
Wolf Haas ist toll. Ja, wirklich! Alle lieben seine Bücher. Warum muss daher Wochen nach Erscheinen des letzten Haas-Buches auch das Literarische Quartett nochmal sagen, dass es Haas toll findet, wo wir doch alle wissen, dass Wolf Haas total voll supergute Bücher schreibt?
Der Anfang
Thea Dorn sagt guten Tag. Dann sind Sätze aus der Diskussion zusammengeschnitten, die sich auf das Buch »Wackelkontakt« von Wolf Haas beziehen und die die Zuschauer neugierig auf die Diskussion machen sollen. »Wackelkontakt« wurde bereits in jedem Feuilleton und anderswo ausreichend und ausführlich besprochen und gelobt. So ziemlich jeder, der sich für zeitgenössische Literatur interessiert, dürfte wissen, dass es das Buch gibt und das es ganz arg toll ist. Jeder mag Wolf Haas, stellt sein Kollege Franzobel fest, der diesmal im Quartett saß. Warum, so muss man sich fragen, wird dieses Buch dann auch noch vom Literarischen Quartett ganz arg toll gefunden? Das überrascht doch niemand. Wie schon seinerzeit bei Kehlmann muss man sich die Frage stellen, warum das Quartett nur Lob-Schlusslicht spielt, anstatt den späten Start zu nutzen und das Buch in einen größeren Rahmen einzubetten und seinen Erfolg und den seines Autors mit breiterem Blick zu analysieren.
Zitate
Stattdessen also die folgenden Sätze als Vorab-Zusammenschnitt:
- Es ist hochunterhaltsam.
- Es ist ein totaler Page-Turner.
- Das ist jetzt nur ein Buch, bei dem man selbst als super seriöser Kritiker wirklich laut lachen kann.
- Ja, ich würde für den Buch zuerst einmal eher warnen, weil
mirmich dieses Cover wahnsinnig macht. - Wenn man das mit Logik verstehen will, kriegt man irgendwann einen Knoten ins Hirn.
- Gibt es noch so etwas wie eine Art von metaphysischer Wahrheit hinter dem Ganzen oder gibt es das nicht?
- Ist es sozusagen nur Spiel?
- Ich habe mich aber natürlich auch gefragt, also haut das wirklich hin, diese Konstruktion?
- Mir hat ein bisschen das psychologische Senkblei
gefälltgefehlt. - Dieses Buch ist ja tatsächlich böse.
- Der Haas ist ein Autor, den lieben alle, hat man den Eindruck.
- Und genau das macht es für mich natürlich ein bisschen dubios, also ein bisschen fragwürdig.
- Natürlich ist es eine eskapistische Literatur.
- Man kann sich hineinvertiefen und muss sich keine Bundestagsdebatten anschauen und darüber Gedanken machen.
Fast alle diese Sätze kann man beim Hanser Verlag als Zitat für eine Neuauflage verwenden, sofern nicht schon Denis Scheck das Buch gelobt hat. Wie? Hat er schon? Natürlich. »Das Beste, was man sich zu Beginn dieses Jahres in der Literatur antun kann«, hat der Unvermeidliche drei Wochen vor dem Quartett gesagt.
Das späte Haas-Tollfinden
Man kann sich die späte Haas-Tollfinderei also ersparen. Lediglich Franzobel versuchte ein klein wenig an Haas zu kratzen. Juckt aber niemanden.
Beim Rest der seit geraumer Zeit sterilen und stromlinienförmigen Diskussion schläft man ein. Wie wohltuend die Zeit, als es noch lineares Fernsehen gab. Was man verschlief, war weg als wäre es nie gesendet worden. Jetzt stellt man sich am nächsten Morgen die Frage, ob man sich den verschlafenen Teil nochmals in der Mediathek ansehen sollte?
Die Antwort ist schnell gefunden.
Nein.
Dafür findet sich kein Grund.
Wolfgang Tischer
Link ins Web:
- Video: Das Literarische Quartett vom 07.02.2025 in der ZDF-Mediathek
- Audio: Das Literarische Quartett vom 07.02.2025 in der Deutschlandfunk Audiothek und als RSS-Feed
Die in der Sendung vom 07.02.2025 besprochenen und erwähnten Bücher:
- Wolf Haas: Wackelkontakt: Roman. Gebundene Ausgabe. 2025. Carl Hanser Verlag GmbH & Co. KG. ISBN/EAN: 9783446282728. 25,00 € » Bestellen bei amazon.de Anzeige oder im Buchhandel
- Zach Williams; Bettina Abarbanell (Übersetzung); Clemens J. Setz (Übersetzung): Es werden schöne Tage kommen: Stories. Gebundene Ausgabe. 2025. dtv Verlagsgesellschaft mbH & Co. KG. ISBN/EAN: 9783423284615. 24,00 € » Bestellen bei amazon.de Anzeige oder im Buchhandel
- Julia Schoch: Wild nach einem wilden Traum: Roman. Gebundene Ausgabe. 2025. dtv Verlagsgesellschaft mbH & Co. KG. ISBN/EAN: 9783423284257. 23,00 € » Bestellen bei amazon.de Anzeige oder im Buchhandel
- Ismail Kadare; Joachim Röhm (Übersetzung): Der Anruf: Untersuchungen. Gebundene Ausgabe. 2025. S. FISCHER. ISBN/EAN: 9783103976335. 24,00 € » Bestellen bei amazon.de Anzeige oder im Buchhandel
Der Artikel ist mit Herz und sehr viel Engagement geschrieben. Leider wiederholt er aber genau das, was der Sendung vorgeworfen wird: Konzentration auf das Buch von Wolf Haas. Die Bücher, die sonst noch besprochen wurden, kommen nur in der Fußzeile vor. Welche Meinung hat der Autor zu diesen Büchern. Das hätte ich gerne erfahren.
Bin ganz Deiner Meinung, Lerche!
Muss leider voll umfänglich zustimmen. Hatte Mühe, wach zu bleiben. Und habe es bereut.
Tja, das wäre DIE Chance gewesen, die anderen drei Werke in den Fokus zu rücken. Da kann ich mich der Lerche nur anschließen. Wegen “Haas-Tollfinden” einschlafen und deshalb andere Titel verpassen – uncool!
Der Artikel gefällt mir und bestätigt mein Desinteresse an dieser Sendung, in die ich nur ein einziges Mal in den letzten Jahren reingeguckt und mich als Gast mit Grausen abgewandt habe. Aber:
Ich muss leider feststellen, dass auch W. Tischer sich anscheinend zu toll findet. Sonst hätte er vor der Veröffentlichung Korrektur gelesen.
“Ja, ich würde für den Buch zuerst einmal eher warnen, weil mir dieses Cover wahnsinnig macht.”
“Mir hat ein bisschen das psychologische Senkblei gefällt.”
Auch bei Transkripten sollte man der Verständlichkeit zuliebe dem Automaten auf die Finger gucken.
“Supergute Bücher” finde ich sprachlich übrigens pubertär unbeholfen.
Sorry, wer ist Wolf Haas?
So, mir reicht es! Das ständige Bashing des Literarischen Quartetts ärgert mich schon lange. So ein Pech, dass nun ein Buch hoch gelobt wurde, dass man selber auch selbstverständlich toll findet. Ich verabschiede mich vom Literaturcafe, trinkt euren kalten Kaffee ohne mich!