Man sieht sich im Leben immer zweimal. Und speziell zu Gästen sollte man immer freundlich sein. Sonst kommen die ein zweites Mal nicht mehr wieder, wenn man sie gerne zu Besuch hätte.
Der indische Autor Aravind Adiga, der für seinen ersten Roman »Der weiße Tiger« in diesem Jahr den Booker-Preis bekommen hat, will zu Lesungen nicht nach Deutschland kommen. Man habe ihn hier, als er das Land in seiner Stundentenzeit bereiste, zu schlecht behandelt. Konsequenterweise will er nun – da er ein gefeierter und gelobter Autor ist – nicht mehr hier her zurückkommen. In einem Interview mit der Frankfurter Rundschau sagt Adiga:
Ich habe nur Deutschland und die anderen deutschsprachigen Länder abgesagt. Offen gesagt, war ich von vornherein nicht sehr erpicht darauf, nach Deutschland zu kommen. In meiner Studentenzeit in England bin ich viel gereist und war auch in Deutschland. Dort hat man mir die ganze Zeit Schwierigkeiten gemacht, weil man mich für einen illegalen Immigranten hielt. Das war sehr unangenehm.
Ich habe meinen Aufenthalt damals auf drei Tage verkürzt und bin zurück nach England. Mein Interesse daran, jemals wieder nach Deutschland oder auch nach Österreich zu kommen, ist gleich null.
So bleibt also hierzulande nur, sein Buch zu lesen, das – von Ingo Herzke übersetzt – auf Deutsch bei C. H. Beck erschienen ist. Für den Beck Verlag hat das literaturcafe.de den Anfang des Romans vertont.
Aravind Adiga; Ingo Herzke (Übersetzung): Der weiße Tiger: Roman. Gebundene Ausgabe. 2020. C.H.Beck. ISBN/EAN: 9783406715099. 19,95 € » Bestellen bei amazon.de Anzeige oder im Buchhandel
Aravind Adiga; Ingo Herzke (Übersetzung): Der weiße Tiger: Roman. Taschenbuch. 2021. C.H.Beck. ISBN/EAN: 9783406774065. 16,00 € » Bestellen bei amazon.de Anzeige oder im Buchhandel
Aravind Adiga; Ingo Herzke (Übersetzung): Der weiße Tiger: Roman. Kindle Ausgabe. 2011. C.H.Beck. 11,99 € » Herunterladen bei amazon.de Anzeige
Schwierig zu bewerten, was einen Intellektuellen dazu veranlasst, ein persönlich kränkendes Erlebnis generell zu verallgemeinern. Ich kenne weder Herrn Adiga, noch habe ich sein Buch gelesen, doch das Interview in der FR zeichnet ihn als einen scharfsichtigen, visionären Menschen aus. Deshalb mutet mich das Festhalten an der schlechten Erfahrung wie ein Rundumschlag an, ein Abwatschen, kleinkariert und unangemessen. Schade, Herr Adiga sorgt also dafür, dass sein Erleben keine Korrektur erfahren darf. Dabei könnte gerade die auch sein Schreiben bereichern. Mir erscheint sein Buch aber auf jeden Fall lesenswert und selbst auf die Gefahr hin, dass dies alles auch ein geschickter PR-Gag sein könnte: Ich werde es lesen, vielleicht sogar kaufen!
Ob der Knabe nicht herkommt, oder in China ein Sack Reis platzt … Den kennt wahrscheinlich ohnehin kaum ein Mensch, also abhaken.
Wenn den Herren kein Zucker in den Hintern geblasen wird, fühlen sie sich schlecht behandelt. Ich glaube nicht, dass uns viel verloren geht, wenn er nicht nach Deutschland kommen will. Ich werde sein Buch aller Wahrscheinlichkeit nach auch nicht lesen.
Na ja, man muß ja nicht in die BRD kommen, auch nicht als Schriftsteller, auch nicht als Inder, oder einfach so. Ich persönlich bin ja auch nicht gerade scharf darauf, und schwupps war ich doch da, und ganz ehrlich, es gibt schlimmeres als das. Nur sollte es ja keine Touristenreise werden, sondern eine Lesereise, also eine Dienstreise, eine Reise zum Dienst an seine Leser. Warum will er die bestrafen, durch Nichtachtung. Da kann ich nur zur Vorsicht raten. Der Leser gehört zum Buch unbedingt dazu und zum Schriftsteller sowieso. Der Schriftsteller verliert daher mehr als der Leser, ich behaupte mal, dem ist sich der Herr Adiga nicht bewußst.
nikolaus fels (nf)