
Amazon wird mit Billigbüchern überschwemmt, die von der KI geschrieben wurden – so berichten es zahlreiche Medien. Was aber, wenn man bei Amazon legal und transparent ein mit KI geschriebenes Buch veröffentlicht? Werden und wollen die Menschen das lesen? Wir veröffentlichen einen Schreibratgeber für New-Adult-Romane und dokumentieren hier das Ergebnis.
KI und Billigbücher nicht nur für Kinder
Noch haben die KI-Modelle bei längeren Texten Probleme. Noch. Und noch liefert die KI häufig abgenutzte und verbrauchte Sätze und Formulierungen, die solche Texte als computergeneriert erkennbar machen. Noch.
Der Boom und der kostenfreie Zugang zu Sprachmodellen wie ChatGPT hat auch Betrüger und Abzocker angelockt. So wurden zunächst über Amazons Self-Publishing-Portal KDP Texte hochgeladen und verkauft, die sich in der Leseprobe und auf den ersten Seiten vielversprechend anhörten. Doch rasch wurde bei der Lektüre klar, dass die Geschichte massive logische Fehler und Inkonsistenzen aufweist und der weitere Text nur Füllmaterial ist, um eine hohe Seitenzahl vorzugaukeln. Bis der Betrug auffiel oder von Amazon erkannt wurde, war das Buch oft schon nicht mehr online. Es ging nur darum, mit billigem Inhalt schnelles Geld zu machen.
Heute wird differenzierter gearbeitet, wenn es darum geht, mit schnell erstellten KI-Inhalten Geld zu verdienen. So gibt es E-Book-Nischen wie »Unnützes Wissen über …«, in denen häufig KI-generierte Bücher angeboten werden.
Derzeit – im Frühjahr 2025 – ist der Bereich der Kinderbücher ein Segment, in dem KI-Texte unter den Bestsellern sind. Die eher kurzen Texte sind weniger bis gar nicht als KI-geschrieben erkennbar, und die KI-Bildgeneratoren liefern dazu putzige Bilder. Auf Websites werden – natürlich gegen Geld – Tools angeboten, die solche Bücher per Knopfdruck erstellen. Das alarmiert Kinderbuchautoren, Grafiker und Pädagogen.
Zudem besteht der Betrug gegenüber den Käufern darin, dass sich die Werke als von Menschen geschrieben ausgeben und kein Hinweis auf die KI erfolgt.
Unser Experiment: Ein KI-Schreibratgeber auf Amazon
Was aber, wenn man auf Amazon legal und offen ein KI-generiertes Werk anbietet? Kaufen die Menschen das? Spielt es Amazon überhaupt prominent in den Suchergebnissen aus, wenn man es gegenüber dem Online-Händler als KI-generiert ausweist?
Wir wollen das einmal testen und live ausprobieren. Natürlich nicht mit einem Kinderbuch, das wäre uns zu bedenklich. Und auch nicht mit einem Roman, der aus den erwähnten Gründen nicht der beste wäre.
Also experimentieren wir zunächst mit und bei ChatGPT mit möglichen Inhalten. Wie wäre es mit 100 Plot-Ideen für New-Adult-Romane? Dieses Genre ist enorm regelgetrieben und Trope-bezogen, also auf wiederkehrende und von den Leserinnen beliebte Handlungsmuster reduziert. In einem ironischen Beitrag haben wir dies neulich im literaturcafe.de persifliert.
Von der Idee zum Schreibratgeber
Allerdings kann jede und jeder eine solche Liste rasch bei ChatGPT abrufen. Also war dann doch menschliche Inspiration notwendig, um aus einer solchen Liste mehr zu machen. Wir ließen ChatGPT beschreiben, wie aus einer Idee mithilfe der KI ein Buch entstehen könnte. Wie hilft die KI dabei, die Figuren zu entwickeln und Plot-Ideen zu erstellen? Wir ließen uns von der KI Tropes erläutern und auch bedenkliche Aspekte wie Urheberrecht und Ethik sollte die KI ansprechen. Immer wieder mussten wir die KI-Befehle, die Prompts, optimieren, umformulieren oder die KI wiederholt um Variationen bitten, da nicht der gewünschte Text entstanden ist. Auch mit Kleinigkeiten war oft zu kämpfen, wenn die KI beispielsweise die Leserin mal mit »Du« und dann wieder mit »Sie« ansprach. Ebenfalls musste alles gut durchgesehen und dann doch lektoriert werden, damit keine groben inhaltlichen Fehler oder Unsinn im Text zu finden sind.
