Nach nicht mal eineinhalb Jahren hat das ZDF die Literatursendung »Die Vorleser« abgesetzt. Die 10. Sendung vom 3. Dezember 2010 war die letzte. Die Nachfolgesendung von Elke Heidenreichs »Lesen!« war ein konsequenter Quotenflopp am späten Freitagabend. Die beiden Moderatoren Amelie Fried und Ijoma Mangold blieben so farb- und profillos wie die ganze Sendung. Die Beiden konnten im Loben weder mit Elke Heidenreich noch im Kritisieren mit Marcel Reich-Ranicki mithalten. Jetzt meldet der SPIEGEL das Aus für die Literatursendung.
Der SPIEGEL zitiert ZDF-Programmdirektor Thomas Bellut mit den Worten: »Es war sicher auch unser Fehler, dass wir auf eine Doppelmoderation gesetzt hatten.«
Dennoch scheint die Absetzung recht kurzfristig beschlossen worden zu sein, denn auf der Website prangt noch die Info »Die Sendetermine des Jahres 2011«. Ein Klick darauf bringt jedoch eine Fehlermeldung »Seite nicht gefunden«.
Schülertheater statt echter Diskurs
Bereits seit der ersten Sendung hatte das literaturcafe.de das mangelhafte Zusammenspiel des Moderatorenduos bemängelt. Dabei sollte Amelie Fried, die als Autorin eher im Bereich der seichteren Frauenliteratur zuhause ist, die Identifikationsfigur für die lesende Hausfrau darstellen. Ijoma Mangold, Fernseh-Neuling und stellvertretender Feuilletonchef der ZEIT, verkörperte den intellektuellen Kritiker. Eine aufgesetzte Rollenverteilung, die am Anfang schon deshalb nicht funktionierte, da es gar nicht das Ziel der Sendung sein sollte, sich kritisch oder konträr mit den vorgestellten Büchern auseinanderzusetzen.
Erst in den letzten Ausgaben durften die beiden auch schon mal eine gegenteilige Meinung zu den Werken vortragen, was jedoch mehr nach Schülertheater als nach echtem Diskurs klang.
Hinzu kam jeweils ein Gast, der ebenfalls die beiden Moderatoren nicht wirklich aufmischte: Mario Adorf, Maria Schrader oder Matthias Brandt. Nicht unbedingt Menschen, mit denen man eine junge Zielgruppe für das Buch begeistert.
Und haben wir an dieser Stelle vor fast genau einem Jahr den Nachruf auf den zweiten Tod von Elke Heidenreichs »Lesen!« im Internet geschrieben, so gilt der Satz vom lustlosen Bücherloben auch für die Vorleser, denen man darüber hinaus immer noch den Zeitdruck im Nacken anmerkte. Eine halbe Stunde ist nicht viel.
Bewegung kam nur in die letzte Sendung, als man den Veranstaltungsort wechselte und hinter den Moderatoren fahrende Autos zu sehen waren.
»Was bleibt? Der Dank ans ZDF, dass diesem Grauen endlich ein Ende gemacht wurde und die Hoffnung, dass kurzfristig ein neues, interessantes und LÄNGERES Format zu einer WEIT BESSEREN SENDEZEIT ausgestrahlt wird, moderiert von jemandem, der Bücher liebt und dies auch transportieren kann.« Besser als Ladymacbeth704 im Forum auf der ZDF-Website kann man es nicht zusammenfassen.
Die Literatur wird das ZDF dennoch nicht ganz aufgeben. »Ein neues Literaturformat mit dann neuen Moderatoren werde nicht vor dem Sommer starten«, weiß der SPIEGEL.
Was spricht dagegen, eine Büchersendung einmal vom hohen Ross der Literatur herunterzuholen und wirklich die Lust am Lesen zu wecken? Warum nicht die Teenies vor den Bildschirm locken, indem nicht Opa Grass Geschichten vom Krieg erzählt, sondern Stephenie Meyer über Vampirromanzen? Keine Berührungsängste bitte, Seichtes gerne neben Literarischem, denn das Kontroverse macht die Sache interessant. Packt eine Slammerin oder einen Slammer mit dazu und zeigt, dass Lesen und Bücher auch Spaß machen kann! Selbst Menschen unter 50!
