StartseiteLiterarisches LebenUnsere erste Veranstaltung in Second Life. Ein Erfahrungsbericht.

Unsere erste Veranstaltung in Second Life. Ein Erfahrungsbericht.

LiteratinGestern, am 3. Mai 2007, war also der große Tag. Das literaturcafe.de hat zum ersten Mal eine eigene Veranstaltung in Second Life durchgeführt. Sehr bewusst war sie von uns als »Experiment« bezeichnet worden, denn wir sehen Second Life und den Hype darum durchaus kritisch. Auf der anderen Seite sollte man die Möglichkeiten, die diese Parallelwelt auch für Buchhandlungen und Verlage bietet, nicht ignorieren.

Mit unserer Vortragsveranstaltung »Lesen jetzt in Web 2.0?« wollten wir selbst herausfinden, was Veranstaltungen in Second Life wirklich bringen.

Das erste Fazit vorweg

Es war ein gelungener Abend und es hat großen Spaß gemacht! An die vierzig Avatare waren in der digitalen Landesvertretung von Baden-Württemberg vor Ort und genauso viele Teilnehmer hörten den Vortrag und die Diskussion über den Skypecast. Fast zwei Stunden dauerte die Veranstaltung.

Und eines haben wir gelernt: Es wurde dann interessant und spannend, als wir vom reinen Vortrag wegkamen und unterschiedliche Leute von ihren Praxiserfahrungen berichteten. Ein großer Dank geht daher an:

  • den Buchautor Titus Müller (»Die Brillenmacherin«), der den Anwesenden von seinen Blog- Erfahrungen berichtete
  • die Krimi-Autorin Petra A. Bauer (»Wer zuletzt lacht, lebt noch«), die ebenfalls über ihre durchaus positiven Erfahrungen mit dem eigenen Weblog und mit MySpace berichtete
  • der Krimi-Autor und Herausgeber der Zeitschrift »TextArt« Oliver Buslau, der bereits seit einiger Zeit in Second Life sehr aktiv ist, dort seine Bücher in digitalen Buchhandlungen anbietet und ebenfalls schon erfolgreich Lesungen in Second Life abgehalten hat
  • und an die zahlreichen andere Gäste und Fragesteller

Der Podcast, den es leider nicht gibt

Wir hatten geplant, den ganzen Abend als Podcast mitzuschneiden und hier zur Verfügung zu stellen. Doch ist die Klangqualität des Mitschnitts so schlecht, dass wir ihn auch mit bestem Willen hier nicht anbieten können. Niemand bedauert dies mehr als wir.

Der Vortrag

Dem Vortragenden war die Situation zunächst sehr befremdlich, was man Wolfgang Tischer am Anfang durchaus auch anmerkte. Man sitzt vor seinem Rechner, sieht optisch 40 sehr unterschiedliche Avatare, sieht auch die Liste derer, die sich den Vortrag per Skypecast anhören – und dennoch ist es zunächst wie ein Selbstgespräch und nicht vergleichbar mit einer Veranstaltung vor echtem Publikum, auf das man direkter und unmittelbar reagieren kann. Hinzu kamen technische Probleme (siehe unten), die am Anfang den Vortrag etwas stockend machten.

Das änderte sich, als andere mitdiskutierten und von ihren Erfahrungen berichteten oder Fragen stellten, denn dann bekam das ganze den Charakter einer Radiosendung. Überaus positiv überrascht hat uns hier die Technik des Skypecast. Mehr dazu weiter unten.

Inhaltlich beleuchtete Tischer einige der bekannteren Web 2.0-Anwendungen auf ihre Möglichkeiten für Verlage, Buchhandlungen und Autoren.

