Satzfischer - Das literarische Kreativprojekt des Literatur-Cafés in Zusammenarbeit mit dem S. Fischer Verlag

Antje Löwenberg hat alle 10 Satzfischer-Sätze zu einer Geschichte gemacht, die wir Ihnen natürlich nicht vorenthalten wollen:

10 Sätze
von Antje Löwenberg, 22113 Oststeinbek

Was für eine anstrengende Arbeit war es gewesen. Diese ganzen Geschichten. Nun saß er locker mit ausgestreckten Beinen auf seinem Computerstuhl. Ja, er lag fast auf diesem Stuhl und träumte.
     Ein Kuss, vor vielen Wochen, aber sein Geschmack durchführ ihn immer noch, wenn er nichts zu tun hatte als dazuliegen und sich zu erinnern. Gleich würde er sie treffen. Plötzlich setzte er sich wieder aufrecht
     »Ich hätte nicht gedacht, dass ich dich einmal wieder sehen würde«, atmete er auf.
     Auf dem Bildschirm stand in großen Lettern: Alles war in furchtbarster Aufregung und voll gefährlicher Vermutungen, als ein Herr die Nachricht brachte, er habe das Kind gegen drei Uhr am Bahnschalter gesehen.
     Er hatte einen falschen Knopf gedrückt und plötzlich fand er diesen alten Artikel wieder. Jetzt aber war es Zeit zu gehen und er hatte es eilig. Er nahm die vielen ausgedruckten Zettel und winkte im gehen damit zu seinem Chef hinüber:
     »Kann ich es mit auf das Zimmer nehmen?«
     Der zuckte nur mit den Achseln, rief ihm aber noch hinterher: »Willst du denn nicht deinen Computer ausschalten?« Doch die Frage blieb ungehört.
     Er war schon im Flur und überreichte einer Frau nach kurzem Gruß die Ausdrucke. Die Frau tat sie schnell in einen großen Umschlag, verschloss ihn, schrieb die Adresse drauf, und bevor sie es sich anders überlegen konnte, ging sie hinunter an die Ecke und steckte ihn in den Briefkasten.
     Er war ihr dicht gefolgt.
     Plötzlich drehte sie sich zu ihm um und flüsterte nahe an seinem Ohr: »Neben dem Tor kann ich, wenn ich die Augen anstrenge, den dunklen Umriss eines Menschen erkennen, der dort an die Wand gelehnt sitzt oder sich schlafend zusammengerollt hat.«
     Er drehte sich hastig zu diesem Tor um. Ja, da war ein Mann, na und? War sie verrückt oder so was?
     Schnell ging die Frau weiter bis sie ein Auto erreichte.
     Sie schloss die Autotür auf und warf die Schlüssel auf den Sitz und verriegelte die Tür von innen und schlug sie zu.
     Bevor sie losfuhr kurbelte sie noch einmal das Fenster herunter:
     »Wollen Sie sich nicht etwas stärken vor dieser schweren Arbeit?«, rief sie ihm zu.
     Gierig starrte er auf ihren Mund, denn es war ihm in diesem Höllenjahr unwahrscheinlich geworden, dass ein Mensch gütig zu einem andern sprechen könnte.
     Er nickte und sie entriegelte die Beifahrertür, sodass er einsteigen konnte.
     Sie fuhren los und beide hofften inständig, dass die Geschichten aus dem Satzfischer-Projekt einen wohlwollenden Verleger finden würden.

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