Ein Mann, der mir sagt, ich solle doch mal wieder in meiner örtlichen Buchhandlung einkaufen, um Amazons Monopolstellung zu untergraben, kommt mir vor wie ein viktorianischer Zeitgenosse, der seinen Mitmenschen empfiehlt, doch mal wieder das Pferd zu satteln, um den Vormarsch der stinkenden und lärmenden Automobile zu verhindern.
Ein Gastbeitrag von Jan Ulrich Hasecke zur Diskussion über Amazon und die Alternativen.
In der gehobenen Kulturszene ist es gerade wieder en vogue, sich über einen Internet-Giganten aufzuregen. Die Rolle des Bösen in dem Stück, das jede Saison in neuer Besetzung gespielt wird, übernimmt diesmal Jeff Bezos und sein teuflisches Imperium Amazon. In den USA hat Amazon ein Monopol und diktiert die Konditionen. Das ist nicht neu. Das ist das Wesen eines Monopols. Dagegen gibt es Monopolgesetze, die jedoch seit Jahren aufgeweicht werden. Wer sich über Monopole aufregt, sollte nicht den Monopolisten schlagen, sondern die Politiker, die schlechte Gesetze beschließen. Aber mit Politik will die gehobene Kulturszene nichts zu tun haben. Sie hat ein viel besseres Rezept, ein Monopol von Amazon zu verhindern:
»Einfach mal wieder in den Buchladen um die Ecke gehen. Dort gibt es keine Algorithmen, aber echte Menschen.« (Thomas Andre auf SPIEGEL Online)
Ich habe lange überlegt, ob ich dies zitieren soll. Nicht, dass ich das Leistungsschutzrecht fürchte – nein, ich glaube vielmehr, dass sich der Autor des obigen Zitats noch einmal in Grund und Boden schämen wird. Ich jedenfalls fühlte sofort die Fremdscham in mir aufsteigen, als ich den Artikel las. Und als empfindsamer Mensch möchte ich da nicht auch noch nachtreten. Aber diese beiden Sätze enthüllen die fundamentale Einfallslosigkeit in unserem Lande auf eine so drastisch grelle Art, dass ich nicht anders kann, als sie zum Anlass dieses Beitrags zu nehmen. Schlagt also nicht den Urheber dieser Worte. Das Zitat könnte von jedem Kulturredakteur in diesem Lande stammen. Es ist – leider! – Allgemeingut, weshalb ich es auch zitiere.
Ein falscher, hilfloser und einfältiger Rat
Der Rat des alarmierten Kulturredakteurs ist so falsch, hilflos und einfältig, dass ich gar nicht weiß, wo ich anfangen soll. Bekanntlich hat ja der Verbraucher in den letzten 20 Jahren durch sein Einkaufsverhalten die industrielle Landwirtschaft völlig verschwinden lassen. Kein Mensch kauft mehr billiges Fleisch von gequälten Tieren. Statt Monokulturen wächst auf unseren Äckern eine ökologische Vielfalt, wie sie der Regenwald nicht mehr zu bieten hat. Der Verbraucher hat ferner, wie wir alle wissen, durch bewusstes Einkaufen die Ausbeutung von Kindern in der Textilindustrie restlos beseitigt. Niemand kauft mehr Jeans für 9 Euro. Jeder erwirbt politisch korrekte Kleidung aus vegan angebauter Öko-Baumwolle, die sozial-verträglich zu anständigen Mindestlöhnen geerntet, versponnen, verwebt und zurechtgeschneidert wurde. – Wer auf den Verbraucher hofft, hat nichts verstanden und sollte weder Kulturartikel noch sonst etwas schreiben.
Allein schon für diesen naiven und unreflektierten Glauben an den Verbraucher würde ich mich mit der Sündertüte auf dem Kopf in die Ecke stellen. Aber es kommt noch besser. Im zweiten Satz zieht, Thomas Andre – jetzt muss ich den Namen des armen Kerls doch einmal erwähnen – das aktuelle dystopische Schauerregister. Der Stachel im Fleisch des kulturellen Bildungsbürgers, der Sargnagel alles Schönen und Guten, das Kainsmal des Überwachungszeitalters, der Algorithmus erhebt seine hässliche Fratze und soll den Leser ordentlich schrecken. Bei Amazon wartet der Algorithmus auf uns! Ein Vampir, der das reine Blut unschuldiger Leserinnen und leichtsinniger Leser trinkt und der Kulturnation das Mark aussaugt. In der Buchhandlung dagegen warten echte Menschen auf uns.
