StartseiteBachmannpreis 2022Brigitte Schwens-Harrant ist die beliebteste Bachmannpreis-Jurorin des Jahres 2022

Brigitte Schwens-Harrant ist die beliebteste Bachmannpreis-Jurorin des Jahres 2022

Brigitte Schwens-Harrant (Foto: Screenshot/ORF)
Brigitte Schwens-Harrant ist laut Publikumsabstimmung auf literaturcafe.de die beste Bachmannpreis-Jurorin des Jahres 2022 (Foto: Screenshot/ORF)

Brigitte Schwens-Harrant ist die beliebteste Bachmannpreis-Jurorin des Jahres 2022. Bei der Publikumsabstimmung auf literaturcafe.de setzte sie sich in diesem Jahr souverän an die Spitze. Vorjahressiegerin Insa Wilke rutschte stark ab. Keine Überraschungen hingegen gab es auf dem letzten Platz.

Juror Michael Wiederstein erkämpfte sich wie in den beiden Jahren zuvor den 2. Platz. Im Jahr 2019 gewann Wiederstein den Titel des beliebtesten Jurors.  Mara Delius arbeitete sich um zwei Plätze nach oben vom 5. auf den 3. Platz.

Für den dreimalige Titelgewinner Klaus Kastberger (2015, 2016, 2017) ging es nach unten: von Platz 4 im Jahr 2021 auf Platz 6 in diesem Jahr. Philipp Tingler hat sich auf Platz 5 damit sogar vor Kastberger gesetzt.

Wie im Vorjahr deutlich abgeschlagen landete Vea Kaiser erneut auf dem letzten Platz.

Sachlichkeit und Argumentation am Text überzeugen

Warum das Publikum Brigitte Schwens-Harrant zur besten Jurorin kürte, ist eindeutig. In den Begründungen zur Stimmabgabe dominiert das Wort »sachlich«. Oft gelobt wurden auch ihre Urteile anhand konkreter Textstellen. Außerdem ließe sie sich nicht auf die Ego-Kämpfe anderer Jury-Mitglieder ein. Weitere Stimmen aus dem Publikum lesen Sie unten.

Die Publikumsabstimmung zum besten Juror/zur besten Jurorin wurde vom literaturcafe.de 2014 zum ersten Mal durchgeführt. Die erste Preisträgerin war seinerzeit Daniela Strigl.

Das genaue Ergebnis in Zahlen wird wie immer nicht öffentlich bekannt gegeben.

Wie ebenfalls in den Vorjahren haben wir aus ausgewählten Kommentaren, die bei der Abstimmung eingegeben werden mussten, kleine Begründungen zusammengestellt. Wie in den Jahren zuvor gab es erfreulicherweise keinen Juror und keine Jurorin, der oder die gar keine Stimme erhielt. Wir danken allen, die an der Abstimmung teilgenommen und so großartige Begründungen geliefert haben!

1. Platz: Brigitte Schwens-Harrant

Vorjahresplatzierung: 3

Brigitte Schwens-Harrant (Foto: Screenshot/ORF)
Brigitte Schwens-Harrant (Foto: Screenshot/ORF)

Brigitte Schwens-Harrant wirkt kompetent und uneitel. Sie argumentiert nachvollziehbar und immer nahe am Text, bleibt fair und sachlich. In ihre Bewertungen scheinen keine persönlichen Faktoren hineinzuspielen. In diesem Jahr hatte sie einen größeren Redeanteil als zuvor und scheint endlich ihre Rolle in dieser Jurykonstellation gefunden zu haben.

Hat ein gutes Gespür für die Zusammenhänge/Inhalte und leistet respektvolle Kritik am Text und nicht an der Person.

Brigitte Schwens-Harrant hat weder polemisiert noch polarisiert. Sie argumentierte durchgängig mit literaturwissenschaftlichen Kriterien und blieb sachlich. Ihr Unterhaltungswert mag nicht so hoch sein wie der anderer in der Jury, dafür gab es von ihr Erkenntnisgewinn zu fast jedem der vorgetragenen Texte.

Ich stimme für Frau Schwens-Harrant, weil sie

  • den vorliegenden Text analysiert und den Leserinnen neue Lesewege aufschließt, und das auf didaktisch gute Weise (kommt ohne Belesenheitsnachweis aus und gibt keine Nachhilfeexkursion in Sachen Literaturwissenschaft): ein paar Texte habe ich danach ein zweites Mal gelesen und etwas gefunden, das ich beim ersten Mal nicht sah, das aber da ist (zum Beispiel beim Zeman-Text am Schluss der Diskussion: die politischen Fauser-Anspielungen und Kellerzitat)
  • ihre Argumentation sich immer auf den Text bezieht, häufig gibt sie textliche Belege und Beispiele (humorvoll war hier bei einem Text die Nennung fast aller Genetivkonstruktionen bis es weh tat)
  • Textstrukturen rausarbeitet und nicht (mehr oder wenig hineinfantasierte) Inhalte – manchmal war sie die einzige (neben Delius und Wilke), die sowas tat (besonders 1. Tag)
  • läßt andere ausreden, könnte sich öfter einmischen, sagt Dinge, die niemand sonst dort sagt, sie geht der Inhaltsdiskussion nicht auf den Leim.

