StartseiteE-BooksUrheberrecht: Warum die Naivität der Romanautoren für uns alle gefährlich werden kann

Urheberrecht: Warum die Naivität der Romanautoren für uns alle gefährlich werden kann

Stopp-SchildRomanautoren haben keine Ahnung vom Internet. Diese Behauptung ist gewagt. Aber nur wer solch unumstößliche Tatsachen in den Raum stellt, findet Gehör. Romanautoren haben viel mit Politikern gemeinsam. Auch von Günter Grass kann man sich vorstellen, dass er sich eMails und Websites lieber von seiner Sekretärin ausdrucken lässt, um die Texte zu lesen. Der Mann ist schließlich 82 Jahre alt. Doch auch Judith Hermann, die nicht einmal halb so alt ist, bekennt in einem Interview mit der ZEIT freimütig, dass das Internet nicht ihre Welt sei. »Ich habe erst seit diesem dritten Buch zu Hause einen Internetanschluss. Wenn die mediale Korrespondenz dieser Tage hier vorbei sein wird, schaffe ich ihn wieder ab«, sagt die Bestsellerautorin (»Sommerhaus, später«).

Viele Autoren haben eine Website. Aber gerade die etablierten Autoren lassen diese pflegen. Meist vom Verlag, der dann einen Buchtrailer oder tolle Flash-Animationen erstellen lässt, die dann wiederum in brancheninternen Wettbewerben als besonders innovativ ausgezeichnet werden.

Dabei müssten die Autoren nach »draußen«, ins Web, zu ihren Lesern gehen. Sie müssten auf Facebook präsent sein. Sie könnten bloggen oder twittern. Aber all das verlangt eine gewisse Leidenschaft und ein Engagement, denn man muss »das Internet« und seine Mechanismen und Kommunikationsformen erst verstehen lernen. Das braucht Zeit und die wollen die Romanautoren doch lieber an ihren Schreibtischen verbringen, um an den Manuskripten weiterzuarbeiten.

Also beginnen einige Verlage stellvertretend für ihre Autorinnen und Autoren zu twittern, erstellen MySpace- und Facebook-Profile. Manchmal ist die Enttäuschung der Leser groß, wenn sie merken, dass das nur Pappkulissen sind, die zu deutlich nach »Marketing und Buchverkauf« riechen. Und mit dem nächsten Halbjahresprogramm vereinsamen und verfallen die Kulissen und die nächsten werden aufgebaut.

Im Internet passiert vieles, das Romanautoren nicht selbst erleben

Dort »draußen« im Internet passiert vieles, das Romanautoren nicht selbst erleben, sondern von dem sie durch ihre Verlage oder durch Branchenmagazine erfahren. Die Schriftsteller können diese Dinge mangels eigener Erfahrung nicht einordnen und bewerten und sind auf ihre »Berater« angewiesen. Eine Art der Meinungsbildung, wie sie auch bei Politikern vorherrscht.

Seit Jahren berichten die Medien regelmäßig, dass es im Internet viel Böses gibt: Nazis und Terroristen, Bombenbauanleitungen und Kinderpornografie, Computerviren und Betrüger bei ebay.

Von all diesen Gefahren und Widerlichkeiten bleibt man am besten verschont, wenn man sich weitestgehend vom Internet fern hält. Da kann nichts passieren.

Doch plötzlich hören die Autoren von anderen bösen Dingen, die das Internet wie eine gigantische Welle heranspült. Und es sind Dinge, von denen man sich nicht fernhalten kann, indem man wie Judith Hermann den Internet-Anschluss einfach wieder abschafft. Denn diese Dinge bedrohen anders als Computerviren auch den Autor ohne DSL-Leitung. Denn sie gehen ans Geld, an den Verdienst, an die Lebensgrundlage.