Totholz gewordene Algorithmen
Vielleicht sollte sich der Kulturredakteur einmal in die Niederungen des Marketings begeben und einen Menschen, der sich damit auskennt, fragen, wie heutzutage eine Buchhandlung eingerichtet wird. Dort sind nämlich längst die Algorithmen des Supermarkts am Werk, die nichts dem Zufall überlassen und jedes Buch genau dort platzieren, wo es am meisten Umsatz generieren kann. Auch in der Buchhandlung gibt es den »Kunden, die dieses Buch kauften, kauften auch jene Bücher«-Algorithmus, er heißt dort bloß anders. Was sind denn die Sonderverkaufsflächen, Special-Interest-Regale und Bestseller-Grabbeltische anderes als Totholz gewordene Algorithmen?
Ganz abgesehen davon, dass ich persönlich in einer Buchhandlung gar nicht so erpicht darauf bin, Menschen zu treffen. Ich will da nämlich ungestört stöbern. Wenn ich das bei Amazon tue, heißt es browsen. Amazon lässt mich also das tun, was ich auch in Buchhandlungen gerne tue. Dafür finde ich bei Amazon sofort, was ich suche. In einer Buchhandlung muss ich mich dafür erst einmal durch die Sonderplatzierungen und Aktionsangebote schlängeln, um nach mühsamer Erkundung diverser Regale schließlich festzustellen, dass das Buch, das ich kaufen will, nicht da ist. Aber glücklicherweise kann ich mich dann ja an einen Menschen wenden, der sich an einen Computer wendet, um das Buch für mich zu bestellen.
Wer angesichts der Geschäftsmethoden von Amazon seinen Lesern empfiehlt, sich an einen Menschen zu wenden, der sich an einen Computer wendet, um ein Buch zu bestellen, der hätte vor etwas mehr als 100 Jahren seinen Mitmenschen sicher auch empfohlen, mal wieder das Pferd zu satteln, um den Siegeszug des Automobils zu verhindern. (Wer erfahren will, wie ich auf diesen Vergleich gekommen bin, der kann sich ja einmal das unten eingebundene Video anschauen.)
Gegen Amazon hilft nur etwas Besseres
Wer ein Monopol von Amazon verhindern will, muss entweder weltweit gültige Kartellregeln durchsetzen oder etwas Besseres als Amazon entwickeln. Einen Weg zurück zur kleinen Buchhandlung an der Ecke gibt es nicht. Wir müssen endlich aufhören, durch nostalgische Schwermut die Zukunft zu verschlafen. Lasst uns etwas Besseres als Amazon schaffen! Ja, es gibt etwas Besseres als Pferde!
Um Amazon die Stirn zu bieten, muss man allerdings zunächst wissen, welches Problem man eigentlich lösen will. Wenn man nämlich das falsche Problem lösen möchte – zum Beispiel das Überleben kleiner Buchhandlungen und überkommener Verlagsstrukturen –, dann wird man zwangsläufig scheitern. Aus meiner Sicht, die zugegebenermaßen subjektiv ist, lautet das Problem folgendermaßen:
Wie können Autoren möglichst direkt ihre Bücher an die Leser bringen? Und wie können Leser möglichst unkompliziert und preiswert an die Bücher kommen, die sie haben wollen?
Zur Lösung dieser Frage ist lediglich eine On-Demand-Publishing- und Distributionsplattform notwendig, wie Amazon sie anbietet. Eine solche Plattform nachzubauen, ist technisch kein Problem. Die Investitionskosten dafür sind auch nicht übermäßig hoch. Allein es scheitert an dem Willen oder der Fähigkeit, so etwas umzusetzen. Hier und da tun sich zwar einige Verlage zusammen, um eine Online-Plattform aufzubauen. Aber sie machen es natürlich falsch. Sie konzipieren exklusive, kleinteilige, umständliche Angebote, die andere Verlage und vor allem die Selfpublisher ausschließen. Das Exklusiv-Denken der Verlage macht es ihnen unmöglich, Amazon etwas entgegenzusetzen. Sie denken in den falschen Kategorien. Sie wollen bloß ihre eigenen Bücher besser absetzen und ihre Margen hoch halten. So kann es nicht funktionieren.
Die Anti-Amazon-Plattform muss als One-Stop-Shop für Literatur funktionieren:
- Ich kann dort als Leser jedes lizenzfreie Buch als E-Book kostenlos in einem offenen Format herunterladen.