So entstanden an die 100 DIN-A4-Seiten Text und langsam ein erkennbares Buchkonzept zu einem Schreibratgeber.
Interessanterweise lieferte uns ChatGPT ohne Murren die anfänglichen 100 Plot-Ideen. Als wir die KI dann jedoch baten, weitere 100 auszugeben, stockte sie meist nach 20 Vorschlägen und fragte nach, ob wir denn wirklich alle 100 als Liste wollen. Oftmals wirkte die KI, als hätte sie keine Lust mehr.
Formatierung, Cover und Veröffentlichung
Der ganze Prozess der Bucherstellung dauerte ungefähr drei Stunden.
Fast genauso aufwendig war es anschließend, den Text in Word fürs E-Book und für eine Taschenbuchausgabe zu formatieren. Die Übernahme per Copy-and-Paste ließ uneinheitliche Überschriften und Auflistungen entstehen, die vereinheitlicht und typografisch angepasst werden mussten.
Natürlich sollte auch die Cover-Abbildung unseres Schreibratgebers KI-generiert sein. Hier baten wir das Tool Recraft, ein Cover zu entwerfen, das sich an die Gestaltung der New-Adult-Romane anlehnt, das jedoch ebenfalls den Aspekt des kreativen Schreibens abdeckt. Mit dem Ergebnis waren wir einigermaßen zufrieden. Mit einem Grafikprogramm haben wir das Motiv für das E-Book und die Taschenbuchausgabe entsprechend angepasst.
Selbstverständlich haben wir Wert darauf gelegt, dass sowohl im Titel, im Klappentext als auch im Buch erwähnt ist, dass es im Buch um KI geht und die Texte maßgeblich durch eine KI erstellt wurden. Das Buch ist als Experiment und Projekt des literaturcafe.de ausgewiesen, und es wird auf diesen Erfahrungsbericht hier verwiesen. Wolfgang Tischer vom literaturcafe.de ist als Herausgeber angegeben. Beim Upload war es jedoch zwingend erforderlich, den Namen im Feld »Autor« einzugeben, da wir kein Pseudonym verwenden wollten. Ohne Autorennamen lässt sich kein Buch bei Amazon veröffentlichen.
Gretchenfrage: Wie hast du’s mit der KI?

Seit geraumer Zeit verlangt Amazon eine Selbstauskunft, in welchem Umfang eine KI bei der Text- und Bilderstellung genutzt wurde. Natürlich lügen hier Betrüger und Abzocker, doch wir geben offen und ehrlich an, dass der Text von ChatGPT erstellt, jedoch umfangreich von Menschen bearbeitet wurde – ebenso die Covergrafik.
Das E-Book bieten wir für 3,49 Euro an, die Taschenbuchausgabe für 8 Euro.
Natürlich gibt es in der »Make-Money-fast«-Szene Online-Tools, mit denen sich gezielt Nischen im E-Book-Markt ausmachen lassen, die ein relativ hohes Verkaufsvolumen versprechen. Die KI-Bücher werden dann gezielt für diese Nischen geschrieben.
Doch darum soll es uns nicht gehen. Daher wählen wir die Kategorien so aus, wie sie uns glaubhaft erscheinen. Selbstverständlich lassen wir uns auch die Produktbeschreibung von ChatGPT erstellen, arbeiten aber hier ebenfalls etwas nach.
Zwei Stunden später ist das E-Book online, keine 24 Stunden später das Taschenbuch.
