StartseiteLiterarisches LebenInsa Wilke ist die beliebteste Bachmannpreis-Jurorin des Jahres 2018

Insa Wilke ist die beliebteste Bachmannpreis-Jurorin des Jahres 2018

Insa Wilke (Foto: ORF/Johannes Puch)
Insa Wilke (Foto: ORF/Johannes Puch)

Insa Wilke ist die beliebteste Bachmannpreis-Jurorin des Jahres 2018. Bei der Publikumsabstimmung auf literaturcafe.de setzte sich die diesjährige Neu-Jurorin deutlich an die Spitze der Beliebtheit. Klaus Kastberger, der den Titel in den Jahren zuvor dreimal errang, landete diesmal nur auf Platz 4.

Überhaupt schneiden die Damen der 7-köpfigen Kritikerrunde in diesem Jahr besser ab als die Herren.

So konnte sich bei der nicht repräsentativen Online-Abstimmung die ebenfalls neue Jurorin Nora Gomringer den 2. Platz sichern, jedoch mit deutlichem Abstand zu Platz 1. Auf Platz 3 in der Publikumsabstimmung landete diesmal Hildegard Keller – knapp hinter Nora Gomringer. Keller belegte auch im Vorjahr den 3. Platz.

Nach Klaus Kastberger auf Platz 4, folgen stimmengleich auf Platz 5 Stefan Gmünder und Hubert Winkels. Die wenigsten Stimmen gab es im Jahre 2018 für Michael Wiederstein. Im Jahr zuvor landete Wiederstein – damals zum ersten Mal mit dabeinoch auf dem 2. Platz.

Die Publikumsabstimmung zum besten Juror/zur besten Jurorin wurde vom literaturcafe.de 2014 zum ersten Mal durchgeführt. Die erste Preisträgerin war seinerzeit Daniela Strigl.

Das genaue Ergebnis in Zahlen wird wie immer nicht öffentlich bekannt gegeben.

Wie ebenfalls in den Vorjahren haben wir aus ausgewählten Kommentaren, die bei der Abstimmung eingegeben werden mussten, kleine Begründungen zusammengestellt. Wie in den Jahren zuvor gab es erfreulicherweise keinen Juror und keine Jurorin, die gar keine Stimme erhielt. Wir danken allen, die an der Abstimmung teilgenommen und so großartige Begründungen geliefert haben!

1. Platz: Insa Wilke

Toller Einstieg. Man merkte ihr die Premiere nicht an. Selbstbewusst, fachlich beschlagen und mit viel Engagement. Verteidigte wie eine Löwenmutter Ihrer Jungen (Autoren). Auch die Rückfragen an die anderen Juroren brachte Leben in die Diskussionen.

Frau Wilke hat kompetent geurteilt, gut gesprochen, sich sowohl der/dem zu Beurteilenden als auch den Mitjuroren zugewandt, hat ihre Urteile kompetent begründet und gefällt.

Insa Wilke ist nicht nur eine Augenweide – sondern und darauf kommt es an – eine Ohrenweide. Sie hat eine klare deutliche Sprache. Ihre Argumente überzeugen meist. Sie ist sehr ruhig und sachlich und trotzdem lässt sie auch Gefühle erkennen. Durch ihre Wortbeiträge wurde die Diskussion spannender und anregender. Sie lässt erkennen, dass sie sehr intelligent aber auch einfühlsam mit den Texten umgeht und lässt sehr viel Professionalität erkennen.

Insa Wilke versucht bei den Kandidaten ihre jeweiligen Stärken herauszuarbeiten. Sie setzt sich für die Lesenden ein, stellt sie nicht bloß, und sie hat das notwendige Handwerkszeug, Literatur zu beurteilen. Sie trägt keine Worthülsen vor, sondern fundierte, auf Überlegung und genauer, wohlwollender Lektüre gründende Beobachtungen und Erkenntnisse.

Sie ist hervorragend vorbereitet, bringt interessante Aspekte sprachlicher und inhaltlicher Art zur Diskussion, spricht die Autorinnen und Autoren direkt an und behandelt sie sehr respektvoll und ist eine hervorragende Gesprächspartnerin.

Insa Wilke überzeugte mich mit ihrer freimütigen Art, man spürte ihre Lust, über die Texte zu diskutieren, und nicht nur zu referieren. So brachte sie frischen Wind rein.

Insa Wilke hat den von ihr vorgeschlagenen Text von Joshua Groß mit viel Engagement und Herzblut verteidigt. Das hat mich sehr beeindruckt. Außerdem hat sie mit ihren vielen fundierten Beiträgen wesentlich zu einer lebhaften  Diskussion beigetragen.

Weil sie sich wirklich noch bemüht, mit literarischen Kriterien einen Text zu beschreiben (nicht nur dieses platt-banale ‘Der Text ist blöd’ oder ‘Text und ich werden keine Freunde’ o.ä.). Insa Wilke ist in der Lage, über solches Bla-bla hinauszugehen.

