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Textkritik: Deutsches Wesen – Ein Sonett – Lyrik

Eine Textkritik von Malte Bremer

Deutsches Wesen – Ein Sonett

von Alfred Fürst
Textart: Lyrik
Bewertung: von 5 Brillen

In einem einz’gen klaren Worte
gar nicht leicht es ist zu sagen
was des Dichters Herz bewegt
Jedoch findet er’s im rechten Porte

Aufrecht und gerade sein
sich nicht leicht beugen lassen
Achtend eig’ne Stände, Herrscher, Klassen
Das ist er wohl – des Deutschen Hain

Drängt sein Sinn auch oft zum Kriege
schlägt ungestüm sein Puls im fremden Land
Der Sieg ist meist in Gegner’s Wiege

Reisst die Schlacht bald tiefe Wunden
Der Deutsche, – er verbindet sie
Auch kann er sich des Raubs nicht wehren
Der Werke seiner Genien höchsten Stunden.

© 2002 by Alfred Fürst. Unerlaubte Vervielfältigung oder Weitergabe - gleich welcher Art - verboten.

Zusammenfassende Bewertung

Mein erster Verdacht: Der Schwachsinn in diesem Gedicht ist durchaus gewollt, er hat nachgeradezu Methode! Die Verstümmelung der deutschen Sprache, die Verletzung grammatischer Regeln und die Vernachlässigung selbst oberallereinfachster Zeichensetzungsregeln wird vom Autor einem Dichter angelastet, der offenbar in Ermangelung eines eigenen Gehirns im rechten Sumpf (Port) trübfischt und nur sinnlos-deutschtümelnden Blödsinn zusammenfaselt. Damit will der Autor die Nazis als einen Haufen radebrechender Deppen und arschkriechender Obertrottel brandmarken, um sie dem Gelächter preiszugeben.
Bedauerlicherweise ist dieser Verdacht eine Unterstellung: Damit würden Fähigkeiten unterstellt, die der Autor nicht besitzt. So bedaure ich zutiefst, keine Minusbrillen verpassen zu können: Die Unbeholfenheit, auch nur einen einzigen richtigen Satz auf die Reihe zu bekommen, gepaart mit diesem Sendungsbewusstsein, hat schon etwas Tragikomisches. Fazit:
Oberpeinlich!