- Ich kann dort jedes lizenzfreie Buch in einer On-Demand-Printausgabe zu günstigen Konditionen erwerben.
- Ich kann dort jedes lizenzpflichtige Buch unkompliziert und zu günstigen Konditionen erwerben. E-Books gibt es natürlich auch in offenen Formaten.
- Ich kann dort als Autor kostenlos On-Demand-Printbücher und E-Books veröffentlichen und erhalte auf unkompliziertem Wege monatlich meine Tantiemen.
Dann kommt auch der Verbraucher.
Man könnte das Ganze als öffentlich-rechtliche Institution aufziehen. Diese Konstruktion ist besser als ihr Ruf. Doch dafür sind Politiker notwendig, die nicht von Kulturredakteuren beeinflusst werden, die Pferde satteln wollen. Vor allem müssen wir endlich einmal richtig Geld in die Hand nehmen, um unser literarisches Erbe vernünftig zu digitalisieren und benutzerfreundlich zugänglich zu machen. Warum jammern wir über Google und Amazon, anstatt aus dem riesigen Büchersarkophag der Deutschen Nationalbibliothek einen flotten One-Stop-Online-Shop für Literatur zu machen? Das ist technisch kein Problem. Man muss bloß einmal sein Gehirn im Schädel um 180 Grad drehen, damit man wieder klar denken kann. Und natürlich darf man die Programmierung nicht der Bundesregierung überlassen.
Ich bin fest davon überzeugt, dass die Entwicklung nicht aufzuhalten ist. Wir, die Leser, wollen schnellen und direkten Zugriff auf Literatur haben. Wir, die Autoren, wollen unsere Bücher schnell, direkt und unkompliziert veröffentlichen. Das Netz hat diese Vision möglich gemacht. Und es ist eine gute Vision! Leider wird sie momentan nur von einem privaten Unternehmen aus den USA umgesetzt. Aber trotzdem bleibt es eine gute Sache. Wir sind in Deutschland bloß zu dumm, um die Chancen zu erkennen und zu nutzen, weil wir lieber unseren nostalgischen Schmerz wie eine Monstranz vor uns hertragen.
Jan Ulrich Hasecke
Dieser Beitrag erschien ursprünglich in juh’s Sudelbuch. Vielen Dank an den Autor, dass wir den Text auch im literaturcafe.de veröffentlichen dürfen.
Und hier das im Beitrag erwähnte Video:
Gewiss, ein ernstes Thema. Aber selten so gelacht, weil passgenau auf den berühmten Punkt gebracht. Glückwunsch zu diesem Artikel! (Der mich als Nebenprodukt auf die Sudelbücher neugierig gemacht hat, die ich über Qindie bislang nur vom Cover kenne …)
Diese Angst vor Monopolen ist relativ unbegründet. Die Vergangenheit hat gezeigt, dass jeder Monopolist, der sein Monopol missbraucht hat, von der Konkurrenz von seiner Spitzenposition vertrieben wurde. Einfach, weil die Konkurrenz sich anständiger dem Kunden gegenüber benommen hat, als der Monopolist. Außerdem hat es eigentlich noch nie einer geschafft als kommerzielle Entität ein 100%iges Monopol zu erreichen, ausgenommen die durch staatliches Diktat zum Monopolisten gemacht wurden, was Amazon ja wohl nie passieren kann. Selbst wenn Amazon einen Marktanteil von 100 % erreichen würde, könnte jeder x-beliebige Unternehmer eine Buchhandlung eröffnen und anfangen Bücher zu verkaufen. Man betrachte die Nahrungsmittelpreise. 1 kg ist immer noch 1 kg schwer kostet aber drei Mal so viel wie vor 10 Jahren. Das kommt von den immer größer werdenden Konzernen, die keine Konkurrenz haben und nur zu gerne die Armen Konsumenten abzocken. Amazon macht das anscheinend nicht, ganz im Gegenteil, die setzen die Konkurrenten mit Niedrigpreisen unter Druck. Wenn Amazon wirklich so schlau ist, wie man behauptet, wieso würde er die Preise erhöhen, nachdem er die Konkurrenten besiegt hat? Um sich den Zorn der Kundschaft zuzuziehen oder um neue Konkurrenten auf den Markt zu rufen.
Der Satz: “Gegen Amazon hilft nur etwas Besseres” bringt es auf den Punkt.
Kein Dienstleister bringt mir als Kunde UND Verleger so einen Service entgegen wie Amazon.
Bei deutschen Unternehmen (online und offline) ist man leider immer noch häufig nur lästiger Bittsteller und Problem.
