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eBooks angeblich wieder im Trend

Warum im Frühjahr/Sommer 2005 so viele Zeitungen, Zeitschriften und Online-Medien wieder von einem angeblichen eBook-Trend schreiben

BildDerzeit gibt es auffallend viele Zeitungs– und Online-Artikel, die verkünden, dass elektronische Bücher voll im Trend lägen. Diese Behauptung liest man seit Jahren regelmäßig. De facto hat sich in der eBook-Welt jedoch in den letzten Monaten und Jahren wenig Neues getan. Im Gegenteil: Der Trend ist eher vorbei. Große Marketingaktivitäten der Branche wie den World-eBook-Award gibt es schon lange nicht mehr. Die eBook-Angebote vieler Online-Händler sind verschwunden oder man muss lange danach suchen (wie z.B. bei Amazon). Die Firma Gemstar, die seinerzeit Lesegeräte ausschließlich für eBooks auf den Markt brachte, hat das eBook-Geschäft mangels Nachfrage und Umsätze im Jahre 2003 eingestellt.

Warum verkünden dann derzeit aber viele Medien, dass eBooks im Trend seien? Ganz einfach: Der Buchgroßhändler Libri bietet in seinem Internet-Shop libri.de seit März 2005 eBooks an und hat dieses in einer Pressemitteilung kundgetan. Die dpa hat diese Pressemitteilung aufgegriffen und daraus einen vermeintlichen Trend gemacht, den ihr Libri sozusagen im eigenen Interesse ins Ohr geflüstert hat. Und da sich Zeitungen und Online-Medien immer weniger eigene Redakteure für solche Spezialbereiche leisten, druckt man gerne dpa-Artikel ab. So kommt es, dass man an allen Ecken und Enden plötzlich vom vermeintlichen Trend „eBook“ hört.

Interessant ist, dass das eBook-Angebot bei libri.de eigentlich ein uralter Hut ist. Denn die Titel, die nun über libri.de zu erhalten sind, gibt es teilweise schon seit Jahren über die deutsche Plattform des eher kleinen französischen Anbieters Mobipocket.com. Für die deutschsprachigen Titel zeichnet die Firma Kreutzfeldt verantwortlich, die neuerdings mit Libri zusammenarbeitet. Ein guter Schritt, wie die Presseresonanz zeigt, die nun alten Wein in neuen Schläuchen als Trend verkauft.

Natürlich ist das Mobipocket-Format derzeit eines der sinnvollsten, auf das man setzen kann, denn die Lesesoftware, der Mobipocket Reader, ist für viele Geräte erhältlich. Auch inhaltlich bietet Libri wohl eines der attraktivsten Angebote, wenn man hier überhaupt von attraktiven Titeln sprechen will. Nach wie vor ist eines der Hauptprobleme, dass die Verlage nur selten eBook-Lizenzen vergeben. Die Angst vor digitalen Raubkopien ist einfach zu groß. Wer sich die aktuellen Bestseller digital auf sein Palm oder PocketPC holen will, der muss dies auch heute noch über illegale Plattformen im Netz tun. Der eigentliche eBook-Trend ist also im illegalen Bereich daheim.

Am offensichtlichsten steckt „Trendmacher Libri“ hinter einem eBook-Artikel in der gedruckten Ausgabe 7/2005 der Zeitschrift Internet magazin. Per Bestellcode können sich die Leser exklusiv ein kostenloses eBook bei libri.de herunterladen – nach einer Registrierung versteht sich. Das Ganze ist umrahmt mit einem redaktionellen Artikel, den immerhin keine geringere als Buchbloggerin Carola Heine geschrieben hat. Die erklärenden Boxen am Rande des Artikels sind jedoch anscheinend nicht von ihr. Dort liest man haarsträubenden Unsinn und schlichtweg Falsches. Kostprobe: »Der Unterschied zwischen einem E-Book und einer PDF-Datei besteht darin, dass E-Books mit einem Kopierschutz versehen sind (…)«. Diesen hanebüchenen Schwachsinn führt die Info-Box eigentlich bereits selbst ad absurdum, indem dort ebenfalls zu lesen ist »Auch einfache Text-Dokumente in den Formaten TXT und DOC können ein E-Book sein (…)«.

Dennoch können wir eigentlich nicht meckern, denn im Artikel wird z.B. auch das literaturcafe.de und unser Online-Kurs zum Erstellen eigener eBooks erwähnt. In unserem Kurs freilich werden nur eBooks ohne Kopierschutz erstellt. Außerdem wäre es vielleicht an der Zeit, den Artikel um das Mobipocket-Format zu erweitern. Nach wie vor ist der Microsoft Reader auf jedem PocketPC vorinstalliert und somit weit verbreitet. Microsoft selbst hat das Reader-Programm jedoch seit dem Jahre 2001 nicht mehr weiterentwickelt. Die Website verkündet heute dennoch »Der Microsoft Reader ist jetzt da!« und verweist auf den eBook-Shop von BOL, den es schon seit Jahren nicht mehr gibt. Die Links führen im Juni 2005 ins Leere. Auch dieses mangelhafte Engagement Microsofts belegt, dass von einem Trend leider keine Rede sein kann.

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