Schafft in ihren Kommentaren eine angenehme Balance zwischen akademischem und publikumsorientiertem, bodenständigem Vokabular. Schweift selten ab von klarer Analyse und versucht nicht, sich die Texte zurecht zu interpretieren, sondern stellt die kritischen Verständnisfragen an den Stellen, die dem Text einfach nicht gut stehen.

2. Platz: Nora Gomringer

Mit ihrer angenehmen und erfrischenden Art schafft es Nora Gomringer, die verschiedenen Aspekte zu sortieren und sachlich und fair zu argumentieren, auch noch während sie gleichzeitig ihre Emotionen und Meinungen gegenüber den Texten zeigt.

Nora Gomringer schien mir in ihrem Urteil stets sehr fair zu sein, was daran liegen mag, dass sie selber hauptamtlich Autorin und nicht Kritikerin ist.

Endlich – (ein Stückchen Schweizer) Literatur lebt auf. Unser fleischgeword‘nes Fräulein Rottenmeier lehrt uns das Fürchten und uns zu kleinen Geissenpeterlis, verwaisten Heidis und ollen Alpöhis der Literatur erstarren

Als von mir geschätzte Autorin hat Nora Gomringer mir auch als Jurorin sehr gefallen, weil sie auf humorvoll-selbstironische Art ihre Textbeurteilungen eben nicht rhetorisch routiniert als literaturwissenschaftliche Baukastenversatzstücke in die Debatte eingebracht, sondern ihre Urteile selbstkritisch hinterfragt hat, sogar hat infrage stellen lassen.

Es war ihr sehr persönlicher und nachdenklicher, unprätentiöser Blick auf die Texte und deren Vortrag, der mich für Gomringer als Jurorin eingenommen hat. Und mich als Zuhörerin mehr erhellt und zum Nachdenken angeregt hat als manch perfekt daherkommendes, »alternativloses« Urteil.

Alles in allem empfinde ich Nora Gomringer unbedingt als eine Bereicherung der Jurorenrunde und wünsche mir, dass sie als uneitles, erfrischendes Element mit ganz ungewöhnlichen kritischen Einfällen und Querverweisen – sozusagen als Gegengewicht zu den »Etablierten« – auch in den nächsten Jahren wieder mit dabei ist.

Die Jurorin überzeugt uns mit ihrer klaren Sprache und sachlicher Kritik. Sie bringt mit ihrem Temperament frischen Wind in die Runde.

Nora Gomringer spricht in einer tollen, manchmal ungewöhnlichen Sprache, die trotzdem sehr klar und gut verständlich ist. Ein negatives Urteil äußert sie nicht beleidigend, sie lobt die von ihr Eingeladenen nicht (wie manche andere) über den grünen Klee hinaus. Die interessantesten Einwände (Frauen/Mütter) stammten von ihr, sie hat m. E. mehr Andeutungen und Verweise verstanden als ihre Jurykolleg:innen und war zuweilen ein wichtiger Gegenpol – besonders zu Insa Wilke.

Blieb immer beim Text, sachlich, immer begründet, gut argumentiert

Sie ist selbst eine Schreibende und hat einen sehr klaren und unverstellten Blick auf das Vorgetragene. Sie muss sich nicht auf überbordende Literaturkritik kaprizieren und irgendwelche verschrobenen und verschwurbelten Ansichten zum Ausdruck bringen, um die eigene Wichtigkeit zu zelebrieren. Sie ist erfrischend anders und bodenständiger als alle anderen.

Eine echte Bereicherung. Erweitert die Jury um die Autorenperspektive.

3. Platz: Hildegard E. Keller

Sie ist in ihren Begründungen stets sehr professionell, trotzdem auch witzig, spritzig.

Lektoriert ladylike lustvoll leidenschaftlich.

Verwechselt nicht ihre ach so tolle Kritik mit der Leistung der Texte. Wie das oft die in ihre Ideen und Formeln verliebten Kollegen. Die Stimme der Vernunft!

Bringt Kritik auf den Punkt. Gute, sachliche Analysen!

Eigenständige fundierte Kritik, beurteilt den Text und nicht den Autor, große Sachkenntnis auf verschiedenen Gebieten, ist fair sowohl dem Text wie der Autorin persönlich und den anderen Jurymitgliedern gegenüber.

Weil sie am stärksten den Fokus auf »Sprache als Handlungsschauplatz« behielt und sich traute, es auch auszusprechen: »Es hat nichts mit Philisterhaftigkeit zu tun, wenn wir endlich auch mal über Sprache sprechen.« (aus dem Gedächtnis zitiert:-)

Frau Keller hat mit Herz und Verstand die Diskussion beeinflusst.

In diesem Jahr hat Hildegard Elisabeth Keller als Kritikerin am meisten überzeugt, weil sie nahe am Text und an der Sprache geblieben ist und die Diskussion immer wieder auf die Sachebene zurückgebracht hat.