2. Platz: Michael Wiederstein

Vorjahresplatzierung: 2

Michael Wiederstein (Foto: Screenshot/ORF)
Michael Wiederstein (Foto: Screenshot/ORF)

Klare, konzise und wenig polemische Sichtweise mit guten Pointen, die vor allem das Textgespür des Jurors haben unter Beweis stellen können. Herr Wiederstein hat die Diskussionen an den richtigen Stellen mit knappen Impulsen entscheidend lenken können, dafür danke ich ihm.

Michael Wiederstein sorgt mit seiner Textauswahl (auch wenn die Kritik »konventionell« diesmal geäußert wurde) für tolle Diskussionen in der Jury, da sie zu sehr unterschiedliche Einschätzungen und Emotionen führen. Aber nicht nur seine Texte, er selbst auch. Er ist einfach ein belebendes Element und verschafft dem Preis ein gewisse Moderne.

Ich stimme für Michael Wiederstein, weil er die Texte sehr differenziert und eloquent beurteilt hat. Er hat die Diskussion mit interessanten Aspekten bereichert und die Texte mit Wertschätzung betrachtet.

Während ich Michael Wiederstein in seiner Juror-Anfangszeit eigentlich nicht besonders geschätzt habe, ist er seit 2-3 Jahren wirklich einer der Juroren, der in seinen Beurteilungen wirklich profunde Kommentare macht, die auch nachvollziehbar sind. Ich kann inzwischen mit seinen Meinungen wirklich etwas anfangen und liege anscheinend mit ihm auf gleicher Wellenlänge.

Beste Kombination aus Ernsthaftigkeit, Humor und Leichtfüßigkeit bei der Beurteilung von Literatur. Für ein Format wie Klagenfurt ist er nahezu ideal!

3. Platz: Mara Delius

Vorjahresplatzierung: 5 (mit Philipp Tingler)

Mara Delius (Foto: Screenshot/ORF)
Mara Delius (Foto: Screenshot/ORF)

Weil sie sachlich und äußerst kompetent urteilt und sich von niemandem aus der Jury um ihre Auffassung bringen lässt. Dabei untersucht sie immer Stärken UND Schwächen von einem Text. Sie sucht nicht nach vielen Merkmalen für ein (gutes oder schlechtes) Urteil, sondern lässt immer den Text als Ganzes wirken. Erst erschien sie mir zu kühl, heute denke ich: ohne sie, würde es in der Jury zu einem Hitzestau kommen.

Mara Delius setzt sich sachlich und profund mit den Texten, ihren relevanten Inhalten, literarischen Mitteln und Strukturen auseinander, ohne floskelhaft abgenutztes Verbal-Instrumentarium zu bemühen oder starres Kriterien-Schema. Kritisiert und argumentiert nicht ad personam, sondern nah am Text, theoriegestützt und dennoch individuell, anschaulich, plausibel, unforciert und uneitel. Bleibt kollegial distanziert, frei von Aggression oder rhetorischem Muskelspiel, neugierig auf Texte, interessiert am Urteil der Mitstreiter*innen, souverän und besonnen im Umgang mit den Kolleg*innen. Die von ihr ausgewählten Autor*innen haben außerdem Überzeugendes abgeliefert.

Feine Klinge, bleibt immer ruhig und gelassen, weil sie fest im Sattel sitzt. Präzise Beobachterin.

Mara Delius hat eine sehr kompetente und unaufgeregte, dabei immer auf den Text bezogene Art, Schwachstellen zu erkennen und sehr sympathisch und ohne Stutenbissigkeit ihre Meinung zu vertreten.

Immer sachlich und textbezogen, beteiligt sich nicht an den Hahnenkämpfen mancher anderer, sondern sucht eher den Dialog mit den Kollegen.

Bleibt immer am Text, orientiert sich an der Sprache, belegt ihre Urteile mit Beispielen (statt mit irgendwelchen Mätzchen, Scherzchen, persönlichen Vorlieben oder interpersonellen Querelen). Sehr angenehm.