Google will das Urheberrecht abschaffen, Raubkopierer stellen Romane kostenlos ins Netz, eBooks werden nur geschaffen, um diese illegalen Kopien besser lesen zu können und seriös wirkende Wissenschaftler fordern, dass Bücher kostenfrei zugänglich sind.

Dort draußen herrscht Krieg!

Dort draußen, so beginnen es die Autoren zu spüren und so lesen sie es in Schriften wie dem Heidelberger Appell, dort draußen herrscht Krieg! Nicht nur ein virtueller, in dem sich Jugendliche in »Killerspielen« digital massakrieren, sondern ein Krieg gegen die Kreativität, gegen die Kunst, gegen die Kultur und gegen die Schriftsteller, die die Welt mit ihren Romanen doch erst bereichert haben. Ohne diese Werke gäbe es nichts zu kopieren und ohne sie wäre ein eBook ein sinnloses Stück Technik. Ohne Schriftsteller wäre die Welt ein Land der Barbaren geblieben – und jetzt soll es offenbar dorthin zurückgehen.

Wenn es nicht mehr hilft, sich zu verbarrikadieren und die Fenster von innen zuzunageln bzw. die DSL-Anschlüsse zu kappen, dann hilft nur noch der Ruf nach dem großen Bruder oder der Polizei, der Ruf nach der Politik, die Bomben gegen die Bösen dort draußen abwerfen soll, um für das Gute zu kämpfen.

Ein böses Erwachen könnte kommen, wenn man irgendwann einmal durch die Ritzen späht oder die Bretter vor den Fenstern abnimmt und feststellt, dass gar kein Krieg war und die Bomben mehr zerstört und vernichtet haben, als dass sie geholfen hätten.

Wenn es ums eigene Überleben geht, ist alles ganz anders

Dass Bomben nichts bewirken, das wissen auch Romanautoren, die sich gerne für den Weltfrieden einsetzen. Ebenso sind Autoren dafür prädestiniert, sich für die freie Rede und gegen jede Art von Zensur auszusprechen.

Doch wenn es scheinbar ums eigene Überleben geht, ist alles plötzlich ganz anders. Sehr laut wird nach Bomben und Zensur gerufen. Wie immer in Extremsituationen zählt nur das Hier-und-jetzt, zählt nur die eigene Person.

Da sitzen sie dann in ihren verbarrikadierten Häusern und jemand steht auf und ruft: »Da draußen ist Krieg, und sie wollen uns töten! Lasst uns alle nach der Bomberflotte schreien!« Und so werden entsprechende Appelle unterzeichnet.

Und da die Bomberflotte gerade gegen die Kinderpornografen im Einsatz ist, könnte sie danach ja auch gleich ein paar auf die Raubkopierer und Urheberrechtsverletzer abwerfen.

Leider wird sich später herausstellen, dass gar keine Bomberflotte gegen die Kinderpornografie im Einsatz war, sondern dass man begonnen hatte, die Fenster von außen zuzunageln, um den Blick darauf von staatlicher Seite zu verbergen, anstatt das Übel wirklich an der Wurzel zu bekämpfen.

Und sollte die Politik den verängstigten Autoren irgendwann freudig verkünden, dass nun auch Maßnahmen gegen Raubkopierer greifen, und sollten die Autoren die Bretter innen von den Fenstern reißen, so werden sie mit Entsetzen feststellen, dass sie dennoch nichts mehr sehen können, da alles von außen zugenagelt ist und nicht nur ihnen, sondern allen im Haus bleibt die Sicht verwehrt.

Unberechtigte Forderungen und haarsträubende Dinge

Wie nah dieses Bild an der Realität ist, offenbart in erschreckender Weise ein Interview der Zeitung »Die Welt« mit Julia Franck, deren Buch »Die Mittagsfrau« 2007 den Deutschen Buchpreis gewonnen hat. Aus den Worten der Autorin spricht die Angst vor einer unbekannten Welt. Völlig undifferenziert vermengt und vermischt Julia Franck berechtigte mit unberechtigten Forderungen und behauptet haarsträubende Dinge wie z. B. »Wenn die Inhalte von Büchern über das Internet weltweit verfügbar sind, dann können sich auch in jedem Land in jeder Stadt kleine Druckereien finden, die diese Bücher billig herstellen und verkaufen, natürlich ohne Verlage und Autoren an dem Erlös zu beteiligen.«

Verboten ist und bleibt es dennoch, da braucht es keine neuen Gesetze.