Die Kritik im Einzelnen

Was folgt, ist kein Sonett: weder sind die beiden Quartette metrisch und reimmäßig identisch gebaut (a-b-b-a), noch geben sie eine Situation wieder, die dann in den beiden Terzetten (es gibt überhaupt keine zwei »Dreizeiler«) reflektiert wird. es ist halt ein weiter Weg zu der Genien höchster Stunden, dafür klingt Sonett aber hübsch einschüchternd gebüldet … zurück
Kennen wir: deswegen dichten Dichter ja auch, weil sie Was-auch-immer-es-Ist nicht in 1 Wort sagen können – es ist nicht nur gar nicht leicht, sondern schlechterdings unmöglich (meistens jedenfalls); doch welcher Dichter ist hier gemeint? Der homo poeticus per se und an und für sich, oder spricht der Dichter dieses Nicht-Sonetts (nicht der Autor!) über seine höchsteigenen Schwierigkeiten zu sagen KOMMA was sein Herz bewegt? zurück
Das ist ja der Hammer: Da gibt es tatsächlich eine Quelle in einem rechten Port PUNKT, aus der zumindest 1 Dichter schöpfen kann, wenn er nicht weiß, was sein Herz bewegt! Was aber ist ein rechter Port? Ist es ein richtiger Hafen (=Heimstätte für Schiffer) im Gegensatz zu den falschen, die sich zu Hauf an Meeresküsten und Fluss- sowie Seeufern tummeln? Ist es ein rechter Hafen im Gegensatz zu einem linken, einem oberen oder einem unteren? Ein Flughafen? Eine politische Heimstätte Rechter, die nicht wissen, was ihr Herz (oder was sie dafür halten) bewegt, und deshalb auf vorgefertigte und für 1000 Jahre konservierte dort eingebunkerte Herz- und Gemütsbeweger zurückgreifen?
Was ein Glück, dass die meisten Dichter (und andere Menschen) es nicht nötig haben, in einem Wort zu sagen, was sie bewegt! Die brauchen folglich auch keinen rechten Port. zurück
Nanana, jetzt wird aber gemogelt: das einz’ge klare Wort will unser Dichter in dem Porte gefunden haben – und was bietet er uns hier frech an? Eine ganze Zeile voll, vier einz’ge Wörter auf einem Haufen (wobei das KOMMA am Ende schamhaft unterschlagen wird – aber die deutsche Sprache war noch nie die Stärke der Lagerverwalter im rechten Port)! Und dann diese überraschende Kombination: aufrecht und gerade!!! Aufrecht UND gerade, statt z.B. dem üblichen gebeugt und ungerade oder aufrecht und kriechend (aufrecht krochen sie in des Führers Arsch) – was für prachtvolle Fundstücke aus dem rechten Port werden da der staunenden Leserschaft präsentiert! zurück
Ich werde im Folgenden nur noch einen Link pro Abschnitt setzen, sonst wird mir das zu aufwändig und unübersichtlich! Also weiter geht’s nach dem fehlenden Komma:
sich nicht leicht beugen lassen KOMMA: will sagen: will sich eigentlich schon beugen lassen, aber nicht sofort und von jedem, sondern erst nach etwas stärkerem Druck, dann aber bereitwillig; oder will dieses unsägliche Weiterführung des Dichterherzbewegenden einz’gen Wortes sagen: ich krieche bereits (siehe: aufrecht krochen…), da kannst du mich nicht mehr leicht beugen  – Ätsche-ätsche-bätsche? Das leuchtete mir auf Anhieb ein!
Achtend eig’ne Stände, Herrscher, Klassen BEISTRICH oder STRICHPUNKT oder DOPPELPUNKT oder GEDANKENSTRICH – halt,nein: der nicht, der würde falsche Tatsachen vorspiegeln!
Das einz’ge Wort nimmt von Zeile zu Zeile gewaltig an Umfang zu: irgendwann wird es wohl platzen müssen! Achtend eig’ne Ständer – oh pardon: Stände! Lang ists her: die gibt es heute nur noch als andere Um-, widrige Um-  sowie Zu- und Aufstände. Der Aufruf, die eig’nen Herrscher zu achten, würde vor allem unseren Politikern gefallen und bewegt wohl kaum eines Dichters Herz. Und Lehrer achten laut Volksmund ihre Klassen schon lange nicht mehr, sondern spielen lieber Tennis. Aber wissen will ich, wer eigentlich derjenige ist, der all das achtet – das einz’ge Wort kann es schon lange nicht mehr sein, das hat viel zu viel Gesellschaft unter seinesgleichen! Aber wer dann?