Und solange sich diese Einstellung nicht ändert, bleibt Amazon vorne
Danke, lieber Jan Ulrich Hasecke, für Ihren herzerfrischenden und treffenden Beitrag. Ich habe Nackensteife vom vielen Nicken. Und fühle mit beiden Seiten, denn Anfang des 20. Jahrhunderts gab es sehr viel Pferdefleisch zu essen. So ist das. Eine Seite verliert immer. Mein Mann besaß eine kleine Holzhandlung – bis ein Baumarkt einer bekannten Kette in der Nachbarschaft siedelte. Diese Ketten ziehen sich durch alle Lebensbereiche, ob Lebensmittel, Bücher, Brillen … Und stets bleiben “die Kleinen” auf der Strecke. Das ist traurig, denn es sind menschliche Schicksale, Inhaber, Pächter und Angestellte, die um ihre Zukunft fürchten. Doch der Versuch, die Zukunft aufzuhalten, gleicht jenem, die Zeit aufzuhalten.
Ich freue mich auf Ihre Vision, denn sie ist eine LESER-freundliche Vision! Und das ist der Punkt. Sie wird kommen, es ist nur eine Frage der Zeit.
Die Fachbuchhandlung hier um die Ecke ist über ihre Website http://karl-rau.de an ihren Großhändler angeschlossen, dort kann ich gleich selbst von meinem Computer aus bestellen. Auch mein über einen Distributor veröffentlichtes E-Book bekäme ich dort (wobei der Link zum E-Book-Shop keine Partner-ID hat, womöglich bekommt der Händler dafür nichts). Und wenn der Laden um die Ecke oder auf dem Weg liegt, ist es ja kein Aufwand, das Buch abzuholen, und es spart Verpackungsmüll. Bei Hugendubel kann ich online in die Filiale meiner Wahl bestellen.
Sowas wäre ja ausbaufähig, da muss nicht unbedingt der Staat ran. Bei den Apotheken sehe ich schon größeren Regulierungsbedarf. Die haben vieles nicht mehr vorrätig, sodass man manches Medikament oft nicht gleich nach dem Arztbesuch mitnehmen kann. Dann muss die Landbevölkerung ein zweites mal ins Auto steigen. Da gurken Leute mit 39 Grad Fieber über die Straßen.
Die Länder könnten aber tatsächlich eine Plattform mit lizenzfreien Büchern schaffen, die sind ja sowieso für Lehrerfortbildung und Schullektüre zuständig.
Da das Literaturcafé von Amazon gesponsort wird, kann es nicht neutral sein.
Sie können sich gern zu Wort melden – aber das Sponsoring sollte offen erwähnt werden, sonst bleibt ein Geschmäckle.
Bin mal gespannt ob der Kommentar freigeschaltet wird,
Hinweis: Das literaturcafe.de wird nicht von Amazon gesponsert.
Wie weltweit viele Hunderttausend Websites verlinken wir bei Buchtipps auf Amazon und erhalten im Falle einer Bestellung eine Werbekostenerstattung. Gerne würden wir als Service für unsere Leser zusätzlich auch die Affiliate-Programme andere Buchversender verlinken, doch war bislang außer Amazon kein Anbieter in der Lage, den Link dynamisch zu gestalten, sodass er nur erscheint, wenn das Buch beim jeweiligen Anbieter auch tatsächlich erhältlich ist.
Selbstverständlich freuen wir uns auch, wenn Sie Ihre Bücher in der kleinen kompetenten Buchhandlung um die Ecke erwerben.