Das Fazit: Erst mal abwarten
Nun heißt es warten und sehen, was passiert. Wird das Buch gekauft? Wie wird es bewertet? Zudem haben wir die Käufer um Rückmeldungen und Kommentare gebeten. Wird da etwas kommen?
Wir werden es demnächst an dieser Stelle berichten.
Wolfgang Tischer
Das E-Book und Buch bei Amazon
Wolfgang Tischer (Hrsg.): New Adult schreiben: 199 Plot-Ideen und wie Du daraus mit KI einen spannenden Roman entwickelst. Taschenbuch. 2025. Independently published. ISBN/EAN: 9798311243537. 8,56 € » Bestellen bei amazon.de AnzeigeWolfgang Tischer (Hrsg.): New Adult schreiben: 199 Plot-Ideen und wie Du daraus mit KI einen spannenden Roman entwickelst. Kindle Ausgabe. 2025. 3,49 € » Herunterladen bei amazon.de Anzeige
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Mit gestohlener Kunst und Informationen Geld verdienen. Das ist es also. Was ist euer Problem? Keine Ideen? Keine Kreativität? Zu faul zum Arbeiten? Wisst ihr, Kunst ist etwas, das macht man, weil man kreativ ist oder sich das erarbeitet. Wenn ihr das nicht könnt, dann könnt ihr es einfach lassen und irgendeinem einfachen Job nachgehen, ohne anderen Menschen ihre Arbeit zu stehlen und unnötig viel Strom und Wasser für miese KI Ergebnisse zu verbrennen. Studien belegen, dass das „arbeiten“ mit genAI unkreativer macht, weil die Prozesse, die das Hirn zum kreativen Denken anregt, verkümmern. Das passiert sogar sehr schnell. Also an alle: Finger weg oder Beruf wechseln. Wenn man seinen Job nicht kann, lernt man ihn entweder oder geht.
Ist im Ratgeber denn auch eine Farbmusterkarte für den Farbschnitt dabei? Ohne Farbschnitt habe ich Zweifel, ob diese 199 Romane echte Verkaufsrenner werden.
Ja, das ist Humor mit knallharten Fakten gepaart, denn ohne Farbschnitt können die jungem Damen ihre heiß geliebten Young Adult Schinken micht anfassen.
Danke, dass ihr die Sache kritisch beurteilt in Sachen Kinderbücher. Das Experiment ist ja irgendwie interessant, aber was ist genau das Ziel? Aus reiner Neugierde finde ich es ehrlich gesagt immer noch verwerflich, eine KI zu nutzen, sowohl für Text als auch für das Cover. Dabei werden ja Werke genutzt, deren Urheber*innen nie gefragt, geschweige denn bezahlt wurden für die Nutzung ihrer kreativen Arbeit zum KI-Training. Also auch bei voller Transparenz bezüglich KI-Nutzung und mit älterem Zielpublikum bleibt es meiner Meinung nach ethisch verwerflich (vom Umweltimpact und anderen Problemen noch nicht mal angefangen…).
Herzliche Grüsse
Eliane
(von mint & malve, @mintundmalve, Initiatorin von #BuchBrauchtMensch, um hier mal ganz transparent zu bleiben ;-))
Irgendwie auf eine (unfreiwillig?) komische Art selbstreferentiell: Die KI beauftragen einen Ratgeber zu verfassen, wie man mit der KI arbeitet …
Heute 11.3.2025 ist die Kindel-Version des Ratgebers auf Platz 9 in der Kategorie Schreibkunst. Gratulation. Das Buch scheint doch relativ gut angenommen zu werden. Dieser Umstand ist ohne Zweifel der intensiven Nachbearbeitung durch W. Tischer geschuldet. Diese Betrüger haben, jede Wette, nicht halb so viel Klasse wie Meister Tischer.
Wenn man hier so manchen Kommentar liest, ist man doch immer wieder über die Menschen erstaunt, die sich mit Literatur beschäftigen aber nicht in der Lage sind einen Text zu lesen und zu verstehen.
Vielen Dank an das Literaturcafe für das Experiment. Ich bin schon sehr gespannt auf die Erkentnisse.