Anzeige
StartseiteBuchkritiken und Tipps»Papillon« im Kino: Bestseller von Henri Charrière neu verfilmt

»Papillon« im Kino: Bestseller von Henri Charrière neu verfilmt

Charlie Hunnam (Papillon) und Rami Malek (Louis Dega) gemeinsam mit Regisseur Michael Noer am Set von »Papillon« (Constantin Film Verleih GmbH/Jose Haro)
Charlie Hunnam (Papillon) und Rami Malek (Louis Dega) gemeinsam mit Regisseur Michael Noer am Set von »Papillon« (Constantin Film Verleih GmbH/Jose Haro)

Der Roman »Papillon« von Henri Charrière ist ein moderner Klassiker, der selbst nach 50 Jahren auch auf Deutsch immer noch als Taschenbuch lieferbar ist. Legendär ist zudem die Verfilmung mit Steve McQueen und Dustin Hoffmann.

In den Kinos ist jetzt eine Neuverfilmung zu sehen. Kann das gutgehen?

Wie wahr ist die wahre Geschichte?

Der französische Roman »Papillon« (Schmetterling) erschien 1969. Alles darin sei wahr und autobiografisch, behauptete sein Autor Henri Charrière. Der Autor beschreibt darin seinen Gefängnisaufenthalt in einer Strafkolonie in Französisch-Guyana in den 1930er- und 40er-Jahren in Südamerika . Nach mehreren Fluchtversuchen, die mit jahrelanger Isolations- und Dunkelhaft bestraft wurden, konnte Charrière schließlich doch entkommen. Der Tresorknacker Charrière beteuerte stets seine Unschuld und wurde schließlich 1970 per Ministerdekret vom Vorwurf des Mordes freigesprochen, der ihn seinerzeit ins Gefängnis brachte.

Bereits kurz nach Erscheinen des Romans wurden Zweifel daran laut, ob Charrière wirklich alles so erlebt hat. Auch ob Charrière an dem Mord beteiligt war, für den er verurteilt wurde, oder ob er den Mörder deckte, wurde nie wirklich geklärt. Henri Charrière, Jahrgang 1906, starb im Jahre 1973.

Henri Charrière hatte nie die Idee, sein abenteuerliches Leben niederzuschreiben, doch als er in einer Buchhandlung die Werbung sah, dass der autobiografische Roman »Der Astragal« von Albertine Sarrazin über 123. Tausend Mal verkauft wurde, beschloss er, es ihr gleich zu tun. Und es gelang ihm. Charrière schrieb über sein Leben die Bestseller »Pappillon« und »Banco«. »Papillon« oder kurz »Papi« war Charrières Verbrecher-Spitzname aufgrund einer Schmetterlingstätowierung auf seiner Brust.

Henri Charrière: Papillon - Eine Buchclub-Ausgabe aus dem Jahre 1970
Henri Charrière: Papillon – Eine Buchclub-Ausgabe aus dem Jahre 1970 mit Steve McQueen auf dem Cover

Das Buch »Papillon« ist ein moderner Klassiker geworden. Auch heute noch ist es im S. Fischer Verlag als deutsche Taschenbuchausgabe lieferbar, und in vielen Wohnzimmern finden sich auch heute noch ältere Buchclub-Ausgaben.

Verfilmt mit Steve McQueen und Dustin Hoffman

Bekannt wurde die Geschichte auch durch die Verfilmung aus dem Jahre 1973 mit Steve McQueen als Papillon. Hier wurde nur die Haftzeit dargestellt. Der Film beginnt mit dem Abmarsch der Gefangenen zum Hafen und endet mit Papillons Flucht von der sogenannten Teufelsinsel. An der Seite von McQueen spielt Dustin Hoffman den Louis Dega, der wegen gefälschter Kriegsanleihen in der Strafkolonie gelandet ist. Zwischen den beiden entwickelt sich eine distanzierte Freundschaft.

Am 26. Juli 2018 kommt nun eine Neuverfilmung ins Kino. Regisseur Michael Noer hat überwiegend in Serbien gedreht. In den Hauptrollen sind Charlie Hunnam (»Pacific Rim«, »Sons of Anarchy«) als Papillon und Rami Malek (»Mr. Robot«) als Dega zu sehen. Erstaunlich, dass Charlie Hunnam in einigen Einstellungen schon optisch Steve McQueen sehr ähnlich ist.

