
Das Literarische Quartett macht nicht immer Lust aufs Lesen. Das war diesmal anders, da Mithu Sanyal, Philipp Tingler, Joachim Meyerhof und Thea Dorn unaufgeregt und dennoch kontrovers diskutierten. Ein Eintrag im Notizbuch.
Gunnar Cynybulk, Verleger des noch jungen Kanon Verlags, sitzt im Publikum des Literarischen Quartetts und zückt das Notizbuch, als das Buch »seiner« Autorin Christine Koschmieder gleich am Anfang der Sendung besprochen wird. Es scheint, als wolle er die positiven Zitate noch vor Ausstrahlung der Sendung zur Buchbeschreibung auf die Website und bei Amazon packen. Als Cynybulk noch Verleger beim Blumenbar Verlag war, wurde der Verlag von der positiven Besprechung von »Auerhaus« überrascht und das Buch war seinerzeit ausgerechnet im Weihnachtsgeschäft nicht lieferbar. Tatsächlich sind die Zitate noch am Tag der Ausstrahlung im Netz.
Es bleibt zu hoffen, dass das Buch »Dry« ausreichend auf Lager ist, denn bis auf Thea Dorn äußern sich alle überaus positiv über diese Autofiktion, die Roman genannt werden will.
Auch beim zweiten besprochenen Titel »Verbrenn all meine Briefe« des Schweden Alex Schulman bricht das echte Leben ins Buch, während es bei Martin Mosebach und »Taube und Wildente« eher ausgeschlossen wird. So zumindest kann es die Nichtleserin oder die Noch-nicht-gelesen-Habende aufgrund der Diskussion vermuten.
Schulman und Mosebach, das sind gleich zwei Bücher aus dem dtv Verlag und auch Thomas Zirnbauer von dtv, der nur zwei Plätze weiter neben Cynybulk sitzt, hat sein Notizbuch gezückt. Vom Quartett direkt ins Marketing.
Sie ist anregend, die Buch-Diskussion des Oktober-Quartetts 2022. Selbst Philipp Tingler hält sich zurück, und zusammen mit den weiteren Gästen Mithu Sanyal, Joachim Meyerhof und Gastgeberin Thea Dorn werden Vorzüge und Schwachstellen der Texte besprochen. Ohne aufgesetzte Showkämpfe oder plumpe Nacherzählungen der Gesamthandlung. Man verweilt nicht bei Details, die für die Nichtleserin oder die Noch-nicht-gelesen-Habende uninteressant sind, vermittelt dennoch en passant, worum es in den Büchern geht. Das gilt auch für »Lektionen« von Ian McEwan, dem vierten besprochenen Titel. Schwächen wurden benannt, ohne die Bücher schlechtzureden.
Eine gute, anregende Sendung, die Lust aufs Lesen macht, vermerken wir im Notizbuch.
Wolfgang Tischer
Link ins Web:
- Video: Das Literarische Quartett vom 14.10.2022 in der ZDF-Mediathek
- Audio: Das Literarische Quartett vom 14.10.2022 in der Deutschlandfunk Audiothek und als RSS-Feed
Die in der Sendung vom 14.10.2022 besprochenen und erwähnten Bücher:
- Christine Koschmieder: Dry: Roman. Gebundene Ausgabe. 2022. Kanon Verlag Berlin. ISBN/EAN: 9783985680429. 24,00 € » Bestellen bei amazon.de Anzeige oder im Buchhandel
- Alex Schulman; Hanna Granz (Übersetzung): Verbrenn all meine Briefe: Roman. Gebundene Ausgabe. 2022. dtv Verlagsgesellschaft mbH & Co. KG. ISBN/EAN: 9783423290371. 23,00 € » Bestellen bei amazon.de Anzeige oder im Buchhandel
- Martin Mosebach: Taube und Wildente: Roman. Gebundene Ausgabe. 2022. dtv Verlagsgesellschaft mbH & Co. KG. ISBN/EAN: 9783423280006. 24,00 € » Bestellen bei amazon.de Anzeige oder im Buchhandel
- Ian McEwan; Bernhard Robben (Übersetzung): Lektionen. Gebundene Ausgabe. 2022. Diogenes. ISBN/EAN: 9783257072136. 32,00 € » Bestellen bei amazon.de Anzeige oder im Buchhandel