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Bachmannpreis 2022: Wer liest? Was bleibt? Preisvergabe gerechter? [Update]

Logo des Bachmannpreis' 2022 (Quelle: bachmannpreis.orf.at)
Logo des Bachmannpreis’ 2022 (Quelle: bachmannpreis.orf.at)

In Klagenfurt wurden heute (24.05.2022) die 14 Autorinnen und Autoren bekannt gegeben, die um den mit 25.000 Euro dotierten Bachmannpreis lesen werden. Diesmal sind die Lesenden, die Jury und das Publikum vom 22. bis 26. Juni 2022 wieder vor Ort am Wörthersee – jedoch räumlich getrennt. Zudem gibt es eine gravierende Änderung bei der Jury-Abstimmung.

Keine Änderung in der Jury

Keine Änderungen gibt es im Jahre 2022 bei der Jury-Besetzung. Auch in diesem Jahr beurteilen und bewerten Mara Delius, Vea Kaiser, Klaus Kastberger, Brigitte Schwens-Harrant, Philipp Tingler, Michael Wiederstein und Insa Wilke die Texte der 14 Autorinnen und Autoren. Den Jury-Vorsitz übernimmt zum zweiten Mal Insa Wilke. Moderiert werden die »Tage der deutschsprachigen Literatur« (TddL) in bewährter Weise von Christian Ankowitsch. Cecile Schortmann wird die Moderation im Garten des ORF-Theaters übernehmen.

Insa Wilke (Foto: Screenshot/ORF)
Bleibt Jury-Vorsitzende: Insa Wilke, hier beim Bewerb 2021 (Foto: Screenshot/ORF)

Nachdem der Literaturwettbewerb 2020 rein digital durchgeführt wurde, diskutierte im Jahr 2021 die Jury wieder vor Ort in Klagenfurt, während die Lesungen erneut voraufgezeichnet waren. Hierzu mussten die Statuten geändert werden, die normalerweise eine Lesung vor Ort zur Teilnahmebedingung machen.

[Update] 2022 finden die Lesungen wieder live vor Ort statt, und auch Publikum ist wieder zugelassen. Dennoch wird in diesem Jahr eine gewisse räumliche Trennung beibehalten. So werden die Lesungen im Garten vor dem ORF-Theater auf einer eigens aufgebauten Literaturbühne stattfinden, während die Jury selbst im Theater sitzt und diskutiert. »Beide Schauplätze werden mittels Konferenzschaltung miteinander verbunden«, erläutert Regisseur Klaus Wachschütz. »Das Publikum vor Ort, aber auch das Fernsehpublikum hat die Möglichkeit, beide Settings zu genießen.« Das Publikum könne zwischen den beiden Schauplätzen hin und her wandern. [/Update]

Eröffnet werden die Tage der deutschsprachigen Literatur am Mittwoch, 22. Juni 2022, mit der Auslosung der Lesereihenfolge. Anna Baar hält unter dem Titel »Die Wahrheit ist eine Zumutung« die Klagenfurter Rede zur Literatur. Anna Baar las 2015 bei den Tagen der deutschsprachigen Literatur. Sie stand damals auf der Shortlist der Jury, erhielt jedoch keinen der Preise.

Nach drei Lesetagen enden die TddL wie gewohnt am Sonntag, 26. Juni 2022, mit der Preisverleihung, die sich in diesem Jahr massiv ändern wird. Mehr dazu weiter unten. Die Veranstaltung wird im Web per Livestream und im Fernsehen auf 3sat übertragen.

Vergeben werden neben dem mit 25.000 Euro dotierten und von der Stadt Klagenfurt gestifteten Bachmannpreis,  der Deutschlandfunk-Preis (12.500 Euro),  der KELAG-Preis (10.000 Euro), der 3sat-Preis (7.500 Euro) und der BKS Bank–Publikumspreis (7.000 Euro). Letzterer wird ebenfalls wie gewohnt am Samstag nach den Lesungen per Online-Voting des Publikums vergeben und die Gewinnerin oder der Gewinner ist im kommenden Jahr Stadtschreiber:in in Klagenfurt.

