StartseiteBuchkritiken und TippsLobbyland-Autor Marco Bülow (MdB): »Demokratie ist nicht nur eine Bringschuld vom Staat«

Lobbyland-Autor Marco Bülow (MdB): »Demokratie ist nicht nur eine Bringschuld vom Staat«

Marco Bülow, Bundestagsabgeordneter und Buchautor, beim Zoom-Gespräch für den Podcast des literaturcafe.de (Screenshot)
Marco Bülow, Bundestagsabgeordneter und Buchautor, beim Zoom-Gespräch für den Podcast des literaturcafe.de (Screenshot)

»Es gibt eine Melange an Dingen, die die Demokratie aushöhlen und entkernen«, sagt Marco Bülow, der seit 2002 als Abgeordneter im Bundestag sitzt. In seinem Buch »Lobbyland« und im Podcast des literaturcafe.de beschreibt er, wie wir mit demokratischen Mitteln zu mehr Demokratie zurückfinden.

Am 26. September 2021 wird ein neuer Bundestag gewählt. Daher geht es in dieser Podcast-Folge um ein politisches und gesellschaftskritisches Buch. »Lobbyland – Wie die Wirtschaft unsere Demokratie kauft« lautet der Titel des neuen Buches von Marco Bülow. Wolfgang Tischer vom literaturcafe.de spricht mit dem Autor.

Marco Bülow: Wie die Wirtschaft unsere Demokratie kauft. Erschienen im Verlag »Das Neue Berlin«.
Marco Bülow: Wie die Wirtschaft unsere Demokratie kauft. Erschienen im Verlag »Das Neue Berlin«.

Marco Bülow sitzt als Abgeordneter seit 2002 im Bundestag. Damals war er 31 Jahre alt. Als Kandidat der SPD für den Wahlkreis Dortmund I wurde er stets direkt gewählt. Jedoch galt er oftmals als aufmüpfig und war als Abgeordneter nicht ganz so stromlinienförmig angepasst wie andere.

Im Jahre 2018 trat er schließlich aus der SPD aus. Wie viele in der SPD versprach er vor der letzten Bundestagswahl, dass es keine weitere große Koalition geben werde. Als die Meinung der SPD nach der Wahl kippte, war dies für ihn ein weiterer Grund, nach 26 Jahren Mitgliedschaft aus der SPD auszutreten.

Nach zwei Jahren als parteiloser Abgeordneter trat er 2020 in die Partei »DIE PARTEI« ein. Von den Medien wird DIE PARTEI gerne als »Spaßpartei« oder »Satirepartei« bezeichnet. Ihr bekanntester Vertreter ist der EU-Abgeordnete Martin Sonneborn.

Wir erwischen Marco Bülow für das Gespräch in seinem Wahlkreis in Dortmund, wo er jetzt als Kandidat für DIE PARTEI antritt. Wie sieht er nach dem Parteiwechsel seine Chancen für eine Wiederwahl? Würde er erneut direkt gewählt werden, säße er im Bundestag. Die Chancen, dass DIE PARTEI die Fünfprozenthürde überspringt, sind eher gering.

Ganz ruhig sei es im Parlament derzeit nicht, berichtet Marco Bülow. Die Lage in Afghanistan, die Flut im Ahrtal und immer noch Corona bedingen Sondersitzungen.

Als fraktionsloser Abgeordneter gehöre man gar nicht zu den Hintersten der Hinterbänkler, musste Bülow feststellen. Man könne sich beispielsweise den Ausschuss selbst aussuchen, in dem man sitzt, während dies ansonsten die Fraktion vorgibt. Ebenfalls habe er Rederecht und könne bestimmen, worüber er im Bundestag spreche. Fraktionen können einem schon einmal das Rederecht entziehen.

Der sogenannte »Fraktionszwang« ist für Bülow einer der Dinge, die die Demokratie aushöhlen. Allerdings hüten sich alle davor, den Fraktionszwang als solchen zu benennen. Häufig ist von »Fraktionsdisziplin oder -solidarität« die Rede. Doch immer wieder gibt es Momente, in denen der »Zwang« offensichtlich wird.

Doch die meisten Wählerinnen und Wähler kennen ihre Bundestagskandidatin oder ihren Kandidaten nur vom Wahlplakat. Gibt da der Fraktionszwang den Wählerinnen und Wählern nicht eine gewisse Sicherheit?

Wen dem so wäre, so Bülow im Podcast, brauche man keine gewählten Abgeordneten mehr. Dann könne man auch Beamte in den Bundestag setzen, die nach Vorgabe der Fraktion oder Regierung abstimmen.

Tatsächlich animiert der Bundestagsabgeordnete Marco Bülow im Podcast dazu, sich öfters an seine:n Abgeordnete:n zu wenden. Denn Abgeordnete wollen vor allen Dingen ihre Ruhe haben, um sich ungestörter mit Lobbyisten zu treffen. Unruhe im Wahlkreis könne sinnvoll sein.

Obwohl sich Marco Bülow für mehr Demokratie und mehr Freiheit der Abgeordneten einsetzt, sieht er keine Gefahr für Applaus von der falschen Seite: »Es ändert sich auch nichts, wenn man am 26. September zuhause bleibt und sich abschottet von diesem Wahlsystem und von der Demokratie. Demokratie ist nicht nur eine Bringschuld vom Staat, sondern auch immer wieder eine Verantwortung von der Bevölkerung.«

In seinem Buch »Lobbyland – Wie die Wirtschaft unsere Demokratie kauft« gibt Marco Bülow weitere Tipps, wie man sich mit demokratischen Mitteln für mehr Demokratie einsetzen kann.

Hören Sie das ausführliche Gespräch mit Marco Bülow im Podcast des literaturcafe.de. Nutzen Sie den Player unten auf dieser Seite. Der Podcast des literaturcafe.de ist zudem auf allen Portalen wie Apple iTunesSpotify oder Deezer zu hören und zu abonnieren.

Marco Bülow; : Lobbyland: Wie die Wirtschaft unsere Demokratie kauft. Broschiert. 2021. Das Neue Berlin. ISBN/EAN: 9783360013781. 15,00 €  » Bestellen bei amazon.de Anzeige oder im Buchhandel
Marco Bülow; : Lobbyland: Wie die Wirtschaft unsere Demokratie kauft. Kindle Ausgabe. 2021. Das Neue Berlin. 9,99 €  » Herunterladen bei amazon.de Anzeige

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1 Kommentar

  1. Ich stimme Ihnen absolut zu, ich unterstütze die gleiche Meinung. Das Thema ist heute relevant und notwendig, viele Menschen haben ein verzerrtes Verständnis für das Problemfeld demokratischer Stiftungen.
    Vielen Dank.

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