Deutlich ist bei Franck die Angst herauszuhören, plötzlich nicht mehr eine privilegierte Autorin zu sein, da Google neben ihren Büchern, die Werke von »Lieschen Müller« platzieren könnte. Frau Franck träumt von besseren Welten: »In Irland etwa zahlen die Literaten keine Steuern, in Schweden gibt es lebenszeitliche Gehälter für bestimmte Schriftsteller.« Dass sich Frau Franck unter diesen »bestimmten Schriftstellern« sieht, wird im Interview deutlich. Aber was ist mit den unbestimmten? Der Gegenpol ist für Frau Franck klar: »Wenn es langfristig keinerlei Aussicht auf Lohn für [den Autor] … gibt, … wird [er] nach kurzer Zeit verhungern oder Verkäufer im Supermarkt.« Hoffen wir, dass Frau Franck in ihrem Supermarkt in nächster Zeit keiner dort arbeitenden Autorin begegnet. Als ob es nicht schon längst Realität wäre, dass die meisten Autoren neben der Schriftstellerei einen Brotberuf haben, der ihnen Geld bringt.

Texttumore im Internet

Im Internet, so Frau Franck weiter, würden »Texttumore« entstehen, und sie steigert sich in die völlig unbegründete Angst hinein, dass im Web der Autor verschwinden könnte, weil alle mitschreiben können, gleich so als hätte es gescheiterte Projekte wie »A Million Penguins« nie gegeben, die beruhigenderweise just das Gegenteil zeigen.

Natürlich könnte man der »Welt« vorwerfen, dass sie Frau Franck in die Falle laufen lässt, indem ihr in den Fragen unsinnige und falsche Behauptungen vorgesetzt werden wie »Die Wissenschaftler sollen gedrängt werden, die Ergebnisse ihrer öffentlich bezahlten Forschungsarbeit im Internet zur Verfügung zu stellen – und nicht mehr durch private Verlage vertreiben zu lassen«.

Ein Gesprächspartner, der sich mit der Materie auskennt, hätte hier dem Interviewer antworten können, dass dies eine falsche und agitative Interpretation des Begriffs »Open Access« sei, denn es ist schlichtweg Unsinn, dass das Prinzip des »Open Access« den »Vertrieb« durch Verlage unterbinden würde. Im Gegenteil, denn ein echter Verlag sollte eben wesentlich mehr mit dem Text machen, als nur den »Vertrieb« zu übernehmen. Gerade im wissenschaftlichen Bereich ist leider der umgekehrte Fall schon längst Usus, dass viele Autoren Geld an Zuschussverlage zahlen, anstatt welches von richtigen Verlagen zu bekommen.

Wer einfach denkt, hat es leichter in der Welt

Aber der Interviewer stellt auch gute Fragen und macht beispielsweise auf eine eklatante Einschränkung bei eBooks aufmerksam, nämlich dass diese im Gegensatz zum gedruckten Buch nicht weiterverkauft werden können.

Als Interviewte hätte man dem Interviewer an dieser Stelle für diesen sehr guten Hinweis danken können und dies in der Antwort untermauern, indem man auf die Defizite der kommerziellen und legalen Angebote gegenüber den illegalen Tauschbörsen hingewiesen hätte und man hätte ergänzen können, dass gerade hier neue Wege gefunden werden müssen, um den legalen Erwerb digitaler Bücher durch andere Anreize zu forcieren, anstatt eine härtere Bestrafungen der Raubkopierer zu verlangen.