Seine zentralen Thesen und Aussagen:

  • Als (kommerzieller) Verlag muss man sich immer die Frage stellen: Verkaufe ich durch Web 2.0-Elemente mehr Bücher?
  • Das funktionierende Firmen-Weblog ist ein Märchen von Internet- und PR-Agenturen. Es gibt nur funktionierende Weblogs von Firmen-Mitarbeitern. Werden diese in ihrem Engagement gebremst oder wechseln sie die Firma, dann stirbt meist auch das Blog. Ein gutes Beispiel ist das Weblog der Zeitschrift »bücher«.
  • Web 2.0 verlangt Leidenschaft und Engagement, was nicht von Agenturen eingekauft werden kann. Der Grundstock muss im eigenen Haus liegen. Man sollte also hierfür engagierte Mitarbeiterinnen und Autoren gewinnen, die vielleicht schon privat bloggen.
  • Von Verlagen noch wenig genutzt werden die Möglichkeiten von MySpace. Hier können insbesondere Nischenverlage, die sich an ein jüngeres Publikum richten, mit relativ wenig Aufwand ihre Zielgruppe erreichen.
  • Natürlich bleibt es sehr schwer, die Frage »Verkaufe ich dadurch mehr Bücher?« zu beantworten. Die Verlage sind es nach wie vor gewohnt, Marketing und PR-Aktivitäten an Anzeigenpreisen und verkaufter Auflage von Zeitungen oder an Deko-Paketen für Buchhandlungen und die bestellten Exemplare an Büchern zu messen. Hier muss und wird ein Umdenken erfolgen, denn das Internet ist elementar wichtig für die Vernetzung und den Kontakt zum Leser. Dabei sind auch Faktoren wie eine Verbesserung in der Google-Platzierung zu berücksichtigen.
  • Web 2.0 verlangt eine gewisse Spontanität, und bevor man beginnt, die eigene Website umzubauen oder den Empfehlungen von Internet- und PR-Agenturen zu folgen, sollte man sich die Dinge einmal selbst ansehen und ausprobieren.

Sehr interessant waren die Erfahrungen von Oliver Buslau mit Lesungen in Second Life. Durch eher klassische Werbung wie Plakate und Transparente innerhalb von Second Life kamen zu seiner Lesung 80 Avatare. Er gestand jedoch auch, dass er sehr viel Zeit in seine Second-Life-Aktivitäten investiert. Würde dieses durch eine Agentur geleistet, wäre das wohl sehr teuer und zudem fraglich, ob der Erfolg der gleiche wäre. Buslaus wichtigster Tipp: Man sollte Second Life Aktivitäten unbedingt dort machen, wo viele deutsche Avatare unterwegs sind.

Die Technik

Technisch hatten wir uns dafür entschieden, den Vortrag über powerpoint-ähnliche Folien mit den allerwichtigsten Stichpunkten in Second Life zu zeigen und den Ton per Skypecast zu übertragen. Grundsätzlich hätte es natürlich auch die Möglichkeit gegeben, den Ton direkt in Second Life zu streamen, sodass ihn alle Avatare ohne zusätzliche Software hören können, doch hätte es dann keinen Weg für das Publikum gegeben, direkt Fragen zu stellen. Eine Möglichkeit des Audio-Chats soll erst demnächst in Second Life angeboten werden.

Als überaus zuverlässig und gut bedienbar stellte sich der Skypecast heraus. Hier genügt die Installation der Skype-Software, und über die Skype-Website lässt sich ein Skypecast kostenlos anlegen. Selbst bei fast 40 Leuten lief das Ganze problemlos. Zudem hat man als Veranstalter die Möglichkeit, den Teilnehmern das Wort zu erteilen, und diese können sich auch melden, wenn sie sprechen wollen. Grundsätzlich ist es nicht ratsam, allen die Redemöglichkeit zu geben, da es aufgrund schlecht konfigurierter Mikros bei einigen Zuhörern zu Rückkopplungen und Sprach-Schleifen kommt, sodass kein Zuhören mehr möglich ist, da man nur noch Echos hört.

Weniger zuverlässig lief der Second-Life-Server selbst, der alle Anwesenden während des Vortrags mindestens ein oder zweimal aus dem Vortragsraum warf. Die meisten kamen zum Glück gleich wieder zurück. Ungünstig war jedoch das Verhalten der SL-Software: Häufig merkte man gar nicht, dass keine Verbindung mehr bestand. So hatte der eine noch die vollen Reihen der Zuhörer vor sich und konnte sich auch bewegen, während diese in Wirklichkeit schon gar nicht mehr da waren.