Aber warum eine Neuverfilmung?

Filmplakat: Papillon (2018) im Verleih der Constantin Film
Filmplakat: Papillon (2018) im Verleih der Constantin Film

Aber warum eine Neuverfilmung, wo doch die alte als legendär gilt? Interessanterweise bezieht sich Drehbuchautor Aaron Guzikowski nicht nur auf Charrières Buchvorlage, sondern auch auf das Drehbuch der ersten Verfilmung.

Tatsächlich ist die Story der Neuverfilmung mit der alten nahezu identisch. Der einzig größere Unterschied besteht in einer den Gefangenenszenen vorangestellten Szenenfolge im Paris der 1930er-Jahre. Während sowohl Buch als auch alte Verfilmung die Frage offenlassen, ob Papillon unschuldig ist, zeigt der neue Film, dass Papillon mit dem Mord nichts zu tun hat und stellt die Unschuld nicht infrage. Das macht die Fallhöhe definitiv radikaler.

Viel verklärt sich über die Jahre. Das gilt nicht nur fürs Aufschreiben des eigenen Lebens, sondern auch für die Wirkung von Filmen. Es ist stellenweise ernüchternd, sich die Verfilmung des Jahres 1973 nochmals anzusehen. Nach wie vor besitzt sie Größe, die auch heute nicht in sich zusammensinkt. Doch merkt man dem Film das Alter an. Einige Szenen, beispielsweise die, wie Papillon einige Zeit bei Eingeborenen lebt, gehen heute gar nicht mehr! Vieles wirkt nahezu zahm. So kommt die »Teufelsinsel«, wohin die hoffnungslosen Fälle gebracht werden, im Grunde genommen daher wie ein Ferienlager für mental leicht Verwirrte . Ebenso stellt man beim Wiedersehen der 73er-Verfilmung fest, dass insbesondere Dustin Hoffmans schauspielerische Leistung gar nicht so beeindruckend ist.

Rami Malek besser als Dustin Hoffman

Die Neuverfilmung von 2018 bringt die Story von Papillon tatsächlich in die heutige Zeit, ohne Action und Erzählgeschwindigkeit zu überdrehen. Die Darstellung von Gewalt muss härter sein (der Film hat dennoch eine FSK12-Freigabe), und die Teufelsinsel ist hier alles andere als ein gemütlicher Ort. Unnötige Längen wurden weggelassen, die Neuverfilmung ist auch daher rund 20 Minuten kürzer.

Rami Malek füllt die Figur Degas charakterlich und in ihren Facetten variantenreicher, als es Dustin Hoffman seinerzeit getan tat: Während Hoffman den Degas als eher simple Figur anlegte, wirkt sie bei Malek intelligenter, überheblicher und dennoch voller Angst.

Der deutsche Kameramann Hagen Bogdanski geht näher ran an die Figuren, ohne dass sich Bild und Schnitt überschlagen.

Auch in der Neuverfilmung bleibt die Freundschaft zwischen den beiden Inhaftierten kühl-distanziert.

»Papillon« ist daher die gelungene Übertragung des Films aus den 1970er-Jahren ins Jahr 2018, Kinounterhaltung im besten Sinne, die zeigt, wie zeitlos die Fluchtgeschichte von Hernri Charrière auch heute noch ist. Im Übrigen auch als Buch: Da der Film nur einen kleinen Teil der Textvorlage erzählt, ist »Papillon« fast 50 Jahre später immer noch beste spannende Leseunterhaltung.

Wolfgang Tischer

Der Film:
Papillon. Nach dem Roman von Henri Charrière. Dauer 133 Minuten. Mit Charlie Hunnam, Rami Malek, Yorick Van Wageningen, Roland Møller, Tommy Flanagan und Eve Hewson. Drehbuch: Aaron Guzikowski. Regie: Michael Noer. Im Verleih der Constantin Film. Kinostart: 26. Juli 2018

Das Buch:
Henri Charrière: Papillon: Roman. Taschenbuch. 1987. FISCHER Taschenbuch. ISBN/EAN: 9783596212453. 13,00 €  » Bestellen bei amazon.de Anzeige oder im Buchhandel

Weitere Beiträge zum Thema

1 Kommentar

Schreiben Sie einen Kommentar

Bitte geben Sie Ihren Kommentar ein.
Bitte geben Sie Ihren Namen ein