Die 14 Autorinnen und Autoren des Jahres 2022

Die folgenden 14 Autorinnen und Autoren wurden von den 7 Jurorinnen und Juroren nach Klagenfurt eingeladen:

Änderung bei der Jury-Abstimmung und Preisvergabe

Zu einer großen Änderung kommt es in diesem Jahr bei der Jury-Abstimmung. Diese stand in den letzten Jahren wiederholt in der Kritik. Immer wieder wurde der Jury eine strategische Stimmabgabe vorgeworfen, die nicht unbedingt die nach vorn brachte, die nach der ersten Abstimmungsrunde auf der Shortlist die meisten Jury-Stimmen auf sich vereinten. Auch das literaturcafe.de zeigte immer wieder diese Ungerechtigkeiten auf.

Der langjährige TddL-Organisator Horst L. Ebner erklärt die Neuerung: »Die Preisträgerermittlung erfolgt 2022 in einem neuen Schema. Die Mitglieder der Jury geben dem Justiziar nach den Lesungen und Diskussionen ihre persönliche Wertung. Sie vergeben 9 bis 1 Punkte an die Kandidatinnen und Kandidaten, die ihrer Meinung nach preiswürdig sind. Der Justiziar übernimmt die Aufgabe, diese Abstimmungsergebnisse zu addieren und erstellt daraus die Preisträgerliste des Bewerbes, die bis zur öffentlichen Schlusssitzung nur ihm bekannt ist. Weder die Jury noch die Veranstalter wissen wer welchen Preis gewonnen hat. In der Livesendung am Sonntag gibt der Justiziar sukzessive die Namen der Preisträger bekannt – beginnend mit dem am niedrigsten dotierten Preis. Damit bleibt die Spannung um die Vergabe des Ingeborg-Bachmann-Preises bis zum Schluss der Veranstaltung erhalten.«

Bislang vergaben die Jury-Mitglieder 1 bis 7 Punkte, aus deren Summen die Shortlist ermittelt wurde. In mehreren Abstimmungsrunden wurden dann aus dieser Shortlist die Preisträger:innen live am Sonntagmorgen ermittelt. Dabei kam es immer wieder vor, dass Autor:innen in jeder Abstimmungsrunde dabei waren und auf Platz 2 landeten, am Schluss aber ganz »durchrutschten« und keinen Preis erhielten. Ebenfalls immer wieder gingen Autor:innen preislos nach Hause, obwohl für die Shortlist mehr Juror:innen für sie votierten als später in der Live-Abstimmung.

Am Sonntag, dem 26. Juni 2022, werden wir also wissen, wer gewonnen hat und wie sich diese Neuerung bei der Abstimmung in Sachen Spannung und Preisgerechtigkeit auswirken wird.

Wolfgang Tischer

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2 Kommentare

  1. Leider ist in der Jury noch immer ein dazwischenquatschender Kindskopf mit dabei, der eher mit extravaganter Kleidung Furore macht denn mit ausgewogenen Kritiken! Ich vermisse die langjährig bewährte Hildegard Keller aus Zürich nach wie vor in der Jury! Die neue Preisverleihung hat eine Chance zu mehr Gerechtigkeit der ewig Zweiten- Glück auf!

  2. Ja, Tingler kann einem mächtig auf die Birne gehen, gar nicht deswegen, weil er immer so Kontra gibt, sondern weil es in dieser Runde das Einzige zu sein scheint, was er kann. Dass er mal etwas einsieht – Fehlanzeige. Das nervt.
    Ich muss immer an den Juror aus früheren Zeiten Paul Jandl denken, der einen Text verriss und am nächsten Morgen die Sitzung damit eröffnete, zu sagen, wie er nochmal nachgedacht habe und sein Urteil revidieren möchte. Das war ein toller Moment und zeigt, wie sehr man sich auch in dieser Jury-Situation hinreißen lassen kann, ein Urteil zu fällen, dass man 1 Stunde später für falsch hält. Wenn Tingler das mal schaffen würde, würde er sehr gewinnen und man wäre bereiter, ihn ernster zu nehmen. Im Umgang mit Nicole Steiner scheint er mir das besser zu können.

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