Ein Internetangebot, das sich als »Beitrag zur kulturellen Bildung« bezeichnet und ein »Informationsdienst« sein will, muss ständig und stetig weiterentwickelt und aktualisiert werden. Wer das literaturcafe.de kennt, der weiß, dass wir ständig und stetig daran erinnern, dass literaturportal.de all das nicht ist. Der Betreiber ist kein geringerer als das Deutsche Literaturarchiv in Marbach und der eingangs formulierte Anspruch wurde von Bildungsminister Bernd Neumann in einer Rede und Pressemitteilung aus dem Jahre 2006 erhoben. Vom Ministerium wurde laut dieser Mitteilung ein Zuschuss von 150.000 Euro gezahlt, der dem dilettantisch zusammengeschusterten Projekt nie anzusehen war. Vom Start weg war es ein »bildungspolitischer Unfall«, wie es Wieland Freund in der Welt formulierte. Ein offener Brief des literaturcafe.de, in dem wir den Minister um Stellungnahme baten, sorgte zwar für reichlichen Wirbel bei den Projektbeteiligten, doch Neumann selbst zog es vor, dass Problem nach kohlscher Manier auszusitzen. Der Brief blieb unbeantwortet, was Antwort genug war, denn das Eingestehen von Fehlern zählt nicht zu den politischen Tugenden.
Regelmäßig schauen wir dennoch bei literaturportal.de vorbei. Prangte zunächst monatelang eine Uralt-Meldung auf der Startseite, wurde diese irgendwann entfernt, und die unbelebte Startseite passt nun besser zum Eindruck des Gesamtangebots. Lediglich die Literaturtermine sind aktuell, da hierfür nicht Marbach verantwortlich ist. Sie werden automatisch vom Kulturkurier geliefert, der das einzige verbliebene privatwirtschaftliche Unternehmen sein dürfte, das nachwievor von der damaligen staatlichen Förderung profitiert.
Bei den Autorenportraits sieht es hingegen weiterhin düster aus. Wir machen wieder den »Literaturpreis-Check« und schauen, ob namhafte und aktuelle Literaturpreise aufgelistet bzw. ob die Preisträger überhaupt mit einem Portrait vorhanden sind. Arno Geiger – Deutscher Buchpreis 2005 – ist weiterhin genau so wenig verzeichnet wie Katharina Hacker, die den Preis 2006 erhalten hat. Die Preisträgerin von 2007, Julia Franck, ist eher zufällig mit einem älteren Profil gelistet, vom Gewinn des Preises ist natürlich nichts zu lesen. Gleiches gilt für Mosebach (Büchner-Preis 2007) und Ingo Schulze (Preis der Leipziger Buchmesse 2007).
Doch neben Literaturpreisen gibt es noch andere, weniger erfreuliche Ereignisse im Lebenslauf eines Autors wie zum Beispiel dessen Ende. Ein bedeutender, unlängst verstorbener Schriftsteller ist Walter Kempowski. Und tatsächlich: sein Todesdatum, der 5. Oktober 2007, wurde ergänzt. Außerdem der Satz »Walter Kempowski starb 2007«.
So werden auf literaturportal.de also offensichtlich keine erfolgreichen zeitgenössischen Autoren hinzugefügt (Strubel, Glavinic, …), aber zumindest Todesdaten ergänzt wie z.B. auch bei Ulrich Plenzdorf (»Plenzdorf starb 2007«). Das entbehrt natürlich nicht einer gewissen feinen Ironie, dass einem toten Literaturportal sozusagen auch die Schriftsteller langsam wegsterben.
Ich habe die Berichterstattung über das Literaturportal hier aufmerksam mitgelesen – und dann beschlossen, dass es sich nicht lohnt, dort vorbeizusurfen. Da ist die viel gescholtene Wikipedia aktueller…