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TikTok und New Adult: Was die Stuttgarter Zeitung berichtet

Leider hinter der Paywall: Artikel der Stuttgarter Zeitung über TikTok und Buchhandel
Leider hinter der Paywall: Artikel der Stuttgarter Zeitung über TikTok und Buchhandel

TikTok und New Adult beleben den Buchmarkt, und junge Menschen lesen wieder. Das ist der Tenor vieler Artikel, die derzeit selbst in der kleinsten Lokalzeitung zu lesen sind. Leider blenden diese Beiträge die Nebeneffekte aus. Nicht so ein Beitrag in der Stuttgarter Zeitung – der leider einen anderen Nachteil hat.

In ihrem Artikel »Buchbranche profitiert von TikTok – doch es gibt auch Nachteile«, der am 3. Februar 2025 in der Stuttgarter Zeitung und andere Zeitungen im Südwesten Deutschlands erschienen ist, beleuchtet Janina Link den Einfluss von TikTok auf den Buchmarkt und spricht mit Experten aus der Branche. Einer davon ist literaturcafe.de-Herausgeber Wolfgang Tischer, der feststellt: »TikTok hat es geschafft, dass es nur für dieses Social-Media-Medium sogar eine eigene Bestsellerliste gibt.« Die Algorithmen der Plattform bestimmen, welche Bücher sichtbar sind – mit enormen Folgen für Verlage und Buchhandlungen. Keine andere Social-Media-Anbieter hat jemals zuvor aktiv eine solche Nähe zum Buchhandel gesucht. Es ist offensichtlich, dass das Genre »New Adult« dafür gesorgt hat, dass der Buchhandel noch Umsatzzuwächse erzielt.

Auch Christian Riethmüller, Geschäftsführer der Buchhandlung Osiander, kommt im Beitrag zu Wort und bestätigt, dass der Einfluss von TikTok längst nicht mehr zu übersehen sei. »Wenn wir neue Buchhandlungen bauen, planen wir bereits ganze Abteilungen für New Adult und BookTok-Titel ein«, wird Riethmüller zitiert. Selbst seine Mitarbeitenden seien oft begeisterte BookTok-Nutzer, die ihr Sortiment aktiv danach ausrichten.

Doch während Verlage und Buchhändler sich über die steigenden Verkaufszahlen freuen, sieht Tischer auch problematische Entwicklungen: »Die Gefahr besteht, dass sperrige Titel eher links liegen gelassen werden, weil der Fokus der Verlage darauf liegt, möglichst schnell einen neuen TikTok-Erfolg zu erzielen.« Bücher mit komplexeren Inhalten könnten untergehen, während massenkompatible Werke bevorzugt werden.

Hinzu kommt die Unsicherheit über die Zukunft von TikTok. In den USA wurde die Plattform kürzlich für kurze Zeit abgeschaltet. Das Nordamerika-Geschäft des aus China stammenden Betreibers ByteDance soll womöglich von Trump nahestehenden Unternehmen übernommen werden. Tischer warnt: »Ein Umsatzrückgang wäre nicht auszuschließen, wenn TikTok wegfallen würde.« Welche Alternativen es geben könnte, bleibt unklar. Zweifelsohne würden sich die TikTok-Creator andere Kanäle suchen. Der Anbieter Bluesky hat beispielsweise umgehend ein vertikales Videoformat eingeführt.

Der Artikel geht auch auf das wachsende Selfpublishing ein. Erfolgreiche Autorinnen wie J. S. Wonda oder Marah Woolf zeigen, dass Bestseller heute auch ohne klassische Verlage möglich sind. Anbieter wie Nova MD haben sich auf dieser erfolgreichen Selbstverleger spezialisiert. Doch für viele Schreibende bleibt die Sichtbarkeit das größte Problem. Tischer fasst es so zusammen: »Es gibt einige Stars, aber die Mehrheit der Autoren – ob im Verlag oder im Selfpublishing – kämpft um Sichtbarkeit.«

Und dann wäre da noch die künstliche Intelligenz. Einige Selfpublisher nutzen bereits KI-gestützte Tools für Cover-Design, Plot-Entwicklung oder Schreibassistenz. Auch Verlage experimentieren mit maschinellen Übersetzungen und automatisierten Lektoraten. Doch Tischer betont: »Die Qualität ist zwar noch nicht perfekt, aber die Fortschritte sind unübersehbar. […] Aber letztlich entscheidet die Zielgruppe, was ankommt.«

Janina Link gibt in ihrem Artikel einen differenzierten Einblick in die Auswirkungen von TikTok auf die Buchbranche. Während die Plattform für steigende Verkaufszahlen sorgt, wirft sie auch Fragen nach literarischer Vielfalt und Marktmonopolisierung auf. Und was, wenn TikTok plötzlich nicht mehr da wäre oder sich die Algorithmen ändern?

Wer sich noch weiter mit der kritischen Perspektive auf TikTok beschäftigen möchte, dem sei der Podcast des literaturcafe.de empfohlen, in dem bereits die Risiken der BookTok-Dominanz erörtert wurde.

Link ins Web:

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1 Kommentar

  1. Ich kann klar sagen, dass der TikTok und New Adult Trend mein Vertrauen in die Verlage fundamental geschwächt hat. Dass so eine unterirdische Qulität an LektorInnen vorbeigegangen sein soll, treibt mir noch vor Fremdscham die Hitze ins Gesicht.

    Eine neue Social Media Platform nur um Bücher und ums Lesen wär nett. Eine, die AUCH qualitativeren Büchern eine anständige Bühne bieten kann, während die anderen weiter in ihrer New Adult Abteilung so tun können, als wäre es ein qualitatives Genre.
    (Neulich las ich, wie jemand sagte das ständige Lesen von New Adult hätte sie zu schnell erwachsen werden lassen. Was an den Büchern macht bitte erwachsen, ich wär ja froh, wenn da mal echte Konflikte mit spannenden Lösungen drin wären, aber das ist ja linearer als ein Super Mario 1 Level und jeder Pilz, Stern, Blume ist eine „Spice“-Szene.)

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