Es war daher gut, dass wir in den Räumen der MFG Baden-Württemberg, wo wir während der Veranstaltung saßen, zwei Rechner hatten, sodass wir die Probleme rasch feststellen konnten. Hier war es doppelt positiv, dass der der Ton über Skype kam, denn der war durch die Ausfälle bei Second Life nicht betroffen.

Der Veranstaltungsraum und die Vorbereitung

Mit freundlicher Unterstützung der MFG Baden-Württemberg konnten wir die Veranstaltung im digitalen Baden-Württemberg durchführen. Sich einen Veranstalter mit eigenem »Grundbesitz« in Second Life zu suchen, ist sicherlich die beste und kostengünstigste Möglichkeit, Second Life einmal auszuprobieren, denn einen eigenen Veranstaltungsort in SL zu bauen und zu unterhalten kostet Geld, das man nicht nur einmal, sondern regelmäßig zahlen muss. Als Gast braucht man zunächst außer der eigenen Zeit nichts investieren. Geld fällt allenfalls für das Hochladen von Grafiken an. Diese benötigt man z.B. für die Präsentation oder die Beschriftung von Plakaten.

Wir hatten außerdem das Glück, dass uns ein freundlicher Avatar namens Nathan Schildhauer noch in der Nacht vor dem Vortrag einen T-Shirt-Spender gebaut hat, sodass alle Anwesenden sehr bequem ein digitales Literatin- und Literat-T-Shirt bekamen. Für diesen Einsatz sagen wir ebenfalls Danke!

Der größte Dank geht natürlich an die MFG Baden-Württemberg, die uns beherbergte. Besonderen Dank an den dortigen Projektleiter für Second Life, Stefan Sottner, der sich im Vorfeld und während der Veranstaltung um das »Drumherum« kümmerte.

Und nochmal ein Fazit am Schluss: Was bringt Second Life?

Die gestrige Veranstaltung können wir als durchaus gelungen bezeichnen. Es hat nicht nur großen Spaß gemacht, sondern wir haben auch selbst von Leuten aus der Praxis einiges Neues erfahren. Und wir wissen beim nächsten Mal, wo die Tücken der Technik liegen.

Überhaupt können wir zu gezielten Einladungen und Veranstaltungen in SL raten. Sie sind öffentlichkeitswirksamer und bringen für die Teilnehmer mehr. Und sie sind kostengünstiger als eine Dauerpräsenz. Gerade die Deutsche Post hat es gestern wieder vorgemacht, wie ein peinliches PR-Desaster in Second Life ausschauen kann.

Es muss jedoch deutlich gesagt werden, dass den hauptsächlichen Reiz der Veranstaltung nicht Second Life ausgemacht hat, sondern die Diskussion über Skype. Skype lief technisch wesentlich zuverlässiger. Überhaupt stellt sich die Frage: Hätten wir überhaupt die »Bebilderung« durch Second Life benötigt oder hätte nicht ein Skypecast völlig ausgereicht?

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5 Kommentare

  1. Frau Fenger! Um Gottes Willen! Dass Sie es überhaupt noch wagen, sich im Internet aufzuhalten! Denn auch das Internet ist im Grunde eine ganz finstere Erfindung des Teufels (“The Internet ist for porn!“).

    Und zerstören Sie Ihre Fotokamera, denn damit kann man wüste Dinge im Bild festhalten! Niemand sollte eine solche Technik unterstützen.

    Pakete und Briefe sollten Sie nur noch persönlich überbringen und nicht mehr der Deutschen Post anvertrauen, denn die Deutsche Post hat nachweislich unzählige Sendungen mit kinderpornografischem Inhalt befördert! Ein solches Unternehmen sollte niemand unterstürzten!

    Und ich hoffe auch, dass Sie kein Telefon besitzen. Unzählige Verbrechen wurden telefonisch geplant und besprochen. So etwas sollte man nicht unterstützen.

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