Und was sagt stattdessen Frau Franck auf diese wunderbare Vorlage hin: »Sobald ein Buch digitalisiert ins Netz gestellt wird, ist es Weltbesitz. Es ist für jedermann verfügbar, kostenlos.«

Hier sollte man den Mund halten und diese Antwort von Frau Franck besser nicht kommentieren.

Wer einfach denkt, hat es leichter in der Welt. Doch gerade von Buchautoren erwartet man tiefer gehendes Denken.

Denn sonst wäre das genauso platt und dumm, als würde man in einem Text gleich im ersten Satz die pauschale Behauptung aufstellen, dass Romanautoren keine Ahnung vom Internet hätten.

Wolfgang Tischer

Nachtrag: Auf den mit eklatantesten Fauxpas von Frau Franck weist Tobias Wimbauer hin. Julia Franck behauptet im Interview: »In Deutschland übertragen wir unser Copyright bis 70 Jahre nach dem Tod unseren Verlagen«.

Hierzu ist anzumerken: Den Copyright-Begriff gibt es im deutschen Recht nicht, er entstammt der angloamerikanischen Welt. Frau Franck meint hier offenbar die Nutzungs- und Verwertungsrechte, die der Urheber z. B. an einen Vertrag abtreten kann. Allerdings nicht automatisch bis 70 Jahre nach dem Tod des Autors. 70 Jahre nach dem Tod des Autors ist der Zeitraum, für den die Werke derzeit nach deutschem Recht urheberechtlich geschützt sind.

Dass dieser böse Fauxpas von der Welt im schriftlich dokumentierten Interview nicht in Absprache mit der Autorin korrigiert wurde, verwundert sehr.

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21 Kommentare

  1. Gratulation zu diesem differenzierten Beitrag. Und hier noch ein paar Links, die den Judith Hermanns und Julia Francks dieser Welt etwas weiterhelfen könnten – eine gewisse geistige Aufgeschlossenheit vorausgesetzt:

    90% aller Autoren verdienen weniger als £4,000 – im Jahr!! http://is.gd/sJPV
    Die fürchten sich jetzt sicherlich, dass ihnen mit dem Internet die Existenzgrundlage entzogen wird…

    Die negativen Effekte auf ihre Verkauszahlen, die inbesondere bei dieser überwiegenden Mehrheit von Autoren als hanebüchene Behauptung rüberkommen, müssen sogar bei etablierteren Autoren zunächst einmal belegt werden. So gibt es viele Beispiele dafür, dass die Verkaufszahlen trotz (oder gerade wegen) der kostenlosen Abgabe von Büchern im digitalen Format angestiegen sind:
    http://blog.quillp.com/book-marketing_sell-books/

  2. Habe den Beitrag mit großem Interesse gelesen, bin zum einen HobbyAutor und auch aktiver Teilnehmer der Internettechnologie (hab mein DSL noch nicht gekappt). Ich bin der Meinung jeder Zwang und Bestrafung fördert den Missbrauch, das haben wir doch zu genüge in der Vergangenheit gelernt. Das Internet bringt ja auch den Vorteil, dass man viel einfacher direkt an die Leser gelangt. Hier ist Meinugsbildung gefragt, solange bis der Leser nach dem Konsum freiwillig seinen Beitrag leisten will und für das Buch zahlt (zB soviel er zahlen möchte und kann)

  3. Leider ist nicht nur das kritisierte Interview mit Frau Franck recht oberflächlich geraten, sondern auch dieser Artikel des Literaturcafes.
    Wieso sollten Autoren um jeden Preis bei Plattformen, wie Facebook oder Twitter, mitmischen?
    Was wären die vielen “anderen Anreize”, mit denen der legale Erwerb von eBooks “forciert” werden könnte?
    – Nicht, dass ich mir darunter nicht selbst etwas vorstellen könnte.Doch hätte der Artikel des Herrn Tischer schon Ross und Reiter nennen sollen, wenn er gleichzeitig Frau Franck Oberflächlichkeit vorwirft. Schade.