Es istsicher gut gegen das Amazon Verteufeln, das derzeit in Mode scheint, ich denke da an die Wiener Buchhändlerin, die immer stolz erzählt, daß sie alle Leute, die sie mit einem Amazon Päkchen sieht, darauf anspricht und sagt, daß sie dort nicht kaufen sollen, ein bißchen kritisch zu sehen, aber dieser Artikel erscheint mir auch übertrieben und der Ton wieder sehr überheblich und ich denke, es soll jeder tun, was er will, wenn ich was bei Amzon bestelle, will ich nicht angestänkert werden und wenn ich lieber in die Buchhandlung gehe, da hatte ich übrigens letzte Woche eine sehr angenehme Begegnung in einer Buchhandlung in Ansbach, sollte das auch okay sein, mehr Toleranz auch da, ist vielleicht auch gut und kritisch sein kann nicht schaden und einiges ist ja, wenn ich an diesen Film mit den Arbeitsbedingungen denke, sicher einzuwenden und da hilft es nichts zu sagen, halt den Mund, denn du kaufst dir deine Jeans auch im Billigshop, ja tue ich und die meisten Bücher, die ich lese, ziehe ich aus einen der offenen Bücherschränke und halte die für eine sehr tolle nachhaltige Idee und, daß ich mir bei Amazon meine Bücher selber machen kann, halte ich auch für toll, obwohl ich es noch nicht getan habe und immer noch zu einer Druckerei gehe, liebe Grüße
Wer behauptet eigentlich, dass die kleine Buchhandlung um die Ecke kompetent ist? Wenn die ein Buch nicht haben, dass ich aber auf jeden Fall haben will, dann muss ich mir irgendein Gequatsche anhören, aber das Buch bekomme ich nicht. Da bleibt nur die Möglichkeit im Internet zu suchen, und dann ist es mir egal, ob ich es bei Joker Amazon ober BookLooker finde, ich will es und ich werde es bekommen, und wenn kleine Kinder in Indien dafür rackern – ist mir egal! Schon mal was in der Thalia-Filiale bestellt und die Dame hat gesagt: Kein Problem in zwei bis vier Tagen ist es da. Und du bist dann zwei Wochen lang alle drei Tage hingerannt und hast dein Buch nicht bekommen. Nehmet eine Bratpfanne und prüfet, ob euer Hirn noch mehr Schaden nehmen kann.
Ich war noch nie der Amazon Kunde. War mir früher unsympathisch und später und jetzt hab ich es nie gebraucht. Meine Bücher bestelle ich direkt bei den Kleinverlagen. Und muß ein Buch auch nicht schon am nächsten Tag zu Hause haben. Meine eingetauschten Büchergutscheine beim kleinen Buchhändler waren am nächsten Tag schon da. Bequatscht wurde ich dort auch nicht ich gab meine Liste ab und gut war.
Es kann und sollte aber Jeder dort kaufen wo er möchte.
Ich denke, dass beides seine Berechtigung hat, sowohl der Online-Handel als auch der Buchhandel ums Eck.
Ideal ist es, wenn beides vereint ist – wie beim Klagenfurter Buchhandel Hey, http://www.heyn.at. 😉
Gegen Automobile kann man auch eine Menge Einwände haben – Umweltverschmutzung, Lärmbelastung, Verwandlung ganzer Städte (und Dörfer) in Durchfahrtsödnisse, Ressourcenverschwendung, Verkehrstote und so weiter. Falsch, hilflos und einfältig ist eben auch die Technikeuphorie.
Natürlich hilft der Spiegel-Übliche, im Kern neoliberale Appell an die Eigenverantwortung nicht zur Lösung eines systemischen Problems, doch die Ablehnung in Bausch und Bogen halte ich für zynisch. Der Bio/Fairtrade-Bereich bei den Lebensmitteln wächst zwar unglaublich langsam , aber immerhin zeigt er, dass es auch anders geht. Kleine Buchhandlungen sind im Gegensatz zu Online-Portalen (häufig) vitale Bestandteile einer lokalen Kulturszene; viele veranstalten regelmäßig Lesungen. Außerdem ermöglichen sie einen Einkauf, der nicht sofort in Kundenprofilen-Datenbanken landet, die die Durchleuchtung, Aushorchung und Prognosen zum Verhalten der Käufer ermöglichen (Und weiterverkauft werden).
Die Ablehnung Amazons ist nicht kulturpessimistisch oder technikfeindlich motiviert, sondern geschieht auch deshalb, weil diese Firma ihre Mitarbeiter ausbeutet, ihre Kunden ausspioniert, halbseidene Steuertricks durchzieht, Geld vom Arbeitsamt abzockt, der Umwelt schadet und so weiter und so fort.
Richtig ist, dass auf politischer Ebene gehandelt werden muss. Verantwortung haben aber eben auch Unternehmen und Kunden. Und Autoren.
Und, ja, die Aufteilung der Buchhandlungsortimente in “Romantik” und “Geschenk” ist zum Brechen, geschieht meiner Beobachtung nach aber eher in den großen Ketten als in den kleinen Läden. Letztere leiden konsequenterweise dann auch weniger unter amazon als die Großen.
Warum der Buchhandel kein gemeinsames Portal auf die Reihe bekommt, dessen Bestellungen in der Buchhandlung der Wahl abgeholt werden können, ist mir allerdings auch ein Rätsel.