Das ist er wohl – des Deutschen Hain PUNKT: Huch – was ist den jetzt geschehen? Aufgebrochen war unser ratloser Dichter, in einem Bunker des rechten Ports das einz’ge klare Wort zu finden, doch fand er nur ein ganzes Bündel (fascies) Leergedroschenes – und jetzt entdeckt er einen ganzen Hain, worüber er prompt seine eigentliche Aufgabe vergisst (zur Erinnerung: das einz’ge klare Wort zu finden); dieser Hain muss beim gegenwärtigen Waldsterben (oho: das ist noch lange nicht ausgestanden!) komplett getürkt sein, ein Kunstheiligtum à la Kunsthonig. Warum gesteht unser Dichter nicht einfach ein, dass er im rechten Port nichts gefunden hat? Oder treibt den Dichter eine ganz andere, eine geradezu teuflische Absicht? Ich habe da eine fürchterliche Ahndung! Unser in der ersten Strophe erwähnte Dichter (nicht der Autor!) verliert jedenfalls – das gilt es festzuhalten! – vollständig Verstand und Faden und irrt in einem Plastikwäldchen herum. Doch, das hat was: mein Verdicht verdachtet sich! zurück
Der erste Beweis: Drängt sein Sinn auch oft zum Kriege KOMMA: Hier wird behauptet, des Deutschen Hain (von dem zuletzt geredet wurde) will Krieg führen, sein (des Plastik-Hains) Sinn dränge dazu – das verschlägt mir glatt die Sprache, ich gebe zu: dieser Wendung bin ich nicht gewachsen! Mein Kompliment …  Aber es ist der unzweifelhaft eindeutige Beweis Nr. 1, dass unser Rollen-Dichter jeden Faden und Verstand verloren hat!
Der zweite Beweis: schlägt ungestüm sein Puls im fremden Land KOMMA: Wenn des Hains Sinn zum Krieg drängt, erscheint es mir nur logisch, dass der Hain im fremden Land (kennt der sich in der Heimat, der Heimat, da gibt’s ein Wiedersehn fallerera nicht mehr ein noch aus? Ist ein getürkter Hain vielleicht von Geburt an prinzipiell heimatlos? Ist der Hain seiner selbst nicht mehr Herr und Meister? Wer weiß das schon, und wer will das eigentlich wissen? Ich jedenfalls nicht!), dass der Hain also im fremden Land als eigentlich Handelnder in einem verzweifelten letzten Aufbäumen ungestüm seinen Puls schlägt, damit er (der Hain) wieder zu Besinnung kommt – was leider nichts nützen wird, schließlich ist der Sinn am drängeln, Krieg will er haben, der Hainsinn. Soweit zum zweideutigen Beweis Nr. 2, dass unsere Dichter-Rolle jede Faser von Verstand verloren hat!
Der dritte Beweis: Der Sieg ist meist in Gegner’s Wiege PUNKT: Sprachlich ist der bereits erfolgreiche Sieg der Gegner über das deutsche Rechtschreib wunderschön durch das englische Genitiv-Apostrop-s belegt! Und traraurig (Nanu? Verweigert Word jetzt seinen Dienst? Schließlich habe ich dieses Wort eben gerade in meinem Überschwang erschaffen, und Word behauptet, das sei ganz in Ordnung so …  oder streckt Word freiwillig die Waffen angesichts des geballten Unsinns?) Nochmals: Und traraurig  traraurig: der Deutsche Hein hat keine Chance trotz allen Sinngedrängels: Die Gegner sind im Prinzip die geborenen Gewinner, der Deutsche Hein eine Fälschung! Soweit der drittrangige Beweis, dass die Dichterrolle irgendwo eine Unwucht hat! zurück
Sammelbeweise 4 bis 7: Zunächst einmal reisst (statt richtig: reißt) die Schlacht tiefe Wunden: Es kämpfen jetzt also nicht nur der Loser Deutscher Heinz und der Winner Gegner’s-Wiege, sondern auch noch die Schlacht, und Letztere reißt in irgendwen oder -was tiefe Wunden, die alsdann der Deutsche verbindet, der wohl gerne überall mitmischt – immerhin ist er zur Stelle. Doch hat der Deutsche noch eine Aufgabe: er soll sich des Raubs wehren. Das macht grammatisch keinen Sinn, soll es auch nicht, denn in diesem Gedicht wird…
Einen klitzekleinen Moment noch: Also wer raubt da? Richtig: Während die Schlacht in den Deutschen Heinz und die siegreiche Gegner’s-Wiege tieftriefende Wunden reißt,die der Deutsche flugs verbindet, rauben die Werke die höchsten Stunden seiner (des Deutschen) Genien. Alles klar? Ja? Dann bitte ich um Auf- und Erklärung! zurück

© 2002 by Malte Bremer. Unerlaubte Vervielfältigung oder Weitergabe – gleich welcher Art – verboten.