar nichts wirklich Neues bringt, aber dennoch für King-Fans interessant sein dürfte. Artig lobt er die Neuverfilmung eher nebenbei.

So bleibt alles auf dieser Blu-ray und DVD erwartbar.

Wolfgang Tischer

ES [DVD]. DVD. 2018. Warner Bros (Universal Pictures). ISBN/EAN: 5051890311214. 7,99 €  » Bestellen bei amazon.de Anzeige

ES [Blu-ray]. Blu-ray. 2021. Warner Bros (Universal Pictures). ISBN/EAN: 5051890311191. 6,97 €  » Bestellen bei amazon.de Anzeige

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3 Kommentare

  1. Ich bin ein Riesen Fan des Originals und habe ihn erstmal gesehen als ich ca. 12 war. Natürlich mit voller Hose. Gleichzeitig hat das mein Interesse an Stephen King und seinen Verfilmungen geweckt. Die Filme sind ja nahezu alle an der Grenze zu Trash aber ich habe letztlich auch alle – ja wirklich alle – Bücher gelesen die der Herr bis etwa 2003 verfasst hat. Auf die Neuauflage habe ich mich auch sehr gefreut und ich kann die Bewertung oben nachvollziehen. Ein billiger Abklatsch unter Verwendung digitaler Hilfsmittel. Sehr schade 4/10 Pkt.

  2. Ich fand den Film sehr gut gemacht und er hat mich ausgesprochen gut unterhalten. Ich bin seit nunmehr 30Jahren Leser von Stephen Kings Büchern, bin aber trotzdem ohne meine rosarote SK-Brille ins Kino gegangen. Das ist dann vielleicht auch der Grund, warum ich dem Film durchaus etwas positives abgewinnen konnte.
    Allerdings wirkt der Film vielleicht auch nur auf einer großen Leinwand.

    Viele Grüße,
    Michael

  3. Die Bewertung von 7,5 auf IMDb (251.624 Kinobesucher stimmten ab) zeigt, dass der Film den Geschmack des Publikums insgesamt ganz gut trifft. Es wäre allerdings zu viel verlangt, wenn er wirklich jedem gefällt.

    Ich fand ihn auch sehr unterhaltsam und freue mich auf den zweiten Teil.

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