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Filmtipp: Der Buchladen der Florence Green – Liebeserklärung ans Lesen

Der Buchladen der Florence Green – Filmplakat (Foto: Capelight Pictures)
Der Buchladen der Florence Green – Filmplakat (Foto: Capelight Pictures)

Ein Film über eine Frau, die in einem kleinen Ort an der englischen Küste eine Buchhandlung eröffnet. Das klingt nach Kitschalarm, nach »romantische Komödie« oder gar nach Rosamunde Pilcher.

Isabel Coixet hat den Roman »Die Buchhandlung« von Penelope Fitzgerald verfilmt. Entstanden ist ein berührender Film ohne Kitsch – und eine Liebeserklärung an die Literatur.

Ein Roman des Scheiterns – und der Film?

Bereits 1978 schrieb die englische Schriftstellerin Penelope Fitzgerald »Die Buchhandlung«. Es war ihr zweiter Roman. Er war seinerzeit für den Booker Prize nominiert. Erst im Jahre 2000 erschien eine deutsche Übersetzung, und das Taschenbuch entwickelte sich zum Longseller, von dem 2015 die dritter Auflage erschien.

Die Witwe Florence Green eröffnet im Jahre 1959 in einem kleinen englischen Küstendorf eine Buchhandlung und hat von Anfang an mächtige Feinde. Doch Florence Green lässt sich nicht entmutigen und geht ihren Weg.

Feinde der Literatur? Violet Gamart (Patricia Clarkson) und Milo North (James Lance) haben offenbar etwas gegen die Buchhandlung. (Foto: Lisbeth Salas)
Feinde der Literatur? Violet Gamart (Patricia Clarkson) und Milo North (James Lance) haben offenbar etwas gegen die Buchhandlung. (Foto: Lisbeth Salas)

Es ist nicht nur der feine Humor und die ebenso feinen Personenbeschreibungen, die dieses Buch zu etwas Besonderem machen. Es bricht mit den glattgebügelten Erwartungen, die man heute an solch ein Buch hätte. So ist »Die Buchhandlung« auch ein ernster Roman und ein Roman des Scheiterns, der einen nicht in ein Happy-End entlässt. So etwas trauen sich Autorinnen und Verlage heute nur noch selten.

BerĂĽhrende Begegnung am Strand: Mr. Brundish (Bill Nighy) will Florence Greens (Emily Mortimer) helfen (Foto: Aidan Monaghan)
BerĂĽhrende Begegnung am Strand: Mr. Brundish (Bill Nighy) will Florence Greens (Emily Mortimer) helfen (Foto: Aidan Monaghan)

Wenn 40 Jahre später das Buch als Film adaptiert wird, bangt man um den Schluss und befürchtet spätestens jetzt eine Weichspüladaption des Stoffes.

Perfekte Buchadaption

Doch die Angst ist unbegründet, denn die spanische Regisseurin und Drehbuchautorin Isabel Coixet hat die Geschichte des Buches perfekt adaptiert. Sie fügt kleine eigene Elemente hinzu, die den Film stärker machen als das Buch. Coixet gelingt es sogar, den Schluss so zu verändern, sodass er positiver wird ohne aufgesetztes Happy-End. Und Coixet baut die zarte Andeutung einer Liebesbeziehung ein, die mit zu den stärksten Momenten des Films gehört.

Perfekter Buchtipp: Mr. Brundish (Bill Nighy) wird durch Florence Green zum Ray-Bradbury-Fan (Foto: Lisbeth Salas)
Perfekter Buchtipp: Mr. Brundish (Bill Nighy) wird durch Florence Green zum Ray-Bradbury-Fan (Foto: Lisbeth Salas)

Auch die Darsteller glänzen. Da ist Emily Mortimer als Florence Green. Sie verkörpert perfekt Stärke und Selbstzweifel der Figur. Bill Nighy als zurückgezogener Mr. Brundish adressiert die Briefe an Florence zeitgleich mit Blick in die Kamera auch ans Kinopublikum. Dass Florence Mr. Brundish den Science-Fiction-Autor Ray Bradbury entdecken lässt, ist ebenfalls einer der feinen Filmmomente, den Coixet der Geschichte hinzugefügt hat. Gleichzeitig belässt sie Vladimir Nabokovs »Lolita« als Skandalbuch in den Fenstern der Buchhandlung und überdreht den Skandal im Film ebenso wenig wie Fitzgerald im Roman. James Lance verkörpert wunderbar widerlich den schmierigen Milo North. Glücklicherweise gestrichen hat Coixet den Poltergeist, der die Buchhandlung bei Fitzgerald heimsucht. Solch seltsam unpassende Übersinnlichkeiten waren offenbar im Jahre 1978 noch en vogue.

Es lohnt sich, den Film in der Originalfassung mit Untertiteln anzusehen, um das herrliche Englisch zu genießen. Die europäische Filmförderung sorgt dafür,  dass detailgenau das ländliche und England des Jahres 1959 in Spanien und Irland in Szene gesetzt wurde.

MerkwĂĽrdigkeiten deutscher Filmtitel

Im Original heißt der Roman »The Bookshop«, in der deutschen Übersetzung wurde daraus korrekterweise »Die Buchhandlung«. Warum aus dem englischen Original-Filmtitel »The Bookshop« im Deutschen »Der Buchladen der Florence Green« wurde, gehört zu den unergründlichen Merkwürdigkeiten deutscher Filmtitel. Vielleicht besaß der deutsche Filmbetiteler noch am wenigsten Leidenschaft für Literatur und Buch.

Drehbuchautorin und Regisseurin Isabel Coixet (links) und Hauptdarstellerin Emily Mortimer (Foto: Lisbeth Salas)
Drehbuchautorin und Regisseurin Isabel Coixet (links) und Hauptdarstellerin Emily Mortimer (Foto: Lisbeth Salas)

Die spanische Regisseurin und Drehbuchautorin Isabel Coixet hat mit viel Gespür den Roman von Penelope Fitzgerald ins Kino gebracht. Gleichzeitig ist eine Hommage ans Lesen, an die Literatur, an gute Bücher und die kleine Buchhandlung entstanden. Und egal, was passiert, man sollte an seine Träume glauben. Dass Florence um ihre Buchhandlung kämpfen muss und bereits der Bankangestellte am Anfang wenig Hoffnung auf ein florierendes Buchgeschäft macht, bildet damals wie heute die Situation des Buchhandels ab. Und dass der Film den Kinozuschauer etwas positiver zurücklässt als den Leser des Buches, ist daher umso erfreulicher.

Wolfgang Tischer

Der Film:
Der Buchladen der Florence Green (The Bookshop). Regie: Isabel Coixet. Darsteller: Emily Mortimer, Bill Nighy, Patricia Clarkson. Produktionsland/-jahr: Spanien/UK/Deutschland 2017. Laufzeit: 110 Minuten. Fassungen: Deutsch/OmU. FSK: ab 6 Jahre. Kinostart: 10.05.2018

Das Buch:
Penelope Fitzgerald; Christa KrĂĽger (Ăśbersetzung): Die Buchhandlung: Roman (insel taschenbuch). Taschenbuch. 2014. Insel Verlag. ISBN/EAN: 9783458360469. 8,00 €  Â» Bestellen bei amazon.de Anzeige oder im Buchhandel

Penelope Fitzgerald; Christa KrĂĽger (Ăśbersetzung); : Die Buchhandlung: Roman (insel taschenbuch). Kindle Ausgabe. 2014. Insel Verlag. 7,99 €  Â» Herunterladen bei amazon.de Anzeige

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