Unregelmäßig und immer am Samstag berichtet der Lektor, Verleger und Literaturagent Vito von Eichborn über das Büchermachen. Es geht ihm nicht um Theorien, sondern um das Handwerk auf dem Weg zur »Ware Buch«. Er redet Klartext, räumt mit Vorurteilen auf – und will zum Widerspruch anregen. Und er bittet um Fragen über den Buchmarkt, um an dieser Stelle darauf einzugehen.
Eine Kolumne von Vito von Eichborn
Die Frankfurter Buchmesse hat sich was einfallen lassen – einfache Ideen sind ja oft die besten: In diesem Jahr soll ein »Bookfest« Frankfurt erobern. Der Name hört sich zwar ziemlich bescheuert an, aber »Bücherfest« klingt arg tantig. Nun denn.
Während der Messe soll das Bookfest »ein hochkarätig besetztes und internationales Literatur-Programm auf dem Messegelände und in der Frankfurter City auf die Beine stellen«. »Wir werden in knapp 20 Frankfurter Bars und ungewöhnlichen Locations keine klassischen Lesungen, sondern interaktive Formate wie Slams, Talks, Koch-Events und Performances aus den unterschiedlichsten Themengebieten veranstalten«, erklärt Frank Pauli, Director Business Development. Auch so ein Kokolores-Titel – ich schlage vor: »Chef-für-mehr-Kohle«. Why not?
Es soll ein Festival für die ganze Stadt werden, »nicht zuletzt auch Menschen erreichen, die nicht zum klassischen Buchmesse-Publikum gehören«. Von – natürlich – Lesungen über die Krimi-Verfilmung bis zum »Family Day« gibt’s jede Menge Äktschen. Und es gibt ja eh jede Menge Promis auf der Messe, bis zu Otto mit seinem neuen Buch, die man in der Stadt vorführen kann.
Wenn wir Büchermenschen uns zur Messezeit abends in Frankfurt rumtreiben, stoßen wir ohnehin überall auf unseresgleichen. Mit Büchermachern aus der ganzen Welt. Man kann sich nur wundern, warum die Messe nicht längst für weit größere Kreise geöffnet und das Thema »Buch und Lesen« in diesen Tagen auf allen Kanälen gespielt wird – bis zur Fußball-Star-Biografie und dem Esoterik-Guru gibt’s doch eh alles. Die genannten 20 kommen mir arg dürftig vor. Warum nicht 200? Auch Politiker können vorturnen, Ratgeber für Imker und Gitarrenspieler können öffentliche Veranstaltungen tragen …
Und weil die Idee so einfach ist – machen wir sie doch weiter auf: Warum gibt’s nicht in ganz Deutschland das »Bookfest«? Wenn alle, die mal ein Buch geschrieben haben, alle Händler, alle Bücher-Liebhaber – und, na klar, gleich auch Theater und Kinos und Galerien und Museen und … Kurz: Wir alle mitmachen, könnte das ein bundesweites Megaevent sein (so heißt das heute, nicht »Riesenerlebnis« – aber das wär’s doch!). Alle Kinder in allen Kindergärten und Schulen bekommen an diesen Tagen was vorgelesen, alle Zeitungen drucken Gedichte, von »Ben Hur« bis zum »Parfüm«, von »Bond« bis »Potter« beweisen die Sender, dass ohne Bücher nichts geht …
O Mann, warum eigentlich nicht? Und warum nicht das Bookfest auf der ganzen Welt – naja, vielleicht erst nur in ganz Europa? Wie wär’s, Herr Kommissar?
Vito von Eichborn
Fragen? Meinungen? Kommentare? Vito von Eichborn freut sich über Rückmeldungen! Am besten unten in den Kommentaren oder per Mail an buechermachen(at)literaturcafe.de.
Das Ganze hat Frankfurt von der Leipziger Messe abgekupfert. Dort gibt es das schon lange, auch wenn es sich nicht “Bookfest”, sondern Leipzig liest nennt.
Leipzig hat unter Autorinnen und Autoren längst den Ruf, die kommunikativere Messe zu sein. Jedenfalls für Autoren. Frankfurt gilt als die Messe für die Kaufleute. Das wollen sie ändern, das zeigt sich auch daran, dass Leizig auf der Messe in Halle 5 schon lange Veranstaltungen zum Schreiben, zum Selfpublishing und vielem anderen anbietet. In den letzten beiden Jahren hat Frankfurt ein bißchen nachgezogen.
Herzliche Grüße,
Hans Peter Roentgen
… und die Mainzer Minipressen-Messe – die Internationale Buchmesse der Kleinverlage und Handpressen – praktiziert das schon seit den 80er Jahren. „In foro esse“ nannten wir das damals, auf dem Marktplatz, zu den Menschen. Damit diese mit dem Gemüse unterm Arm, Bücher, Autorinnen und Autoren kennenlernen konnten.
Im nächsten Jahr feiert sie Jubiläum: 25xMMPM im 50. Jahr, vom 30. Mai bis zum 2. Juni, in der Rheingoldhalle, in der Mainzer Innenstadt: Regalhaltung ist Buchquälerei, lasst die Bücher zu den Menschen.