Wolfgang Tischer
Wie begeistere ich Menschen für Literatur? Zunächst sollten
Bücher von authentischen Bücherliebhabern und anerkannten
Fachleuten, die gerne Ecken und Kanten haben dürfen, präsentiert
werden. Ja genau, ich rede von Leuten wie Reich-Ranicki oder auch
Frau Heidenreich. Da muss es ausser den beiden genannten doch auch
noch andere geben! Sorry, aber als ich seinerzeit las, daß Frau
Fried sich dieser Aufgabe annehmen würde, hatte ich größte Bedenken
ob der Besetzung – was sich offensichtlich ja auch als zutreffend
erwiesen hat. Bitte nicht mißverstehen, ich habe nichts gegen Frau
Fried persönlich, aber ich halte sie einfach nicht für kompetent in
dieser Hinsicht. Wie wäre es andererseits mal, einen Autor als
Kommentator in eine solche Sendung einzubauen? Vielleicht nicht
gerade den omnipräsenten Herrn Schätzing, aber auch da gibt es doch
ein Füllhorn an jungen, interessanten Autoren, die ein solches
Format mit frischen Ideen aufwerten könnten.
Ich schließe mich dem Kommentar meines Vorredners an.
Es sollten Fachleute aus der Buchbranche sein, die solche Sendungen aufbauen und moderieren.
Die Idee, einen Autor als Moderator einzusetzen, finde ich faszinierend.
Äh, also, Frau Fried ist Autorin- soviel zu dieser spannenden Idee…
@jule:
Ja, stimmt. Frau Fried ist eine Autorin, allerdings hatte ich Autoren mit etwas gehaltvollerem – sprich: literaturmäßig gewichtigerem – Backkatalog gemeint. Das Werk von Frau Fried erscheint mir persönlich zu seicht, was das betrifft.
Es gibt ja auch einen qualitativen Unterschied zwischen der Bild-Zeitung und der FAZ, wobei beide ihre Leserschaft haben. So hat auch Frau Fried sicher eine Fangemeinde, aber für ernsthafte Diskussionen über Literatur stelle ich mir einfach andere Repräsentanten vor. Das ist nicht böse gemeint, es passt meines Erachtens einfach nicht, sorry:)
Ich finde, solche Literatursendungen sollten endlich von
(vermeintlich) hohen Ross runter kommen, da gebe ich Wolfgang
Tischer vollkommen Recht. Lesen sollte Spaß machen und das nicht
mit Germanistenblick erfolgen. Wie wäre es denn, wenn eloquente
Menschen ihre Lieblingsbücher vorstellen. Oder Wolfgang Tischer als
Moderator mit gern lesenden Zeitgenossen Interviews führt und die
dann erzählen, welches Buch sie warum gern gelesen haben. Ich würde
zum Beispiel gern mal über „Die Wand“ sprechen – eines der am
besten geschriebenen Bücher, die ich je gelesen habe. Also, lieber
Wolfgang Tischer … wollen Sie sich nicht als Moderator bewerben.
Fände ich Klasse! Herzliche Grüße von Renate Blaes P. S.: Frau
Heidenreich ist auch Autorin …
ich habe die Sendung der “ Vorleser“ nur einmal gesehen
,aber es gab wirklich kein4en Anreiz weiterzu machen. Kein
Vergleich mit Elke Heidenreich und Marcel Reich Ranicki, bleibt nur
die Hoffnung, dass dieses fehlgeschlagene Experiment zu einer
besseren Wahl der Moderatoren führt.
Natürlich: lesen sollte Spaß machen. Aber es sollte nicht dabei belassen sein. Es sollte auch notwendig sein, eine Diskussion über Sinnloses ist meist fatal. Vielleicht sollte es weder der Germanistenblick, noch das Naive: wir lieben einfach Bücher so sehr – sein, sondern eien Mischung aus beidem. Das – so muss man der Sendung lassen – wurde versucht, jedoch ist man gescheitert.
Warum? Ich glaube, weil alles so gespielt wirkte. Warum nicht einmal Zündstoff bieten? Twilight wäre da die blendende Idee. Warum wollen wir nicht einmal Twilight aus einer literaturwissenschaftlichen Sichtweise betrachten, wurde das überhaupt schon gemacht? Ich denke das hätte Diskussionsstoff. Man muss das Buch danach nicht mögen, es kann auch einmal über „schlechte“ Bücher gesprochen werden. Am spannendsten sind doch gerade diese Bücher, wo keine Einigkeit herrscht.
Wie gesagt, ich denke man sollte einen goldenen Mittelwerk finden. Vielleicht wäre auch das eine Möglichkeit Jugend und Alter einmal zusammen zu bringen.