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Dichtender Zugchef

Na, das ist doch mal ungewöhnlich. Der Zugchef grüßt nicht nur die neu hinzugestiegenen Fahrgäste oder gibt Ankunftszeiten durch, sondern überrascht mit folgender Ansage:

Guten Tag, hier spricht der Zugchef. Ich möchte Ihnen gerne ein Gedicht vortragen.

Das Gedicht, das er vorliest ist von Joachim Hille. Und die Lösung: Joachim Hille ist der Zugchef, und das Gedicht aus seinem eigenen Buch, das er bei BoD veröffentlicht hat.

Marketing der anderen Art. Und ungeheuer mutig von Herrn Hille, wenn man weiß, wie sich die Fahrgäste ansonsten bereits bei Sprachfehlern oder Versprechern über ungewöhnliche Durchsagen lustig machen.

Wahrscheinlich wird die Bahn es ihm bald verbieten, weil irgendeine Vorschrift besagt, dass er während der Arbeitszeit nicht Werbung für eigene Produkte machen darf.

Eigentlich interessant. Stellen wir uns das mal für andere Berufsgruppen vor.

Die Polizei:
“Halt stehen bleiben! Sie sind verhaftet. Darf ich Ihnen ein Gedicht vorlesen?”

Der Arzt:
“Ja, es ist Krebs. Sie haben vielleicht noch sechs Monate. Darf ich Ihnen zum Trost ein Gedicht vorlesen?”

Der Nachrichtensprecher:
“Und nun die Wettervorhersage für morgen, Samstag, den 12. August. Davor möchte ich Ihnen noch ein Gedicht vorlesen.”

Der Stadionsprecher:
“Die Partie endet 0:0 und ich möchte Ihnen noch ein Gedicht vorlesen.”

George W. Bush:
“This nation is at war with moslem fascists. Let me read a poem for you.”

Nachtrag: Zwischenzeitlich hat uns eine Mail von Herrn Hille erreicht, was uns sehr gefreut hat. Darin erläutert er uns den Sachverhalt etwas genauer. Und zwar ist es nicht er, der seine Gedichte bei Zugdurchsagen liest, sondern ein Kollege. Mit Erlaubnis von Joachim Hille zitieren wir gerne aus seiner Mail:

Zu den Werbungsansagen im Zug sei angemerkt, dass es sich um Ansagen eines anderen Zugchefs handelt.
Noch zu keinem Zeitpunkt und kein einziges Mal machte ich eine Zugansage, in der ein Gedicht von mir vorgetragen wurde.
Diese Werbung macht ein Kollege von mir,der schon immer gern Gedichte vortrug.
Ich trage allerdings gern in direktem Kontakt mit meinen Fahrgästen meine Gedichte vor.
Und diese Unterhaltung wurde bislang mit großer Begeisterung aufgenommen.
Natürlich freut sich jeder Autor über Werbung.
Mein erstrebenswertes Ziel ist es nicht, Werbung um jeden Preis zu machen.
Unsere Fahrgäste in den Zügen haben zu Recht einen hohen Anspruch an das Fahrpersonal der Deutschen Bahn.
Ein weiser Spruch oder gar ein gutes Gedicht kann auf einer Reise auch Anregung sein.
Zufriedenheit der Gäste ist unser aller und nicht zuletzt mein Anspruch.

Technorati-Tags: buchmarketing joachim hille

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