StartseiteDer Podcast des literaturcafe.deSelf-Publishing im Wandel: Ein Gespräch mit Thorsten Simon von BoD

Self-Publishing im Wandel: Ein Gespräch mit Thorsten Simon von BoD

Thorsten Simon, Pressesprecher von BoD und Libri (Foto: Wolfgang Tischer)
Thorsten Simon, Pressesprecher von BoD und Libri (Foto: Wolfgang Tischer)

In dieser Folge des Podcasts von literaturcafe.de spricht Wolfgang Tischer mit Thorsten Simon von BoD über den Self-Publishing-Markt und die Rolle des Dienstleisters. Seit September 2013 ist Simon bei BoD tätig und seit 2020 zudem Pressesprecher der Schwesterfirma Libri. Im Gespräch gewährt er Einblicke in die Entwicklungen des Self-Publishing-Markts aus über einem Jahrzehnt Erfahrung.

Die Anfänge von BoD

Das Podcast-Gespräch wurde auf der Leipziger Buchmesse 2025 aufgezeichnet und bietet einen Einblick in die Welt des Self-Publishing und die Rolle von BoD.

Die Idee zu BoD (Books on Demand) entstand bereits in den 1990er-Jahren im Hause des Buchgroßhändlers Libri, inspiriert von der damals neuen Digitaldrucktechnologie, dem sogenannten Print-on-Demand (PoD). Wie Simon erläutert, war das Angebot zunächst vor allem für Verlage gedacht, um Backlist- oder vergriffene Titel verfügbar zu halten. Weil Verlage neuen Technologien gegenüber oft zurückhaltend gewesen seien, habe man sich entschieden, die Dienstleistung auch Autorinnen und Autoren zugänglich zu machen. Offiziell wurde die Books on Demand GmbH am 1. Januar 2001 gegründet, doch der erste Titel – Die Hamburger Verfassung – erschien bereits 1998, als BoD noch ein internes Projekt war. Ein erster Beitrag darüber war im literaturcafe.de 1999 zu lesen. Bücher in Auflage 1 zu drucken, galt damals als revolutionär. Von »Self-Publishing« sprach man zu dieser Zeit noch nicht, stattdessen vom »Selbstverlegen«.

Wachstum und Umfang

Schon früh weitete BoD seine Aktivitäten über Deutschland, Österreich und die Schweiz hinaus aus – zunächst nach Dänemark, später in weitere europäische Länder. Heute werden laut Simon europaweit über 70.000 Autorinnen und Autoren sowie 140.000 Titel über BoD veröffentlicht. Diese Zahlen zeigen, so Thorsten Simon, wie stark sich das Modell etabliert habe.

Das Geschäftsmodell und die Entwicklung

Grundlage des Erfolgs ist das Prinzip, Bücher erst bei Bestellung zu drucken. Ergänzt wird dieses Modell durch die Möglichkeit, E-Books selbst zu publizieren. BoD übernimmt dabei nicht nur den Druck, sondern auch Logistik und die Anbindung an den Buchhandel. In den Anfangsjahren hielten sich Verlags- und Autorenprojekte geschäftlich etwa die Waage, auch wenn durch die Digitalisierung von Backlist-Titeln mehr Verlagstitel im Katalog waren, so Simon.

Die entscheidende Buchhandelsanbindung

Dass Titel von BoD eine ISBN erhalten und im Verzeichnis Lieferbarer Bücher (VLB) gelistet werden, sei nur ein Aspekt der Sichtbarkeit. Viel wichtiger sei die Listung in den Katalogen der großen Barsortimente, über die der stationäre Buchhandel sowie zahlreiche Online-Shops beliefert werden. Bestelle eine Buchhandlung ein BoD-Buch, werde es in Bad Hersfeld gedruckt und über Nacht ausgeliefert. Die Produktions- und Lieferzeit liege derzeit bei zwei bis drei Tagen – eine Geschwindigkeit, die laut Simon den Erfolg von Print-on-Demand maßgeblich unterstützt.

Druckqualität und Produktion

Mit der vollständigen Übernahme der Produktion in Bad Hersfeld vor wenigen Jahren habe BoD wichtige Weichen gestellt. Investitionen in moderne Technologien hätten sowohl Tempo als auch Qualität verbessert. Inzwischen sei der Digitaldruck laut Simon so ausgereift, dass er vom klassischen Offsetdruck kaum noch zu unterscheiden sei. Eine interne »Blindverkostung« bei einem renommierten Verlag habe dies bestätigt.

Entwicklung der Self-Publishing-Szene

Die Szene der Selfpublisher habe sich in den vergangenen Jahren stark professionalisiert, stellt Thorsten Simon fest. Er verweist auf zahlreiche Titel, die Bestsellerlisten erreichen. Namen wie Alicia Zett oder J. G. Rose stehen exemplarisch für diesen Erfolg. Self-Publishing greife Trends oft früher auf und ermögliche den direkten Kontakt zu Leserinnen und Lesern – nicht zuletzt über Plattformen wie TikTok/BookTok, wie Simon anmerkt.

Verschwimmende Grenzen

Heute wählen viele Autorinnen und Autoren flexibel zwischen Self-Publishing und klassischen Verlagen. Simon spricht von einer zunehmenden Zahl »hybrider« Autoren. Self-Publishing sei längst ein wichtiger Talentpool geworden, aus dem Verlage schöpften. Manche Autoren agierten inzwischen wie kleine Verlage, arbeiteten mit Lektoren und Designern zusammen und nutzten professionelle Auslieferungen. Die Grenzen zwischen den beiden Publikationswegen würden immer durchlässiger – eine Entwicklung, die sich laut Simon weiter fortsetzen werde.

Strategische Ausrichtung

Obwohl BoD gezielt erfolgreiche Titel unterstütze, habe man sich bislang bewusst gegen die Gründung eines eigenen Verlagslabels entschieden. Simon betont, dass man nahe am Kerngeschäft bleiben wolle, ohne zusätzliche Hürden für Autorinnen und Autoren zu schaffen.

Umzug und New Work

Der kürzliche Umzug des Verwaltungssitzes von Norderstedt nach Hamburg steht im Zeichen moderner Arbeitskonzepte. Bereits zuvor war die Produktion nach Bad Hersfeld verlegt worden, um näher an Libri zu sein. Flexible Arbeitsplätze und die Förderung von Austausch und Kreativität seien zentrale Elemente des neuen Standorts, so Simon. Rund 90 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter arbeiten derzeit in der Verwaltung von BoD.

Hören Sie das vollständige Gespräch mit Thorsten Simon von BoD im Podcast des literaturcafe.de oder über den Player unter diesem Beitrag.

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2 Kommentare

  1. Ich dürfte zu den ersten Autoren von BoD gehören. Ich las Mitte der 90er-Jahre in der SZ einen Artikel über einen selbstverlegenden Autor und BoD und dachte mir: Aha, dort kannst du doch deine Kurzgeschichten veröffentlichen.
    Gedacht, getan. Wenige Wochen später wurde mein Kurzgeschichten-Büchlein bei BoD veröffentlicht.
    Das war vermutlich der Initialfunke für meine heutige Tätigkeit als Inhaberin eines kleinen Dienstleistungsverlags.

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