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Zuschussgeschäft trotz Kalender mit Nacktbildern

Kalenderbild der Madres Tierra Alba de Serradilla del ArroyoWas sieben spanischen Frauen passiert ist sollte jedem zu denken geben, der gewillt ist, einem Zuschussverlag Geld für die Veröffentlichung des eigenen Romans zu zahlen.

Wie SPIEGEL Online und spanische Zeitungen und Weblogs berichten, wollten die sieben Mütter aus dem 400-Seelen-Dorf Serradilla del Arroyo Geld für die Modernisierung eines Schulanbaus sammeln, um das kulturelle Leben in der Gemeinde zu fördern. Allein mit Kuchenbacken und Flohmärkten war das nicht zu erreichen.

So kamen sie auf die Idee, Aktfotos von sich zu machen und einen Kalender zu produzieren. Das hat bereits bei Sportvereinen und Studenten funktioniert. »Sex sells« und ist eine sichere Einnahmequelle, so dachten sie und starteten die Shootings für den Erotikkalender in Eigenregie.

Einen Verlag für den Kalender hatten Sie natürlich auch nicht. Und so begann das finanzielle Unglück.

200 Exemplare ließen sie zunächst auf eigene Kosten drucken und verschickten diese in Kommission an mögliche Verkaufsstätten im ganzen Land. Gleichzeitig produzierten sie laut SPIEGEL 2.000 (und laut El País 5.000) weitere Exemplare des Kalenders nach, ohne das Ergebnis des Testverkaufs abzuwarten.

Das war ein Fehler, denn niemand wollte einen Kalender kaufen. Wie der SPIEGEL schreibt, belaufen sich die Druck- und Versandkosten auf 10.400 Euro (El País schreibt von 9.000 Euro Druckkosten), auf denen die sieben Frauen nun sitzen bleiben – und auf all den Kalendern. Ein Schicksal, das sie mit so manchem naiven Romanautor teilen, der sein Buch bei einem Zuschussverlag veröffentlicht hat.

Natürlich war es der schlimmste und gravierendste Fehler, dass die sieben Mütter mit so viel Geld in Vorleistung gegangen sind. Doch schaut man sich die Kalenderbilder an, so verwundert es nicht, dass den Kalender keiner will. Die Bilder sind auf den ersten Blick nicht unbedingt erotisch und ansprechend: überschminkte Models, schlechte Ausleuchtung, schlechte Settings und krampfhafte Versuche, zwar nackte Haut aber bloß keine Brustwarzen zu zeigen.

Nun sind die sieben Spanierinnen zwar keine Playmates, doch ein guter Fotograf hätte mit Sicherheit gute Bilder von ihnen schießen können. Wer schreiben kann, produziert noch lange keinen spannenden Roman und wer den Auslöser eines Fotoapparates drücken kann, ist noch lange kein guter Fotograf. Und häufig motivieren Verwandte und Bekannte mit wohlwollenden Kommentaren das Dilletantentum. Schlecht, wenn dies zu Schulden und unverkäuflichen Papierstapeln führt.

Und dennoch haben die sieben Frauen das geschafft, von dem jeder Zuschussautor nur träumen kann: sie sind in den Medien! Das größte deutsche Online-Magazin berichtete darüber, ebenso spanische Zeitungen und Weblogs. Eine bessere Resonanz kann man sich eigentlich nicht wünschen. Da ist es reichlich egal, dass die Berichte eher einen bemitleidenswerten Ton haben. Dennoch erfahren unzählige Menschen von diesem Kalender, und es dürfte doch kein Problem sein, dass sich mehr als 2.000 (oder 5.000) Menschen finden, die gerade diese Art von Amateur-Aktfotos lieben und ihn bestellen wollen. Und per Google dürfte die Bezugsquelle doch schnell recherchiert sein.

Alles könnte sich zum Guten wenden und der Schulanbau wäre gesichert wenn… tja, wenn die Spanierinnen nicht einen letzten entscheidenden Fehler gemacht hätten: Ihre Website www.lasmadresdeserradilla.com ist nicht mehr erreichbar.

Allerdings ist der Kalender noch über die Website eines örtlichen Restaurants zu beziehen.

Wir haben gerade einen bestellt. Ist ja schließlich für einen guten Zweck.

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