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Interview und Buchkritik: Jonas Lüscher – »Frühling der Barbaren«

Jonas Lüscher im Interview»Spannend, komisch, klug und böse«, so heißt es auf der Rückseite des Schutzumschlags über die Novelle »Frühling der Barbaren«, dem Erstling von Jonas Lüscher.

Meist wird auf Buchumverpackugen substanzlos lobgehudelt, doch bei diesem Buch hat der Werbetext Recht!

Jonas Lüschers Novelle hat nicht nur unseren Kritiker Malte Bremer begeistert, und daher haben wir uns mit dem Autor auf der Leipziger Buchmesse kurz vor seiner ersten öffentlichen Lesung unterhalten.

Dass in Jonas Lüschers Novelle »Frühling der Barbaren« die Finanzkrise eine Rolle spiele, sei eine zweischeidige Sache, meint der Autor. Denn eigentlich wollte er gar kein Buch über die Finanzkreise schreiben. Am Anfang stand vielmehr die Idee, dass jemand etwas Unerhörtes erlebt und kein einziges Mal handelt.

Bücher nach einer Botschaft ausquetschen, dass mag Jonas Lüscher ohnehin nicht. Im Interview mit Wolfgang Tischer spricht Jonas Lüscher über seinen Erstling, der mit Vermittlung durch Uwe Heldt bei C. H. Beck erschienen ist.

»Spannend, komisch, klug und böse« – Die Buchkritik

Spannend
Die Novelle beginnt mit der Feststellung »Du stellst die falschen Fragen« – und man wartet neugierig auf die Lösung: Was hätte der Ich-Erzähler eigentlich fragen sollen auf dem gemeinsamen Spaziergang über den Kiesweg einer psychiatrischen Anstalt, wo Protagonist Preising überaus gediegen und gelehrt vor sich hin plaudert über ein Erlebnis in Tunesien?
Und was ist das für eine seltsame Geschichte, die sich da allmählich entwickelt?

Komisch
Herrlich das verbale Ausrasten des Ich-Erzählers, als er über Sinn und Unsinn der Geldvermehrung schäumt und sich dann entschuldigend wieder einkriegt. Wunderbar die vielen kleinen ironischen Wendungen und Aussagen wie:

»(…) in unserer Unfähigkeit, uns als Handelnde zu verstehen , waren wir uns gleich (…). Ihm gelang es, diesen offensichtlichen Mangel als Tugend zu verstehen. Ich dagegen leide sehr darunter. Aber etwas daran zu ändern, hieße handeln.« (S. 16)

Klug
Jonas Lüscherist allein schon diese sprachlich geschliffene Erzählung über einen, der erzählt, in direkter oder indirekter Rede. Manchmal weiß der Erzähler überraschenderweise sogar mehr als Preising, der akribisch und gescheit auch noch erzählt, was man ihm erzählt hat.
Das »Dingsymbol« Kamel (bzw. die Kamele) hält die Erzählung zusammen und kommentiert zugleich die Ereignisse.
Vor allem: Es fehlt der denkbare moralische Zeigefinger! Der Leser darf sich selbst seine Gedanken machen über die Geschehnisse, Zusammenhänge, die Barbarei und die Verbindung zum langen Motto-Zitat am Anfang. Man darf sich dem Erzähler oder Preising anschließen oder auch gerade nicht.

Böse
Und wie: Am Ende vor allem! Das ist alles andere als komisch! Den Schluss wird man nie vergessen können, und auch das Kamel nicht!

Das ist ein Debutroman? Fast nicht zu glauben …

Malte Bremer

Jonas Lüscher: Frühling der Barbaren: Novelle. Gebundene Ausgabe. 2017. C.H.Beck. ISBN/EAN: 9783406646942. 14,95 €  » Bestellen bei amazon.de Anzeige oder im Buchhandel
Jonas Lüscher: Frühling der Barbaren: Roman. Taschenbuch. 2014. btb Verlag. ISBN/EAN: 9783442748235. 10,00 €  » Bestellen bei amazon.de Anzeige oder im Buchhandel
Wolfgang Reitzammer: Buchners Schulbibliothek der Moderne / Lüscher, Frühling der Barbaren: Text & Kommentar (Buchners Schulbibliothek der Moderne: Text & Kommentar). Taschenbuch. 2017. Buchner, C.C. ISBN/EAN: 9783766139900. 9,30 €  » Bestellen bei amazon.de Anzeige oder im Buchhandel
Jonas Lüscher: Frühling der Barbaren: Roman. Kindle Ausgabe. 2013. C.H.Beck. 7,49 €  » Herunterladen bei amazon.de Anzeige

Veranstaltungstipp:
Jonas Lüscher liest am 5. Juni 2013 in der Stuttgarter Stadtbibliothek

Auf Einladung des Stuttgarter Schriftstellerhauses wird Jonas Lüscher am Mittwoch, 5. Juni 2013 in der Stuttgarter Stadtbiblitothek lesen und sich mit Moderator Wolfgang Tischer vom literaturcafe.de über seine Novelle und die Erfahrungen auf seiner ersten Lesereise unterhalten. Weiter Infos zur Veranstaltung finden Sie auf der Website des Stuttgarter Schriftstellerhauses.

Hier hören Sie das Interview als reine Audio-Datei aus unserem Podcast:

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1 Kommentar

  1. Sehr sympathisch, der Herr Lüscher. Ich mag seine bodenständige Art und dass er seine Novelle eher als eine kleine Geschichte sieht denn als literarische Kunststück, das es nach allen Regeln der Kunst zu interpretieren gilt. Mein Interesse ist auf jeden Fall geweckt. Danke 🙂

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