Cheers
schnronk
Umgekehrt wird ein Schuh draus: Amazon zu boykottieren wird den Onlinehandel nicht in die Knie zwingen. Umgekehrt könnten aber dadurch, dass man sich selbst bewegt, die Buchläden in ihrer Existenz gerettet werden (zumindest ein paar). Fachpersonal ist durch nichts zu ersetzen, gerade wenn man etwas sucht. Buchhändler sagen mir meist mehr, als die Rezensionssektion bei den Onlinern. Wie im Artikel beschrieben kostenlos und ondemand ist allerdings nicht ausschlaggebend. Für gutes Werk wird ja auch gerne gezahlt. Nur wird mir das durch DRM und solchen Zores stets verlitten.
Lieber Herr Hasecke,
auch ich habe Amazon noch nicht aufgegeben. Aber, aber …
Meine Erfahrung der letzten 6 Wochen war folgende: Ich möchte ein Buch besprechen, das mir geschenkt wurde. Aber Amazon lässt mich nicht und verlangt, dass ich maile und erkläre, wieso ich ein Buch besprechen will, das ich nicht dort gekauft habe.
Das habe ich nun 3 Mal getan!! Ich erhalte aber keine Antwort. Und das führt dazu, dass ich keine Rezension dort einstellen kann – es wird blockiert.
Amazon lässt nur noch Besprechungen zu von Büchern, die dort auch gekauft wurden. Wie absurd ist denn das?!?
Es kann keinen Zweifel geben, dass Amazon seine Monopolstellung missbraucht. Widerstand ist fällig. Je früher, desdo besser. Die sind ja offenbar ganz besoffen von ihrem Erfolg.
Das ändert nichts daran, dass das Konzept von Amazon gut ist. Ähnlich wie auch Google oder Facebook. Das beste wäre, diese Firmen zu verstaatlichen, damit sie im Dienst der Allgemeinheit ohne wenn & aber wirken können.
Was für ein wunderbarer, auf den Punkt formulierter Artikel.
Dass man nur bei amazon gekaufte Bücher bewerten kann, ist mir bislang noch nicht aufgefallen. Muss ich testen. Falls es tatsächlich so sein sollte, finde ich das “unter aller Sau!” und werde Kontakt zu Amazon aufnehmen. Denn unabhängig ob man ein Buch dort gekauft hat, es geschenkt bekommen hat oder man es sonst wo gekauft hat – das geht Amazon nichts an! Ich glaube aber, dass das nicht stimmt. Denn das Buch einer meiner Autorinnen wurde neulich bewertet – von jemandem, der nicht als zertifizierter Käufer angezeigt wurde. Dass sie es nicht gelesen haben kann, steht auf einem anderen Blatt … denn das erkennt man an der Art der Rezension.
Der Beitrag von Herrn Hasecke ist ja sehr von dem Film inspiriert, der unter dem Beitrag zu sehen ist und den man sich nicht entgehen lassen sollte. Dort wird uns erklärt, dass wir als Menschen überflüssig werden und die Arbeit von Robotern gemacht werden wird, die sich allerdings kaum mit Menschen austauschen. Lernen werden sie von anderen Robotern. Eine Welt, in der wir von unseren Erfindungen ausmanövriert werden. Einerseit schön, so dass Ende der Arbeit zu verkünden. Andererseits aber hat der Film die Message: das IST so. Widerstand zwecklos. Willkommen Hybris! Wenn der Mensch in dieser neuen Welt keinen Platz mehr hat, dann haben wir ein echtes Problem.
Trotzdem ein guter Film und in diesem Sinne bietet Amazon etwas, auf das wohl niemand mehr verzichten möchte. Jo Lendle will ja nun auch “so eine Seite” ins Netz stellen, auf der Ebooks erhältlich sein sollen und Autoren ihre Bücher vermarkten können. Abwarten
Der Verfasser des Artikels spricht mir aus dem Herzen. In Deutschland scheint es in zu sein, jeglichen technischen Fortschritt zu verteufeln.
Gleichzeitig zeigt diese Haltung, wie elitär die literarische Szene ist und wie sie ihre Pfründe mit aller Macht verteidigen will.
Die Autoren, die einen Verlag gefunden haben, können sich (vielleicht?) glücklich schätzen, doch übersieht man dabei die Interessen derer, die von den – natürlich marktorientierten – Verlagen abgelehnt wurden, aus welchen Gründen auch immer. Self-Publishing ist ein Segen für Nischenliteratur, die ansonsten keiner Leserschaft zugänglich gemacht werden würde.