Am Sonntag endete die Frankfurter Buchmesse 2010 – doch auf literaturcafe.de geht sie noch eine ganze Woche weiter. Denn es gibt noch viel zu berichten, beispielsweise von unserer Twitter-Lesung oder der Präsentation des Kalenders mit erotischen Buchhändlerinnen. All das lesen Sie in unseren Buchmesseberichten in dieser Woche.
Ebenso wird es noch eine ganze Woche lang täglich eine Folge des Buchmessepodcast geben, unter anderem mit den Machern von Neobooks, des Eichblogs und mit Sascha Lobo und Roger Willemsen.
Für uns war der eigene Stand am Hot Spot »Literatur & Special Interest« eine feine Sache. Allerdings bahnte sich am ersten Tag der Messe ein Desaster an. Doch ein Notenständer für 18 Euro hat unseren Messeauftritt gerettet.
Eigentlich klang das Hot-Spots-Konzept der Buchmesse nach einer guten Idee
Das Konzept der »Hot Spots« ist eigentlich eine gute Idee der Frankfurter Buchmesse: In unterschiedlichen Hallen haben die Veranstalter gestalterisch ähnliche Sammelstände platziert und diese heftig beworben. Dort sollten sich kleine innovative Unternehmen präsentieren, sodass die große träge Buchbranche mit diesen agilen und kreativen Firmen vernetzt wird.
Nun sind 2.248 Euro plus Mehrwertsteuer für die kleinste Standvariante mit Tischchen und Stuhl für das literaturcafe.de eine ganze Menge Geld. Doch ist in diesem Preis alles enthalten, was man als Aussteller benötigt: Strom, WLAN, das eigene Logo am Stand, ein Prospekthalter, ein Besprechungsbereich und eine Kaffeebar. Auf der am Hotspot integrierten Bühne kann man zudem einen halbstündigen Vortrag halten.
Das sah auf den Zeichnungen, die uns die Messe vorab schickte, alles sehr gut und vielversprechend aus, und so reisten wir mit leichtem Gepäck nach Frankfurt.
Allerdings hatten wir die Katze im Sack gekauft, denn wie der Stand wirklich aussah und wo sich genau unser Stand befand, das haben wir erst am ersten Messetag gesehen.
Und was wir dort sahen, war enttäuschend!
Da die Messe den Hot Spot im letzten Moment noch in der Größe änderte und die Stände nicht optimal auf die Fläche passten, wurde unser Stand gut 20 Grad vom Hallengang und somit von den Besuchern weggedreht. Dies hatte gleich mehrere negative Auswirkungen:
- Wer vom Halleninneren kam, hat den Stand des literaturcafe.de gar nicht wahrgenommen. Nur wer sich zufällig im richtigen Moment umgedreht hätte, hätte das Logo gesehen.
- Selbst wenn man unmittelbar von vorn auf den Stand blickte, war nicht zu erkennen, dass dort das literaturcafe.de zu finden ist. Wenn wir mit Besuchern direkt vor dem Stand sprachen, fragten uns diese, wo denn der Stand sei. »Sie stehen davor«, war unsere Antwort. Dann mussten sie den Rumpf nach rechts beugen und den Blick nach links richten – und dann sah man das aus der Sicht gedrehte Logo und hörte ein: »Ach so, ja, jetzt sehe ich es …«.
- Durch die Drehung entstand für die Besucher eine gefährliche Stolperfalle. Etliche Menschen sollten uns im Laufe der nächsten Tage buchstäblich zufliegen. Da Kabel für Internet und Strom unter den Ständen verliefen, waren diese auf einem kleinen Podest platziert. Für andere Stände kein Problem, da ihr Tischchen dennoch unmittelbar am Gang war. Doch unser war gut 50 cm davon entfernt. Wer mit uns ins Gespräch kam und näher an den Stand trat, kam nicht selten ins Stolpern.
- Durch das Podest lagen unsere Werbepostkarten, die wir verteilen wollen, viel zu hoch auf dem Tisch. Niemand nahm sie wahr, kaum jemand nahm sie mit.
- Und der Prospektständer? Anders als auf der Konzeptzeichnung war er nicht in Sichthöhe an der Logo-Stehle, sondern seitlich am Tisch angebracht. Damit erfüllte er nur den Zweck, das man daran mit der Jacke hängen blieb, wenn man sich zwischen den Ständen durchquetschte. Was soll ein Prospektständer mehr oder weniger an der Rückseite des Standes?
Wir hatten viel Geld für einen zweitklassigen Stand ausgegeben
Unser Frust stieg im Laufe des Mittwochs, wir hatten viel Geld für einen zweiklassigen Stand ausgegeben. Im Geiste formulierten wir böse Beschwerdebriefe und ärgerten uns, dass wir das Geld für den Stand bereits brav überwiesen hatten. Natürlich beschwerten wir uns gleich vor Ort, doch bei der Messe sah man das Problem nicht:
- Würde man von der »richtigen« Richtung kommen und innerhalb der richtigen fünf Gangmeter den Kopf heben, so würde man unser Logo doch super erkennen.
- Die zwei Schrauben des Prospektständers könne man nicht lösen, um diesen stattdessen auf der Vorderseite zu befestigen. Da entstünden dann zwei kleine unschöne Löcher und man wolle doch die Stände im kommenden Jahr wiederverwenden.
