Es begann damit, dass ich ein Interview mit der Autorin Laura Kneidl im Podcast des literaturcafe.de gehört habe. Die Autorin sprach mit Wolfgang Tischer auf der Leipziger Buchmesse über »New Adult«. Ein Genre, das mir bis dato nichts sagte. Das hat sich radikal geändert, obwohl ich eigentlich zu alt bin, um zur Zielgruppe zu zählen.
Was ist »New Adult« und »Young Adult«?
Das Buch-Genre »New Adult« ist relativ neu.
Bei New Adult (engl. »Neue Erwachsene«), NA abgekürzt, sind die Protagonisten laut Wikipedia zwischen 18 und 29 Jahre alt. In der Regel beenden sie gerade die Schule, starten an der Uni oder an einem US-College oder in den ersten richtigen Job. Das Alter der Charactere deckt sich mit dem der Zielgruppe. Die Leserschaft ist definitiv eher weiblich. Das Genre »Young Adult« (engl. »Junge Erwachsene«) hingegen gibt es schon länger. Es kann mit dem deutschen »Jugendbuch« verglichen werden, hier sind die Zielgruppe die etwas jüngeren Teenager.
Zentraler Bestandteil von New-Adult-Romanen ist eine Liebesgeschichte. Ansonsten geht es um Themen, die junge Erwachsene beschäftigen: Freundschaft, Familie, Selbstfindung, Pläne und Ziele im Leben – und nicht zuletzt Sexualität. Manchmal werden auch – durch Triggerwarnungen angekündigt – ernste Themen wie Depressionen, Drogenmissbrauch oder sexueller Missbrauch angeschnitten. Meist sind die Bücher als drei- oder mehrteilige Reihe angelegt.
Sieht man sich die aktuelle Spiegel-Bestsellerliste (Stand November 2023) im Bereich Paperback an, so erkennt man allein schon anhand der Cover, dass gut die Hälfte der meistverkauften Bücher dem Genre New Adult zugeordnet werden kann. Die Bestsellerlisten werden seit einigen Jahren aufgrund der tatsächlichen Verkaufszahlen erstellt, sodass sich hier das Leserinneninteresse deutlich widerspiegelt (in der Folge »Bestseller« des Schreibzeug-Podcasts wird dies im Detail erläutert). Viele der Bücher werden zudem auf der Online-Plattform TikTok gehypt und besprochen, was sich ebenfalls auf die Platzierung in der Bestsellerliste auswirkt.
Ein Genre, das boomt. »New Adult schließt die Lücke, die es bisher in der Literatur gab«, erklärte die Autorin Sarah Sprinz in einem Interview auf der Frankfurter Buchmesse mit dem Börsenblatt.
Wie habe ich New Adult entdeckt?
Es war wie erwähnt, das Podcast-Gespräch mit Laura Kneidl, das mich dazu brachte, ein Buch von ihr in die Hand zu nehmen.
Nach »Berühre Mich. Nicht«, dem ersten Teil von Laura Kneidls »Nicht-Reihe«, dachte ich: »Das hat sich locker und flüssig gelesen, jetzt kann ich mitreden.«
Den zweiten Teil wollte ich zunächst nicht unbedingt lesen. Jetzt hatte ich schließlich einen Eindruck. Dann war ich aber doch neugierig und griff zum nächsten Teil der Reihe. Nach dieser Lektüre war ich angefixt und verschlang den dritten und vierten Teil. Nun warte ich auf den fünften und letzten Teil, welcher im Dezember 2023 erscheinen wird. Ich wundere mich über mich selbst.
Mittlerweile habe ich auch andere Bücher des Genres gelesen, die meisten aus dem zu Bastei Lübbe gehörenden LYX-Verlag, der sich aufs Genre spezialisiert hat. Erstaunlich viele Romane haben mir gefallen. Weniger als die Hälfte habe ich weggelegt, weil sie mir zu wenig Tiefgang hatten oder mich Sprache oder Protagonisten genervt haben.
Die Bücher sehen standardisiert aus: pastellfarbenes Cover, Triggerwarnung, 400 bis 500 Seiten – jedoch steht auf den Seiten nicht allzu viel Text, sodass man die Bücher trotz der stattlichen Seitenzahl schnell wegliest.
Trotz gewisser Standards sind die New-Adult-Romane individuell, und viele Autorinnen (Ja, in diesem Fall sind es wirklich nur Autorinnen) haben ihren eigenen Stil und ihre eigenen Schwerpunkte, sodass man nicht behaupten kann, dass alles immer nur das Gleiche sei. »New Adult kann alles sein«, sagt Laura Kneidl im Podcast des literaturcafe.de. Ich gebe ihr recht, es kann vieles sein.