Sehr stichhaltig. Wartet ab und platziert dann pointiert. Habe ihr am liebsten zugehört.

Frau Keller hat ein Gespür für Worthülsen und beherzigt konsequent Mark Twains Rat, Adjektive umzubringen, sobald man sie findet (oder wenigstens die meisten davon). Sie lässt sich nicht (oder nicht leicht) blenden, argumentiert leidenschaftlich, aber sachlich.

Fachkompetentes Argumentieren, Diskussionskultur, Liebe für die Sprache und Humor – Frau Hildegard Elisabeth Keller verkörpert für mich alles, was diesen Wettbewerb Jahr für Jahr sehenswert macht.

Ihre Kritiken sind auch für einen Laien verständlich.

4. Platz: Klaus Kastberger

Weil er nach wie vor auf erfrischende, oftmals humorvolle Weise gänzlich neue, andere Sichtweisen auf die Texte einbringt in die Diskussion.

Ich-Perspektive steht bei Kritik im Vordergrund. Selten Allgemeinplätze. Österreicher. Kommt meiner Vorstellung eines symphytischen Kritikers am nächsten. Ist leidenschaftlich.

Im Unterschied zu einigen der anderen Juroren nicht schulmeisterhaft, nicht starr nicht akademisch und nicht selbstbezogen. Betrachtet den Gegenstand.

Verlässt am ehesten die Literaturkritikregeln – ohne dann auf sich selbst zu sprechen zu kommen.

Seine Beiträge sind konstruktiv, man kann gut zuhören und nachvollziehen, wie er Kritik übt; bringt nochmal Dinge auf den Punkt.

Herr Kastberger beschreibt mal wieder sehr gut, was ich etwas diffuser und im Ansatz auch über die Texte denke…

Weil er auch heuer wieder die humorvollsten und zugleich bissig-treffendsten Kommentare für uns, das Publikum, zu bieten hat.

Er ist einfach eine coole Socke, bodenständig, lustig und hatte am 2. Tag Brasilien auf dem T-Shirt 🙂

Wortwitz, Lockerheit, trotzdem sachlich zum Text.

Ich mag die Art wie er auf die Text reagiert- kritisch und doch respektvoll! Habe ganz oft gleiches Empfinden den Texten gegenüber!

Bin wieder für Klaus Kastberger, da er seine sehr qualifizierten Urteile leicht und locker und inzwischen auch nicht mehr allzu provokant hinüberbringt.

5. Platz: Stefan Gmünder und Hubert Winkels

Über Stefan Gmünder:

Stefan Gmünder spricht »wenig aber appetitlich«. Er kommentiert sehr souverän und mit Witz.

Herr Gmündner setzt sich sorgfältig mit den vorgetragenen Texten auseinander, begründet mit Sachverstand und Respekt und diskutiert respektvoll mit den Mitjuror:innnen.

Bleibt immer sachlich, bemüht sich um Objektivität und hat Humor.

Herr Gmünder fällt durch seine Besonnenheit auf.

Er beurteilt auf nicht-besserwisserische, nicht übertrieben akademische Art die vorgelesenen Texte, er verletzt mit seiner Kritik nicht, sondern erklärt auf verständliche Weise seine Meinung, ohne seine Bildung heraushängen zu. Manchmal zeigt er einen feinen Humor, der nicht plakativ ist.

Weil er die Ruhe selbst ist …

Über Hubert Winkels:

Ausgewogene Meta-Strukturierung der Textkritik, hohes theoretisch-ästhetisches Niveau des Ansatzes bei Vermeidung verstiegener Bewertungskorsette. Erreichen einer freien Luzidität der Analyse.

Sachlich-nüchterne Kompetenz ohne Polemik, positive Attitüde. Versteht Darstellungsweisen anderer und versucht Sichtweisen nachvollziehbar zu machen.

Argumentiert textzentriert und stellt gleichzeitig Bezüge zur Literaturwelt her; wohlwollend und respektvoll, macht gleichzeitig eigene Wertung klar. Kennt wunderschöne Wörter.

Mit seiner beschreibenden, nicht unbedingt wertenden Wortwahl hat Winkels bei den Lesungen am Samstag die Worte gefunden, die meiner Einschätzung der Texte am nächsten kamen. Dies gilt auch für seine wertenden Sätze.

Sachlich, kenntnisreich, fair, wohlwollend, weniger eitel als in den Jahren davor, altersmild(?).

Die Beurteilungen, Einschätzungen und Fragen von Hubert Winkels zu den Texten konnte ich am besten nachvollziehen und erschienen mir sachlich und verständlich und entsprachen weitgehend meiner Meinung.

Er ist einfach immer genau und geht in die Tiefe.

6. Platz: Michael Wiederstein

Der beste und sympathischste Juror in Klagenfurt war für mich Michael Wiederstein. Er ist direkt ohne zu verletzen. Er beurteilt den Text und nicht den Autor. Er argumentiert sachlich und trägt Substantielles zur Diskussion bei.

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