4. Platz: Insa Wilke

Vorjahresplatzierung: 1

Insa Wilke (Foto: Screenshot/ORF)
Insa Wilke (Foto: Screenshot/ORF)

Insa Wilke ist immer am Text interessiert. Bringt einleuchtende Gründe verständlich vermittelt. Muss sich nicht wie der ein oder andere Juror auf Kosten anderen profilieren. Immer souverän und humorvoll durch Argumente überzeugend.

Sie ist sehr gut vorbereitet und steigt mit Verve und konstruktiv und intensiv in jedes konstruktive Gespräch ein.

Sie begründet ihre Aussagen verständlich und nachvollziehbar, nimmt Bezug auf VorrednerInnen, kann Kritik in wertschätzender Weise anbringen, Respektvolles Verhalten auch in Konfliktsituationen und sie hat ein enormes Wissen, das ihre Voten sehr gehaltvoll macht. Sie vermittelt ein emphatisches Interesse für die Texte und die Autor:innen.

Insa Wilke kommentiert und äußert ihre Kritik wertschätzend und in einer ansprechenden Art und Weise. Sie fällt anderen Juror:innen nicht ins Wort und »übernimmt auch nicht den Job« des Moderators, wie es andere Jurymitglieder ab und an tun. Auf »Spitzen« von Vea Kaiser reagiert sie gelassen.

5. Platz: Philipp Tingler

Vorjahresplatzierung: 5 (mit Mara Delius)

Philipp Tingler (Foto: Screenshot/ORF)
Philipp Tingler (Foto: Screenshot/ORF)

Wieder einmal begeistert er durch seine polarisierende Art, wobei es verwundert, dass er und Wilke in diesem Jahr häufiger einer Meinung waren.

Hat seine Textkritik in diesem Jahr sehr auf den Punkt gebracht und trotzdem mit dem ihm eigenen Tingler-Temperament. Und außerdem hatte er die beste Handtasche.

Queere Performance, macht sich mit nichts und niemandem gemein, stört produktiv, nimmt den Rahmen der Veranstaltung nicht als selbstverständlich hin, lässt sich nie festnageln, ist niemals langweilig, hat einen sehr guten Text eingeladen (Engler), ohne ihn wären die Jurydiskussionen sehr viel langweiliger (homogener).

Ohne die Beiträge von Philipp Tingler wären die Diskussionen der Jury wesentlich weniger interessant.

Herr Tingler ist das nötige Gegengewicht in der Jury, um die Diskussionen real zu halten und einen Orientierungspunkt zu bieten für Zuschauer und Leser, die nicht 78 Semester Germanistik studiert haben. Ohne Herrn Tingler fände ich diese Diskussionen extrem einseitig und selbstreferentiell.

Ohne den Tingler-Pfeffer wäre es fad.

6. Platz: Klaus Kastberger

Vorjahresplatzierung: 4

Klaus Kastberger (Foto: Screenshot/ORF)
Klaus Kastberger (Foto: Screenshot/ORF)

Hat Humor. Kann sich für einen Text begeistern oder auch nicht. Begründet dies jeweils sehr nachvollziehbar. Ist sehr offen in seinen Urteilen. Er kann über seinen Tellerrand hinaussehen und lobt oder verreißt nicht so subjektiv und damit relativ voraussehbar, wie das z. B. bei Herrn Tingler der Fall ist. Ist auch nicht persönlich betroffen, wenn andere aus der Runde anderer Meinung sind, wie dies z. B. bei Frau Kaiser der Fall ist.

Seine Formulierungen sind ein Genuss, kurz, genau, selbstironisch

Klaus Kastbergers Urteile sind literarisch präzise und vor allem immer voller Humor.

Weil er in seiner lässigen Art den Literaturbetrieb genau erklärt und dabei vielleicht auch sich und die anderen ein wenig auf die Schaufel nimmt!

Bewertet die Texte sachlich und bringt oft noch eine neue, interessante und unterhaltsame Sicht ins Spiel.

7. Platz: Vea Kaiser

Vorjahresplatzierung: 7

Vea Kaiser (Foto: Screenshot/ORF)
Vea Kaiser (Foto: Screenshot/ORF)

Die einzige die Frauen verteidigt und nicht der indoktrinierten Misogynie nachgibt. Vea Kaiser ist wunderbar!

Differenziert, erklärt, ohne zu belehren, sehr sympathisch.

Sie war meinungsstark, klar und nachvollziehbar.

Modern und feministisch hat sie einen sehr anregenden Blick auf die Texte und stellt gute Bezüge her.

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2 Kommentare

  1. Philipp Tingler. Er versucht immer wieder, den Blick auf die Sprachgestaltung und die Kriterien dafür zu lenken. Er fiel nicht auf die “Performance”-Dame herein, sondern wollte auch hier die Sprachanalyse anstoßen, was aber leider wegen mangelnder Beteiligung verpuffte.
    Monika Buttler

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