  4. Gut so!
    Es geht bei Kunst doch nicht darum, zu einer Fabrik zu werden, einem Textbauer, der seine Produkte weiterverkauft, und eine Gedankenmonopol besitzt. Nein, es geht bloss darum, zu erschaffen und diese Schöpfungen mit der Welt zu teilen; und die Welt teilt ihre Schöpfungen mit dem Künstler, andere Künstler mit ihm.
    Der Vorteil einer puren Schriftstellerexistenz wäre wohl, das man mehr schreiben könnte. Aber macht das nicht auch lebensfern und faul (besonders, wenn alles vom Staat getragen wird?)
    Das Internet ist nun einmal da und wird unsere Welt verändern, ob wir wollen oder nicht. Was wollt ihr dagegen tun? Krieg gegen die ganze Welt führen (denn das Internet ist schon annäheren die ganze Welt)? Na dann viel Spass, ihr Nachfolger Don Quixotes, dann viel Spass.

  5. Der Beitrag ist ja nicht übel, doch ich verstehe eine Sache nicht. Als Autor sollte man sich bei VG Wort anmelden, die Dinge die im Netz stehen mit anmelden und seine Prozente kassieren.
    Die Bücher die bei Google veröffentlicht werden, kann man nicht rauben, jedenfalls ist es mir noch nicht gelungen :-).
    Vielleicht ist meine Einstellung naiv, aber wir sollten doch froh sein, wenn die Bücher, die sonst als Remission im Schredder landen, noch einen Sinn erfüllen. Es kommt doch letztlich auf den Autor an, wie er mit dem Verlag handelt. Ich habe noch nie auch nur ein Recht an meinen Büchern abgetreten, müsste ich ja dämlich sein.
    Wer sich total an den Verlag verkauft, der darf nicht meckern, denn er tritt ja alle Rechte ab. Der Verlag kann das Werk vermarkten wie er will und das ist immer zum Nachteil des Autors.
    Autor sein heißt auch, sich um sein Elend selber kümmern, wenn man davon leben will.

  6. Ich habe auch diesen Bericht gelesen und ich finde ihn beschämend. Da ich selber Autorin bin und wenigstens schon mal eine Kurzgeschichte rausgebracht habe. Finde ich sollte derjenige, der diese Aussage, dass Romanautoren Naiv seien, noch mal ganz fix überlegen. Ich habe eine kaufmännische Ausbildung erfolgreich abgeschlossen und schreibe wenn ich Zeit habe nebenbei an einem größeren Projekt. Ich kann jetzt leider nur von meiner Seite aus sagen, dass ich diese Aussage praktisch widerlegen kann. Ich habe Ahnung vom Internet und mehr Datenbanken und Elektronischer Kommunikation, weil dass für meine Generation selbstverständlich sein sollte. Das Leben eines Autors ist hart genug und ich schrecke auch nicht davor zurück Sozialkritische und Gegenwärtige Themen in den Mantel des Scifi zu hüllen…Vielleicht sollte derjenige mal die Scheuklappen wegnehmen und auch der neuen Generation an Autoren annehmen. Ein bisschen mehr Respekt bitte. jeder Autor hat seine eigene Art zu recherchieren…dabei zählt nur das Ergebnis. Auf welche Art dies geschieht interessiert keinen…kein Verlag und keine Agentur…

  7. Ich kann diesen Beitrag voll und ganz unschreiben. Deutsche Autoren haben das Medium Internet noch längst nicht für sich entdeckt! Was in der englischsprachigen Welt schon Gang und Gäbe ist wird von der deutschsprachigen schlicht und ergreifend ignoriert: sich mit seinen Lesern und mit gleichgesinnten Autoren zu vernetzen.