- Stattdessen bot man uns allen Ernstes an, man könne für 60 Euro Mehrkosten ein zweites Logo vorn am Stand anbringen.
- Oder wir sollten doch mal in der Halle der Ladenbauer schauen, ob uns einer einen Prospektständer zur Verfügung stellen könne, um unsere Werbepostkarten näher ans Publikum zu bringen. Doch einen klobigen Ständer wollten wir nicht vor dem Stand platzieren, wäre doch eine endgültige Barriere zwischen Stand und Besucher errichtet.
Arschkarte gezogen, Pech gehabt. Mist! Aber wir geben nicht auf.
Wir waren am Mittwochabend sauer und verärgert, dass man uns nicht helfen konnte oder wollte, dass der Stand so stand wie er stand. Arschkarte gezogen, Pech gehabt, zum gleichen Preis das schlechtere Produkt erworben. Mist!
Unseren Kunden verkaufen wir kreative Ideen und Konzepte und zeigen ihnen, wie man mit wenig Einsatz viel erreichen kann. Also mussten wir in eigener Sache kreativ werden.
Die Postkarten müssen tatsächlich näher an den Gang, damit sie die Besucher unkompliziert greifen und mitnehmen können. Wir brauchen einen einfachen und filigranen Prospektständer, der den Stand nicht verbaut. Und wir müssen den Stand unübersehbar machen, haben aber keine Plakate, doch dafür 1.000 Werbepostkarten mit der »Notfalltasse«.
Was ist einfacher und filigraner als ein gewöhnlicher Notenständer? Und statt eines Posters überziehen wir die weiße Stehle mit aufgeklebten Postkarten.
Also schwangen wir uns am Mittwochabend nach der Messe auf die Call-a-Bike-Fahrräder und radelten in die Innenstadt zur kleinen Musikalienhandlung Petroll. Dort hatten wir uns zuvor telefonisch angekündigt und erläutert, wozu wir einen Notenständer brauchen. Klar, die habe man vorrätig. Wir kauften das einfachste Modell für 18 Euro, und die freundliche Verkäuferin zeigte uns, wie man ihn fachgerecht auf- und zuklappt.
Weiter ging es zum nächsten Kaufhaus, wo wir eine 250er-Packung Fotoecken erwarben.
Uns so pflasterten wir am Donnerstagmorgen den Messestand unübersehbar mit gut 50 Postkarten und der »Notfalltasse«. Auf dem Notenständer langen – optimal auf Greifhöhe positioniert – vier Stapel Postkarten nebeneinander.
Kreative Standbaumaßnahme für unter 25 Euro
Unsere kreative Standbaumaßnahme für unter 25 Euro mit Notenständer und Fotoecken zeigte enorme Wirkung! Plötzlich sahen die Leute unseren Stand, sie schmunzelten oder lachten über die Notfalltasse oder fragten neugierig, was denn das sei.
Selbst mit einem gut platzierten Stand hätten wir nicht gedacht, dass wir 1.000 Postkarten unters Volk bringen, doch schon am Samstag war klar, dass die Karten im Laufe des Tages ausgehen würden. Optimaler war es nicht möglich!
So reisten wir am Sonntagabend zufrieden und glücklich von der Messe nach Hause.
Trotz misslicher Standplatzierung war das Hot-Spot-Konzept eine gute Idee der Buchmesse
Denn abgesehen von der misslichen Standplatzierung, die wir selbst aufpeppen mussten, waren die Hot Spots eine feine Sache. Die Twitter-Lesung – von der noch zu berichten sein wird – hat großen Spaß gemacht, wir haben tolle Gespräche mit Besuchern, Autoren und Verlagen geführt, und die netten Hostessen am Stand sorgen stets freundlich und rasch für Kaffee- und Keksnachschub, sodass unsere Besucher und wir gut versorgt waren. Und selbst das WLAN lief nach anfänglichen Schwierigkeiten.
Es könnte also sein, dass wir für nächstes Jahr wieder einen Stand am Hot Spot buchen – Notenständer und Fotoecken nehmen wir dann auf jeden Fall gleich mit.
Interessante Einblicke, dankeschön! Für den zufällig vorbeischlendernden Besucher waren die (ja doch recht ernsten) Hintergründe natürlich unwesentlich, im Endeffekt zählt die Promotion – schön, dass ihr euren Auftritt doch noch als Erfolg verbuchen könnt.
Seh‘ dieses Hot Spot Konzept ebenfalls differenziert: Auf der einen Seite ist es schön, so auch kleineren Unternehmen ohne großen monetären oder organisatorisch-logistischen Aufwand das Ausstellen zu ermöglichen (2,5k€ sind ja nicht wirklich viel Geld für’n fünftägigen Auftritt). Auf der anderen Seite muss das Unternehmen natürlich trotzdem noch buchstäblich sichtbar sein, sonst wäre geschenkt noch zu teuer. Denke da gibt’s durchaus noch Optimierungsspielraum; aus Ausstellersicht würde ich auch die verschiedenen Hot Spots untereinander sehr unterschiedlich beurteilen.
Ciao
Johannes