Warum lese ich New Adult?
Hilfe, ich lese New-Adult-Romane! Vor einem Jahr hätte ich nie geglaubt, dass ich das einmal sagen würde.
Denn ich bin zu alt, um zur Zielgruppe zu zählen. Zum Glück ist das Lesen von Romanen ein diskreter Vorgang, sodass ich mich nicht wie die Alte auf einer Party mit 20-Jährigen fühle, die auf eine Ü30-Party gehört.
Ein Grund, warum ich New Adult lese, ist Nostalgie. Ich denke gerne an meine Studentenzeit zurück: Die Freiheit, die Unbeschwertheit und das Wissen, noch so viele Möglichkeiten und noch so viel vor sich zu haben. Lese ich Bücher mit Protagonisten, die in dieser Lebensphase stecken, werde ich an dieses Lebensgefühl erinnert und kann ein bisschen träumen, denn das Gehirn speichert bekanntlich nur die positiven Erinnerungen ab, sofern diese überwiegen.
Positiv überrascht war ich in vielen Fällen von der Sprache in den New-Adult-Büchern. Zwar findet sich dort das ein oder andere Adjektiv, das bei einem anderen Genre gestrichen worden wäre, aber das ist auch so ziemlich mein einziger Kritikpunkt. Ich kann von einigen (Nicht von allen!) Büchern sagen: Gut geschrieben. Es liest sich angenehm und flüssig.
Leicht und flüssig zu lesen – genau das brauche ich im Moment. Als Mutter eines Kleinkindes bin ich müder denn je. Es ist nicht der Zeitpunkt, um Klassiker der Weltliteratur oder Sachbücher zu lesen. Die »Sternstunden der Menschheit« von Stefan Zweig müssen warten. Genauso wie »Faust II« oder »Anna Karenina«. Ich lese viele Genres und querbeet. Aber alles zu seiner Zeit.
In New-Adult-Romanen werden die Outfits der Protagonistinnen gerne detailliert beschrieben, es fällt eher ein Satz mehr zu Mode und Schmuck als in anderen Romanen. Leser, die sagen »Was interessiert mich das Wetter?« oder »Was interessiert mich das Outfit des Kommissars?« sollten handlungsgetriebene Romane lesen. Es mag auch mehr Frauensache sein, aber mir gefällt dieser Aspekt.
Und dann ist da noch die Liebe. Zu New Adult gehört eine Liebesgeschichte. Eine individuelle. Es gibt schließlich viele Tropes (auf der Website des Piper Verlags wird das Wort erklärt und werden Beispiele genannt). Wer gerne Liebesgeschichten liest, dem könnte der ein oder andere New-Adult-Roman gefallen.
Und nicht zuletzt ist New Adult lesen ein wenig auf der Höhe der Zeit zu sein. Diversität und so. Es ist interessant zu sehen, was bei jungen Leuten angesagt ist. Es freut mich, wenn sie lesen und wenn sie New Adult lesen. Es gibt schlechtere Beschäftigungen.
Mein Motto: Immer offen und neugierig bleiben und vieles lesen, was mir unter die Finger kommt. Ich lese schließlich auch Krimireihen, in denen Männern mittleren Alters die Protagonisten sind.
Juliane Hartmann
[…] Juliane Hartmann: Hilfe, ich bin über 30 und lese New-Adult-Romane! […]
Also ich bin bei “Triggerwarnungen” in Büchern ehrlich gesagt immer ein bisschen genervt. Muss eigentlich nicht sein; von wegen “Achtung! Dieses Buch könnte deine Gefühle verletzen!”
Meine Güte. In der realen Welt werden Menschen weggebombt und wir im Westen brauchen Triggerwarnungen in Büchern :-(.
ganz meine Meinung Herr Schwochert.
Ich denke Triggerwarnungen sind gut für`s Verkaufsgeschäft. Mit den ev. Folgen, dass man irgendwann nur Bücher mit Triggerwarnung kauft um den Text nach eben dieser Warnung zu lesen.
Viele Menschen sind interessiert am Schrecklichen ( leider nur in Büchern/Filmen etc. ) und nicht in der Realität, zumindest nicht lange.
Hilfe, warum wurde dieser Text abgedruckt?! Im literaturcafé-Newsletter?!