    Wenn dann in den Kommentaren hier ernsthaft noch gefragt wird, wozu denn ein Autor bei Facebook oder Twitter präsent sein sollte, kann ich nur den Kopf schütteln. Als Schriftstellerin bin ich nicht nur auf Publicity angewiesen, die mir mein Verleger z.T. nur in begrenztem Maße verschaffen kann, das Internet bietet mir auch die Chance meine Leser kennenzulernen, direkt auf sie einzugehen, zu hören, was ihnen gefällt und was nicht und – ganz wichtig – darauf einzugehen. Ich kann als Autorin durch das Internet wachsen! Mir macht es Spaß, in einem Blog den Leser am Entstehungsprozess eines Buches Teil haben zu lassen, ich freue mich über jeden Buchstaben, den ich tippen darf, egal ob in meinem Manuskript oder bei Twitter, wo ich dem geneigten Leser mitteile, dass mein Kaffee heute morgen wässrig schmeckt. Banal? Aber sicher! Aber meine Befindlichkeit ob des verwässerten Heißgetränks nimmt direkten Einfluss auf meine Schreibe und ist also für meine Zielgruppe potentiell interessant. Nein, es geht ja gar nicht um den Kaffee, es geht darum, sich als Mensch mitzuteilen und nicht als Über-Idol wie es Frau Franck scheinbar gerne tut. Ich schreibe, ich trinke Kaffee, ich liebe meine Figuren – hier schaut sie euch an, hört ihnen zu, bevor sie von einer Buchseite zu euch sprechen. DAS ist es, was ich am bloggen, am twittern, am facebooken so liebe! Ich kann einem potentiellen Leser mitteilen, was ich liebe, und vielleicht lieben sie ja dieselben Sachen.

    Mit Social Networking ist dem Autoren ein mächtiges Marketing-Werkzeug in die Hand gegeben worden. Wir wären dumm, es nicht zu nutzen. Es kostet Zeit, man muss sich informieren, aber es macht unheimlich viel Spaß!

  8. Bravo! Toller Artikel.

    Wenn es das Internet nicht gäbe und keine Raubkopien existieren würden, dann hätte ich viele der Bücher die ich heute kenne eben nicht gelesen oder gehört und viele Filme eben nicht gesehen, aber bestimmt ist den Verkäufern dieser Massenwaren nichts entgangen, jedenfalls kriegen die mein Geld so oder so nicht.

    Z.B. Harry Potter… niemals hätte ich mir das Buch gekauft, das Hörbuch gekauft, oder DVDs mit den Filmen geliehen oder wäre ich ins Kino gegangen um Harry Potter oder vergleichbar seichte Unterhaltung zu konsumieren. Gäbe es das als E-Book würde ich jedoch vielleicht einen Blick hinein riskieren, vielleicht finde ich es ja doch toll und kaufe es mir am Ende doch, wer weiss?

    Paulo Coelho macht es vor, und die anderen Bestsellerautoren sollten sich ein Beispiel daran nehmen.

    Was mich sehr stört ist, dass zur Zeit noch immer Musik, Film und Buch in einem Atemzug genannt wird. Während ich mir mit einer Kopie einer Audio-CD oder Video diese quasi original mit sehr geringen Kosten selber reproduzieren kann ist das bei einem Buch etwas ganz anderes, wer hat schon eine Esprsso-Buchdruckmaschine für $100k wie die Firma Google?

    Das Zitat oben der Frau F. bzgl. kleine Druckereien, dass die in jeder Stadt ihre Werke rproduzieren könnten ohne sie zu beteiligen ist jedoch der Gipfel der Lächerlichkeit. Was hat denn das Internet und die E-Books damit zu tun ob jemand ihre Werke reproduziert? Das konnte doch schon vor dem Internet jeder der eine Druckerei hat jederzeit machen?

    Diese Frau F. sollte froh sein, dass es das INternet gibt, und noch froher sollte sie sein, wenn jemand eine Raubkopie ihrer Werke macht und verteilt, dann hat sie die einmalige Chance, dass ich sie auch mal (an-)lesen werde.

