
Vom 29. Juni bis 3. Juli 2016 werden in Klagenfurt die 40. Tage der deutschsprachigen Literatur veranstaltet. Am Dienstag, den 24. Mai wurden die Namen der Autorinnen und Autoren bekannt gegeben, die auf Einladung der siebenköpfigen Jury um den Bachmann-Preis lesen werden.
Doris Brockmann hat sich einen ersten Überblick verschafft, was wir im Jubiläumsjahr erwarten dürfen.
Doris Brockmann
ist (bzw. war) passionierte Fernsehstudentin der »Tage der deutschsprachigen Literatur«. Bis 2013 bloggte und twitterte sie über den Bachmannpreis immer im angenehm kühlen Arbeitszimmer, 2014 war sie erstmals live im aufgeheizten Klagenfurt dabei, um sich mal alles vor Ort anzuschauen. 2017 wird sie zum vierten Mal nach Kärnten reisen. Ansonsten widmet sie sich der angewandten Schriftstellerei im Dienste der Alltagsbeobachtung auf
walk-the-lines.de
Herzlichen Glückwunsch auch an die Autorinnen und Autoren, die zu Lesungen im Wettbewerb um die insgesamt vier ausgelobten Preise eingeladen worden sind! Mit ihrer Wahl hat die Jury eine bemerkenswerte Mischung in mehrfacher Hinsicht präsentiert. Waren im vergangenen Jahr vergleichsweise viele bekannte und auszeichnungserfahrene Autorinnen am Start, dürften die Namen der diesjährigen KandidatInnen eher nicht einem breiten Publikum vertraut sein. Ein Gutteil tritt gerade mit Debütromanen an die Öffentlichkeit, allerdings haben sämtliche BewerberInnen bereits diverse Preise bzw. Stipendien erhalten. Bemerkenswert ist die Auswahl auch in geschlechts-, länder- und altersspezifischer Hinsicht.

Geschlechtsspezifisch steht es heuer 7:7. Obwohl die TDDL 2016 farblich unter einem feministischen Lila firmieren (oder sollte es sich um ein Bischofsviolett handeln?), konnte der stete Aufwärtstrend des Frauenanteils der letzten Jahre nicht fortgesetzt werden. Wir erinnern uns: 2010 nahmen 5 Schriftstellerinnen teil, 2011 erhöhte sich die Zahl auf 6, im Jahre 2012 war Gleichstand erreicht. 2013 gingen die Frauen mit 8:6 erstmals in Führung. Diesen schönen Erfolg konnten sie im Folgejahr mit einem erneuten 8:6 festigen. Und dann im letzten Jahr ein 10:4!– welch ein »Geschlechterverhältnis«! Das ist nun schön auf Ausgewogenheit wieder herunterkorrigiert und erfreut als kleine Reminiszenz an das fifty-fifty Kopf-an-Kopf-Rennen der soeben entschiedenen Bundespräsidentenwahl im Gastland des Wettbewerbs.
Übrigens: Van der Bellen erhielt 52,3% bzw. 25.307 Stimmen in Klagenfurt. Auf Hofer
entfielen 47,7% bzw. 23.057 Stimmen. #tddl #tddl16— Wolfgang Tischer (@literaturcafe) May 24, 2016
Länderspezifisch sind laut ORF »14 Autoren aus acht Nationen« am Start. Besorgte Bürger müssen darob nicht um die »Tage der deutschsprachigen Literatur« fürchten: Alle TeilnehmerInnen sprechen und schreiben deutsch. Einige von ihnen mit Pass aus nichtdeutschsprachigen Ländern sind sogar in Deutschland bzw. Österreich geboren. Also: Alles guuut. Nicht so guuut werden die Eidgenossen und Gastgeber finden, was sie unten in der Tabelle lesen können. (Ich weiß auch nicht, warum ihr so wenig vertreten seid, ihr habt so tolle Leute.)
D | A | CH | SRB | ISR | TUR | GB | |
2016: | 8 | 1 | 1 | 1 | 1 | 1 | 1 |
2015: | 7 | 5 | 2 |
Altersspezifisch ist zu vermelden, dass die breite Spanne in Sachen Nationalitätenzugehörigkeit auch in Bezug auf die Altersverteilung auszumachen ist: Der jüngste Teilnehmer ist 28 Jahre alt, die älteste Teilnehmerin 72 Jahre. Das Gesamtalter des diesjährigen Jahrgangs beträgt 566 Jahre. Daraus ergibt sich ein Pro-Kopf-Durchschnittsalter von 40,43 Jahren. (Bei der Errechnung habe ich die Geburtsmonate der KandidatInnen nicht berücksichtigt. D.h., alle, die erst noch Geburtstag haben, mussten hier der Einfachheit halber ein wenig älter gemacht werden. Da ich bei den vorherigen Bachmannpreis-Jahrgängen in derselben Weise verfahren bin, bleibt sich das im Verhältnis gleich.)
2015 | 536 Jahre | 38,3 |
2014 | 578 Jahre | 41,2 |
2013 | 536 Jahre | 38,3 |
2012 | 539 Jahre | 38,5 |
2011 | 521 Jahre | 37,2 |
2010 | 500 Jahre | 35,7 |
Die Alterskurve der Bachmannpreis-Jahrgänge folgt mithin dem allgemeinen Trend der steigenden Lebenserwartung. Die TDDL 2016 lassen keinen Nachwuchswettbewerb erwarten, sondern Lesungen von AutorInnen, die schon eine Mütze voll Lebenserfahrung gesammelt haben.
Erstes Fazit: Alles so schön bunt hier. Originell. Viel Neues. Wir dürfen gespannt sein.
So, und nun geht’s ans Videoportraits-Watching. Darüber demnächst hier gleiche Stelle, gleiche Welle mehr!
Doris Brockmann