  9. Den Artikel finde ich sehr interessant, und die Argumentation bezüglich der kleinen Druckereien ist in der Tat nicht nachvollziehbar – ich finde es aber dennoch schade, hier exemplarisch eine Autorin raus zu picken. Und die Verwehcslung zwischen Copyright und Urheberrecht kann nun einmal passieren…
    Allerdings würde es vielen Autoren sicher nicht schaden, selbst ein wenig Zeit in einen eigenen blog zu investieren. Es erwartet ja niemand einen täglichen Post, aber so einmal in der Woche könnte man da schon etwas schreiben. Twitter und Facebook halte ich aber nicht für so wichtig, insbesondere mit Facebook werde ich nicht warm.

  10. Wie sagte schon Erich Honecker? Der Welten Lauf hält weder Ochs noch Esel auf! Die zwei Schriftstellerinnen mögen ihre Haltung haben und das ist auch gut so. Sobald diese aber, die Haltung, von anderen Menschen – z.B. schreibenden Individuen – eingefordert wird, finde ich das nicht so prickelnd. Kenne die Vermarktungsprozesse aus der bildenden Kunst seit 30 Jahren, habe jedoch im Verhältnis dazu erst kurz mit dem Buchmarkt zu tun, sehe aber das auch in diesem Markte Prozesse vonstattengehen, die nicht aufzuhalten sind. Auch das ist gut so! Bildende Kunst wird, so schätze ich, zu mindestens 60% vom Produzenten direkt vermarktet. Der große Lärm findet jedoch auf anderer Bühne statt. Muss das so bleiben? Glaube nicht. Dürer lies von Marktweibern seine Drucke verkaufen. Erst spät dann, Anfang des letzten Jahrhunderts kam der Galerist-Kunsthändler und heute begründen eine vielfache Zahl von Individuen die nichts mit der „Schöpfung“ an sich zu tun haben ihre Existenz auf das, was Andere tun. Das www hat eine Öffentlichkeit geschaffen, die vor Kurzem nicht denkbar war. Gleichwohl sollte man nicht vergessen das diese Entwicklung nichts – aber auch gar nichts! mit der Qualität der Kunstware zu tun hat. Und schon gar nicht wird sich der Markt durch diese Entwicklung vereinfachen, eher treten durch die Vielzahl der Angebote Redundanzen ein, die durchaus – wenn man das Phänomen rein physikalisch betrachtet – in einem weißen Rauschen enden könnte. Aber es wird auch „freier“ und Freiheit ist nicht ungefährlich.

  11. Ich würde sagen, abwarten. Die Zeit erledigt das von selbst. Die Alten sterben aus, die jungen, internetaffinen kommen hoch. War schon immer so.
    Es kommt also nicht darauf an, sich über die Rückständigkeit zu beklagen, sondern die eigenen Chancen zu suchen.
    Die Qualität der Manuskripte, die an meinen “digital-only”-Verlag geschickt werden, wird von mal zu mal besser. Und ich mache dabei klar, dass Papier für mich tabu ist.
    Also, wen interessiert, bitte schön, die Absicht einer mittelallterlichen Autorin, das Internet “wieder abzuschaffen”? Der Sack Reis in China ist da spannender, als die konservativen Ansichten besonders deutscher Schriftsteller, die doch nur wieder das alte Lied des Medienweltunterganges singen.
    Nuf s8!

  12. Lieber Juergen, für wen Papier tabu ist, der macht sich mit einiger Sicherheit die Hände auf der Toilette schmutzig.

    Alle Aufregung umsonst. Die diversen Formen der Verbreitung von mehr oder weniger wichtigem Schriftgut werden sich weiterentwickeln. Bis jetzt sehe ich – a priori – im E-Book bestimmte Formen der Belletristik nicht durchsetzungsfähig. Siehe Bestenliste auf amazon.

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